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Full text of "Goethe's theaterleitung in Weimar"

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A7p84 


4.0.3793 . 


Goethe’s 
Ohrnterleitung in Weimar. 


— ——— — — 


Erſter Band. 


Goethe’s 
Theaterleitung in Weimar. 





In Episoden und Ürkunden 
dargeſtellt 
von 


Ernſt Pasque. 


Erſter Band. 


—— — — U⸗ 


Leipzig 
Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber. 
1863. 





OF OXFORD 


x 
NIT S> 





Dorwort. 


Der geneigte Leſer irrt, wenn er etwa glaubt, in 
den nachfolgenden Blättern die Haupt und folgewich- 
tigften Momente Goethe’fcher Wirkfamfeit als Büh— 
nenleiter, in ausführlicher äſthetiſch-kritiſcher Darftel- 
fung, zu finden: e8 find nur minder wichtige Epiſoden 
aus ver Zeit der Direktionsführung des Dichters, 
mehr vie Berfönlichfeiten, ven Apparat feines Thea- 
ters, als die großen erzielten Refultate und Leiltungen 
betreffen, was fie in einfacher, urkundlicher Form 
darbieten. 

Nach erjterer Richtung hin ift manches Schäßeng- 
werthe im Laufe der Zeiten veröffentlicht worden, fo- 
wohl Berfuche, jene ganze große „golone“ Zeit ver Wei- 


vi Vorwort. 


marer Bühne wiederzugeben, wie auch ziemlich aus- 
führliche Schilderungen einzelner Momente derjelben. 
Eine abgefchloffene, erſchöpfende Darftellung aber, 
mit all’ den intereffanten und nothwendigen Ginzeln- 
heiten, die ganze hohe und folgewichtige Bedeutung 
dieſer Periode ſchildernd, fehlt und harrt nod) 
immer einer ihrer würdigen Feder. In Ermangelung 
einer ſolchen dürfte demnach die Veröffentlichung 
nachfolgender Blätter ihre Berechtigung finden — 
Blätter, die in genauer, ausführlicher und urkund⸗ 
licher Darſtellung einige Epiſoden und Ergebniſſe 
jener bedeutungsvollſten Epoche deutſcher Theater⸗ 
Geſchichte beſtimmt und in möglichſter Vollſtändig— 
keit wiederzugeben verſuchen, welche Aufzeichnungen, 
wenn ſie auch nicht gerade die glänzendſten und 
bekannteſten Momente derſelben umfaſſen, doch ſolche 
Lichtpunkte zu ergänzen, zu verbinden, wie auch zu—⸗ 
gleich Klarheit und Helle in manche bisher dunkle 
Stellen zu bringen im Stande fein dürften. 

Es iſt alfo eigentlich nur Material zu einer 
fünftigen umfaſſenden und erfchöpfenden Gefchichte 
der goldenen Zeit der Weimarer Bühne unter Goethe’8 
Zeitung, was hier geboten wirt, und der Nachforfcher 


Borwort. vu 


in theatralifchen Dingen, der wohl weiß, wie fehwie- 
rig es tft, in dieſen nur annähernd vollftändige und 
fihere Notizen und Nachweife zu erlangen, wird in 
ven Epifoden eine Menge bisher unbefannter Details 
und Thatjachen verzeichnet finden, Die er anderswo 
vergebens fuchen, und eben nur in den folgenden 
Blättern finden dürfte. Dem Lefer aber dürften 
die einzelnen Epifoden noch dadurch intereffant wer: 
den, daß fie ihm geftatten, einen Blic „hinter den 
Vorhang“ der von Goethe geleiteten Bühne zu wer: 
fen, ven Dichter-Direktor in feinem desfallſigen ftilfen 
und geheimen Thun und Laſſen zu belaufchen; ferner, 
daß fie ihm vergönnen, die Urfache, „Wirkungskraft 
und Samen“ von manchen der glänzenden zu Tage 
geförderten Refultate zu fchauen und zu erfennen. 
Ein ausführliches Perfonen- und Sachregiter 
wird die Benutzung des Buches erleichtern, das 
durch feine Neichhaltigfeit an urkundlichen, bisher 
unbefannten Einzelnheiten hoffentlich noch in fpätern 
Zeiten als willfommener und belehrender Wegmweifer 
durch — ja, ich darf e8 fagen, als Quellenwerk 
für jene bunte und beveutungsvollite Epoche deutfcher 
Theater - Gefchichte zu dienen im Stande fein wird. 


VIII Vorwort. 


Möge dies Alles zu Gunſten meiner Heinen Ar- 
beit fprechen und ihr eine freundliche und nachfichtige 
Aufnahme verfchaffen ! 


Darmftabt, im Januar 1863. 


Ernſt Pasqué. 


Dnbalf des erſten Bandes. 


I. Einleitung. Vorbereitende Epode, bis 1791. 


Kurze Nachrichten über die älteften theatralifchen Aufführungen am 
Hofe zu Weimar. Weimarifche Hof-Romötinnten, 1738. 

Prinzipal Lorenz en 

Tamerlan 

Dobbelin in Weimar; Grundung eines Hoftheaters dafelbſt 1787 . 

Beftallungs- und Verſicherungs⸗Dekret .. en 

Aufwand der Komödie unter Dübbelin 

Hoftheater-Berfonat . 

Borftellung vom 9. Januar 1758 ... 

Die Koch'ſche Geſellſchaft in Weimar, 1768-1771 

DBerfonal . . 

Die Seyler’fche Sertigat in Weimar, ET? 7 

Berfonal . rn 

Repertoir-Auszug . . 

Bellomo und feine Gefeltfgaft i in Weimar, 178411791 

Die fürftliche Liebhaberbühne en 

Bellomo’s Perfonal 

Nudblid . 


OD. Erwerbungen für das nene Hoftheater, 1791. 


Herr und Frau Amor und Herr von Blumenthal-Beder 
Joſef Seconda's Bewerbung um tie Direktion 


43 
43 


X Inhalt des erften Bandes. 


Franz Kirms . . 

Regiſſeur Fiſcher, ſeine Frau und Genaſt 
Rennſchüb's Bewerbung um die Regie 

Einige Mitglieder des Prager Theaters, 1791 . 
Genaſt's PBenftonirung, 1817 


Die Eröffnung des neuen Hoftheaters; „nie Zäger“ von Sfflanv. 


Verfonnl > 2 2 ren 
Herr und Frau Mattſtedt 
Herr Demmer jun. und Demf. Karoline Krüger (Div. Demmer) 
Herr und Mad. Gatto en 
Chriſtian Benda 


II. Friedrich Ludwig Schröder und Gocthe. 1791. 


Schröders Stammbud . 
Schrüder's Kaffeneinvihtung 
Demi. Bouret in Mannheim und Hamburg 


IV. Euphrofyne. 


Seite 


45 


2823 


Chriſtiane Neumann⸗Becker; ihr Tod und erſter Verſuch ſie zu 
erſetzen; Sophie und Marianne Koch und ihr Vormund 


Opitz. 1797. 


Chriſtiane Neumann's Jugend . 

Ihre Verheirathung und Samilie . . . 
Krankheit; Goethe's Verſuche fie zu erieken 
Sophie und Marianne Koch in Leipzig und Dresden 
Bed und feine Frau in Laudhftätt . .. 
Reiſe nach Leipzig . 

Unterhandlungen mit den beiden Demoiſellen Koch 
Opitz, der Vormund .. 
Unterhandlungen mit demſelben 

Madam Schlanzowoky .. 

Tod der Frau Chriſtiane Neumann Beder 

Ihr Repertoir ren 
Todtenfeier 

„&uphrofgne‘ . 

Die erften Nachfolgerinnen ter Weder 


99 
101 
103 
104 
107 
113 
118 
137 
130 
138 
138 
139 
140 
141 
143 


Anhalt des eriten Bandes. 


Der „Hof⸗Faktor“ Jacob Elkan ald Agent des Hoftheaters 
Reue direkte Unterhandlungen mit den beiten Roche . 
Minifter Boigt wird für die Angelegenheit thaͤtig 
Gin verhängnißvoller Brierbetihluß . 

Die diplomatiſche Vermittlung mißglückt 

Opitz, als zürnender Bormunt . 

Die Bertheirigung Kirms 

(Finde der Koch'ſchen Angelegenheit 

Dentmal ver Beder -, ‚Euphrofene‘‘ . 

Im Garten der Erhelung zu Weimar 

Beck's Abgang von Weimar 


V. Herr und Madam Surgdorf. 1798. 


Dangelbafter Erfah der verftorbenen Beder 

Herr und Madam Burgdorf ziehen in Eiſenach ein 
Unterhantlungen mit Kirmes und Goethe 

Brobefpiel bei Frau von Bechtoldsheim 

Urtheil eines Eiſenacher Kunſtkenners hierüber 
Urtbeil der Frau von Bechtoldsheim . 
Goethe's Urtheil über Beire und Das aunſtierpaar 
Herr und Madam Burgdorf in Weimar 
Empfindſamer Brief der jungen Frau 

Weitere Unterhandlungen; Probeſpiel .. 
Corona Schroeter wird Lehrerin der Madam Burgdorf” 
Ein „rufſfiſcher“ Kontrakt 
Ebeliche Uneinigkeit; Abgang des Her Burgdorf . 
„Species facli‘“ . . . 
Debüt, unterftüßt durch geiftige dulfomittel 

Madam Burgdorf ſagt ſich von ihrer Lehrerin los 
Kündigung der Burgdorf . .. 
Urtbeil derfelben über Corona Schroeier 

Ludwig von Webell-Burgporf . 

Drobbrief der Burgdorf an Goethe 

Endlicher Abgang von Weimar 

Zwei inbaltfchwere Abſchiedsbriefe 

Abermalige Verſuche tie Becker zu eriehen 

Demi. Caspers. . 

Bulpius als Bermittler 

Madam von Dften-Saden 


xii Inhalt des erſten Bandes. 


VI. Iffland und Weimar. 1796 — 1812. 


Jffland über fein Verhältniß zu Weimar 

Erſte Anknüpfung mit Weimar. 1793. 

Erſtes Gaſtſpiel daſelbſt. 

Iffland's Anſprüche und Engagements⸗Bedingungen 
Carl Auguſt's Anſicht Darüber . en 
Iffland vermeitet Weimar 

Berliner Antrige 

Weimar muß Berlin nachſtehen 

Zweites Gaſtſpiel in Weimar. 1798. . 

Iffland's Brivatwünfche . . 

Goethe's Ankündigung bes Iffland' ſchen Saftipiels 
Drittes Gaftfpiel in Weimar. 1810. . 
Viertes und letztes Gaftfpiel daſelbſt. 1812. 


Seite 


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257 
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266 
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270 
271 
273 
274 


I. 


Einleitung. 


— — 


Dorbereitende Spoche, bis 1791. 


Basque, Goethe's Thenterleitung. J. 4 


Aurze Hachrichten über die ältesten theatralischen Yuffüh- 
rungen um Hofe zu Weimar. MWeimarische Hof -Romödianten 
1738. 


Die älteften Nachrichten von theatraliihen Dar- 
jtellungen in Weimar fallen in das XVI. Jahrhundert. 
Schulfomödien von den bortigen Schülern*), fowie 
ähnliche Darftellungen von Stubirenden aus Jena und 
in der Wilhelmsburg aufgeführt, find die erften der—⸗ 
artigen Kundgebungen. Politiſche Berhältniffe, vie 
Berlegung der fürftlichen Reſidenz nad Gotha (unter 
Johann Friedrich dem Mittlern), fpäter nad) 
Torgau und Dresden (unter Friedrich Wilhelm, 
dem Adminiftrator von Chur-Sachſen, von 1591 — 
1601), ver bald darauf beginnende und fo zerftörend 
wirkende breißigjährige Krieg — dies Alles hemmte bie 
weitere Iofale Entwidlung der dramatiſchen Kunſt. Erft 
nach Beendigung jenes furdtbaren Kampfes, unter 


*) Siebe darüber: Dr. Heiland, Jahresbericht iiber Das 
Wilhelm⸗Erneſtiniſche Gymnafium zu Weimar. 1857—1858. 
Enthält: Ueber die dramatischen Aufführungen im Gymnafium 


zu Weimar. 
1 * 


4 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Herzog Wilhelm IV., treffen wir wieder auf ähnliche 
Darftellungen und diesmal meiftens in Opernform. 

Der befannte Boet und Gambift Georg Neu- 
marf (geb. 1621, gejt. 1681) tritt uns als Dichter 
der Stüde, die ſich theilmeife durch ihren Inhalt vor 
ähnlichen gleichzeitigen Produkten vortheilhaft auszeich- 
nen, entgegen, während Adam Dreje (geb. um 1635, 
gejt. 1718), damaliger Kapellmeifter am Weimarer 
Hofe, die dazu nöthige Muſik fette. 

Zu Ende des XVII. Yahrhunderts, unter Wilhelm 
Ernft, treten die Schulkomödien unter dem Rector 
- BhHilipp Großgebauer (1687 — 1711) wieder 
in den VBorgrund. Luft und Schaufpiele, doch auch 
— oder ſogar Opern werden aufgeführt, was wohl 
mit die Beranlaffung geweſen fein mag zur Errichtung 
eines eigenen Operntheater8 mit allen möglichen Ma— 
Ichinen in der Wilhelmsburg *). 


*) 1696 wurde der Bau (die Einrichtung) eines neuen 
Opernhaufes in der Wilhelmsburg begonnen und am 49. Ofto- 
ber d. 3. fand die erfte Opern-Borftellung ftatt: „Von der, 
denen Tafterhafften Begierden entgegengejettten tugendlichen 
Liebe.” — 1697 am 19. Juli begann die Erweiterung dieſes 
Operntheaters und am 19. Oktober (Geburtstag bes regieren 
den Herzogs Wilhelm Ernft) wurde die Oper: „Die erhöhete 
Dienftbarfeit unter der Königlichen Prinzeifin Tarquinia mit 
Servio Tullio geſchehener glücklicher Vermählung“ aufgeführt. 
Die Feſte müſſen glänzend geweſen ſein und dauerten acht Tage. 
— Siehe über dieſe Aufführungen noch den unter der vorigen 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 5 


Die erften Spuren von wandernden Schaufpiel- 
truppen in Weimar finden fi) in einem alten Ham⸗ 
burger Theaterzettel vom Jahre 1738 (mitgetheilt von 
Carl Xebrün) Auf demfelben nennt ver befannte 
PBrinzipal Yorenz*) feine Bande „ Hocfürftl. Weima- 
rifhe Hof- Comödianten.“ Wann er in Weimar ge 
jpielt, und wie er zu viefem Titel gekommen, ift nicht zu er- 
mitteln gewejen. Der bamalige Herzog Ernft Auguft 
(geb. 1688, geit. 1748) war zwar ein großer Freund 
der Mufik, doch nicht der wandernven Komödianten, wie 
jeine vielen Verbote und Erlaffe, ſolche nicht ins Land 
zu laſſen, beweifen. Mit Lorenz muß er vielleicht, in 
frühern Iahren, eine Ausnahme gemacht haben. 


Anmerkung angeführten Jahresbericht; — Schöll, „Weimars 
Merkwürdigkeiten von einft und jet“. — Der größte Theil der 
Terte der aufgeführten Opern befindet fi) auf der Großherzog: 
fihen Hofbibliothef zu Weimar. — Noch wäre zu bemerfen, 
daß das oben angeführte, neu hergerichtete Opernhaus in der 
Wilhelmsburg derjelbe Raum war, in dem fpäter bie werjchiedenen 
Truppen zuletzt Seyler mit feiner Gejellfchaft, ſpielten, wel: 
cher dann 1774 bei dem großen Schloßbrande mit zerftört wurde. 

*) Zohann Friedrich Lorenz (geb. zu Dresden um 
1695, geft. 1742 zu Danzig) befand fi 1711 bei der Haalin, 
ging 1728 mit jeiner Frau (geb. in Nürnberg) zur Neuberin, 
als dieſe ihre erfte Truppe bildete. Beider Tochter, Chriftiane 
Sriederife, war die jpäter berühmte Mad. Huber, geb. 1721 
zu Zittau; debütirte 1741 zu Wien als Irton in Eifer; ver: 
heiratbet an Michel Huber, Wien 1749. Ihr Todesjahr ift 
unbefannt. | 





6 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


Diefer Thenterzettel, als das ältefte Dokument einer 
Wandertruppe, bie zu dem Weimarer Hofe in irgend 
einer Beziehung geftanvden, verdient deshalb wohl hier 
eine Stelle, einen wörtlichen Abdruck. Er lautet: 


„Mit hoher Obrigfeitlicher Bewilligung 
Werden heute Montags den 27 January 1738 
die Hochfürftl. Weimarifche 
Hof-Comoedianten 
Denen respective Liebhabern teutfcher Theatralifcher 
Scaufpiele 
Eine fehenswürdige Staats-Action vorftellen, 
genannt 
der auf eine feltfame Art triumphirenve 
Tamerlan 
oder die fpielende Fortuna 
Dey ver Perfon des von dem Gipfell des Glüds 
in den Abgrund geftürkten Bajazeth 
vorher fehr ftolzen endlich aber doch gevehmüthig- 
tigten Türkiſchen Kayſers. 

Oder 
Der Weibliche Arlequin. 





Avertissement. 

Nichts ift wohl in ver Welt unbeftändiger als das 
unbeftändige Glück ſelbſt, weil e8 öfter gank unver- 
muthet aus einem Fürften einen Sclaven und aus einem 
Bauern einen Edelmann nıadet; Und wer heute eine Krone 





Einleitung. -Vorbereitende Epoche, bis 1791. 7 


trägt, Tann öffter bes morgenden Tages nicht eines 
Pfennigs Herr ſeyn, dieweil ſich niemand vor feinem 
Ende glüdfelig preifen Tann. 

Eben viefer Worte. fih erinnerte ehemalen der von 
dem König der Berfer gefangene und zum Holg-Stofß 
verdammte Lydier König Cröſus, daß Solon auf Be- 
fragen: Wer wohl auf der Welt der Glüdfeligfte wäre? 
bie Wahrheit geredet wenn er geſprochen: 

Nemo ante Obitum beatus. 

Eben ein gleiches fiehet man an dem heute in 
unferer Action voͤrkommenden Bajazeth, der fich gleich- 
fam gan hochmüthig einen Herrn der Welt nennete;; 
allein ehe ers fi) verfahe, wurde er aus einem fo großen 
Kayſer ein Sclave, ja noch weniger als ein Sclave des 
Tamerlans, indem er auf Befehl veflelben in einen 
eifernen Käfig mit Ketten gefchlofien zur Schau herum⸗ 
geführet wurde, morinnen er ſich denn endlich aus Ver⸗ 
zweiflung getrieben ben ftolgen Schädel eingejtoflen. 

Was aber ven Tamerlan betrifft, fo werben feine 
barbariſche Thaten, jo viel e8 ver Schauplat zulaflen 
will, heute einigermaffen vorftellig gemachet werben, 
welcher wegen feiner Graufamfeit, da er gleichjam (wie 
Attila) eine Blut-Peitfhe und Züchtiger ver Tyrannen 
genennet, als ein Tyrannen ſelbſt feinen Lohn em— 
pfangen,, indem er von fernen Anhängern bald aus dem 
Wege geräumet worden. 

Die Liebes-Intriguen zwifhen Bajazeth und feiner 


8 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


verlaffenen Braut Maöcha die ihme als ein Narre ver- 
fleivet bi8 in das Yager des Tamerlans unerkannt ge= 
folget, werben die Piege adoueiren ; weil auf dieſe Weife 
ein Frauenzimmer vor heute eine luſtige Perfon vor- 
ſtellet, daher auch die Komödie betitult worden: 

Der weibliche Arlequin. 
Den Beſchluß machet ein luſtiges Nach-Spiel. 


Die Perſon giebt auf dem erſten Platz 1 Mark Be. 
auf dem mittlern 8 Schillinge, und auf dem letzten 
Platze 4 Schillinge. 

Der Anfang iſt um 5 Uhr, in Hamburg in der 
Fulen⸗-Twiet im Comödien-Hauſe. 

Johann Friedrich Lorentz.“ 


Höbbelin m Weimar; Gründung eines Hoftheaters daselbst, 
1787. 


Unter Ernft Auguft Conftantin (geb. 1735, 
geft. 1758) fehen wir die erfte regelmäßige Schaubühne 
in Weimar. Diefer junge Fürft, am lebensfrohen Hofe 
zu Gotha erzogen, übernahm 1756 die Regierung und 
vermählte ſich zugleich mit der neunzehnjährigen Braun- 
ſchweigiſchen Prinzefiin Anna Amalia, jener Fürftin, 
die fich fpäter unfterbliches Verdienſt um deutſche Dicht⸗ 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 9 


unft und deutfches Theater erwarb. Dieſes mußte dem 
lange verwaiften Hofe äußerlich ein ganz anderes Anfehen 
geben, und eine der erften Thatjachen nach dieſer Richtung 
bin war nicht allein die Berufung einer Schaufpieltruppe, 
jondern die Errichtung eines fürmlihen Hoftheaters, 
des dritten, welches Deutfchland zu jener Zeit beſaß. 
Schon am 5. Mai 1756 hatte fi der damals 
durch feine „inventirten Tänze und abmirabeln Mas- 
queren“ berühmte Brinzipal Franz Shud von 
Berlin aus an den jungen Herzog gewendet, um am Hofe 
BVorftellungen geben zu dürfen. Ob viefes Gefud ab» 
gefhlagen wurde oder ob man fi nicht mit Schuch 
einigen fonnte, ift unermittelt, genug, es hatte 
keinen Erfolg. Ein andrer Prinzipal war glücklicher; 
es war dies Carl Theophilus Döbbelin. Er 
war zuerft bei der Neuberin, dann bei Adermann ge= 
weien, endlich in den Beſitz einer nicht unbebeutenven 
Summe gekommen und nun felbft Prinzipal geworben. 
Der Zufall führte ihm gute Mitglieder zu (die wir: ſpäter 
fennen lernen werben), und fo begann er denn fein Ge— 
ihäft 1756 in Erfurt. Durch den Krieg veranlaft, von 
Erfurt wegzugehen, wandte er feine Blide nad) Weimar 
und trat bald mit dem Hofe — ver bie Reiftungen feiner 
Truppe gewiß kannte — in Unterhanplungen, welche da⸗ 
mit endeten, daß der Hof dem Prinzipal eine fefte runde 
Summe gab, wogegen die Schaufpieler von nun an als 
‚Hofe Comddianten” in Weimar agiren follten. 


10 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


Unterm 1. November 1756 wurde ein Bertrag 
zwijchen dem Hofe und Döbbelin abgefchloffen, ver neun 
Punkte und im Wefentlichen Folgendes enthielt. Er be 
gann wörtlich): 

„Beftallungs= und Verſicherungs-Decret 
vor die ehemaligen 
Döbbelinifche, nunmehro Hof-Comoedianten⸗ 
Geſellſchaft. 

Wir Ernſt Auguſt Conſtantin tot. tit. Uhrkunden 
hiermit; demnach Wir die bisherige Döbbeliniſche Ge— 
ſellſchaft deutſcher Schaufpieler unter dem Namen 
Unſerer Hof-Comoedianten auf Drey Jahre 
lang in Unſere Dienſte genommen und mit deren zeit- 
herigen Directeur Carl Theophilus Döbbelin, vor ihn und 
bie ganze Gefellfchaft ein Accord vergeftalt getroffen, daß 

1) Derſelbe mit feiner Geſellſchaft die Woche dreymal, 
oder fo viel Uns beliebt, Schaufpiele mit 
vartirenden Intermezzi, Nachſpiele und Ballets 
auf, und darbe die Direction foll führen. ” 

2) Sol ein Kavalier ernannt werden und die artifti- 
ſche Oberaufficht führen; wogegen 

3) Döbbelin darüber zu wachen habe, daß die Comoe— 
dianten fich ordentlich betragen und feine Schulden 
machen. 

4) Wird die Geſellſchaft ſammt dem Direktor unter 
bie Jurisdiktion des Hof-Marſchallamts geſtellt. 

5) Behält der Herzog das Recht, den Vertrag alle 








6) 


7) 
8) 


9) 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 11 


drei Monate zu kündigen, wogegen bei einer ſolchen 
Kündigung der Direktor nody ein volles Ouartal 
ausbezahlt erhält, welches aber — wenn bie Ge- 
ſellſchaft Schulden gemacht haben follte — zu deren 
Tilgung zu verwenden wäre. 

Im Falle Döbbelin nad) den drei Jahren nicht ges 
fonnen fei, ven Vertrag fortbeftehen zu laſſen, 
müßte er ſolches drei Monate vorher anzeigen. 
Erhält Döbbelin die Ausficht, zu Advent oder 
Vaftenzeit außerhalb Borftellungen geben zu bürfen. 
Erhält Döbbelin ein „Sährlihes Quantum von 
6800 Keichsthalern oder monatlich) von heute 
(1. Nov.) an 566 Rchsthlr. 16 Gr." Dafür 
ftellt und beſoldet er, nad) feinem Gutdünken, bie 
ganze Geſellſchaft und alle zum Theater gehörigen 
Perfonen. Der Hof giebt nur die nothwendige 
Beleuchtung an Wachs- und Zalglichter, auch 
Zalglampen. 

Hat Döbbelin fowie feine Geſellſchaft einen Revers⸗ 
Drief auszujtellen, worin fie ſich verpflichten, den 
obigen Punkten nachzufommen. 


Letzteres geihah denn aud vom Direktor und der 


Geſellſchaft mit den größten Dankbezeugungen und Ver—⸗ 
jprehungen. 


Als diefer Vertrag abgefchloffen war, übertrug ver 


Herzog dem Kammerjunfer von Dürdheim die Ober: 
aufficht der Schaufpiele und die Borftellungen begannen. 


12 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


In dieſer Form hielt ſich das Komödienweſen bis 
Ende April 1757, dann aber trat eine bedeutende Ver⸗ 
änderung ein. 

Dis zu obenerwähnten Zeitpunfte hatte der Hof die 
Schauſpiele mit einer gewiffen Summe honorirt, während 
der Direltor alle Ausgaben und das Riſiko zu tragen 
hatte. Ein Kavalier hatte dabei die Öberaufficht ge- 
führt, d. h. den Vermittler zwifchen dem Hofe und dem 
Direktor gemacht. Mit Ende April ging Döbbelin ab *) 
(ob er fih mit dem Herzoge entzweit, oder feine Rech— 
nung nicht gefunden, ift nicht zu entfcheiden ; bie Thea- 
tergefhichten führen Erfteres als Grund der Entfernung 
Döbbelind von Weimar an), und der Hof übernahm 
nun felbftftändig die ganze Gefellichaft, ließ auf eigene 
Koften fortſpielen, beftimmte die aufzuführenden Stüde, 
und der bisher die Oberaufficht führende Kavalier — 
Kammerjunfer von Dürdheim — trat nun als Direktor 
ganz in bie Rechte und Pflichten eines heutigen Inten- 
danten — und fomit entftand ein Hoftheater ganz 
im heutigen Sinne. Diele Thatjache, bisher unbe= 
fannt, doch für die Bedeutung Weimar's als frühe Pflanz- 
ftätte dramatiſcher Kunft nicht unwichtig, wird durch das 
Volgende urfundlich feftgeftellt. — 


*) Döbbelin errichtete noch in demſelben Jahre eine 
zweite Gefellichaft, die er indeffen 1758 wieder aufgab. 1767 
erhielt er Das preußische Privilegium und von dieſem Zeitpunfte 
an datirt fich feine eigentliche Reputation. 





Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 13 


Einem Berichte jenes Herrn von Dürdheim find 
obige Thatfachen entnommen. In einer Anlage fucht 
ver eifrige Intendant zu beweisen, daß der Hof bei ſelbſt⸗ 
ftändiger Uebernahme der Truppe nur gewinnen könne. 
Da diefe Anlage uns vollftändig mit ver Gefellfchaft ver 
Hofkomödianten und ihren Berhältniffen befannt macht, 
mag fie bier wörtlich folgen: 
„Berbaltdeßdermaligen Aufwanbes der hiefigen 


Comdbdiegegendenvormahls getroffenen Accorb 
deß dDimittirten Entrepreneur Doebbelin. 


Es erhalten dermahlen monatlich an Beſoldungen: 
Hr. Richter, Borih und Familie. . . 60 Rthir. 16 Er. 


Hr. Mecour und feine Frau . . . » 32 =: — : 
Hr. Mayer und feine Tu . . .. 39 : — : 
Hr. Withoefft und feine Ju . . . 30: 8: 
Hr. Bud . . 0. 34 ⸗ 8 : 
Hr. Brüder und feine grau . 0. 43 =: 8: 
Hr. Hohl und feine Frau . . . . %: — ⸗ 
Mlle. Korntbalin . . . 2 2 2. u: — : 
Hr. Bur . 2 2 2 2 rn 26 =: — : 
H. Standfuß . » : 2 2 2 2. 171 =: 8: 
Sr. Sail. . 2 2 2 2 2 na 13 =: — ⸗ 
Hr. Aulboın . . 2 2 2m 15 =: 4 
H. Miller . . . .» .. 10 = 20⸗ 
Der Theater-Schneiber Mendel . .. s =: 16: 
Der Theater-Meifter Mu . . . . 8 = 416 = 
Der Theater-Frifeur Reifmann . . . 2: — : 
Der Rollen: und Noten-Schreiber Bern: 

egger . . A: —: 


Thut monatl. 47 Rihlr. 86r. alſo jäbel 8 5008 Rthlr. — Gr. 





14 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Hierzu kommen die dem Doebbelin vor 

die Garderobe monatlich” bonificirte 
50 Rthl. jährlih mit . . . 600 Rthl. — Gr. 

Bleibt mithin nach dem Beftallungs- 

Decret des bimittirten Doebbelin & 

6800 Rthl. dermahlen an Bejoldung 

und Garderobe quanti jährlich Ueber: 
Ihuß die Summe von . . . . 1102 Rthl. — Gr. 
Hierbei ift aber noch nichts von Theater-Bibliothef, Cor: 

respondenz, Intermezzi und Papier gerechnet. 

Franz Ehriftian Eckbrecht von Dürdheim.“ 


Die Berehnungen des Herrn von Dürdheim be= 
währten fich indeſſen nicht, denn der Hof, anftatt zu ge= 
winnen, fette beveutend zu und bie Doftheater - Kaffe 
machte — Schulden. Um dieſen abzuhelfen, wurben 
nody am 20. September veflelben Jahres die Gehalte 
ſämmtlich um ein Drittel rebuzirt „bis auf beflere 
Zeiten.” (So mußte fi auch Herr von Dürdheim, 
ber eine Zulage von 200 Rthlr. erhalten hatte, einen 
Abzug von 40 Rthlr. gefallen laffen.) Doch zugleich 
wurde der Verwaltung gefagt, daß, wenn es über ein 
Jahr nicht beffer in der Kaſſe ausfehen würde, es bei 
ber Rebuftion der Gagen bleiben müſſe. 

So war denn das Theater ein Beftanptheil des 
Hofes, ein wirflihes Hoftheater geworben; in 
biefem Sinne führt aud der „Hof- und Adreß— 
Kalender” vom Jahre 1758 daſſelbe an. Dort 
heißt e8 wörtlich: 








Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1794. 15 


„Hhof⸗Theater 


worüber der Herr Cammer-Junker Freiherr von Dürckheim 
| die Direction führen. 


1) Acteurs. 
Johann Andreas Brud, welcher zugleich die Unterauf: 
ficht hat, | 
Johann Chriſtoph Richter, 
Ludwig Mayer, 
Johann Gottfried Brückner, 
Chriſtian Withoeft, 
Heinrich Gottlob Haenſel, 
Andreas Hohl. 
2) Actrices. 
Johanna Regina Richterin, 
Roſina Dorothea Porſchin, 
Catharina Magdalena Brüdnerin, 
Magdalena Elifabeth Mayerin, 
Elifabeth Hohl. 


3) Solo: Tänzer und Intermez330:Sänger. 
Sohannes Bauer, 
Johann Adam Aulborn. 


4) Solo- Tänzerin und Sängerin. 
Francisfa Kronthalin, 
Joſepha Withoeftin. 


5) Uebrige zum Hof- Theater gehörige Perſonen. 
Conrad Heinrih Porſch, Poet und Souflenr, 
Johann Standtfuß, Concertmeifter, 
Gottlieb Haußknecht, Theater- Schuhmacher, 
Sophia Henfel, 
Chriftian Müller, Theater⸗Maler, 


16 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Johann Ehriftian Mau, Theater:Meifter, 


Georg Bernegger, 
Johann Mendel, 


Joſeph Reimann.“ 


Zur Bervolftändigung mögen hier noch die Mit- 
‚glieder der Hofmufif aus jenem Jahre folgen, wie fie 
ver Hof- und Adreßkalender vom Jahre 1758 angiebt. 


Capell-Meifter, Herr Johann Ernft Bach. 


Hof:Organif, ⸗ 
Hof-Hautboiften, - 


v 
x Ww W w 


Hof⸗Pandoriſt ⸗ 


Johann Caspar Vogler. 
Georg Auguft Zahn. 
Johann Ehriftoph Muscat. 
Johann Benjamin Weiß. 
Johann Georg Kellner. 
Johann Michael Wiener. 
Michael Laurentius Ernft. 
Heinrich Seiler. 

Andreas Beng. 

Johann Auguft Werner. 
Immanuel Auguft Heinrich Köniker. 
Joſeph Doberszinsty. 


Hierzu kamen noch act „mufitalifche Trompeter“ und 


zwei „Paufer”. 


Das aufgefundene Material genügt leider nur zu 
obigen Details und zur Yeftftellung der Thatfachen; über 
bie Tünftleriihe Thätigkeit der Truppe giebt e8 feinen 
Auffhlug. Ein aufgefundener gefchriebener Zettel giebt 
indeflen den Genre der Darftellungen an; aud er mag 
als Beleg wörtlich bier folgen. 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 17 


„Montags den 9. Januar. 1738. 


Die Eiferfüchtige Ehefrau, 


ein Luſt⸗Spiel vom Herrn Dolch, in drey Aufzügen. 


Flaminia 
Helio 

Silvia . 
Mario . 
Pamphil 


Geronte 


Colombine . 


Balentin 
Frontin 


Zwei Laquayen und e 


Perfonen. 


in Taglöhner. 


Brücnerin 
Brüdner 
Porſchin 
Hohl 
Withoeft 
Mayer 
Hohlin 
Bruck 
Haenſel 


Hierauf folget ein Nach⸗Spiel von Le Sage. 


Hr. Oronte 


Fr. Oronte 
Angelique .' 


Balere . 
Hr. Orgon 
Liſette 
Crispin 

La Branche 


Crispin Rival de son Maitre. 


Perſonen. 


Das Ballet. 


Der beitrogene Bauer.“ 


Mayer 
Brücdnerin 
Porſchin 
Brückner 
Richter 
Hohlin 
Bruck 
Hohl. 


Leider hatte das junge Hoftheater-Inſtitut feinen 
fangen Beſtand. Schon im Jahre darauf, 1758, ftarb 
Basque, Goethe's Thenterleitung. 1. 


2 


18 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


ber Herzog Ernft Auguft Conftantin und die Truppe 
mußte entlaffen werden, wodurch denn das kaum be— 
gründete Hoftheater ſchon wieder fein Ende erreichte. 


Die Kocy’sche Gesellschaft in Weimar. 1768—1771. 


Bis zum Jahre 1768 blieb das Theater in Weimar 
vermaift. Damals befand fi der befannte Prinzipal 
Koch in Leipzig; durch mancherlei Unannehmlichkeiten 
veranlaßt, ſtand er auf dem Punkte, ſeine Geſellſchaft 
aufzulöſen, als ihn die Herzogin Anna Amalia nach 
Weimar berief. Die Chronologie erzählt ven Vorfall 
folgendermaßen: „Auf Veranlaffung einiger Profefloren 
(Leipzig), welche die Bühne als der ftudirenden Jugend 
ſchädlich vworgeftellt hatten, fam (am 16. Juni) plötzlich 
der Befehl, daß wöchentlich nur zweimal (Mittwochs und 
Sonnabends) gejpielt werben ſollte. Herr Koch ver- 
fuchte dies ein Vierteljahr, aber die Zuſchauer kamen 
um nichts zahlreiher. Er ſchlug eine Subfkription vor, 
bie aber nicht angenommen wurde. Schon wollte er 
feine Geſellſchaft auseinander gehen laſſen, als ihn die 
Herzogin von Weimar zu fi berief. Er fchloß bie 
Bühne zu Leipzig den 17. Sept. (1768) mit den „Kan 
didaten“ und befuchte von nun an die Leipziger Meilen. “ 








Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 19 


Koch eröffnete die Bühne in Weimar ſchon am 
25. September 1768 mit Schlegel „Herrmann“ und 
einem muſikaliſchen Brolog, gedichtet von Muſäus 
und in Muſik gefeßt von Joh. Adam Hiller; vie 
erfte Kundgebung des künſtleriſchen, ſchaffenden Geiftes, 
der in Weimar, am Hofe Anna Amalia’s, waltete, und 
ber mit ber Zeit fo Großes und Herrliches zu Tage 
fördern ſollte. — Koch blieb in Weimar bis Oftern 
1771; er beſuchte von dort aus nur die beiden jähr- 
lichen Leipziger Hauptmeflen. 1769 erhielt er in Leipzig 
die Erlaubnig — als er am 29. April in Gegenwart 
des churfürftlichen Hofes gefpielt hatte —, wieder vier- 
mal die Woche daſelbſt Spielen zu Dürfen, Doch „ver 
Raltfinn der Zufchauer ” erlaubte ihm nicht, won dieſer 
Erlaubniß weitern Gebrauch zu machen. 1770 mußte 
Roh der Wäſer'ſchen Geſellſchaft geftatten, auf feinem 
Leipziger Theater zu fpielen,. was ihn im folgenden Jahre 
veranlaßte — um fi) dieſer gefährlichen Konkurrenz zu 
entledigen —, feinen Weimarer Aufenthalt ganz aufzu= 
geben und fortan nur in Leipzig zu fpielen. Doch e8 
gelang ihm nicht mehr, daſelbſt feften Fuß zu faflen und 
noch im ſelben Jahre ſah er fi genüthigt Leipzig zu 
verlaflen und mit feiner Gejellihaft nach Berlin zu 
ziehen. — " 

Das Repertoir ver Koch'ſchen Geſellſchaft in Weimar 
beftand aus den meiften der Damals gangbaren Stüde, 
doch zeichnete e8 ſich beſonders aus durch die „Ope- 

2* 


20 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


retten“, eine damals neue Gattung von Darſtellungen, 
die Koch gleichſam auf der deutſchen Bühne eingeführt hat, 
und deren Repertoir von Weimar aus, von dort weilen⸗ 
den und ſchaffenden Dichtern und Muſikern bedeutend 
vermehrt wurde. 

1752 hatte Koch den erſten Verſuch auf dieſem Ge- 
biete mit dem alten Singfpiel „ Der Teufel iſt los“ 
gemadt. Weiffe hatte e8 neu bearbeitet und Stand- 
fuß, der Korrepetitor feiner Geſellſchaft, daſſelbe in 
Muſik geſetzt. Bald folgten „Lottchen am Hofe“, 
„bie Liebe auf dem Lande“, von Weiſſe und 
Hiller. Im Weimar erfchienen dann „das Rofen- 
feft*, nad dem Franzöfifchen des Favart, von Heer- 
mann, dem Lehrer der beiden Prinzen Carl Auguft 
und Conftantin, und „das Gärtnermädchen“, von 
Muſäus, beide mit Mufif von E. W. Wolf, dem 
fürftlihen Konzert und fpätern Kapellmeifter; und am 
29. Januar 1770 führte Koch's Gefelichaft zu Weimar 
zum erften Maleauf: „Die Jagd“, von Weiſſe 
und Hiller, vom Dichter und Komponiften der Herzogin 
Anna Amalia gewidmet. | 

Weimar war demnach die Wiege ber Operette, des 
Singfpiel®, wie e8 in der nun folgenden Epoche die ver 
erften großen deutfchen Oper werben follte. . 

Die Koch'ſche Geſellſchaft jelbft zählte — nad) 
einem faft gleichzeitigen Verzeihnig — folgende Mit- 
glieder: 


- mn —— — 








Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 921 


Heinrih Gottfried Koch, Prinzipal, geb. 
1703 zu Gera, geit. 1775 zu Berlin; verheirathet feit 
1748 mit der Folgenden. 

Chriftiane Henriette Koh, geborne Merled, 
geb. um 1730; entjagte dem Theater nach dem Tode 
ihres Gatten 1775; geft. um 1805 zu Berlin. 

Johann Gottfried Brüdner, geb. 1730 zu 
Ilmersdorf in Sachen, geft. 1786 zu Berlin; ver= 
heirathet feit 1756 mit der Folgenden. 

Katharina Magpalena Brüdner, geborne 
Klefelver, geb. 1719 auf dem Königftein bei Dresden, 
dann verehlichte (1750) Klotſch; trat 1791 vom 
Theater zurück; geft. um 1800. 

Hr. Klotſch, Sohn der Vorigen aus erfter Che, 
geb. um 1752; geft. als fürftliher Tanzlehrer in Köthen. 

Johanna Chriftiana Stark, geborne Gerhard, 
geb. 1732 zu Breslau. 

Mad. Steinbreder, geb. 1705. 

Mad. Hübler, geborne Steinbrecher, geb. 1733, 
geft. von ihrem Manne gefchienen zu Riga. 

Sohann Karl Löwe, geb. 1731 zu Drespen. 

Katharina Magpalena Löwe, geborne Ling, 
geb. 1745 zu Drespen. Sie war das erfte Hannchen 
in der Hiller’ichen „agb. ” 

Chriftian Tebereht Martini, geb. um 1720 
zu Leipzig; zugleich Schriftfteller für die Bühne. 


39 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Chriftian Gottlieb Henke, geb. 1740 zu 
Geelwig bei Drespen. 

Anna Chrijtiane Henfe, geborne Schid, geb. 
1753 zu Hiloburghaufen. 

Johanna Friederike Schick, geb. 1754 zu 
Hildburghaufen; verließ 1776 das Theater und hei- 
rathete den Fürftl. Würtemberg⸗Oels'ſchen Stallmeifter 
Menzel. 

Charlotte Dorothea Huber, geb. 1762 zu 
Münden. 

Hr. Herliß, geb. um 1740 zu Schwerin; ftarb 
1776 auf St. Helena, ald Soldat auf einem Oftindien- 
fahrer. | 

Karl Wilhelm Witthöft, geb. um 1735 zu 
Teipzig, geft. 1798 am 28. Februar zu Mannheim. 

Simon Schmelz, geb. 1735 zu Mannheim, 
geft. 1785. 

Dad. Schmelz, geborne Hettler, geb. 1728 zu 
Bergen bei Frankfurt, geft. 1776 zu Breslau. 

Hr. Kübler, geb. um 1750. 

Daniel Wolland, geb. 1746 zu Danzig, geft. 
um 1805 blind im Spital zu Breslau. 

Ausführliche und fcharfe Kritiken über obige Berfön- 
lichkeiten bringt das , Magazin zur Gefchichte des deutſchen 
Theaters, Halle 1773," dem vorſtehendes Verzeihnig 
entnommen ift. 








Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 23 


Die Seyler'sche Gesellschaft m Weimar. 1771-1774, 


Im September 1771 erfette Seyler mit feiner Ge- 
jellfchaft den zu Oftern deſſelben Jahres abgezogenen 
- Brinzipal Koh. Bon Weplar, wo er zulett fich aufge- 
halten und gefpielt, hatte ihn die Herzogin Anna Amalia 
nad) Weimar berufen. Die Bebingungen, unter denen 
er fpielen follte, waren die vortbeilhafteften. “Die 
Geſellſchaft war zu breimaligem Auftreten in ber 
Woche verpflichtet und erhielt dafiir von der Herzogin 
eine anfehnlihe Summe, melde wöcentlid bezahlt 
wurbe; ſodann noch alles Nöthige, das Theater im 
Schloſſe, das Orcefter, „fogar Wein und Speifen, 
wenn es einem Dichter eingefallen, in einem Stüde an- 
richten zu laſſen.“ Zu den Stüden und Balleten, welde 
neue Kleider und Dekorationen erforberten , lieferte bie 
Herzogin auch diefe auf ihre Koften. Dafür aber fpielte 
die Geſellſchaft nur vor geladenen Gäften des Hofes, 
welhe Einladungen ſich jedoch keineswegs auf den engern 
Kreis der Hofgefellihaft befchräntten. 

Hier noch die Bemerkung, daß das mit Delorationen 
gut ausgeftattete Theater ſich in dem untern Saale der 
Wilhelmburg zur ebenen Erde befand, alfo ungefähr an 
der Stelle, wo jett in dem neuen Schlofle die Wohnungen 
der Diener und die Hoffüche fich befinden, d. h. in ber 
zweiten Hälfte des nach der Ilm zu liegenden Schloß- 
flügels. 


2A Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


Am 7. Oktober begann die Seylerfhe Geſellſchaft 
ihre Borftelungen mit der „Eugenie“ von Beau: 
marchais und dauerten folde ununterbrochen fort bis 
zum Schloßbrande, 6. Mat 1774. 

Während diefer Zeit erfchien eine ziemliche Menge - 
neuer Werke von einheimifchen Dichtern und Mufi- 
fern — Muſäus, Bertuh, Wieland, Ein- 
fievdel, Sedenpdorf, Wolff und Schweiger, 
dem damaligen Sapellmeifter der Seylerſchen Geſellſchaft 
— auf der Weimarer Bühne, unter denen vor allen 
die „Alcefte” von Wieland und Schweiger hervor- 
zubeben wäre, weldye Oper am 28. Mai 1773, mit der 
Koch in der Titelrolle, zum erften Mal zur Aufführung 
fam und, die erfte veutfhe Oper, den eigent- 
lihen Anfang unferer heutigen Oper, bildet”). 

Weimar war demnach zu jener Zeit ſchon, im eigent- 
lichen Sinne des Wortes, in muſikaliſcher Beziehung, 
was es fpäter durch Goethe und Schiller in poetifcher 
werben follte, und wer weiß, was e8 für das mufifalifche 
Drama noch alles gethban haben würde, wenn ver un- 
glüdlihe Schloßbrand nicht allen derartigen künftlerifchen 
Beſtrebungen fo plöglid und gewaltfam ein Ziel gefegt 
hätte. — 

Das früher erwähnte „ Magazin" hat uns in dem 
Artikel: „Senpfchreiben über die Eckhof'ſche (Seyler'- 


*) Siehe Anhang XXIV. 











Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 25 


Ihe) Geſellſchaft“ das vollftändige Repertoir derfelben, 
vom 7. Öftober 1771, bi8 zum 29. Dat 1772, theil⸗ 
weife mit ganzer Beſetzung und jcharfer Kritik ver Dar- 
ftellungen, aufbewahrt, woraus wir zugleich das Perſonal 
der damaligen Weimarer Bühne, während jener Epoche, 
fennen lernen. Es weiſt in alphabetifher Ordnung 
folgende Namen nad): 

Abel Seyler, Director (nit als Schaufpieler 
thätig), geb. um 1740, verheirathet 1772 (fiehe 
Mad. Henfel); penfionirt als Direftor des Boftden- 
ters in Schleswig 1792. 

Johann Mihael Boed, geb. 1743 zu Bien, 
geit. am 18. Yuli 1793 zu Mannheim. — Er war ver- 
heirathet mit der Folgenden. 

Sophie Elifabeth Boeck, geborne Schulz, 
geb. um 1745 zu Yauenburg; penfionirt 1799 in 
Gotha. 

Sohann Jacob Chriftian Brandes, geb. 
1738 zu Stettin, geft. 1799; war zugleich pramatifcher 
Dichter. Berheirathet feit 1764 mit der Folgenden. 

Eſther Charlotte Brandes, geborne Koch, 
geb. 1746 zu Koſinsry in Lithauen, geft. 1797 in Ham⸗ 
burg. 

Karl Auguſt Dobler, geb. um 1735 zu 
Eiſenach. 

Chriſtiane Dobler, geborne Ilgener, Gattin 
des Vorigen, geb. um 1745 zu Dresden. 


96 Einleitung.” Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Conrad Edhof, geb. am 12. Auguft 1720 zu 
Hamburg, geft. am 10. Juni 1778 zu Gotha als Direl- 
tor des dortigen Hoftheaters. 

Friedrich Günther, geb. um 1745 im Hol- 
fteinifchen. Ä 

Hr. Heinzius. 

Sohann Gottlieb Henfel, geb. 1728 zu 
Hubertsburg, gejt. 1787 zu Yreiburg im Breisgau. — 
Berheirathet feit 1755 mit der Folgenden. 

Sophie Friederike Henfel, geborne Spar- 
mann, geb. 1738 zu Dresden. Geſchieden im November 
1772 von ihrem Wanne, heirathete fie in Weimar Hrn. 
Seyler ; geit. 1790 in Schleswig. 

Herr und Mad. Kirchhöfer. 

Herr Knödel. 

Friedrich Karl Koch, geb. um 1740 zu Koſau⸗ 
fen in Preußen, geft. 1794 am 19. Yebruar in Berlin. 

Franziska Romana Koch, geborne Öiraned, 
geb. 1748 in Dresven, geft. 1796 ebendaſelbſt. Hoch- 
berühmte Sängerin ; die erfte Alcefte, als folde von 
Wieland und Andern bejungen. 

Herr Liebig. 

Sufanne Mecour, geborne WPreisler, geb. 
1738 in Frankfurt, geft. 1784 in Berlin. 

Wilhelm Chriftian Dietrih Meyer, geb. 
1749 zu Hamburg; geft. 1782 zu Mannheim. 

Mavdemoifelle Niebuhr. 


Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 97 


Mad. Röder, geborne Lucius, heirathete 1772 
einen Herrn Röder in Weimar. 

Hierzu kamen während ber Zeit noch mehrere andere 
Mitglieder, von denen ich noch nennen kann: 

Charlotte Wilhelmine Franziska Bran— 
des, eine der berühmteften Sängerinnen ihrer Zeit; ven 
Namen Minna erhielt fie von ihrem Pathen Leſſing. 
Sie war geboren 1755 zu Berlin und ftarb 1787 am 
3. Juni zu Hamburg. 

Karl Hellmuth, Tenorfänger (Admet in ber 
Alcefte) ftarb zu Mainz als Biolinift der Churfürftlichen 
Hoflapelle. Er war verheirathet mit der Folgenden. 

Joſepha Heifin, geboren zu Münden; beira- 
thete in Weimar den Vorigen und ftarb als Kammer- 
fängerin des Churfürften von Mainz. 

So weit das Perfonal- Berzeihniß der Seylerfchen 
Geſellſchaft. 

Aus dem reichhaltigen Repertoir wären etwa noch 
folgende Vorſtellungen hervorzuheben: 

1771. 

7. Dftober. . „ Eugenie “ von Beaumardais. 
Mad. Henjel — Eugenie; Hr. Boed — Garendon ; 
Hr. Eckhof — Baron Härtly. 

8. Oftober. „Codrus“. Hr. Eckhof — Titelrolle. 

Vom 10. — 20. Oktober wegen Inofulation der 
Blattern des Exrbprinzen Carl Auguft gefchloffen. 

24. Dftober. Zum Geburtstag der Herzogin Anna 


98 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Amalia: „Die Stufen des menjdhliden 
Alters,” ein Borfpiel von Muſäus mit Muſik von 
Schweiger, dazu: „Zelmire” Zrauerjpiel. Mad. 
Henfel — Zelmire; Hr. Eckhof — Polivor. 

29. Oktober. „Der Hausvater“ von Diderot. 
Eckhof — die Titelrolle. 

8. November. „Miß Sara Sampfjon” von 
Leffing. Mad. Mecour — Titelrolle; Eckhof — Dielle- 
font. 

4. Dezember. „Der Freigeift” von Leffing. Hr. 
Boed — Adraſt; Eckhof — Liſimon. 

1772. 

7. Januar. „Minna von Barnhelm“ von 
Leſſing. Mad. Brandes — Minna; Mad. Mecour 
— Franziska; Eckhof — Tellheim; Hr. Boeck — 
Riccault; Hr. Brandes — Werner; Hr. Henſel — 
Juſt; Mad. Boeck — Dame in Trauer. 

8. Januar. „Oreſt und Elektra“ von 
Gotter. Eckhof — Aegiſth; Mad. Mecour — Elektra; 
Hr. Boeck — Oreſt. 

9. Januar. „Der Bauer mit.der Erbſchaft.“ 
Eckhof — Titelrolle. 

13. Sanuar. „Der Öeizige. * Edhof — Titel- 
rolle. | 

24. Yebruar. „Le bourru bienfaisant.“ Eckhof — 
Titelrolle. 

13. Mai. „Die neugierigen Frauenzim— 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 29 


mer” von Goldoni; und zum erften Male: „PByg- 

malion“ nad Rouſſeau; Mufit von Schweiger. 

Hr. Boeck. — Pygmalion; Mad. Koch — Galathen. 
1773. 

28. Mai. „Alceite” von Wieland, Mufil von 
Schweiger Mad. Koh — Alceſte; Mad. Hellmuth 
— Barthenie; Hr. Hellmuth — Admet; Hr. Günther 
— Hercules. 

1774, 

3. Mai. „Der bürgerlide Edelmann; “ die 
legte Borftellung, indem am (4.) 6. Mai Feuer im 
Schloße ausbrah und nicht allein Schloß und Theater 
in Aſche legte, ſondern auch alles bisher Erreichte gewalt- 
ſam zerftörte, alle fernern Ausfichten und Hoffnungen, 
bie Bühne in Weimar zu befeftigen und Drama und 
Oper zu fördern, gänzlich vernichtete. 

Die kunſtſinnige Herzogin fah fi gendthigt, Die 
Seylerſche Geſellſchaft zu entlaffen und biefe zog denn 
auch, ſogleich nach der unglüdlichen Kataftrophe, nad) 
Gotha, wo der Herzog nod in bemfelben Jahre bie 
ganze Truppe felbftandig übernahm und ein ftehendes 
Hoftheater errichtete, welches indeſſen 1779, nach dem 
Tode Eckhofs, plöglic aufgehoben wurde, worauf vie 
meiften Mitglieder ver Gefellfchaft nah Mannheim 
gingen und dort den Stern des neuen Nationaltheaters 
unter Herrn von Dalberg bilveten. 


30 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


Sellomo und serme Gesellschaft in Weimar. 1782—I791. 


Nach Seylers Abgang beginnt für Weimar ein eigen- 
thümliches, höchft originelles Theaterleben: Die Epoche 
der fürftlihben Liebhaberbühne, von 1775 — 
1783, unter Goethes thätigfter Mitwirfung. Vieles 
Intereffante ift über biefe merkwürdige Zeit ſchon ver- 
öffentlicht worden *), doch harrt fie noch immer einer 
Darftellung, die fie erſchöpfend, mit allen nöthigen De- 
tails, als vollftändiges, farbenreiches Bild dem Lefer vor- 
führe. Unmöglich ift e8, diefe Epoche mit wenigen Worten 
zu ſchildern; auch kann e8 nicht die Aufgabe dieſer Blätter 
jein, allgemein Bekanntes weniger ausführlich worzu- 
führen. Nur Thatſachen, Nachrichten, theilweiſe unbe⸗ 
kannte Details, ſich auf die ältern Schauſpieltruppen in 
Weimar beziehend, ſollen hier kurz und beſtimmt wieder⸗ 
gegeben werden, und ſo müſſen wir denn dieſe ſchöne, 


— 





*) Dr. A. Beucer, „Dastiebhaber-Theater am Herzogl. 
Hofe zu Weimar”, im „Weimar: Album”. 1840. — Wachs— 
muth, „Weimars Mufenbof”. 1844. — € W. Weber, 
„Bas Weimar in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts 
für die Oper that”, im „Weimarer Sonntagsblatt”. 1856. 
Nr. 7—13. — Diezmann, „Die luftige Zeit in Weimar“. 
1857. — Deſſelben „Weimar-Album“. — Ed. Devrient, 
„Geſchichte der deutſchen Schaufpielfunft“. Bd. 3. Abſchn. VOL. 
— Bejonders noh wichtig Durch die Menge intereffanter und 
zum Theil unbelannter Notizen ift das Heine, treffliche „Earl: 
Auguft:Büchlein“ von Schöll, Weimar 1837. 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 31 


luſtige Zeit überfpringen, den Wißbegierigen auf die in 
der Anmerkung angeführten Aufſätze und Bücher, zugleich 
aud auf den fpäter folgenden Abfchnitt: „Die Vertreter 
der Mufif am Hofe zu Weimar von 1756 — 1832, * 
und die Abfchnitte XXIH und XXIV verwetjend. 

Die fürftlihe Tiebhaberbühne, die man nad) Luft und 
Laune bald im Ettersburger Walde, bald in Tiefurts 
Park, an ven Ufern der Ilm, bald wieder in Belvedere, 
und dann wieder in den &emächern ber verichienenen 
fürftlichen Reſidenzen aufgefchlagen — 


„ — In engen Hütten und im reichen Saal, 
Auf Höhen Ettersburgs, in Tiefurts Thal, 
Im leichten Zelt, auf Teppichen der Pracht, 
Und unter dem Gewölb ber hohen Nacht — “ 


hatte in Weimar felbft nur ein ganz befcheivenes Aſyl 
und zwar in dem damaligen Hauptmann’fchen Haufe an 
ver Esplanade, weldhes der Eigenthümer (Hofjüger 
Hauptmann, Bau⸗ und Fuhr-Unternehmer) auf Spefu- 
lation für die Maskenbälle, Redouten hatte errichten 
laſſen. Bis jest bat man geglaubt, daß aus dieſem 
Sauptmann’fhen Haufe das fpätere Hoftheater- 
Gebäude entjtanden, doch dem ift nicht af. Schade, 
in feinen „Didaskalien“ (Minerva 1858. Bd. I. 
Heft 1) theilt darüber Folgendes mit: 

„As das Haus (Hauptmann hatte ſich verfpefulirt 
und gerieth in drückende Umſtände), in andere Hände 


32 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


überging — Präſident von Kalb faufte eg — mußten 
die Mufen und Masfen emigriven und es war fein 
Raum in der Stabt, der fie hätte aufnehmen können. 
Da erbarmte ſich die verwittwete Herzogin Anna Amalia 
der Flüchtlinge und ſchuf ihnen ein neues, befjeres, noch 
einmal fo großes eigenes Lokal, und zwar hinter ihrem 
Palais, grade auf dem Plate, wo nody jet das Theater 
fteht, defjen erfte Grundlage es ſomit ward. Es wurde 
diefer Bau gegen Pfingften 1779 begonnen und nod) 
in der guten Jahreszeit vollendet. Er beitand aus nur 
einem Stodwerf, das aber fo hoch war als ſonſt zwei 
Geſchoſſe zu fein pflegen, enthielt einen geräumigen Tanz- 
faal, oben mit einer Gallerie verſehen, ver zugleich bei 
Komödien das Parterre bildete, dann das Theater, das 
unbeweglich und recht Yeräumig war. Im Hintergrund 
vefjelben gingen zwei große Flügelthüren nach dem Garten 
zu, wenn dieſe geöffnet wurden, konnte der Profpeft ſehr 
erweitert, auch allerlei Feuerwerk und Illuminationen 
außer dem Haufe vorgenommen werden. Hinter dem 
Saale, der Bühne gegenüber, waren allerlei Kleine Zim- 
mer, brei neben einander, und zwei nebft einer Küche 
dahinter, zur Bequemlichkeit ver Masten. Für reich- 
lichen Aus- und Eingang war geforgt, das Haus hatte 
acht Thüren. Die Einweihung dieſes neuen Schau- 
plates mußte bis in den Anfang des folgenden Jahres 
1780 verjhoben werben, da man erft die Rückkehr des 
Herzogs abwarten wollte, der befanntlid damals mit 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 33 


Goethe und Wedel einen mehrmonatlichen Ausflug nad) 
der Schweiz unternommen hatte. Am 7. Januar 1780 
war die erfte Redoute darin. * 

In dieſes Haus nun berief ver junge Hof, als die 
Luft am Komddien-Spielen etwas nachgelaſſen, 1783 
ven Prinzipal Bellomo, ver mit feiner Gefellfchaft zu 
jener Zeit in Dresden, im Linffchen Babe, fpielte. Man 
Ihloß einen fürmlihen Vertrag mit ihm ab und fchon 
zu Ende vejjelben Jahres begann er feine Borftellungen 
in Weimar und in obigem Haufe *). 

Das Perjonal, mit weldhem Bellomo Ende 1783 in 
Weimar einzog, war folgendes: 

„Prinzipal und Director: Hr. Joſeph Bellomo; 
Muſikdirektor und Correpetitor: Hr. Orampel (wurde 
im folgenden Jahre durch den befannten Muſiker 3. 
Kraus erfegt); Kaffierer: Hr. Steinmüller; Dias 


*) Das nun folgende PBerjonal-Berzeihniß ift dem Go: 
thaiſchen Theater:Ralender vom Jahre 1784 entnommen. Der: 
jelbe theilt vorerft in gewöhnlicher Weile den Beftand der Ge- 
iellfhaft mit, und zwar mit dem ausdrücklichen Bemerken: 
„Aufenthalt, Dresden im Linkifhen Bade”. Im Nachtrag 
befielben Kalenders findet fich die Gefellichaft noch einmal ver: 
seihnet, und zwar mit folgender Bemerkung: „Aufenthalt im 
Sommer Dresden, im Winter Weimar“. Da obiges Büch— 
fein vor Ende des Jahres 1783 erſchien, Reichardt (der Her: 
ausgeber) feine Borrede im September 1783 ſchrieb, fo dürfte 
e8 wohl außer Zweifel fein, daß Bellomo ſchon zu Ende 1783 
Sorfiellungen, etwa zur Probe, in Weimar gegeben. 

Basque, Goethe's Thenterleitung. 1. 3 


34 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


Ihinift: Hr. Klemm; Garberobir: Hr. Schüß; 
Souffleur: Hr. Lucca; Partienfchreiber: Hr. Voß. 
Schaufpielerinnen: Dad. Ackermann, erfte Lieb⸗ 
haberinnen, fingt erfte und zweite Rollen in der Oper. 
Mad. Bellomo, Bravour-Rollen im Singfpiel, Xieb- 
haberinnen. Mad. Duny, Helvinnen, Mütter, tanzt. 
Mad. Fritſch, Tomifhe Mütter im Singſpiel, Ber- 
traute. Mademoifelle Fürich, alternirt mit Mad. Ader- 
mann, figurirt. Mavdemoifele Jagdſtein, zweite 
Singrollen, dritte Kiebhaberinnen. Mad. Leonhard, 
fomifche Mütter, figurirt. Mad. Mierfch, Heine Neben, 
rollen, figurirt. Mad. Simoni, erfte Solotänzerin. 
Mad. Voß, zweite Liebhaberinnen, figurirt. Map. 
Waldher, erfte Soubretten, fingt und figurirt. 
Schaufpielee: Hr. Adermann, lomiſche Alte im 
Singipiel, Bediente, figurirt; Hr. Bellomo, Liebhaber 
im Luft und Singjpiel; Hr. Duny, Nebenrollen, tanzt. 
Hr. Eggelrecht, polternde Alte, fingt und figurirt; 
Hr. Felſer, Könige, Helven, figurirt; Hr. Früh— 
bad, britte Liebhaber, figurirt; Hr. Grießbach, 
Geiftlihe, tanzt; Hr. Keonhardt, erfte Liebhaber im 
Trauer-, Luft- und Singfpiel, figurirt; Hr. Meier, 
Chevalier, figurirt; Hr. Metzner, komiſche Alte, figu- 
rirt; Hr. Mierſch, Alte, Militairs, figurirt; Br. 
Pfüller, Väter, komiſche Alte, fingt und figurirt; 
Hr. Reiherr, Bauern, Bebiente, figwirt; Hr. 
Shopper, niedrig-komiſche Rollen im Yuft- und 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 179. 35 


Singfpiel, figurirt; Hr. Simoni, Bertraute, tanzt; 
Hr. Voß, Nebenrollen; Hr. Wachter, zweite Lieb⸗ 
haber, figmirt; Hr. Wahsmuth, Kinderrollen. 
Ballet: Hr. Simoni, Balletmeifter und erfter 

Solotänzer; Mad. Simoni, erfte Solotänzerin; Hr. 
und Mad. Duny, zweites Pas-de-deux; Hr. Gries» 
bad und Mad. Fritſch, drittes Pas-de-deux. 

Spieltage. Auf dem Hoftheater in Weimar : Diens- 
tag, Donnerstag, Sonnabend. — Bei der Geſellſchaft 
find meiftentheil$ aus dem Italieniſchen überjete Opern 
im Gange. * | 

Mit diefer Gefellichaft gab Bellomo noch zu Ende 
des Jahres 1783 Vorſtellungen, wahrſcheinlich zur 
Probe, in Weimar, worauf der abgefchloffene Kontrakt 
in Gültigfeit trat, und am 1. Januar 1784 in aller Form 
bie Saifon eröffnet wurde und zwar mit der „Mari- 
anne” von Gotter, in welchem Schaufpiel ein Theil per Ge⸗ 
jellfhaft fürmlich debütirte. Die Bejegung war folgende: 
Mad. Adermann — Titelrolle; Hr. Pfüller — 
Präſident; Mad. Duny — Präſidentin; Hr. Bellomo 
— Baron; Hr. Leonhard — von Walther; Hr. Fel— 
jer — Geiftliher; Herr Duny — Bediente Philipp. 

Am 3. Yanuar wurden „die eingebildeten 
Bhilofophen“ gegeben, worin noch weiter debütirten: 
Hr. Adermann — Betronio; Mad. Bellomo — 
Karifje; Hr. Frühbach — Phocion; Hr. Lucca — 
Macobiv. 

3* 


36 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


Im Laufe der Jahre und des Aufenthalts in Weimar 
gingen manche der genannten Mitglieder der Geſellſchaft 
ab, manche neue Namen kamen hinzu. Bon lettern 
wären vorzugsweife die zu nennen, welche fpäter, 1791, 
als Mitgliever des neu errichteten Hoftheaters blieben, 
oder zu einer fünftlerifchen Bedeutung gelangten. -- 

Es find dies: 

Diad. Kummerfeld, die langjährige Kollegin und 
Freundin Schröders; bdebütirte Ende 1784, ging aber 
ſchon im folgenden Jahre gänzlicy vom Theater ab. 

Hr. und Frau Neumann, debütirten: er Ende 
1784 als Carl Moor in den Raubern, fie zu Anfang 
des Jahres 1785 als Gräfin in Jeanette. Neumann ftarb 
am-25. Febr. 1791. Ueber Beider Tochter „ Euphroſyne“ 
fiehe die mit obigem Namen bezeichnete größere Epiſode. 

Hr. und Mad. Weyrauch, ein bedeutendes Sänger: 
paar, traten ihr erftes Engagement in Weimar an im 
März 1785, doch nody im felben Jahre gingen fie wieder 
ab, um fpäter unter Goethe's Leitung zurüdzufehren. 

Hr.und Mad. Kafelig, ihrer Zeit renommirte Dar- 
fteller, vebütirten im Frühjahr 1785 und blieben bis 
Ende 1787. 

Hr. Burgmüller, vebütirte am 3. Sept. 1785; 
war zugleich Mitpireftor des ganzen Unternehmens, doch 
ging er fhon im folgenden Jahre wieder ab. 

Hr. Einer (Krado) trat ein im März 1786 und 
entfernte fi) heimlich von Weimar Ende 1790. Unter 





Einleitung. Borbereitende Epoche, bi8 1791. 37 


Goethe ijt er wieder thätig, und werben wir ihm fpäter 
nohmals begegnen. 


Hr. Demmer, der ältere, gehörte der Bellomo’fchen 
Geſellſchaft an von 1786— 1787. Ein jüngerer Bruder 
heirathete eine Dem. Krüger, Schmwefter des befann- 
ten Schaufpielers Carl Krüger (auf ven wir fpäter zu- 
rüdfommen werden). Diefelbe hatte ebenfalls im Okto⸗ 
ber 1786 bebütirt und Beide gingen 1787 ab. Den 
jüngeren Demmer treffen wir unter Goethe's Direftion 
engagirt. 

Hr. Hunnius, der ältere, geb. 1762; in Weimar 
von 1786— 1787; kehrte ſpäter zurüd. 

Hr. Malcolmi, vebütirte am 2. Febr. 1788 als 
Oberförfter in den Jägern. Seine erfte Gattin war 
in Weimar nit thätig, dafür aber feine beiden älteften 
Töchter, welche ebenfalls im felben Jahre bebütirten. 
Wir werben fpäter auf die Familie zurückkommen. 

Hr. Domaratius, jugendlicher Tiebhaber in Oper 
und Schaufpiel, vebütirte im Frühjahr 1789 und blieb 
bei Gründung des Hoftheaters. 

Dies wären etwa die Mitglieder von Bedeutung, die 
während der Bellomo'ſchen Entreprife in Weimar thätig 
waren. 

Zu OÖftern 1791 ging der Kontrakt mit Bellomo zu 
Ende und der Hof übernahm das Theater, die Gejell- 
haft ſelbſtſtändig. Mit der letzten Vorjtellung Bello- 


38 Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 


mo's — er ſchloß am 5. April mit einer Abſchiedsrede 
von Bulpius, gefpredhen von Mabam Ackermann — 
endet die Uebergangs=, die Vorbereitungs⸗Epoche, und Die 
ber künſtleriſchen Bollendung, die Epoche Goethe's, 
Schiller's, von der größten Tragmeite für die Entwidlung 
deutſcher dramatischer Dichtkunſt und theatralifcher Dar- 
ftellung, beginnt. 


Wenn wir die in den vorftehenven Zeilen gegebenen, 
furzen doch thatjächlihen Notizen refapituliren, fo er- 
giebt ſich folgendes Refultat : 

Mit dem Einzug der Herzogin Anna Amalia in 
Weimar beginnt die dramatifche Kumft, unter der Pflege 
ber gebildeten und Eunftfinnigen Fürſtin, zum erften Male 
feften Fuß am Weimarer Hofe zu faſſen: Ein förm— 
lihes Hoftheater wird 1757 daſelbſt ge- 
gründet. 

Durch das, Leider ſchon im nächſten Jahre, 1758, 
erfolgte Ableben des Herzogs Ernſt Auguft Conftantin 
zerfällt das junge, kaum organifirte Inſtitut und fein 
friſches, Fräftiges Emporblühen wird gemaltfam unter- 
brochen, zerftört. Die Pürftin fucht nunmehr durch 
Muſik ihren künftlerifchen Sinn zu befriedigen, und der 
befannte Komponift und Sapellmeifter E. W. Wolff 
(Siehe den Abſchnitt: „Die Vertreter der Mufif am 
Hofe zu Weimar”) wird ihre Lehrer und Führer auf 
dieſem Gebiete. 


— — — 


Einleitung. Borbereitende Epoche, bis 1791. 39 


Als 1768 die Koch'ſche Gefelfchaft in Weimar einge- 
zogen, jehen wir als nächſte Folge dieſes Mufiftreibens ver 
Herzogin die erften deutſchen DOperetten unter 
ihren Augen erftehen. 

Seyler mit feiner vortrefflihen Geſellſchaft erfekt 
1771 Koh, und nun wird dem Drama wie der Muſik 
wieder gleiche Rechnung getragen. Die beveutenpften 
Namen der deutihen Schaufpiellunft, Eckhof voran, find 
thätig und forgen dafür, daß die Neigung zu den drama⸗ 
tiichen und muſikaliſchen Darftellungen nicht allein nicht 
erfaltet,, fondern ftet8 wächſt und zunimmt, und hervor⸗ 
ragende Größen, Koriphäen ver Literatur — Wieland 
an der Spitze —, der muſikaliſchen Welt, find dafür 
probuftio thätig. 

Der unglüdlihe Schlofbrand 1774 hemmt aber- 
mals dieſes jchöne, gewiß folgenwichtige fünftlerifche Leben 
und Treiben. Doch erhält es bald darauf, durch Goethe's 
Einzug in Weimar (November 1775), neue Nahrung, 
neuen Aufſchwung, doch aud) wieder eine andere, ivealere, 
phantaftifchere Richtung. Der junge Hof, Carl Auguft, 
von gleicher Neigung wie die fürftliche Mutter befeelt, 
unterftügt von dem gewaltigen, gährend ſchaffenden Geifte 
Goethes, führen frifehweg Komödien, Darftellungen 
der abfonverlichften Art, des verfchiedenften und bunteften 
Inhalts und in den abentheuerlichften Formen auf, alles 
Mögliche, felbft das ſcheinbar Unmögliche auf diefem Ge- 
biete verſuchend und ins Leben rufend: eine wahre Epoche 


38 Einleitung. Porbereitende Epoche, bis 1791. 


mo’ 8 — er fhloß am 5. April mit einer Abſchiedsrede 
von Bulpius, gefprodhen von Madam Adermann — 
enbet die Uebergangs=, die Vorbereitungs-Epoche, und die 
ber künſtleriſchen Vollendung, die Epoche Goethe's, 
Schiller's, von der größten Tragmeite für die Entwidlung 
deutſcher dramatiſcher Dichtkunft und theatralifcher Dar- 
ftellung, beginnt. 


Wenn wir die in den vorftehenden Zeilen gegebenen, 
furzen doch thatjächlichen Notizen refapituliren, fo er- 
giebt fid) folgendes Reſultat: 

Mit dem Einzug der Herzogin Anna Amalia in 
Weimar beginnt die dramatifche Kunft, unter der Pflege 
der gebildeten und funftfinnigen Fürftin, zum erften Male 
feften Fuß am Weimarer Hofe zu faſſen: Ein fürm- 
lihes Hoftheater wird 1757 bafelbft ge- 
gründet. 

Dur das, leider fhon im nächſten Jahre, 1758, 
erfolgte Ableben des Herzogs Ernft Auguft Eonftantin 
zerfällt das junge, kaum organifirte Inftitut und fein 
frifches, kräftiges Emporblühen wird gewaltfam unter- 
brodhen, zerftört. Die Yürftin fucht nunmehr durch 
Muſik ihren Fünftlerifchen Sinn zu befriedigen, und der 
befannte Romponift und Kapellmeifter € W. Wolff 
(Siehe den Abfchnitt: „Die Vertreter der Mufif am 
Hofe zu Weimar”) wird ihre Lehrer und Führer auf 
dieſem Gebiete. 


Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 39 


Als 1768 die Koch'ſche Gefelichaft in Weimar einge- 
zogen, jehen wir als nächſte Folge dieſes Mufiktreibens ver 
Herzogin Die erften deutſchen Operetten unter 
ihren Augen erfteben. 

Seyler mit feiner vortrefflihen Geſellſchaft erfegt 
1771 Koh, und nun wird dem Drama wie der Muſik 
wieder gleihe Rechnung getragen. Die bebeutenpften 
Namen der deutfhen Schaufpielfunft, Eckhof voran, find 
thätig und forgen dafür, daß die Neigung zu den drama—⸗ 
tiſchen und mujifalifhen Darftellungen nicht allein nicht 
erfaltet, fondern ftet8 wächſt und zunimmt, und hervor⸗ 
ragende Größen, Koriphäen ver Literatur — Wieland 
an der Spige —, der mufifalifchen Welt, find bafür 
produktiv thätig. 

Der unglüdlihe Schloßbrand 1774 hemmt aber- 
mals diefes ſchöne, gewiß folgenwichtige fünftlerifche Leben 
und Treiben. Doc erhält e8 bald darauf, durch Goethe's 
Einzug in Weimar (November 1775), neue Nahrung, 
neuen Auffchwung, doch auch wieder eine andere, ivealere, 
phantaftifchere Richtung. Der junge Hof, Carl Auguft, 
von gleiher Neigung wie die fürftlihe Mutter befeelt, 
unterftügt von dem gewaltigen, gährend fehaffenden Geifte 
Goethes, führen friſchweg Komödien, Darftellungen 
der abjonderlichften Art, des verfchiedenften und bunteften 
Inhalts und in den abentheuerlichiten Formen auf, alles 
Mögliche, ſelbſt das ſcheinbar Unmögliche auf dieſem Ge- 
biete verfuchenn und ins Leben rufend: eine wahre Epoche 


40 Einleitung. Vorbereitende Epoche, bis 1791. 


ver Läuterung, wodurd wieder die gefammten fünftle- 
riihen Neigungen in fchönfter, vollfter Thätigfeit blieben. 

Doch nach etwa zehnjährigem derartigen Produciren 
und Reproduciren läßt die Luft an der Darftellung felbit 
nad). Goethe wird ernfter, nimmt thätigern Antheil au 
den Staats⸗Geſchäften und in anderer Weife mußte nun⸗ 
mehr für die Befriedigung der Luft, des Vergnügens an 
bramatifcher und theatralifcher Kunft geforgt werden. Da 
wurde 1783 Bellomo mit feiner Geſellſchaft engagirt. 
Sieben Jahre genügten jcheinbar feine Leiftungen. Doch 
war man mit ber Seit wohl ficher zu der Anficht gelangt, 
unter eigener Zeitung Beſſeres, Vollendeteres ſchaffen zu 
fönnen. Hierzu fam noch, daß, nachdem Goethe fich 
wieder von den Geſchäften zurüdgezogen, eine andere 
Beihäftigung, wohl auch Stellung für ihn gefunden 
werden mußte. So ergriff denn Carl Auguft diefe Ge— 
legenheit und gründete durch Kündigung des Kontrafts mit 
Bellomo und Uebernahme feiner Geſellſchaft, 1791 das 
Hoftheater, Goethe al8 oberften fünftlerifchen Leiter, mit 
unumfchränkter Vollmacht, an die Spite des ganzen 
Inftituts ſtellend. Von dieſem Augenblide an beginnt 
bie neue golpne Zeit ver Weimarer Bühne, der deutſchen 
bramatifchen Kunft, aus welcher beveutungsvollen Epoche 
wir in den folgenden Blättern einzelne Epifoden, wenn 
auch nur in ihren Außern Formen, dafür aber in ben 
genaueften und treueften — weil urkundlichen — 
Umriſſen kennen lernen werben. 





I. ° 
Srwerbungen für das neue Softheater, 1791. 


— — 


* 


herr und Fran Amor und Herr von Blumenthal ˖Becker; Regiſſeur 
Fiſcher, feine Frau und Genaſt. Eröffnung des neuen Hoftheaters; 
„Die Jäger‘ von Ifland. Perfonal. 





Bere und Fran Imor and Bere bon Blumenthal-Beker. 


Die Uebernahme der Bellomo'ſchen Geſellſchaft durch 
ven Weimarer Hof muß fchon bei der Kündigung des 
Kontraktes mit obigem Prinzipal, zu Ende des Jahres - 
1790, beſchloſſene Sache gewejen fein. Doc ſcheint man 
das Vorhaben felbjt noch ziemlich geheim gehalten zu 
haben, denn Kirms munterte noch im Januar 1791 per- 
fönlih den Unternehmer Joſeph Seconda in Leipzig 
auf, fih um das Weimarer Hoftheater zu bewerben, 
was Seconda auch unterm 26. Januar 1791 that*), 
doch natürlich ohne Erfolg. Nun wurde das Geheimniß 





*) Das bierauf bezüglihe Schreiben Seconda’s an 
Kirms lautet: . 

„Leipzig, den 26. Senner 1791. 
Wohlgeborner, 
Hochzuehrender Herr Land: Kammer:Rath. 

Dero mir bier gütigen ertheilten Rath durch ein Memorial 
bey dem Hof: Marichall- Amte wegen Erlangung bes Weima- 
riſchen Hof- Theaters , einzulommen, habe ich befolgt. Diefes 
Memorial wird heute ebenfalls dahin abgegeben werben, und 
bin babero fo frey, Ew. Wohlgeboren zu erfuchen, mir Dero 
fernere gütige Unterftägung nicht zu verfagen, durch welche 





AA Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


auch nicht mehr jo ftreng gewahrt und fchon begannen 
verfchiedene der damaligen Sheaterblätter die Neuigfeit 
zu verbreiten. Eine „Fürſtliche Theater = Commiffion * 
wurde gebildet, die die Angelegenheiten des neuen Hof- 
theater veguliren follte, welche zugleich unter dem Her⸗ 
zoglihen Hofmarſchall-Amte ftand und fo einen Theil 
biefer oberften Hof⸗Behörde bildete *). Goethe, als Ober- 
leiter des neuen Inftituts, erhielt den als gewanbten Ge— 
ſchäftsmann befannten, und fid) auch ferner aljo bewäh- 
renden Land⸗Kammer⸗Rath und Aſſeſſor des Hofmar⸗ 





Gewährung ich mir im Voraus fchon einer erfreulichen Reso- 
lution verjebe. 

Auch habe ih Ew. Wohlgeboren die Ehre zu melden, daß 
Herr und Mad. Buhard aus Graz angelommen find, fie 
haben mir von ihren theatralifchen Verdienſten nicht zuviel 
geſchrieben; ich babe fie und ihre Tochter nur am Flügel 
fingen gehört, welchen fie felbft ſehr brav fpielt, und bin in 
meinen Erwartungen übertroffen worden. Durch biefe neuen 
Mitglieder hat meine Gefellihaft würflih einen großen Glanz 
erhalten. . 

Schlüßend fehmeichle ich mir mit der Hoffnung, daß Ew. 
Wohlgeboren meine Freiheit nicht ungütig aufnehmen und 
meine Bitte nicht ohne Erfüllung laſſen werden. Derich aber 
jederzeit mit ber größten Hochachtung verharre 

Em. Wohlgeboren ergebenfter Diener 
Joſeph Seconda.“ 


*) Die Weimarer Hoftheater-Intendantur ftand noch bis 
1857 unter obiger Behörde, bis in letterm Jahre Franz 
Dingelftebdt bie Leitung bes Hoftheaters unter der Bezeich: 


Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 45 


Ihall-Amts Kirms*) zur Seite, dem die Beforgung 
und Berwaltung der ölonomifchen und materiellen Ange- 
fegenheiten des Inſtituts — doch auch zugleich thätig in 
den fünftlerifchen Theil vefjelben mit eingreifend, wie wir 
in ber Folge zur Genüge ſehen werden —, demnach ein 
Hanpttheil ver Geſchäfte, ver Arbeit, ganz allein oblagen. 
Die Vorbereitungen begannen nun, und Unterhanblungen 
mit talentoollen Darftellern wurden angefnüpft, um das 
vorhandene Perfonal zu ergänzen, zu verbeſſern. 

Eine dieſer erften Berbindungen mit neu zu engagi« 
renden Schaufpielern, die man entrirte, war mit Herrn 
und Frau Amor. 

Frau Caroline Amor, eine im Fach der Köni— 
ginnen, tragifchen und komiſchen Müttern zur Zeit wohl 
renommirte Künftlerin, war eine geborne Amberg. Sie 
heirathete zu Stralfund den Hofrat Ungnade, betrat 
dann 1775 als Madam Naumann das Theater zu 
Linz, und verheirathete ſich dafelbft zum zweiten Male mit 


nıng „General: Intendantur“ durchaus ſelbſtſtändig 
und nur vom Großherzog abhängig übernahm. 

) Franz Kirmes erhielt bald darauf ben Titel „Hof: 
kammer⸗Rath“, fpäter den eines „Geheimen Hofraths“, und 
blieb bei der Leitung, der Intendanz des Hoftheaters, bis zu 
feinem Tode, der 1826 erfolgte. Er bewährte fid) bis an fein 
Ende als tüchtiger, gewandter Dirigent und war zugleich ein 
Ehrenmann im vollen Sinne des Wortes. Hofrath Esper⸗ 
ſtedt von Berlin, der ftetS mit ihm in theatralifchen Ange: 
legenheiten forrefpondirt hatte, fchrieb nach dem Tode Kirmes’ 


A6 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


dem Schaufpieler Peter Amor. Diefer war als Dar- 
fteller nicht von großer Bedeutung, jondern eigentlidy nur 
in Epifoden, zweiten Rollen an feinem Plage. Die 
beiden Gatten fannten den Prinzipal Bellomo und er- 
hielten von demſelben im Dezember 1790 eine Engage- 
ment8= Offerte für fein neues, bevorftehenves Unter- 
nehmen in Grätz in Steyermarf, wohin er, vom Hofe 
gekündigt, al8 nad) feinem frühern Aufenthalte, zurückzu⸗ 
fehren gedachte. 
Auf diefes Schreiben antwortete Amor: 


„Olmütz, den 21. Dezember 1790. 


Hoch Evelgeborner Herr! 
Schätzbarſter Freund! 


Den 20ten dieſes haben wir Ihr ſchätzbares Schreiben 
erhalten, und zwar mit dem größten Vergnügen. Nun 
enblich hoffen und wünſchen wir, daß wir dermalen das 
Süd haben werben, Mitgliever Ihrer Direction zu wer- 
den. Was nicht in Sachfen gefchah wird hoffentlich in 


befien Nachfolger: „— Das Herzoglihe Haus hat an Kirms 
einen Geichäftsmann verloren, wie e8 nicht viele giebt. Er 
war zugleich ſehr kunftfinnig, liebenswürdig und mufterhaft ale 
Beamter. —” 

Kirms greift bedeutend tiefer ein in den Gang ber Ge⸗ 
ihäfte Des Weimarer Hoftheaters, als man bisher gewußt und 
geglaubt; die nachfolgenden Blätter werben hierfür Die beften 
Beweiſe liefern. 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 47 


Steyermark gefchehen, nämlich: lange Zeit bey, neben 
Ihnen und um Sie zu ſeyn. 

Sie verlangen unfere Bedingungen zu willen? felbe 
beftehen in jehr wenigem. Wir erbitten von Ihnen einen 
jährlichen Contract und die Gage anbelangend für meine 
rau und mich 15 Thlr. wöchentlich. 


Mit einem Sänger oder Sängerin, nebjt Liebhaberin 
Einnen wir dermalen Ihr Verlangen nicht befriedigen. 
An deren Stelle empfehlen wir Ihnen einen jungen 
Schaufpieler mit Namen Beder, aus Berlin gebürtigt, 
welcher ſehr vertheilhaft die zweiten Liebhaber in Comö⸗ 
dien ſpielt und in Singſpielen gut zu gebrauchen iſt. 

Meine Frau und ich empfehlen uns Ihnen und 
Ihrer Frau Gemahlin, und hoffen ſehnlichſt, daß unſer 
Wunſch dermalen befriediget werde, Mitglieder Ihrer 
Geſellſchaft zu werden. Ich ſehe einer baldigen gütigen 
Antwort mit der größten Sehnſucht entgegen, und bin in 
Erwartung derſelben 

Ew. Wohlgeboren bereitwilligſter Diener 
Peter Amor, Schauſpieler.“ 


Dieſe Antwort ſcheint zu ſpät in Weimar eingetroffen 
zu ſein, denn Bellomo lehnte das Engagement nunmehr 
ab, rekommandirte aber dafür die beiden Gatten der 
neuen Fürſtl. Theater-Kommiſſion. Kirms ſchrieb auch 
ſogleich an Herrn Amor, ihm und feiner Frau Engage⸗ 
ment an dem zu errichtenden Hoftheater anbietend. 


48 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 
Die Antwort Amors auf dieſes Schreiben lautete: 


„Olmütz, den 29. Jenner 1791. 
Wohlgeborner 
Hochzuehrender Herr. 

Derg mir jehr werthes Schreiben vom 14. Jenner 
habe ich richtig erhalten. Es thut mir leid, daß meine 
Antwort an Hrn. Bellomo zu ſpät gekommen, dieweil ic 
gerne mit meiner Yrau bey einem braven Mann, wie 
Hr. Bellomo ift, engagirt wäre. Sie fehreiben mir, daß 
Ihr Hof eine eigene Geſellſchaft zu errichten Willene 
wäre; darauf hin habe ich die Ehre zu melden, daß id) 
ſchon einen guten Antrag von einem andern Theater 
habe; jedoch würde ih, (wenn es zu Stande käme) 
das Weimariſche Hoftheater allen andern vorziehen. Sie 
jchrieben uns wegen des Verzeichniſſes der Rollen ; «8 
würde einen zu großen Brief mahen, wenn ich Ihnen 
alle die Rollen, die wir gefpielt haben, aufgezeichnet mit- 
Ihiden wollte. Um es alfo in der Kürze zu fafjen, werbe 
ich Ihnen die Fächer auffegen, in welchen wir fpielen. 


Meine Frau: Königinnen, edle Mütter, affektirte 
Damen und fomifhe Mütter. Ich: vermifchte Rollen, 
Bediente, Bauern, Pedanten, Greife. Würden Sie uns 
wöchentliche Gage von 8 Yaubthaler, oder Ducatons, be- 
willigen, fo werde ich nicht anftehen, nach Dero Befehl 
zu Ihnen zu reifen — unter der Beringung, daß Sie 
uns das Reiſegeld der ordinären Poſt überfchiden. 





Ermerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 49 


Auch ſchlage ich Ihnen einen jungen Menfchen 
Namens Beder, ein Berliner, vor. Er fpielt zweite 
Liebhaber, junge Helden und Diümmlinge mit Benfall, 
fingt angehende Rollen in der Oper. Wenn fein Fach 
ben Ihnen nod) nicht follte bejegt ſeyn, fo empfehle ich 
ihn als ein ſehr brauchbares Mitglied. 

Schließlich bitte ich um eine baldige gütige Antwort, 
damit ich mid) darnach zur richten weiß‘, und meinen an- 
terweitigen Antrag nicht verabfaume. Ein Kompliment 
an Herrn und Mad. Bellomo, und mit der größten Hod)- 
achtung bin ich 

Ew. Hochwohlgeboren dienftergebenjter 
Peter Amor.“ 

Die Hoftheater-Kommiſſion war mit den geſtellten 
Bedingungen zufrieden und nach den nöthigen Beſpre— 
chungen wurde das Engagement der Drei: Herr und 
Madam Amor, ſowie Herr Becker — eigentlich Herr 
v. Blumenthal geheißen, wie wir aus einem der 
folgenden Briefe ſehen werden — beſchloſſen. Ein be— 
jahender Brief ging an ſie ab. Die nähern Bedingungen 
des Engagements lernen wir aus der nun folgenden 
Antwort Amors kennen. Diefe lautet: 

„Leutomiſchel, ven 24. März 1791. 
Wohlgeborner 
Hochzuehrender Herr. 

Unterm 22. März erhielt ich zwey mir fehr werthe 
Schreiben, die vom 11. März datirt waren, von Ihnen, 

PBasque, Goethe's Thenterleitung. 1. 4 


50 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


woraus ich erfehe, daß ich, nebft meiner Frau und Herrn 
Beder, beym Hoftheater engagirt find, welches uns 
Dreyen fehr erfreulich zu vernehmen war. 

Wir unterwerfen uns völlig der guten Anordnung 
und Einrichtung der Ober-Direltion, und was wir in 
unfern Fächern zu leiften verfprochen haben, das werben 
wir erfüllen. Nämlich meine Frau alle erften Mütter 
in Luft, Schau- und Trauerfpiel und affectirte Damen, 
mit einer wöchentlichen Gage von 8 Thlr. Ich: zweite 
Beviente, Pedanten, reife, mit einer wöchentlichen 
Sage von A Thlr. Hr. Beder, zwehte Tiebhaber, junge 
Helden, Dümmlinge und angehende Rollen in der Oper, 
mit einem Karolin wöchentlich. Uebrigens bleibt es beym 
jährlichen Kontraft und einer halbjährigen Auffündigung 
von beyden Seiten. Ihren Brief mit dem Hof-Marfchall- 
Amts-Siegel nehmen wir als einen gültigen Kontrakt an. 

Wir erwarten alfo das nöthige Reiſegeld, worauf 
wir und Drey alsdann fogleich auf die Boft ſetzen werben, 
um zu Ihnen zu reifen. Ich werde mir alsdann die Frey— 
beit nehmen, Ihnen zu fchreiben, welchen Datum wir ab- 
reifen und wann wir in Weimar einzutreffen gedenken. 

Dem Herrn Geheimrath von Goethe bitte gehorfanift 
nebft meiner Frau und Herrn Beder unfer ergebenftes 
Kompliment zu machen, wie auch dem Hrn. Bellome. 
Ich bin mit ber größten Hochachtung 

Em. Hohmohlgeboren ergebenfter Diener 
Peter Amor.“ 


Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 51 


Das verlangte Reiſegeld wurde übermacht und Amor 
zeigt defjen Empfang, fo wie bie fofortige Abreife, durch 
folgenden Brief an: 


„Leutomiſchel, ven 16. April 1791. 
Wohlgeborner 
Hochzuehrender Herr. 

Ihren mir ſehr werthen Brief vom 6ten April habe 
ih heute ven 16ten April erhalten, wie auch heute das 
Reiſegeld von 71 Thlr. richtig ausgezahlt befommen und 
werden wir Drey übermorgen, den 18., von hier ab- 
reifen. 

Weil feine Poft von bier geht, und. aud) die Poften 
in Böhmen 2 aud) 3 Zage liegen bleiben, fo haben wir, 
um feine Zeit zu verlieren, eine Fuhre bis Eger ge- 
nommen, wo wir von bort aus bi8 Weimar zu Ende 
April eintreffen werden. 


Wegen Herrn von Blumenthal ſeiner Familie 
haben Sie feine Verdrüßlichkeiten zu beſorgen. Sollte 
ih auch eine Familie von Blumenthal in Sachſen be- 
finden, jo ift Er nicht von ber ſächſiſchen, ſondern preu- 
Bifhen Linie und wird immer ven Namen Beder 
benbehalten. — 

Sie belieben zu willen, in welchen Rollen meine 
Frau auftreten möchte Sie wünſchte in Medea und 
Jaſon, als Medea, und in den Jägern als Oberförfterin 
aufzutreten. So wie aud, ich wünſchte in den Jägern 

A* 


52 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


als Amtmann, Hr. Beder ald Anton aufzutreten. — 
Der ich die Ehre habe ꝛc. 
Ew. Sohwohlgeboren ergebenfter Diener 
Peter Amor.” 

Nach ihren Wünfchen vebütirten Herr und Yrau 
Amor, bei Eröffnung des Hoftheaters am 7. Mai, er als 
Amtmann, fie als Oberförfterin in den ‚Jägern.“ Herr 
Beder jedoch mußte fih mit dem Rudolph begnügen, da 
ber Anton anderweitig beſetzt war, wie wir ſpäter jehen 
werden. — | 

Werfen wir nun noch einen Blid auf bie fpätern 
Schickſale der beiden Gatten. 

Beide blieben und wirkten in Weimar zwei Jahre; 
zu Oftern 1793 wurden fie entlaffen. Wohin fie fich 
gewendet, vermag ich nicht anzugeben. Später fcheinen 
fi) die Gatten getrennt zu haben, denn Peter Amor be- 
findet fi etwa 1796 als Univerfitätstanzlehrer in 
Greifswalde, während feine Frau nody immer bei ber 
Bühne thätig ift. 1797 ftarb Amor, und die Wittwe, 
welche Ausficht auf eine Stellung in Weimar zu haben 
glaubte, fandte von Salzburg aus, unterm 15. Juni 
vejielben Jahres, zwei Schreiben nad) Weimar, Das eine 
an Goethe, das andere an Kirms, Lebtern bittend, ihr 
Geſuch bei Goethe unterſtützen zu wollen. 

An Goethe fchreibt fie unter Anderm: 

„— Ein guter Freund überrafchte mich mit ver 
tröftlihen Nachricht, Hr. und Mad. Malcolmi wären ge- 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 93 


fonnen, von Weimar abzugehen. Da id weiß, daß 
Mad. Malcolmi das zärtlihe Mütterfach ſpielt und ihre 
Stelle noch nicht befett feyn dürfte, fo bitte ih Ew. Er- 
cellenz um die Gnade, ſich meiner Perſon gnädigſt zu er- 
innern, ob e8 nicht möglich wäre, einer armen Wittwe 
ein Kleines Bläschen bey dem hochfürſtlichen Hoftheater 
einzuräumen. — * 

Das Schreiben an Kirms enthält venjelben Wunſch, 
und die Art und Weife, wie bie früher fo beveutende 
Künftlerin ihn bittet, ihrem Geſuche Willfahrung zu ver- 
Ihaffen, Klingt in der That recht wehmüthig. Sie fagt 
unter Anderm: „— Gönnen Sie mir wieder ein Kleines 
Pläschen bei Ihrem Theater, wenn Sie mir nod) 
frobe Tage verſchaffen wollen! —“ 

Das Geſuch wurde nicht bewilligt; Kirms mußte 
es — mohl mit ſchwerem Herzen — abſchläglich beant- 
worten. , 

Was aus Madam Amor geworden, vermag id) nicht 
anzugeben. Sie ftarb wahrjcheinlich in kümmerlichen 
Verhältniſſen, unbeachtet und vergefen: das traurige 
2008 jo vieler Bühnen-Angehörigen! — 


Brgissenr Fischer, seine Frau, und Genust. 


Eine der Hauptaufgaben Goethes mußte es fein, 
einen tüchtigen und gewandten Regiffeur zu finben. 


5A Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


Man hatte ihm — wahrſcheinlich Bellomo felbft — ven 
Prager Schaufpieler Franz Fiſcher (geb. zu Prag 
etwa 1740) als für folden wichtigen Poften tüchtig 
genannt und die Unterhandlungen mit demfelben waren 
eingeleitet worden. 

Auch Hatte fi der befannte Mannheimer Schau- 
ipieler und Regiffeur Rennfhüb um diefen Poften 
beworben, doch hatten feine derartigen Bemühungen aus 
mandherlei Gründen feinen Exfolg*). 

Fiſcher hatte die Unterhandlungen eigentlich friſch 
und Ted felbft herbeigeführt. Er hatte frühzeitig Nach⸗ 
richt von den Abfichten des Weimarer Hofes erhalten — 
wahrfcheinlich ebenfalls von Bellomo — und daranf hin 


*) Rennſchüb, — fein wahrer Name ift Büchner — 
geboren 1754 zu Frankfurt, feit 1776 beim Theater und feit 
1781 in Mannheim als Schaufpieler und Regiffeur thätig, 
hatte von der Abficht des Weimarer Hofes, ein eigenes Theater 
zu gründen, gehört. Er war mit dem dortigen Konzertmeifter 
Kranz befannt und fehrieb diefem unterm 27. Januar 1791, 
fi) flir das neue Unternehmen anbietend. Er muß jedoch bie 
Weimarer VBerhältniffe wenig gelannt haben, auf einer ganz 
irrigen Fährte gewejen fein, denn er fchreibt unter Anderm: 
„— Mein Engagement ift hier (in Mannheim) mit Michaeli 
aus und ich könnte und wollte mich anheifhig machen bis 
dahin Schaufpiel und Oper dorten berzuftellen, wenn die 
Bedingungen annehmlid und die Unterftüßung reichlich ift. —“ 
Ferner: „— Doppelt angenehm würde mir e8 ſeyn, da ic 
das Vergnügen haben würde, mit Ihnen gemeinschaftlich zu 





Erwerbungen für das neue Hoftbeater, 1791. 55 


alſogleich und direkt an Kirms den folgenden Brief ge- 


ſchrieben. 
„Prag, den 20. Jenner 1791. 


Wohlgeborner Herr, 
Hochzuverehrender Herr Landkammer⸗Rath. 
Da ich vernehme, daß unter der Oberaufſicht des 
Herzogl. Hofmarſchall-Amts eine Geſellſchaft beſtehen 
ſoll, nicht weniger daß ich als Schauſpieler und Regiſ⸗ 
ſeur unmaßgeblih in Vorſchlag gebracht ſey, fo unter- 
fange ih mid Ew. Wohlgeboren, dem Herzogl. Hof: 
marſchall-Amte, meine Dienfte gehorjfamft anzubieten. 
Als Schaufpieler bearbeite ic) das Fach der Charafter- 
rollen, aller erften zärtlichen und komischen Alten im 
Trauer-, Schau- und Luftfpiel, im Singfpiel zweite 


arbeiten. Wir wollten uns bemühen, die alten Weima: 
rifhen Zeiten, wo bie Bühne fo jehr glänzte und jeder 
vergnügt war, wieder hervorzurufen! !“ 

Konzertmeifter Kranz muß ihm gerathen haben, fih an 
Goethe zu wenden, und Rennſchüb ſandte Demfelben denn auch 
unterm folgenden 6. Februar einen Brief, worin er ſich und 
jeine Frau antrug. Goethe fcheint indeſſen nicht auf ihn 
vefleftirt zu haben, denn bie Unterhandlungen mit Fifcher in 
Prag erlitten feine Unterbredung. Er mag wohl Nenn: 
ſchüb's Eigenwillen und Luft zur Intrigue gefannt und ge- 
fürdhtet haben. — Rennſchüb ging 1792 dennoch von Dann: 
beim ab und als Regiffeur nad feiner Baterftadt Frankfurt, 
wo er von nun an unter feinem wahren Namen Büchner 
wirfte. 


36 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


Rollen. Tie Regie betreffend, jo fenne idy nur teren 
läſtige Zeite, und fo viel ich auch Erfahrungen gefammelt, 
jo weiß ich. doch, daß man ihrer nicht genug haben kann. 
Kann aber Ortnung, Pünktlichkeit, Fleiß und Unver- 
droſſenheit ein gutes Vorurtheil für mich erweden, fo 
barf ich dieſe Fühnlich verſprechen, weil ich hoffe fo er- 
funden zu werden. Es ſey mir aber erlaubt, aud) meines 
Charafters mit wenigen Worten zu gedenken. Sann 
mid, gutes fittliches Betragen, Conduite empfehlen, jo 
fann ich auch dieferwegen von allen Orten meines Auf- 
enthalts, als Directeur, Regiſſeur und Schauſpieler, 
ichriftliche Beweife vorlegen. Weber meine Talente fol, 
will ich nicht urtheilen, über meinen Charakter kann, 
muß ich's; und ich fchmeichle mir, Ew. Wohlgeboren 
werten dies nicht als Ruhmredigkeit, ſondern nur von 
ber beiten Seite aufnehmen. 

Bedingungen Tann ich feine vorjchlagen, weil ich den 
Ort gar nicht kenne, ich habe alfo Hrn. Bellomo in 
meinem Namen abzufchliegen erfuht und ihm alles der- 
geftalt überlaffen, daß ich mich mit dem, was er thun 
wird, zufrieden erfläre. Die Zeit bis Oftern ift nicht 
mehr lange; id) muß daher gehorfamft bitten, Die groß- 
günftige Entfhliegung des Herzogl. H. M. Amts fo 
bald und fchleunig als möglich zu erfahren, weil ich Durch 
Verzögerung anderweitige Engagements verluftigt werben 
könnte. 

So fehr ic) übrigens wünfche die Ehre Ew. Wohl⸗ 





\ 


Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 57 


geboren Bekanntſchaft perſönlich zu machen, fo wünſche 
ich doch noch ſehnlicher durch meine Handlungen beweiſen 
zu können, mit welch ausgezeichneter Hochachtung und 
Verehrung ich ſey 
Ew. Wohlgeboren gehorſamfter 
Fiſcher. 
Schauſpieler am Kgl. Nationaltheater. 
In der Neuſtadt, auf dem Graben, 
im ſteinernen Tiſch.“ 

Der Brief ſcheint guten Eindruck gemacht zu haben. 
Auch notirte Kirms: „Erhalten den 28. Jenner, beant- 
wortet den 31. Jenner 1791.“ Dieſe Antwort ſcheint 
nähern Aufſchluß verlangt, verſchiedene Fragen geſtellt 
zu haben, welchen Fiſcher folgendermaßen gereqht zu 
werden ſuchte. 

(Drag, 7. Bebruar 1791.) 
„Wohlgeborner 
Hochzuverehrender Herr Land⸗Kammer⸗Rath. 

Ew. Wohlgeboren großgünſtiges vom 31. v. M. iſt 
mir geworden, und Dero Befehl zufolge verſäume ich 
nicht die geſchehenen Anfragen nach voller Wahrheit 
gehorſamſt zu beantworten. 

Die Anzeige, in welchen Stücken ich einſtubirt bin, 
it mir aus meinem Journal ein leichtes, aber das Ver⸗ 
zeichniß würde zu einem ungewöhnlichen Padet erwachſen. 
Ich gebe mir alfo die Ehre, zu verfihern, daß nur fehr 
wenige ber befannten und gangbaren Stüde feyn müſſen, 





58 Erwerbungen für Das neue Hoftheater, 1791. 


in welden ih nicht, und in vielen verfelben aber 
Doppelt auch dreyfach einftubirt bin; und follten 
zufällig einige Stüde feyn, worin ich entweder gar nicht, 
oder blos in minder wichtigen Rollen einftudirt wäre, jo 
habe ich doch ein zu glüdliches Gedächtniß, als daß ich 
nicht Die größte und wichtigfte Rolle in 3 bi8 5 Tagen 
mit Satisfaction liefern follte. 

Ih habe auf verfchienenen Bühnen alle Rollen 
meines Faches nicht ohne Benfall behauptet, und eben 
alfo hier drey Jahre mit Schopf in demfelben Fade 
mit Glück alternirt. Gewiß, in Rüdficht meiner fol 
die Ober - Direction bey Anberaumung jeder Rolle nie- 
mals in der geringften Verlegenheit ſich finden, folgende 
Fächer jedody ausgenommen, als: Helden; Lieb— 
baber; junge Chevaliers und jugendliche 
Rollen; alle übrigen Fächer fpiele ich ohne Ausnahme, 
nämlih: Könige; zärtliche und leidende Väter; 
komiſche, raſche, launige, polternde Alte; 
alte Chevaliers und Geden; Greife; Bauern; 
trodne Rollen; Öeiftlihe; Lateiner; Pedanten; 
ältlihe Bediente, Juden; Intriguenrol— 
fen u. f. w. In der Oper 2te Rollen, 3. B. Michel in 
ber Schufterin; Coradin in cosa rara; Bartholo in 
Figaros Hochzeit; Perichetto in il geloso in eimento; 
Pagnotta in Frascatana u. bgl. 

Allerdings fpielt meine Frau auch, und zwar Müt- 
ter im zärtlichen und komischen Fach, als z. B. in erjte- 











Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 59 


rem eine Sapulet in Nomen und Julie; Präfiventin 
in Wilhelmine Blondheim; Sophie in Schlenshein ꝛc. 
in leßterem eine Olympia im Eheprofurator, Ober⸗ 
förfterin in den Jägern; Salome im Gefpenft mit der 
Trommel; Baronin Falben in Stadt und Sand ꝛc. Im 
Nothfall geſetzte Frauen und geſetzte Soubretten, als 
Sophie im deutſchen Hausvater; Chriſtine in Geſchwind 
eh man's erfährt ꝛc. In der Oper nichts. 

Erhält das hieſige Nationaltheater Erlaubniß wäh- 
rend ven Faſten zu ſpielen, fo find wir verbunden excl. 
derer Ietten Faſtenwoche zu bleiben und können alfo erit 
kurz vor Oftern eintreffen. Im gegenfeitigen Falle kön- 
nen wir am Aſchenmittwoch abgehen. —“ (Fiſcher.) 

Der Schluß des Briefes fehlt, ſcheint auch nichts 
Wichtiges mehr enthalten zu haben. 

Vaft zur felben Zeit empfing Fiſcher einen weitern 
Brief von Kirms, nicht als Antwort auf den ſoeben 
mitgetheilten vom 7. Februar, ſondern neue Fragen und 
Beſtätigung des Kontraktes enthaltend. Fiſcher beant- 
wortet ihn ſofort: 

„Prag den 12. Februar 1791. 
Wohlgeborner | 
Hochzuehrender Herr Land-Kammer-Rath. 

Unter Verſicherung ungeheuchelter Dankbarkeit für 
Ew. Wohlgeboren großgünſtige Verwendung und Be— 
mühung, beſtätige ich hiermit den richtigen Empfang 
Dero geneigten Zuſchrift vom 2ten dieſes Monats, und 





60 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


gleichwie mir dadurch die Erlaubniß geworben, biefen 
Brief vorläufig als Kontrakt anzufehen, eben alfo ge- 
ruhen Em. Wohlgeboren auch von meinen Briefen, den 
gegenwärtigen mit eingefchluffen, gleichen Gebrauch zu 
machen. 

Uebrigens wird meine legte Zufchrift vom 7. d. M. 
bereit3 eingegangen ſeyn, und diefelbe wird meiften® als 
Antwort auf Dero letzteres dienen, denn es ift bar- 
innen meiner Iran erwähnt, von welcher ich hoffe, daß 
fie nicht fowohl in Neben- als vielmehr in wichtigern 
Rollen wird nützlich ſeyn können. In der Charwoche 
fönnen und werden wir ganz zuverläffig von hier ab— 
reifen, und follte hier die Erlaubniß in den Faften zu 
fpielen verfagt werden, fo Tann dieſes um fo eher ge- 
ſchehen, und werde ich folches auf dieſen Tall bey guter 
Zeit anzuzeigen nicht ermangeln. 

Da dur) anderweitige Briefe allhier bereits be— 
fannt ift, daß der durchl. Hof daſelbſt eigens eine Ge⸗ 
ſellſchaft errichtet, fo war auch ich nicht mehr zurüd- 
haltend, und es haben ſich folgende Subjecte bei mir zur 
Ihuldigften Anzeige gemelbet. - 

1. Herr Genaſt, fingt Tenor, in der Oper 3te 
auh 2te Rollen, im Scaufpiel komiſche Bediente, 
Iuftige Burſche. Ihm ift vom Herrn SKonzertmeifter 
Kranz zugefchrieben und dieſem von Genaſt bereits geant- 
worte. Er hat mir aber aufgetragen in feinem Namen 
gehorfamft zu erinnern, auf daß die geforderte Gage 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 61 


feine Öelegenheit geben möge ihm das Engagement all- 
bort zu vwerluftigen, fo wolle er fich bey feiner Ankunft 
ungemein billig finden lafjen. So viel ic habe ab⸗ 
nehmen können, jo glaube ich, er wird fi mit 5 Rthr. 
höchſtens mit 8 Old. wohl begnügen. 

2. Herr Fuchs nebſt Fran. Er ift fehr gut und 
feft muſikaliſch, fingt Baritono, und verbindet fich zu 
2ten, im Nothfall au zu 1ten Buffons; im Schau- 
jpiel 2te komiſche Alte, trockne militairifche Rollen. Sie, 
in der Oper Mütter, im Schauspiel Nebenrollen. Ex 
verlangt 11 Rthr., vielleicht find fie aber auf 14 Gld. 
abzuhandeln. 

3. Mad. Nerlinger, hat auf dem hiefigen Neben- 
theater in der Oper alle erften Rollen geliefert, ift gleich- 
falls gut und feit mufifalifch, verbinvet ſich aber blos 
zu zweyten Rollen und nur im Nothfall zu erften. Im 
Schaufpiel ift fie nicht viel zu brauchen. Ihre Forde— 
rung ift 10 Gld. und gehet fie nicht davon ab. 

In Rüdficht diefer Subjecten Talente und in wie-- 
fern ſolche alldort mehr oder weniger nützlich fenn können, 
wird Hr. Bellomo wohl am beften beyräthig ſeyn müffen, 
deswegen ich mich auch bereit in meinem legten auf ihn 
berufen habe. Was aber deren gute Conduite und 
moralifchen Charakter betrifft, jo kann ich hierfür mich 
verbürgen, und verfichere, daß es ftille, orventliche, flei- 
Bige, friedliche, kurz Leute von braver Aufführung find. 
Ich bitte in Dero Nächſtem gütigft zu erwähnen, in wie- 


62 Erwerbungen für Das neue Hoftheater, 1791. 


fern diefe Competenten Hoffnung haben over nicht, ober 
viefelben mit Dero gewogentlicher Zuſchrift felbft zu 
beehren. 

Es war mir ſehr ſchmeichelhaft zu leſen, daß Ew. 
Wohlgeboren Ihres Vertrauens mich nicht unwerth 
finden, und dieß muß mir ein deſto ſtärkerer Sporn ſeyn, 
in der Folge der Zeit durch mein Benehmen dieſes Ver— 
trauens mic) wahrhaft werth zu machen. In viefer Bor- 
ausfegung und da es mir erlaubt ift, meinen benöthigten 
Vorſchuß anzuzeigen, fo bin ich fo frey um 120 Rthr. ge- 
horſamſt zu bitten. Ich erftrede meine Bitte noch dahin 
die Tilgung berjelben in wöchentlichen Abzügen einzu- 
theilen, was jedoch bey meiner Ankunft beftimmter be- 
richtet und feftgefett werden fann. Endlich, da es viel- 
leicht möglich, daß noch eine oder mehrere Berfonen von 
bier dahin abgehen bürften, fo kann vor der Hand ber 
Reife wegen noch nichts verhandelt werden, verfichere 
aber im Voraus, daß ic, auf jeden eintretenden Fall nad 
Umftänvden die wohlfeilfte und leichtefte Art des Yuhr- 
werks auszufundfchaften und bie Keifefpefen wie möglid) 
zu ermäßigen bemüht jeyn werde. 

Ic fehe Em. Wohlgeboren fernern Befehlen in Dero 
Nächſtem ſehnſuchtsvoll entgegen und bin mit der aufs 
richtigften Verehrung und ſchuldigſten Hochachtung 

Em. Wohlgeboren gehorjamfter 
Franz Fiſcher.“ 


Von den in obigem Briefe genannten Perſonen fand 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 63 


man nur ben jungen Genaft (Vater des gleichnamigen 
jegigen Chrenmitglieves des Weimarer Hoftheaters, 
und würbigen Beteranen deutſcher Schaufpieler) für das 
neue Berhältnig pafjend und Fischer erhielt den Auftrag, 
denfelben für Weimar zu engagiren. Dieſes gefehah und 
ver neue Regifjeur fendet num feinen letten Brief vor der 
Abreife von Prag nah Weimar an den Hoffammerrath 
Kirms. 

„Prag den 1. März 1791. 

" Wohlgeborner 
Hochgeehrtefter Herr Land-Kammer⸗Rath. 

Auf Dero geehrte vom 21. vorigen Monats fol 
ich zu berichten nicht verfehlen, daß ich gemäß dem mir 
geſchehenen Auftrage mit Herrn Genaft auf 5 Kthr. 
wöchentlich abgefchloffen habe; er rechnet fich dieſes En- 
gagement vor andern zur Ehre, und wirb folglich ficher 
mitfommen. Wenn e8 nicht Ungelegenheit verurfacdht, fo 
bittet er um ein Feines Avancement von 25 Rthr. Es 
iſt bey Diefem jungen Manne nichts zu wagen, ich kenne 
feine Rechtſchaffenheit und’ftehe nit an für ihn 
Bürge zu fein. 

Wenn wir num gleid Tags darauf nad) dem hier ge= 
gebenen letzten Spektakel abreifen wollen, hierzu aber ver- 
ſchiedene Ein- und Berichtigungen erforderlich, welche Zeit 
brauchen, die uns aber jehr mangelt, weil wir jet wöchent⸗ 
(ich nur zwei freie Tage haben: fo unterftehen wir uns 
gehorſamſt zu bitten unfere verlangten Vorſchüſſe mit 


64 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


nächfter retourpoft gewogentlichſt zu überfenden, damit 
wir unfere Vorkehrungen mit Muße treffen, und ohne 
Aufenthalt die Reife unternehmen können. 

Wegen des Fuhrwerks dahin haben wir uns bereits 
aud) erkundigt; dieß aber hat daher einige Schwierigfetten 
weil dieſe Straße von hier fein Poftwagen fährt und die 
biefigen Landkutſcher ungern biefe Tour machen wollen, 
weil fie nie Gewißheit haben Fuhren dahin zu thun, und 
auf feine Rüdfradht rechnen können. Aus letzterem Grunde 
begehren fie einen zu hohen Fuhrlohn. Sie berechnen vie 
Keife dahin auf 42 bis 43 Poftmeilen und fordern 75 
Gh. Wenn nun aber einmal feftgefett ift, das Reiſegeld 
nur poftmäßig zu bewilligen, fo fünnen wir blos auf vie 
Gunft eines hochlöblichen Hofmarfhall-Amts hoffen, ob 
hochjelbes diefen Ausfall von 10 Gld. 30 Kr. vergüten 
pürfte, gegentheil8 müßten wir foldhes ſchon aus Eigenem 
tragen. Es beruht auf Em. Wohlgeboren Gutbefinven, 
ob diejelben das Reiſegeld zur Erfparung des Poftgeldes 
mit denen Vorſchüſſen zugleich, oder ſpäter fchiden wollen, 
auc ob es genüglich wäre, die gewöhnliche eine Reiſe— 
gage gleichfalls mit beyzulegen, oder ob wir dieſe erft bey 
unferer Ankunft erhalten follen. Mein verlangter Bor: 
ſchuß wird doch noch erinnerlich feyn? nämlich) 120 Rthr. 
Wenn dieſe Gelder etwa durch Wechſel anher abgehen, 
jo ift dies füglich die wohlfeilfte Weiſe; follte dazu aber 
feine Gelegenheit ſich ergeben, jo würden wir bitten, vie 
Geldſorte womöglich Ducaten species ſeyn zu laſſen, weil 





Erwerbungen fir das neue Hoftbheater, 1791. 65 


befannt daß in Sachſen ver Ducat etwas unter — und 
hier volle 3 Rthr. in valuta ift, und wie foldyer geftalt, 
ohne Nachtheil, ver Sender eine Kleinigkeit würde profi 
tiren fünnen. Jedoch alles und jedes nad Ew. Wohl- 
geboren Ermeſſen, wie und was diefelben thun ift uns 
willfommen und befriedigend. 


Iſt es nicht zu unbefcheiden, fo erlaube id) mir die 
fette Bitte, nämlich mir ein Verzeichniß der bereits dort 
befinvlichen Mitglieder gewogentlich beyzulegen , vielleicht - 
daß ich darunter eine Adreſſe ausfinden kann, wo id) 
wegen Logis und andern Bebürfniffen in voraus Kom⸗ 
mifjion geben könnte. 


"Es ift mir nunmehr nichts mehr übrig als Ihrer 
Gunft und Wohlgewogenheit wiederholt mich zu empfehlen 
und zu verfichern, daß ich mit der ſtärkſten Hochachtung bin 

Em. Wohlgeboren gehorjamfter Diener 
Franz Fiſcher.“ 


Vorſchüſſe und Reiſegeld wurden — und gewiß ganz 
nach dem Wunſche Fiſchers, der ſich in ſeinen Briefen als 
ordentlicher und redlicher Mann dargethan — nach Prag 
geſandt, und die Dreie, Herr und Frau Fiſcher und Herr 
Genaſt, genau eine Reiſegeſellſchaft wie das früher er- 
wähnte neu engagirte Kleeblatt, traten guten Muthes die 
gewaltige Reife von Prag nad) Weimar an. Auch fie 
tebütirten in der Erdffnungs-Vorftellung „die Jäger,“ 
Fiſcher als Paftor, Genaft als Schreiber Barthel; Frau 


Pasqué, Goethe's Theaterleitung. 1. 


66 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


Sicher jevoch erft am folgenden 14. Mat, und zwar als 
Wilhelmine in Kotebues „Kind der Liebe.“ 

Der neue Regiſſeur muß auf die Dauer den Goethe'- 
ſchen Anforberungen doch nicht entfprochen haben, venn 
zu Oſtern 1793 gingen beide Gatten ab. Goethe errich- 
tete num für die Kegiegefchäfte das Inftitut der „Wü ch - 
ner“, wodurd) er freiefte Sand für feine künftleriichen An⸗ 
ordnungen behielt. Genaſt aber gehörte dem Weimarer 
Hoftheater bis zum 1. April 1817, genau jo lange als 
Soethe felbit, an. Nach einer Reife, die er mit feinem 
Sohne Eduard um jene Zeit nad) Dresven gethban, em- 
pfing er bei feiner Zurüdfunft nad Weimar, etwa am 
20. Mai, fein Benfionsvecret. So ſchied denn der treue 
langjährige Diener zugleich mit feinem verehrten Chef aus 
ven Wirfungsfreife, dem er mehr denn ein Vierteljahr- 
hundert feine Kräfte treu und redlich gewidmet *). 





*) Eine „Nachſchrift“ von Genaft’s Penfions : Decret 
lautet: „Auch — wollen Wir dem gleichfalls in Ruheſtand 
verjegten Hofichaufpieler und Regiſſeur Genaft, von heute an 
die ihm zugeficherte Penfion von Bierhbundert Thaler 
nebft einer aus ber Theater-Kaſſe zu beftreitenden Zulage von 
Fünfzig Thaler jährlich angedeihen laffen und begehren bier: 
mit guädigft Ihr wollet Eures Theils das Nöthige hiernach 
verfügen. 

Gegeben in unſerm Hauptrejcripte. 

Weimar, 1. April 1817. 

C. Auguft. 
Straf Edling.“ 








Ermwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 67 


Franz Fiſcher treffen wir fpäter als Direktor einer 
Schaufpieltruppe. Als folcher empfiehlt er 1798 von 
Innsbrud aus dem Hoflammer-Rath Kirms Herrn und 
grau Tilly, erftern als erften Liebhaber, Held und 
Charakterſpieler, leßtere für naive, muntere Rollen — 
doch ohne Erfolg. 

Es Scheint dem armen Panne fernerhin fchlecht ges 
gangen zu fein, denn im folgenden Jahre ift er wieder 
Schaufpieler, und Kirms erhält von ihm, ebenfalls von 
Innsbrud aus, "einen fehr lamentabel Hingenden Brief, 
den ich hier noch mittheilen will. " 

„Insbruck den 6. März 1799. 
Wohlgeborner Herr | 
Hocverehrtefter Herr Hof-Kammer⸗Rath. 

Ich habe von der Herzoglich Weimarifchen Theater- 
Iberbireftion fo viele Gnade erhalten daß ich mit Muth 
in meiner höchft bevürftigen Lage um eine neue, unter- 


Kirms bemerkte eigenhändig auf dieſes Allerhöchfte Refcript: 

„Nach der Reife des Herrn Regiffeurs Genaſt mit feinem 
Sohn nad) Dresden, demfelben publicirt und ihm gleichfalls 
eine Abjchrift von brüber ſtehendem böchftem Reſeript einge: 
bänbigt. 

Nachrichtlich. Weimar, den 23. May 1817. 

5. Kirmes.“ 

Alfo erfuhr Genaft erft feine, noch von Goethe genehmigte 
PBenfionirung, nachdem Goethe felbft ſchon Durch das Billet von 
Carl Auguft vom 13. April feiner Stelle als Oberleiter des 
Hoftheaters enthoben worden war. 

3* 


68 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


thänigft zu bitten wage. Vorzüglich durch den Außerft 
‚ftrengen Winter bin ich bey meiner hiefigen Direktion in 
einen Reſt von mehr ald 800 Gld. verfallen, zu deren 
Bezahlung meine dermalige Gage über drey PViertheile 
verfümmert iſt. Diejes fett mich in einen jo ärmlichen, 
fümmerlihen Zuftand, daß ich zuweilen nicht weiß, wo 
ic) auf den morgenden Tag Brod hernehmen foll. 
So manches Theater-Subjeft hat das Glück, auf feinen 
Wanderungen durd) eine hilfreiche Kollefte unterftütet zu 
werden. Sollte ih, der ih an den deutſchen Bühnen 
nicht ganz ohne Verbienft befannt zu feyn mir ſchmeicheln 
darf, und in der Rückſicht daß ich ohne mein Verſchulden 
in biefes Unglüd gerathen ibn, nicht auch eine geringe 
Unterftügung hoffen dürfen? In dieſem Bemußtfein flüchte 
ich zu der Großmuth und Menfchenfreundlichkeit Sr. des 
Herrn Öeheimen Raths von Goethe Ercellenz, und weiß ge= 
wiß, daß in Betracht meiner äußerft elenden Umftände und 
meines Alters ich um eine gnädige Unterjtügung aus ver 
Theater-Raffa feine Yehlbitte gethan habe, welche Hod)- 
denenfelben vorzutragen Ew. Wohlgeboren ich gehorfamft 
erfuche, und aud) um Dero gütige Verwendung ergebenft 
bitte. Aendert Gott meine Umftänve in beffere, jo ge- 
lobe ich als ehrliher Mann die mir gnädigft geleiftete 
Unterjtügung der Theater-Kaſſa redlich wieder zuerfeßen ; 
nur auf den Fall meines frühen Todes müßte ich bitten 
folhe der Wittwe zu erlaffen. Qui cito dat, bis dat. 
Gott weiß es, ich bin in großer Noth; Sr. Ercellenz 








Erwerbungen für das neue Hoftheater, 179. 69 


werben mid) daher nicht ohne Hülfe laffen, und meines 
Namens fchonen, weßwegen ich noch die Bitte beyfüge, 
über den Brief an mid), noch ein Couvert zu legen, mit 
ber Adreſſe, an Herren Johann Käsbacher, Med. Dr. und 
K. K. Profeffor der Naturgefchichte auf der Univerfität 
zu Insbrud. Ich bin mit ſchuldigſtem Respect 
Ew. Wohlgeboren gehorfamfter 
Fiſcher, Schaufpieler. * 


Doc auch diefes Schreiben hatte feinen Erfolg, es 
wurde — „ad acta” gelegt und der arme Schaufpieler 
erhielt nicht einmal eine Antwort! — 

Wo der alte wandernde Mime fortan fein müdes 
Haupt hingelegt, unter welchen wohl traurigen Verhält- 
niſſen er fein Leben, das er gewiß wie jo viele Hunderte 
feiner Standesgenofien, mit bitterm Unmuth ein ver- 
fehltes genannt haben mag — beſchloſſen: wer weiß 
es?! 


Die Eritinung des nenen Holthenters,; „Hie Jäger“ von 
land; Personal. 


Nachdem außer den obigen ſechs Perfonen noch ver- 
ihietene andere neue Engagements (über die wir bald 
Näheres erfahren werben) abgefchloffen, von den vorhan- 


70 Erwerbungen für das neue Hoftbheater, 1791. 


denen Mitgliedern der Bellomo'ſchen Truppe die beften für 
bas neue Hoftheater gemonnen worden waren *), wurde 
denn nad) genügenver Vorbereitung (Bellomo ſchloß feine 
Borftellungen am 5. April) das neugegründete Hoftheater 
am 7. Mai 1791 mit dem befannten Goethe'ſchen Pro- 
Ioge „der Anfang ift inallen Sachen ſchwer“ 
(gefproden von Domaratius) und „ Die Jäger“, 
Schaufpiel von Iffland, eröffnet. 


Die Bejegung der, Jäger“ war folgende: 
Oberförſter Warberger . . . Hr. Malcolmi. 
Dberförfterin . -» » » +. Map. Amor. 

Anton, beider Sohn . . . . Hr. Einer. 
Friederike, beider Pflegetohter . Mad. Mattftept. 
Amtmann von ed . . . . Hr. Amor. 
Kordelchen, deſſen Toter . . Demi. Malcolmil. 
Paftor Sebah . . . .» . .» Hr Fiſcher. 

Der Schule...» » . . Hr Mattftedt.. 
Mathes ) „. .. Hr. Demmer junior. 
Rudolph Jager .... Hr Becker. 

Barthel, Gerichtsſchreiber . . Hr. Genaſt. 

Die Wirthin. -. . . 2... Mad. Neumann. 
Bärbel, veren Tobtr . . . Demf. Neumann. 


*) Bellomo hatte feine graufam zuſammengeſchmolzene 
Truppe no in Weimar durch neue Mitglieder wieder zu er: 
gänzen verſucht. Es gaftirten nämlih im März und April 
noch verſchiedene Schaufpieler, die nicht fir das neue Hoftheater 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 71 


Wohl konnte Goethe in feinem Prolog mit Recht 
jagen: 
„Bon allen Enden Deutfhlands Iommen wir 
Erft jest zufammen ; find einander fremd 
Und fangen erft nad) jenem ſchönen Ziel 
Bereint zu wandeln an, und jeder wünjcht 
Mit feinem Nebenmann e8 zu erreichen, —“ 


denn won dem oben aufgezählten Perſonal gehörten nur 
die beiden Neumann, die beiten Malcolmi und 
Einer der frühern Geſellſchaft an; vie übrigen aber 
waren ſämmtlich neu angeworbene Truppen — und alle 
jiher von dem beften Geifte, dem regften Eifer bejeelt, 
das möglichſt Gute zu erreichen. 

Noch muß ich hier die Bemerfung einfchalten, daß 
Goethe feine neuen Mitglieder mehr aus Defterreich, dem 
Süden, denn aus dem Norden refrutirt hatte, mehr aus 
dent Weimar ferne liegenden Rayon, denn aus befannter 
Nähe, und dies ficher wohl aus Urſache. Er hoffte mahr- 
jheinlich unter dem, dem Orte ganz fremden Perfonal 
gefügigere, bildfamere Mitglieder zu finden. Auch 
Iheint es ihm aus dieſem Grunde mehr auf verſprechende 
Talente, denn auf ausgeſprochene Reputationen angefom- 
men zu fein. — 


engagirt wurden, fondern wahrfcheinlich mit Bellomo nad) dem 
neuen Ort feiner Wirkſamkeit, nad) Grab, zogen. Ich ver: 
weile hierüber noch auf das Verzeichniß der Gaftrollen, XXL. 


72 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


Die Engagements-Angelegenheiten, Gewinnung ves 
Herrn und der Madam Amor, Herrn und Madam 
Fiſcher (lettere vebütirte, wie ſchon bemerkt, am folgen- 
den 14. Mat), ver. Herren Beder und Genaft haben 
wir oben des Näheren kennen gelernt. Es bleibt nun noch 
übrig, die Perfonalien und Verhältniſſe ver übrigen Neu- 
Engagirten darzulegen. Da treten ung zuerft 


Herr und Frau Mattftept 


entgegen. — Johann Joſeph Mattſtedt war geboren 1759 
zu Dresden und betrat die Bühne zum erjten Male 1774. 
Im Jahre 1791 fand er ſich mit feiner Frau engagirt in 
Peſth. Ueber feine Unterhandlungen mit Weimar ver- 
mag ich nur bas einzige, hier folgende Schreiben an Kirms 
mitzutheilen: 
„Pesht den 18. März 1791. 
Hochwohl Edelgeborner Herr! 

Dero geehrteſte Zuſchrift vom 4. März habe ich den 17. 
März richtig erhalten und daraus erſehen daß Er. Hod- 
wohlgeb. des Hrn. Hofrath von Goethe gütige Gefinnung, 
unjere Wünfche ftattfinden laſſen. Wir nehmen Dero 
ertheiltes Engagement an, und hoffen daß e8 Sr. Hod- 
wohlgeboren gewiß nie gereuen wird, und engagirt zu 
haben. 

Diefelben werben auch viele Freude haben wenn Sie 
meine Tochter, ein Kind von 7 Jahren werben fpielen 





Erwerbungen für dag neue Hoftheater, 1791. 73 


ſehn, welche mit allem Benfall fpielt, auch ein Knabe 
welcher jedoch befier fingt als fpielt. Diefes habe ich mit 
vielem Vorbedacht Sr. Hohmohlgeboren nicht gemeldet, 
damit es eine angenehme Ueberrafchung werde. 

Den 18. Mär; habe ich unferm gnädigften Grafen 
aufgefagt und gevenfe ven 28. April abzureifen; kann ich 
eher abkommen, fo foll es uns um fo lieber feyn an einem 
Ort wo fo viele rehtichaffene Männer find, einzutreffen. 
— Auch wollten wir um 150 Gld. Vorſchuß bitten, 
weil man auf einer fo weiten Reife nicht willen kann was 
vorfällt. — 

Ew. Hochwohlgeb. ergebenſter 
I Mattſtedt.“ 

Auch dieſe beiden Gatten blieben nur zwei Jahre in 
Weimar, Oſtern 1793 wurden ſie entlaſſen und zogen 
wieder ab, ohne es dahin gebracht zu haben, ihre beiden 
hoffnungsvollen Kinder, womit ſie Goethe zu, überraſchen“ 
gedacht hatten, auf der Weimarer Bühne dauernd vorfüh— 
ren zu können. — An letzterm mag wohl das bedeutende 
Talent der Chriſtiane Neumann Schuld geweſen 
ſein. — 

Herr Demmer junior 
gehörte einer Schaufpieler-Familte an, die ſchon früher 
unter Bellomo mit Weimar in Berührung geftanden 


hatte. 
Ein Herr Demmer, älterer Bruder des Obigen; 


TA Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


bütirte in Weimar am 7. Oktober 1786 ald Summers 
in der Italienerin in London. Zugleich mit ihm debü— 
tirte auch die Schaufpielerin Demoifele Caroline Krü- 
ger (geboren zu Berlin 1764, und Schweiter des be- 
fannten Carl Krüger; fieheXD), und zwar am 12. 
Dftober 1786 als Roſine in Jurift und Bauer: Beide 
verließen zu Oftern 1787 Weimar. Demf. Krüger hei- 
rathete bald darauf den jüngern Bruder Demmers und 
fehrte als Madam Demmer mit ihrem Manne und 
ihrem Bruder Carl Krüger — welder ſchon 1787 
einmal in Weimar gaftirt hatte — nenengagirt dorthin 
zurüd. 


Zwei Schreiben über diefe Engagements-Berhanp- . 


lungen liegen mir vor. Das erite vom Jahre 1790 be- 
zieht fih noch auf die Bellomo'ſche Entreprije, ift jedoch 
an Kirms gerichtet und lautet: 

„Düflelvorf den 16. November 1790. 


Hochgeehrteſter Herr 
Werthgeſchätzter Freund. | 
Schon etlihe Male habe ich Hrn. Bellomo gefchrie- 
ben, aber feine Antwort erhalten. Sind num die Briefe 
oder Antworten verloren gegangen, ſolches ift mir ein 
Räthſel. Da ich aber weiß daß Sie die Güte haben, 
ſich um das dortige Theater zu befümmern, und ich mir 
auch ben meinem erften dortigen Aufenthalt mit Ihrer 
Freundſchaft ſchmeicheln durfte, jo nehme ich mir jegt die 


— — —— — — — 


Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 75 


Freiheit Ihnen mit einem Briefe beſchwerlich zu fallen um 
mid) zu erkundigen ob etwa das tortige Theater uns pla- 
ciren könnte. Doch muß ich Ihnen noch vorher jagen 
daß ich mic, unter der Zeit, wo ich nicht die Ehre gehabt 
habe Sie zu jehen, verändert und den Bruder des Herrn 
Demmer welcher zu der Zeit mit mir in Weimar mar 
geheirathet habe. Mein Mann ift erfter Tenorift und 
fpielt im Luftfpiel erfte auch zweite junge Liebhaber und 
ob es fich gleich für mich als feine Frau nicht ſchickt ihn 
zu Ioben, fo verfichere ih Ihnen doch daß, wenn Sie ihn 
recommandiren feine Schande mit ihm einlegen ; er hat 
eine ſehr angenehme Stimme und ift feit muſikaliſch. 

MWas ich fpiele, ift Ihnen fehon befannt, und daf ic) 
mich unter der Zeit gebeifert habe. Sollte aber aud) das 
Tach welches ic) damals fpielte befeßt fein, jo würde ich 
auch ein anderes übernehmen. Als z. B. Alte in ver 
Dper, auch komiſche Alte in Stüden und Damen von 
Stande, welche Fächer ich bei Großmann aud) gefpielt 
habe. = 

Mein Bruder ift jeßt auch noch mit uns hier und 
Weimar hat ibm damals fo gut gefallen, daß er auch Luft 
hat hinzugeben. Cr jpielt Chevaliers, Deutfche, Fran⸗ 
zofen, Charafter-Rollen und fingt ven 2ten Bag in der 
Oper. 

Nun haben Sie die Güte verehrter Freund fi) mit 
Hrn. Bellomo darüber zu beſprechen, und uns mit einer 
Antwort zu beehren. Auch wenn Hr. Bellomo jegt nicht 


76 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


im Stande feyn follte uns zu placiren, fo bitte ich doch er- 
gebenft um eine Antwort, denn ift es nicht für jest, ſo 
hoffe ich doc noch einmal nad) Weimar zu fommen, als 
wohin ich eine orventliche Sehnfucht habe, Arger ald nad) 
meiner Baterftadt. 

Ich habe vie Ehre, werther Freund, nebft vielen 
Empfehlungen von meinem Mann und Bruder zu ſeyn 
meines hochverehrten Herrn und werthgeſchätzten Freundes 
ergebenfte Dienerin und Freundin 

Caroline Demmer, geb. Krüger, 
wohnhaft im ſchwarzen Raben auf ver 
Andreasftraße. ” 


Kirms erhielt diefen Brief am „2öten November 
Abends * und beantwortete ihn fofort am 26ten. 

Der zweite vorhandene Brief zeigt, daß Unterhant- 
lungen im ange waren, jedody nur langſam voran- 
ſchritten. Frau Demmer fchreibt ihrem — fich diesmal | 
etwas farg zeigenden — Freunde Kirms: 


„Düffeldorf den 15. Februar 1791. 
Wohlgeborner Herr 
Werthgeſchätzter Freund. 

Dero werthes Schreiben vom 4. Februar haben wir 
richtig zu erhalten vie Ehre gehabt. Es thut mir aber 
leid Ihnen melden zu müfjen daß es und unmöglich ift 
für die, uns von Ihnen angebotene Gage zu kommen. 








Erwerbungen für Das neue Hoftheater, 1791. 77 


Wollen Sie uns aber wöchentlich 13 Thlr. dortigen Cou- 
rant bewilligen,, fo werben wir e8 uns zur größten Ehre 
rechnen unter Ihrer und des Herrn Geheimen Raths Di- 
reftion angeftellt zu werben, aber für weniger ift e8 und 
unmöglich zu kommen. — 


Bon Kontrakt glaube id nichts erwähnt zu haben. 
Sollte aber aus dem Engagement etwas werten, fo 
würben wir bitten daß wenn Sie oder wir uns einmal 
verändern wollten, eine 12möchentl. Kündigung bei 
beyden Theilen ftattfände. — 


Bon meinem Bruder habe ich den Auftrag Ihnen zu 
melden daß er, da es ihm in Weimar fo gut gefallen hat, 
und er und auch nicht gern verlaffen will, mit 7 Thlr. 
dortigen Courant zufrieben fein will. Cr glaubt daß es 
Ihnen auf den halben Thaler die Woche nicht 
ankommen wird, da Sie ihm ſchon 6 Thlr. 12 Gr. offe- 
riren, und ich glaube daß Sie fein Fach dafür auch nicht 
beffer befegen fünnen. — Habe die Ehre u. f. w. zu 
fein u. f. w. 

Dero ergebene Dienerin 
Caroline Demmer. ” 


Ihr Engagement, fo wie das ihres Mannes und ihres 
Bruders, kam zu Stande, und abermals war ein „Klee⸗ 
blatt“, das dritte, gen Weimar gezogen, doch diesmal von 
einer andern Richtung her fommend. Herr Demmer, zur 
Unterfheivung von feinem in Weimar befannten Bruder 


18 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


junior benannt, vebütirte wie oben mitgetheilt in ben 
Yägern, und am folgenden 19. Mai als Tenorift in ver 
Dper „Lilla“ und zwar als Infant. Mad. Demmer 
bebütirte am 17. Mai als Liddy in den Indianern in 
England und ihr Bruder Carl Krüger am 12. Mat als 
Abt in Bertuhs „Elfriede.“ Er verließ Weimar zu 
Dftern 1793 und verweife ich feinetwegen nochmals auf 
bie Epifode XL 


Madam Demmer und ihr Gatte hielten ſich nody ein 
Jahr länger; 1794, zu Oftern, gingen fie jedoch eben- 
falls ab und zogen wahrjcheinlich nad) Frankfurt, wo fie 
mehrere Jahre blieben. Sie find die Stammeltern ber 
befannten vielzähligen Künftlerfamilie gleihen Namens. — 


Für die ältern, in den „ Jägern“ befchäftigten, oder viel- 
mehr neu vebütirenden Mitglieder verweife ih: für Mal- 
colmi und feine Familie auf Abſchnitt XX; für Hrn. 
Einer auf die Epiſode VII; für die Familie Neu- 
mann, fo wie auh Hrn. Beder, auf bie folgende 
Epiſode IV, und für legtern noch auf den mit XVI be= 
zeichneten Abjchnitt. 

Weitere im Jahre 1791 neuangeftellte Mitglieder 
waren: ' 


Herr und Madame Gatto. 


Franz Anton Gatto, geboren 1754 zu Krems an ber 
Donau, und feine Gattin famen von der Großmann'ſchen 





Erwerbungen für das neue Hoftheater,, 1791. 79 


Gefelihaft in Hannover. Ein Schreiben an Kirms aus 
ber Zeit, da das Engagement ſchon abgeſchloſſen war, 
liegt vor. Es lautet: 


„Hannover den 22ten April 1791. 
Wohlgeborner Herr! 
Hochgeehrteſter Herr Land-Kammer-Rath! 
Sogleich wollte ich auf Dero gütiges Schreiben vom 
11. Dieſes anworten, da ich aber den verlangten Dialog 
gerne mitſchicken möchte, ſo überging ich einen Poſttag. 
Ich gab ihn ſogleich einem jungen Menſchen von der Ge— 
ſellſchaft zu ſchreiben der mir verſprach heute fertig zu 
werden; noch heute werde ich ihn in feinem Quartier auf- 
ſuchen, und wenn er diefe Nacht fertig wird, fo ſchicke ich 
Ihnen venfelben Morgens mit diefem Brief. 


Daß Grossmann von mir die Summe von 180 Thlr. zu 
fordern hat, ift leiver die Wahrheit. Ich bitte alſo um 
einen Brief an ven Hrn. von Berlepfc damit er mid) 
unterftügen möchte und ich in feinem alle aufgehalten 
werde. Ich werde mich beftreben, da ich ohnehin von 
Haufe Geld befommen werde, längjtens in neun Monaten 
meine ganze Schuld zu bezahlen. 


Kommenden Donnerstag geht die Bagage ab von 
hier, ich nahm mir die Freiheit diefelbe an Sie zu addres- 
siren. Den Gentner habe ich die Meile 4 Gr. accor- 
dirt — e8 fine 5 Stüd — nemlih 3 Koffers, einen 


80 Erwerbungen für das neue Hoftbeater, 1791. 


Kaften und einen Bett-Sad. Bitte folche in Empfang 
zu nehmen. 


Ich bin, nebft unterthänigfter Empfehlung von mir 
und meiner Frau an Hrn. Geh. Rath von Goethe, 
Hochachtungsvoll 
Ew. Wohlgeboren unterthänigſter Diener 
Franz Gatto.“ 


Gatto, der beſonders als Buffo engagirt, als ſolcher 
auch vortrefflich war, debütirte am 19. Mai als Titta in der 
Oper Lilla; ſeine Frau am 12. Mai als Elfriede in dem 
gleichnamigen Schauſpiel. Beide gingen ab zu Oſtern 
1793. 

Gatto wurde nach einigen Jahren wieder engagirt und 
debütirte aufs neue am 12. April 1794 als Saraſtro in 
der Zauberflöte. Ihm, ſeinem Talente zu Liebe, wurde 
denn auch ſeine Frau wieder angeſtellt und dieſe debütirte 
am 18. Oktober deſſelben Jahres als Mondekar in Don 
Carlos. Beide verließen Weimar abermals — und um 
nicht mehr dorthin zurückzukehren — zu Oſtern 1797. 
Gatto's Nachfolger im Fache ver Buffos war Hun- 
nius. 

Demoiſelle Rudorf, 


von Wieland „das ſchöne Rudelchen“ zubenannt, 
wurde ebenfalls 1791 engagirt und debütirte am 6. Df- 
tober als Sängerin im Mondfaifer. Sie ging 1794 ab 
und heirathete bekanntlich den Major von Knebel. 





Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 8 


Der letzte Neuangeftellte viefes erften Jahres des 
Beimarer Hoftheater8 war: 


Chriftian Benda, 


ver Sohn des berühmten Georg Benda in Gotha. 
Geboren zu Gotha 1763, hatte er. 1778 die Bühne zum 
erften Dale betreten und mar nun feit 1786 als Tenor- 
jünger in Berlin angeftellt. Schon früher in Engage- 
ments-Unterhandlungen mit Bellomo, hatte er fich unterm 
19. Juli 1791 von Berlin aus an Bulpius gewenvet 
mit der Bitte, ein Engagementsgefuh bevorworten zu 
wollen. Er ſchrieb demſelben unter Anderm, daß er am 
„Berliner Königl.National-Theater, " welches er zu ver- 
laſſen gedenke, das, Fach dererften Xiebhaberrollen * fpiele 
und „mwöchentli 12 Rthr. Gehalt“ beziehe. Seinem 
Bruder Heinrich habe er Vollmacht gegeben, für ihn 
mit Weimar zu unterhandeln, und wünfchte er jehr dort: 
hin zu kommen, weil er vafelbft feinem „Vater“ und 
feiner „ Baterftadt nahe ſeyn würde. * 


Kirms feste fih nun mit ihm in Verbindung und ein 
Kontrakt wurde feftgeftellt, worin dem Benda 9 Thlr. und 
ein „Douceur‘ von 1 Thle. wöchentlich, ein Vorſchuß von 
30 Louisd'or und poftmäßiges Reiſegeld von 8 Gr. pro 
Meile zugefichert wurde, er hingegen fich verpflichtete, 
„tenen Einrichtungen der Ober-Direftion, glei) den 


Mitgliedern des Theaters, ohne Widerſetzlichkeit nachzu- 
Vasque, Goethe's Theaterleitung. 1. 6 


82 Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 


fommen, ” worunter aud) das „Statiſtenmachen“ mitbe 
griffen war, aud gegen Ende des Monats September in 
Weimar einzutreffen. 

Benda kam und vebütirte am 13. Oftober 1791 als 
Belmonte in der Entführung aus dem Serail. Er fcheint 
inbeffen nicht allzu fehr gefallen zu haben, denn im fol- 
genden Jahre, zu Oftern, jollte er ſchon wieder entlaffen 
werden. Fräulein von Göhhaufen erbarmte fi in- 
veffen feiner und bewirkte bei Goethe, daß er noch ven 
Sommer über im Engagement bleiben durfte. Doch aud 
der folgende Winter ſah Benda nody immer in Weimar; 
e8 wurde fogar ein weiterer Kontrakt mit ihm abgefchloffen 
und fo blieb er denn, und fo fort von Jahr zu Jahr. 
Später ordnete die Hoftheater-Kaffe auch mehrmals vie 
jehr zerrütteten Finanz-Verhältniſſe Bendas, die indeſſen 
und troß allem immer verwidelter und bevenfliher wur- 
den. Goethe und Kirms halfen ihm jedoch immer wieder, 
wohl in Betracht der geringen Gage von 40 Thlr. mo- 
natlih für einen erften Tenoriſten, denn Benda 
hatte ſich ſchließlich doch als „ ächter Sänger " bewährt und 
feſtgeſetzt. Endlich kam denn die beſte Hülfe für den 
armen, gewiß hart und viel geplagten Tenorfänger in Ge— 
ftalt des alles ausgleihenden Todes, der ihn gegen Ende 
des Monats November 1805 feinem durchaus nicht glän- 
zenden Engagement, ver Erde und all ihren Leiden ent- 
zog, der fürftlichen Hoftheater-Kaſſe die Sorge überlaffend, 
feine von berjelben verbürgten vielen Schulden zu be- 








Erwerbungen für das neue Hoftheater, 1791. 83 


zahlen, was dieſe denn auch — zum Lobe Goethe's und 
kKirms' fer es gefagt — reblidh that. — *). 

Dies die Perfonal=- und Engagements - Verhältniffe 
ter Mitglieder, mit denen Goethe fein neues, fo folge 
wichtiges Unternehmen begann. 

Ueber die andern beveutenden Namen, die fpäter nod) 
hinzutraten, werben bie folgenden Abjchnitte weitere Aus- 
hınft geben. 


*) Benda war nicht nur als Tenorift, ſondern auch noch 
ale Komponift und mufifalifcher Arrangeur für das Hoftheater 
thätig. Eine darauf bezägliche Rechnung von ihm mag bier 
noch Platz finden. Sie lautet: 

„Gegenwärtige Mufilen habe ich für das Herzogl. Weima- 
rifhe Hoftheater gemacht — als 

1) Zu Wie es Euch gefällt,“ 7 Lieber 
mit Accompagnement . . .. 4 Thlr. 
2) Muſik zur Geburtsfeier des Churfürſten 
von Sachſen. . . . 8 
3) Minnefängerlied zu ‚Otto der Schutz 1 „ 
4) Chöre zu „Zanaffa”. . 6 
5) Briefter-Chor zur „Sonnenjungfran“ 3 „ 
Summa 19 Thlr. 
ChriftianBenda, 
Sänger beym Weimariſchen 
Hoftheater. ” 





— — —— — — 


6* 


IL. 
Friedrich Iudwig Schröder und Goethe. 


Schröders Stammbuch. Schreiben Ichröder’s an Goethe. Ichrö- 
der’s Anffen-Einrihtung. Demoifelle Bondet. 1791. 


FriedricheudwigSchröder, der große Schau- 
fpieler und gewandte Gefhäftsmann, ſollte auch ein Scherf- 
fein aus dem reichen Schate feiner Erfahrungen zur 
Gründung, oder vielmehr Einrichtung des neuen Hof- 
theater8 beitragen. 

Dies aber war alfo gefommen. 

ALS im Auguft des Jahres 1780 Schröder von feiner 
großen Kunftreife durch Deutfchland nah Hamburg zu- 
rüdfehrte, führte ihn fein Weg über Gotha nadı Weimar, 
wo der große Künftler mit Goethe zufammentraf, und 
wohl zum erften Dale. Goethe zeichnete fich bei diefer 
Gelegenheit in Schröder's Stammbuch mit folgenven 
Borten ein: 

‚Zur Erinnerung eines Deorgenfpaziergangs zeichnete 

fich ein, Weimar den 15. Auguft 1780, Goethe. * 

Im Iahre 1791, im April, trat Schröder eine 
zweite größere Reife an, doch diesmal nicht, um fich dem 
deutſchen Publikum als Darfteller vorzuführen, fondern 
um bie verfchievenen Theater, ihre Einrichtungen und be: 
jonders talentvolle Anfänger genauer und perſönlich Ten- 
nen zu lernen und ſomit Gelegenheit zu finden, das Per- 
ſonal feiner eigenen Bühne in ficherer Weife zu ergänzen und 
zuverbeflern. Sein Weg führte ihn abermals über Weimar. 


88 Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 


Meyer, Schröder's Biograph, jagt über diefen - 
Aufenthalt: „Er traf am 20. April in Weimar ein, fand 
feinen Bode, die Gräfin Bernftorf, Wieland und 
die Rummerfeld (Schröder's Jugenpfreundin, in 
Weimar engagirt) und machte die Belanntfhaft Goethe's 
(fol wohl heißen: ernewerte fie — denn obige Stamm: 
buchs⸗Einzeichnung zeigt deutlich, daß die perfönliche Be⸗ 
tanntichaft Schon längft gemacht war), Her der's, Goe— 
ſchen's und Vulpius'. — Am 21. befand er ſich in 
dem ausgeſuchten Kreiſe der Herzogin Mutter, wo er ei⸗ 
nige Auftritte aus „ Hamlet” und „Lear“, und Wie- 
(and’s „Hannah und Gulzanah“ vorlas. Rau ward 
von ihm für die Hamburgifhe Bühne gewonnen. Am 
22. verließ er Weimar wieder. “ 

Noch hatte Schröder mit Goethe manderlei ge 
ſprochen. Letzterer, welcher eben im Begriff war, bie 
Leitung des neugegründeten Weimarer Hoftheaters anzu- 
treten, wünſchte von dem gewiegten Geſchäftsmanne vie 
Einrichtung feines Billetverfauf8 und der damit verbuns 
denen Kontrolen kennen zu lernen. Auch hatte Goethe 
im Sinne, ein in Mannheim aufgetauchtes jugenpliches, 
vielverfprechendes Talent, Dil. Boudet, für fein junges 
Theater zu acquiriren und Schröder aufgetragen, ihm 
über biefelbe zu berichten. Schröder ließ fein Stamme 
buch — fein fteter Reifegefährte — in Weimar bei ver 
Kummerfeld zurüd und reifte über Frankfurt nad 
Mannheim, wo er am 3. Mai anlangte. 








Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 89 


Hier ſah er die Boudet zum erſten Male bei Renn—⸗ 
ſchüb, dem Regiſſeur. In ſeinem Tagebuch befindet 
ſich darüber folgende Stelle: „Am 4. Mai traf ich bei 
Rennſchübs Dlle. Boudet, die recht artig ſpielen 
ſoll, und nach Weimar geht, weil Hr. von Dalberg ſie 
abgedankt hat.“ — Dieſe Worte thun deutlich dar, daß 
er keine Abſicht hatte, jene ihm verhängnißvoll gewordene 
Dame zu engagiren, ſondern ſie als für Weimar gewon⸗ 
nen betrachtete. Wohl aber änderte ſich dieſe Anſicht, als 
er die Boudet auf der Bühne ſah und ein außergewöhn⸗ 
liches Talent in ihr erkannte. Es war am 8. Mai und zwar 
in den, beiden Savoyarden“, Operette von d'Alayrac. 

Am Tage vorher hatte er Briefe von Weimar er- 
halten, nebft dem Stammbud) , in weldhes Goethe fih 
unaufgefordert noch einmal eingefchrieben hatte, 

Diefe zweite Einzeichnung lautete: 

„Diele ſahn dich mit Wonne, dich wünfchen fo Viele zu fehen. 
Reife glücklich! du bringft überall Freude mit hin.“ 

„Weimar d. 25. April 1791. 

Goethe.“ 

In Schröder's Tagebuch heißt es darüber: 

„Am 7. Mai. — Die Kummerfeld ſchickt mir 
mein Stammbuch, das ic, in Weimar gelafien. Innig 
rent e8 mich, daß © vethe ohne Anfprache ſich noch ein- 
mal eingefchrieben hat. Ic, fee mich alfogleich nieder, 
um ihm das zu bezeugen. “ 

Hier der Brief: 


90 Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 


„Mannheim den 7. Mai 1791. 

Wie innig hat es mid) erfreut, daß Sie mein 
Stammbuc noch einmal mit Ihrem Namen beehrt haben! 
und weld eine Sammlung von Namen werd’ ich haben, 
wenn ich bei meiner Zurüdfunft durch einige Scheren- 
Ichnitte den Weizen von ber Spreu fihte! — Gleich kei 
meiner Ankunft trug man mir Die. Boudet an; id 
erwiederte, Daß es zu fpät fei, weil fie ſchon mit Weimar 
in Unterhandlung ſtünde — doch begehrte ic) etwas von 
ihr zu ſehen, und fie wird morgen in einer Heinen franzö— 
fifchen Operette: „die beiden Savoyarden“, fpielen. Mit 
der ftrengften Redlichkeit werd’ ich meine Meinung nieber- 
jhreiben, an welchem Theater fie am nüglichiten iſt. — 
Ich fange diefen Brief heute an, weil e8 in Frankfurt und 
Mannheim ver erjte Morgen ift, an welchem man bie 
Güte hat mic allein zu laſſen, und will die Einrichtung 
meiner Kaffe nieverfchreiben. 

Der Kaffier ift beeitigt, fo aud der Kontroleur. 
Der Kontroleur hat einen Kaften wie eine Sparbüchſe 
gebaut — in dem Berhältniffe groß, als Billete das 
Haus füllen. Einen ähnlichen Kaften, doch Feiner, hat 
jeder Billeteur. — Der Zufchauer bezahlt den Kaſſier, 
und empfängt von ihm ein Billet, weldyes er bei dem 
Kontroleur abgibt, und von biefem ein Gegenbillet er- 
halt, das der Zufchauer bei dem Billeteur abgibt. Der 
Kontroleur und Billeteur find gehalten, die ihnen von 
dem Zufchauer gegebenen Billete fogleih in ihre Kaften 





Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 91 


zu fteden. — Im vierten Aufzuge — wenn ein Stüd 
ven Abend ausfüllt, oder zwiſchen Vor⸗- und Nachſpiel 
— muß der Kaffier dem Direkteur oder Regiſſeur ſchrift⸗ 
[ih anzeigen, wie viel Billete er auf jevem Platz ver⸗ 
fauft habe, und der Kontroleur (nad) denen ihm übrig 
gebliebenen) , wie viel er Gegenbillete ausgegeben habe. 
Die Billete in dem verfchloffenen Kaften des Kontroleurs, 
jo wie die Kaften der Billeteur8 werden von einem 
Dritten, den die Direltion dazu beftellt, gezählt, und bie 
Zahl ebenfalls ſchriftlich dem Direfteur oder Regiffeur 
zugeſtellt. So Tann Fein Betrug ftatthaben, und bie 
Duelle jever Irrung leicht entvedt werden. — Iſt die 
Einrihtung, daß man auch vor der gewöhnlichen Oeff- 
nung des, Hauſes Billete haben kann, fo müflen biefe 
von einer andern Yarbe und numerirt fein. Den Nach—⸗ 
mittag muß ber Kaffier jchriftlih und auf folgende Art 
anzeigen, wie viel er verkauft habe. 
Montag, den 1. Mat, im Haufe verkauft: 

Erfter Rang. 
Nr. 3, Herr N. N. A Perfonen — Nr. 9, 10, 11, 12. 
Nr. 6, Frau. N. 3 Berfonen — Nr. 13, 14, 15. 

Zweiter Rang. 
Nr. 1, Herr. N. 7 Berfonen Nr. 1,2, 3,4,5,6,7:c. 

Zur Ordnung gehört, daß fein Billet länger gelte, 

als für ven Tag, an welchem es gefauft ward; mithin 
weiß man, welches Billet ausgeblieben und wo es ift. 
Der Kaſſier erbittet es ſich, als verfallen, zurüd. 


92 Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 


Ale Billete müfjen geftempelt werden; jedoch nicht 
von dem Kaffier, und wenn er der ehrlichſte Mann ift. 
Seweniger Berfuhungund Öelegenbeit, je 
leichter ift Ehrlichkeit. 

Keine Rehnung muß direkte an den Kaffier gehen. 
Der Muſikdirektor muß die Mufiloriginalien unterfuchen 
und fein „Richtig * auf Die Rechnung fegen ; dann unter- 
jchreibt der Regiſſeur und der Kaffier bezahlt. So geht 
es mit der Rollenfchreiberei durch den Souffleur und 
Regiſſeur, jo mit ven Farben und ber Leinwand Durch 
den Maler und Regiffeur, fo mit den Zeugen, Zwirn, 
Seide ꝛc. durch den Garberobier und Regiſſeur. 

Alle Ausgaben müſſen auf numerirte Rechnungen be- 
zahlt werden, damit fie der Direktor leicht nachfehen kann. 

Ich drücke mich vielleicht nicht deutlich genug über 
die ökonomiſchen Einrichtungen aus, die ich beffer im 
Kopfe als in der Feder habe. 

Montag, den 9. Mai. 

Ich habe geftern Die. Boudet in ven „beiden 
feinen Savoyarden“ gefehen. — Man kann nun frei- 
- Lid nady einer Jungensrolle, mit einer verftümmelten 
Sprache, — nicht von einer Schaufpielerin urtheilen — 
aber fie fchien mir Anlage zu verrathen, denn fie hat 
Munterkeit und Dreiftigleit. — Die bhiefigen Schau- 
fpieler verfihern mid), daß etwas aus ihr werden könne, 
wenn fie in gute Hände geräth. Ich würde fie alfo 
ohne Bedenken nehmen, weil mir PBerfonen lieber find, 


Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 93 


bie Anlage verrathen, al8 die fogenannten jegigen großen 
Schaufpielerinnen. — Nach dem Bertrauen, welches Sie 
mir geſchenkt haben, werde ich feinen Schritt thun, fein 
Wort verlieren, um fie an mich zu loden. Aber Bed 
und einige andere Schaufpieler glauben, daß es bes 
Mädchens größeres Glück wäre, wenn fie zu 
meinem Theater fäme; und ih als Scaufpiel- 
direftor darf ein Subjekt nicht abmeifen, das etwas 
verräth. 
Mit der vollkommenſten Hochachtung bin ich 
Em. Ercellenz ergebenfter 
Schröder.” 

Nahfchrift: „Dem. Boudet kann nod) nicht formirt 
fein, fonft würde Hr. v. Dalberg, ver feinen Ueber: 
fluß an guten Schaufpielerinnen hat, und dem fie nur 
400 fl. koſtet, fie nicht entlafen. “ 

Welche praftifche Geſchäftskenntniß, welche Recht— 
ſchaffenheit und Geradheit, und dafür auch wieder welches 
Selbſtbewußtſein ſpricht ſich in dieſen Zeilen des großen 
Schauſpielers aus. Wie umſtändlich, klar und belehrend 
legt er Str. Excellenz, dem Herrn „Geheimbden Rath“ 
und Intendanten des Weimarer Hoftheaters, dem berühm- 
teften Dichter Deutſchlands, Goethe, die Einrichtung 
feiner Kaffe vor. Wie offen fagt er ihm, daß die Mann- 
heimer Schaufpieler glauben, wie e8 für die Anfängerin 
ein größeres Glück fein würde, bei ihm, dem Schauspieler 
Schröder, engagirt zu werben, als felbft bei Goethe. 





94 Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 


Es mar dies gewiß feine fade Schmeichelei von Seiten 
der dortigen Bühnenmitgliever, fondern Veberzeugung, 
denn Schröder war fhon der Mann dazu, Schein und 
Wahrheit zu unterfcheiden. Offen und voll Selbft- 
ſtändigkeit ftellt er fi Goethe gegenüber, ihm bedeutend, 
Daß, wenn die talentoolle Anfängerin wirklich mehr Zu- 
trauen zu ihm, als zu Sr. Ercellenz habe, er fie nicht ab- 
weisen dürfe noch wolle, trotzdem, daß die junge Dame fi 
bereit tief in Unterhandlung mit dem Weimarer Hof- 
theater eingelaſſen. Wahrlich! dieſe wenigen Zeilen 
laffen den in jeder Hinficht bedeutenden Mann vollftän- 
dig erfennen, und nod) heute darf Die Genofjenjchaft ver 
Scaufpieler ftolz darauf fein, daß einer aus ihrer Mitte 
e8 wagen durfte, fi Goethe fo gegenüber zu ftellen. 

Wie mag aber Goethe diefe Belehrungen,, dieſes 
offene Geſtändniß hingenommen haben? 

Die Kafjeneinrihtung ahmte er wahrſcheinlich voll— 
ſtändig nah; ift fie dod, mit wenigen Abänderungen, 
heute noch diefelbe beim Hoftheater zu Weimar, fo wie 
bet den meiften deutfchen Theatern. Dem. Boudet aber 
engagirte er nicht; er trat vor Schröder zurüd, 
welcher die Vielverfprechende für feine Hamburger Entre- 
prife gewann. 

GOoethe war dennod in diefer Angelegenheit — 
freilih ohne Abfiht — glüdlicher gefahren, als 
Schröder. Einige Worte mögen dies jchlieglich noch 
darthun. 








Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 05 


Schröder hatte in fein eigenes Tagebuch, unter 
gleihem Datum wie fein Schreibenan Goethe (8. Mai) 
folgende Bemerkungen, die Boudet betreffend, einge- 
tragen: 

„— Joſeph (in den „beiden Savoyarden“), Dem. 
Boudet meifterhaft, nur etwas zu viel Bewegung der 
Hände, Starke Stimme, and) im Gefange. Das Mäp- 
hen wäre ein widhtiger Erwerb für mid. —“ An 
ders aber urtheilt er über fie bei Gelegenheit einer Privat⸗ 
aufführung „des gutherzigen Vaters,“ vie Iffland 
veranftaltete: „— Dem. Boudet, als Tochter, zu 
tragiſch, zu geziert, zu ſehr hopp, hopp! Doch zeigte fie 
viel euer. **) 

Indeflen, Schröder engagirte fie, und am 5. 
Oftober deſſelben Jahres trat fie in Hamburg zum erften 
Mal im „Wechfel“ auf, am 7. in den „beiden Savoy⸗ 
arten“ und die Debütantin gefiel derart, daß das Stüd 
in ungefähr zwei Monaten zehn Mal gegeben werben 
konnte. Doch bald verbreitete fih das Gerücht, der 
feine beliebte Savoyarde fei in einem Zuſtande, „in 
tem ein Savoyarde nie fein fönne, ein Mädchen nie 
jein folle.” - Schröver und feine Familie nahmen ſich 


*) Auch ſchon Tags darauf (10. Mai) heißt eg in Schrd- 
der's Tagebuch: „Im Theater: Oberon. — . . Almanfaris: 
Tem. Boudet. Das Figürchen machte ſich hübſch, ihr Spiel 
war erträglich, Die Sprache zu geziert, auch fcheint fie, wie 
Stegmann, die Zähne zufammenzufneifen.. . .“ 


96 Friedrich Ludwig Schröder und Goethe. 


der Boudet auf das wohlmollendfte an, doch Diele, 
anftatt ſolches vertrauungsvoll zu erwidern, verließ am 
1. Sanuar 1792 mit ihrer Mutter heimlich die Stadt. 
Das Hamburger Publitum Tegte Schröder und feiner 
Strenge die Schuld dieſes Schrittes bei, und als er am 
4. Januar al8 Orgon im „Zartüffe“ auftrat, war feine 
Darftellung von unaufhörlichem Pfeifen und Zifchen be- 
gleitet, fo daß er am Tage darauf bie Anfrage in der 
Zeitung ergehen ließ, ob nicht „fichere Männer * geneigt 
wären, feine Verbinvlichfeiten al8 Direktor des Ham— 
burgifhen Schaufpield jett ſchon zu übernehmen. — 
Bekannt ift, daß der beſſere Theil des Publikums 
Schröder von folden Ideen abbradhte und berfelbe 
die Direktion noch eine Reihe von Jahren fortführte. 

Diefer Boudet'ſche Theaterjfanpal war — nach 
Meyer — eine ber Haupturfadhen, die dem großen 
Künftler feinen Beruf für immer verbitterten. 

Dies war das Nefultat des Engagements, von dem 
Schröder fidh fo viel verfproden. 

Die Boudet ging als Schaufpielerin nicht vor: 
wärts, fondern zurüd. Meyer fah fie wenige Jahre 
fpäter in Frankfurt und fällt fein gutes Urtheil über fie. 
— Ein in diefer Epoche erfchienener Heiner Stich ven 
ihr zeigt ein Kleines, zierliches Figürchen in dem baroden 
Haarputz damaliger Zeit, mit runden, hübjchen Geficht- 
hen, großen feurigen, verlangenden Augen und ſchalkhaft 
lächelndem Munve. | 


IV. 


Suphrofpne. 


Chrifiane Henmann-Beker; ihr Tod und erfier Verfuch fie zu 
erfegen, Sophie und Marianne Koch umd ihr vormund Opiß. 
1797. 


Pasque, Goethe's Thenterleitung. I. 7 





Unter den Mitgliedern, die Goethe von der Bellomo’- 
ſchen Geſellſchaft für das neuerrichtete Weimarer Hof- 
theater beibehalten hatte, befand fi) unter andern aud) 
ein junges Mädchen von nicht ganz dreizehn Jahren, ein 
Zalent, welches nicht allein bebeutend zu werben ver- 
ſprach, fondern fich ſchon längſt alſo bekundet hatte. Es 
war dies bie fpäter von ihm als „Euphroſyne“ fo 
herrlich befungene Chriftiane Amalie Luife Neu— 
mann, geboren zu Erofien am 15. December 1778, 
und Tochter des Schaufpielers Johann Chriftian Neu- 
mann, welcher 1784 mit Bellomo nad) Weimar gekom⸗ 
men und alldort, eben vor Auflöfung ver Bellomo’fchen 
Geſellſchaft, am 15. Februar 1791, geftorben war. Die 
Heine Neumann hatte in Weimar am 2. Yebruar 1787, 
alſo noch nicht volle neun Jahre alt, als Edelknabe in 
dem gleihnamigen Stüde von Engel bvebütirt, und 
durch ihr ausgefprochenes Talent, ihr liebenswürbiges, 
natürliches Gebahren, ihre unverkennbar ſchönen Mittel, 
ein ſolches Intereffe erregt, daß der kunftfinnige Hof das 
Kind alfogleich ver berühmten Sängerin und Darftellerin 
des ehemaligen Weimarer Tiebhabertheaters, Corona 

7 * 


100 Euphroſyne. 


Schröter, zur ferneren Ausbildung übergab. Bald 
legte die Kleine weitere Proben ihres Talents ab und das 
dreizehnjährige Mädchen ſprach als Göttin der Gerechtigkeit 
einen Prolog von Schiller derart gut und ſchön, daß 
die Herzogin Anna Amalie ſie in dieſem Charakter in 
Del malte (welches Bild heute noch im Schloſſe zu Def- 
ſau aufbewahrt wird). Etmas fpäter fpielte fie dann 
auch noch die Marianne in den „Gefchwiftern*, Jul⸗ 
hen im, Räuſchchen“ und andere muntere Mäpchenrollen, 
wie auch die Knaben in den Beil'ſchen und Iffland'ſchen 
Stüden. Nach dem Tode ihres Baters und der Auflöfung 
der Bellomo’ihen Gefellfchaft, wurde Ehriftiane Neumann 
nebft ihrer Mutter bei dem neuen Hoftheater angeftellt, und 
num begann Goethe felbft Hand an die Ausbildung des 
jungen talentvollen Mädchens zu legen, hatte auch bald 
bie Freude, die fehönften Erfolge feiner Bemühungen zu 
ernten. In feinen Tages- und „Yahresheften fügt er 
beit Erwähnung feiner Uebernahme ver Theaterleitung 
über die junge Neumann: „— Kurz vor der Verände- 
rung ftarb ein fehr ſchätzbarer Schaufpieler, Neumann; 
er hinterließ uns eine vierzehnjährige (2) Tochter, das 
liebenswürbigfte, natürlichfte Talent, das mich um Aus⸗ 
bildung anflehte.“ Sodann bei Beipredhung feines Re- 
pertoirs: „— König Johann aber von Shaffpeare, war 
unfer größter Gewinn. Chriftiane Neumann, 
al8 Arthur, von mir unterrichtet, that wunderbare Wir- 
fung; alle die Uebrigen mit ihr in Harmonie zu bringen, 








Euphroſyne. 101 


mußte meine Sorge ſein. Und ſo verfuhr ich von vorne 
herein, daß ich in jedem Stücke den Vorzüglichſten 
zu bemerken und ihm die Andern anzunähern ſuchte.“ 

Ihr Talent entwickelte ſich immer mehr, und das 
junge Mädchen wurde nicht allein ein ausgeſprochener 
Liebling Goethe's, des Hofes und des Publikums, ſon⸗ 
dern auch faſt die hervorragendſte Erſcheinung des Wei- 
marer Hoftheatere. Wieland urtheilt über fie „daß, 
wenn fie nur noch einige Jahre fo fortichritte, Deutich- 
land nur eine Schaufpielerin haben würde.“ Und fpäs 
ter jagt Iffland von ihr: „fie könne Alles; denn nie 
werde fie in den künftlichen Rauſch von Empfindfamteit 
— das verberbliche Uebel unferer jungen Schaufpielerin- 
nen —— verfallen. ” 

Im Sommer des Iahres 1793 heirathete fie in 
Lauchſtädt den Weimarer Schaufpieleer und Wöchner 
Beder. (Siehe die Abfchnitte II und XVI.) Zwei 
Töchter gebar fie ihm, wovon die ältefte, Corona, fpä- 
ter verehelihte Werner, als tüchtige Sängerin befannt 
wurde, bie jüngere aber ani 24. Auguft 1797, kurz vor 
der Mutter, ftarb. — Die junge Frau, deren Körper ſich 
wohl zu frühzeitig entwidelt hatte, wohl zu fehr anges 
jtrengt worden war durch ihre Bühnenthätigfeit und die 
verfchienenen Wochenbetten, empfand bald die Folgen von 
all diefem, und ſchon 1796 erkrankte fie bedenklich. Alle 
Mittel wurden angewendet, doch anfcdeinend vergebens, 
denn ihr Zuftand verfchlimmerte ſich inımer mehr und 


102 Eupbrofyne. 


bald derart, daß er ein höchſt gefährlicher, hoffnungstlofer 
wurde, wodurd das Weimarer Hoftheater ihren endlichen 
Berluft in nicht allzumeiter Ferne vorausfehen konnte und Die 
Direktion deſſelben, Goethe, wie auch der Hofflammerrath 
Kirms, der Borftand des Defonomifchen, fich nad) einem Er- 
fat umfehen mußten. Solchen Erfatz zu finden war indeſſen 
gar Schwer und doch mußte er gefunden werden. Das 
Repertoir des Lujtipiels, wie and) des Schau⸗ und Trauer- 
fpiel8 wurde durch ihr Scheiden zerriffen, das mühſam 
bergeftellte, jo ſchöne Enſemble gänzlich zerftört. Dem 
mußte vorgebeugt, ein junges, friſches Talent gefucht und 
gefunden werben, deſſen Erfcheinen und Wirken im Stande 
fei, ven Schlag, den das Hoftheater durch den Tod der 
Becker treffen mußte, wenn aud) nicht ganz abzumenden, 
doch minder fühlbar, gefährlid) und verderbenbringend 
zu machen. Goethe und Kirms waren in nicht geringer 
Berlegenheit, denn bie Krankheit der beliebten und tüdh- 
tigen Schaufpielerin nahm immer mehr überhand und 
erheifchte jchleunigfte Hülfe. Im Frühjahr 1797 entzog 
ein ftarfer Anfall die Beder für längere Zeit ver Bühne; 
vor Schluß der Saifon in Weimar trat fie indeffen noch 
einige Male auf (ihre legte Rolle in Weimar war die 
Ophelia, am 14. Juni obigen Jahres), dann ging fie mit 
ihrem Gatten und ver Gefellfchaft nad) dem angenehmen, 
ihr fo lieben Lauchſtädt, fpielte auch dort wieder, und man 
gab fih ſchon in Weimar der Hoffnung hin, daß dieſer 
befjere Zuſtand noch einige, ja längere Zeit andauern würde. 





Eupbrofyne. 103 


Zwar befaß das Hoftheater noch mehrere weibliche 
Talente von Bedeutung, als Mad. Vohs (vebütirte als 
Dem. Borth 1793), die Goethe einige Jahre vor 
obigem, für das Repertoir jo entſcheidenden Zeitpunkt 
als „zur Gurli wie gefchaffen* bezeichnet hatte, dann 
Amalie Malcolmi, fpätere Wolff, und die, feit 
Beginn des Jahres 1797 dem Hoftheater angehörenpe 
junge, bildſchöne und talentoolle Jagemann, nad 
herige Frau von Heygendorf. Doc bie erfte Dame 
war im Vergleich mit der kranken Künftlerin ſchon etwas 
zu alt und dem naiven, mumtern Fach auch wohl fchon 
allzuſehr entwöhnt, während die zweite zur Zeit nur in 
Nebenrollen und vorzüglich in der Oper verwendet wurde, 
und die Jagemann fid, ebenfalls vorzugsweiſe nur in 
ber Oper verfuchte, auch zur Zeit wohl noch zu fehr 
Anfängerin war, um alfogleich das.ganze Fach der Kran- 
ten, wie e8 das laufende Repertoir verlangte, übernehmen 
zu innen. Mean behalf fich indeſſen fo gut e8 eben 
gehen wollte, hielt Rundſchau und forfchte vor allen Din- 
gen nach einem jungen, verſprechenden Talente. 

Goethe glaubte endlich ein ſolches, einen paflenden 
Erſatz für die arme kranke Beder, gefunden zu haben, 
und zwar in ben beiden Demoifellen Koch, vie zur Zeit 
bei der Seconda'ſchen Gefellichaft in Leipzig fpielten. 
Beſonders auf das ältere der beiven jungen Mädchen 


Iheint er große Hoffnungen geſetzt zu haben, doch wollte . 


er alle beite für fein Imftitut zu gewinnen ſuchen. Es 


104 Euphroſyne. 


waren dies Töchter ver berühmten Sängerin und Schau⸗ 
fpielerin Sranzista Romana Kod. Die ältere, 
Sophie, war 1781, die jüngere, Marianne, 1783 
geboren und beive Mädchen galten als höchſt talentwoll 
und bildungsfähig, befaßen dabei reizende Perfönlichkeit, 
Ihönes Organ, kurz, hatten alle Requifiten, die Goethe 
von einem Erſatz für feine Lieblingsichaufpielerin ver- 
langte und nur verlangen konnte. Die Mutter hatte 
zur Zeit ver Seyler'ſchen Entreprife in Weimar gefpielt 
und gefungen und war 1774, nad) dem Schloßbranve, 
mit ihren Prinzipal nach Gotha gezogen. Damals fchon 
hatte fie zwei Töchter, wovon die Ältefte, nachherige Kride- 
berg, fih als Schauspielerin wie auch als Schriftftellerin 
einen Namen erwarb. — Madame Koch war fpäter zur 
Bondiniſchen Geſellſchaft, die 1790 ver Kaffirer verjel- 
ben, Franz Seconda, Üübernonmen, gegangen und bei 
verfelben geblieben, bis fie 1796 geftorben. Ihre beiben, 
obenerwähnten Töchter waren beim Tode der Mutter 
demnach fünfzehn und dreizehn Sabre alt und mußten, 
da.fie ganz allein in der Welt ftanden (der Vater war 
1794 in Charlottenburg geftorben), einen Vormund 
haben. Als folder wurde der befannte Schaufpieler 
Chriftian Wilhelm Opitz ernannt, welder 1789 
aus Rußland zurüdgefehrt, als Schaufpieler und Regiſſeur 
bei der Bondintihen und dann Seconda'ſchen Gefellfchaft 
thätig und ebenſowohl als tüchtiger Darſteller, wie auch 
als Ehrenmann befannt war. Er übernahm die Vor⸗ 





’ Euphroſyne. ‚105 


mundfchaft über vie beiden talentuollen und hübfchen 
Mädchen, unterrichtete fie und engagirte fie dann bei der 
Seconda’fchen Gefellihaft, die abwechſelnd in Leipzig, 
Dresden und Prag fpielte. Ein beitimmtes Fach räumte 
er ihnen inveflen nicht ein, ſondern fie mußten ſich mit 
wenigen guten Rollen und dem, was die übrigen Aftricen 
übrig liegen, begnügen. Was fie eigentlich ſpielten, jagt 
ver Theater= Kalender von 1796: „Demoiſelle Sophie 
Koh, die ältere, junge Liebhaberiunen, Agnefenrollen-; 
Demoiſelle Marianne Koch, die jüngere, erwachſene Kin⸗ 
derrollen und angehende Soubretten.“ Wenn ſie nun 
auch nicht allzuviel beſchäftigt wurden, ſo war doch ihr 
jedesmaliges Auftreten ein Erfolg, und Aufmunterungen 
wurden ihnen vom Leipziger Parterre ſowohl, als auch 
vom kurfürſtlichen Hofe zu Dresden in Menge zu Theil. 
Dei der Öefellihaft war zu jener Zeit, außer einer Menge 
- anderer Aftricen, die befannte Sophie Albrecht als 
erite Liebhaberin angejtellt, und als dieſe 1796 abging, 
trat Diadame Hartwig an teren Stelle. Für lettere 
Dame ſcheint Opitz eine fleine Schwäche gehabt zu haben, 
denn er protegirte fie fehr, ging ſogar jo weit, daß er 
andern Mitſpielenden Reden nahm, um folche der Rolle 
ver begünftigten Schaufpielerin zuzufügen — weldyes 
Berfahren indeſſen zu jener Zeit nicht ganz ifolirt da⸗ 
fand. Durch folhe Neigung mußte denn der, Madame 
Hartwig und ihr Talent bemundernde Regiſſeur wohl 
unwillfürlicd mit vem Bormund in Konflift kommen, wo» 


106 Euphroſyne. ’ 


bei erjterer natürlich den Sieg behauptete — zum Sche- 
den der beiden jungen rollenbebürftigen Mündel. Diefe 
wurden aud) bald recht unzufrieden, Hagten über Zurück⸗ 
fegung , ſchmollten, und fomit fand fid) denn der Boden 
ziemlich gut vorbereitet und empfänglich für die Anträge, 
die da aus Weimar fommen follten. 

Bei der Weimarer Geſellſchaft befand ſich zur Zeit 
ein Schaufpieleer Bed — Bruder des Mannheimer — 
mit feiner Frau, welde Beide außer ihrer Thätigfeit 
als Darfteler noch bei allerlei Gelegenheiten und Bor- 
fällen bereitwillig und gejchäftig die Vermittler machten, 
furz nad) verfchiedenen Richtungen hin für die Hoftheater- 
Direktion thätig waren. — | 

Bel war im April 1793 nad) Weimar gekommen 
und hatte befonders in niedrig komiſchen Rollen gefallen. 
Goethe, der fein Talent für dergleichen Aufgaben fchäßte, 
fchrieb eigens für ihn die Rolle des Schnaps in feinem 
„Bürgergeneral”, aufgeführt zum erften Mal Ende 1793. 
In den Tages- und Jahresheften fagt er darüber: 
„— Ein m Jah der Schnäpfe höchſt gewandter 
Schaufpieler, Bed, war erft zu unferem Theater getre- 
ten, auf deſſen Talent und Humor vertrauend id, eigent- 
fich die Rolle ſchrieb.“ — Frau Bed war eine vortreff- 
lihe Mutter in Iffland'ſchen und Kotzebue'ſchen Stüden. 
Ihr Gatte ſcheint indeffen in der Folge allzuviel Talent 
und auch Leidenſchaft für „Schnäpſe“ entwidelt zu 
haben, venn ſchon zu Oſtern 1800 wurde er entlaffen 





Euphroſyne. 107 


und zwar aus oben angedeutetem Grunde, während ſeine 
Gattin noch lange Jahre ein würdiges Mitglied des 
Weimarer Hoftheaters blieb und erſt im Herbſt des 
Jahres 1823 mit ſchönem Ruhegehalt penſionirt wurde. 

Dieſes Ehepaar nun war mit den beiden Demoiſellen 
Koch, wie auch mit den zeitweiligen Verlegenheiten, 
Wünſchen und Hoffnungen der Hoftheater⸗Direktion wohl 
befannt und von letterer dazu auserjehen worden, bei 
diefem höchſt wünſchenswerthen Engagement die Ver- 
mittler zu machen. 

Etwa Mitte Juni (1797) war die Weimarer Gefells 
Ihaft nach Lauchſtädt aufgebrochen. Bed, oder vielmehr 
feine Gattin, hatte von dem Hoflammerrath Kirms, wie 
auch von Goethe den mündlichen Auftrag erhalten, bei 
eriter paſſender Gelegenheit von Lauchſtädt nad) Teipzig zu 
fahren, um bort mit den Demoifellen Koch zu reden, zu 
unterhandeln. Goethe, zur Zeit jehr befehäftigt mit dem 
nenen Schloßbau, ftand anf dem Punkte, eine Reife nad) 
der Schweiz, ſowohl feinem „aus Italien zurückkehrenden 
Freunde Heinrich Meyer entgegen,“ als auch „zur Um⸗ 
fiht nad) einem geiftreihen Architeften und gejchidten 
Handwerkern * für obigen Bau, anzutreten. Die durch 
die Kranfheit der Beder fo unficher geworbene Lage des 
Hoftheater8 mag Urfache gewefen fein, vaß er biefe 
Reife von Tag zu Tag verfchob, erft ven Erfolg feiner 
Bemühungen, ven zu gewinnenden jungen Schaufpies 
lerinnen gegenüber, abwartenp. 


108 | Euphrofyne. 


Da langte Anfangs Juli folgender Brief des thätt- 
gen Bermittlers Bed von Lauchſtädt an die Hoftheater- 
Direftion an. — Obſchon derſelbe noch einige andere 
Punkte enthält als die, welche uns hier und in dieſem 
Augenblide intereffiren, fo theile ich ihn doch vollftän- 
dig und wörtlid mit, wie alle übrigen noch folgenden 
Urfunden. 

„Lauchſtädt, den 3. Yuly 1797. 
P.P. 

Im Begriff Ew. Wohlgeboren vie lebhaffteften Ver⸗ 
fiherungen meines fchuldigen Respekts an den Tag zu 
legen, erhielt ich von meiner Frau, die gehäufte Arbeit 
und eine natürliche Tintenſcheue zurüdhält, den Auftrag 
nachitebender Beantwortung: Wenn e8 der Reviforischen- 
Einrichtung auf Herzogl. Sammer nicht entgegen läuft, fo 
wird gebethen ven Abzug des noch reftirenden Holz. 
Quantums, bi8 nad) unferer Ankunft im Vaterlande zu 
verlegen. Es find bereits 34 Rchsthlr. 6 gr. entrichtet 
worden, welche die Gier der weiblichen Oefen ver- 
ihlang; mein Relegations-Käfig benahm fid 
mäßiger. Indeß zollt man Ihnen den verbinplichften 
Dank für Ihre freygebige Berechnung ! 

Wenn ich aufrichtig fprechen darf, und ohne jemand 
zu compromittiren ? ift das Gerücht der Befjerung bes 
äußerft mißlichen Zuftanvdes der guten Mad. Beder, 
falſch und ungegründet: Sie kann — wenn Gott 
fein Wunder thut — den nädften May nicht mehr 


Eupbrofyne. 109 


erleben; Sie rüdt durch die mindefte Anftrengung um 
einen Grad dem Tode näher ; es find daher, nach meinem 
unvorgreiflihen Ermeſſem, ſchleunige Gegenanftalten zu 
treffen. — Die Finanzen geftatten meiner Grau dermalen 
nicht eine Unterredung — vielleiht fruchtlos — mit 
Demlls. Koch in Leipzig zu veranftalten, allein Diadame 
Quandt befindet ſich port: hübfch von Figur und Bil 
dung, 24 Jahre alt, fpielt das Fach der Kranken, ver⸗ 
ipridht große Anlagen und ift, durch eine von Opit bes 
günftigte Nebenbublerin (Mad. Hartwig) zurüdgefebt 
— äußert unzufrieden mit ihrer Berbindung. Ihr Mann 
ſoll [ehr brauchbar jeyn und vorzüglich Alte gut fpielen. 
Beide können ihren Jahres» Contraft aufheben, ver an 
Oſtern begann, wenn ihnen auswärtige Anträge ges 
ihehen. Ich habe diefes von Sachkundigen. 

Unter den lebhafteften Ehrerbietunge-VBerfiherungen 
an Ihr ganzes vortrefflihes Hauß, von uns Allen die 
e8 nach Würden ſchätzen, ergehet an Demoifelle Ludecus 
ergebenft Die Anzeige, daß fein goldener Damen » Gürtel 
mehr, weber in den Läden, noch auf den Taillen der Schd- 
nen, fichtbar fer: die Laune der flatterhaften Mode wars 
velte aus dem Minerals ins Pflanzenreich und ſchuf die 
Fäden des edelften Metalles in Strohhalmen um, die fich 
mm ebenfo elegant an die Grazienhüften fchmiegen, wie 
ihre Borgänger. Das Andenken ber ſchönen Nachbarin 
erregt Stolz und dankbare Erwiederung. Wir find ihr 
mandye rofenfarbene Stunde ſchuldig und zäblen bie 


110 Euphroſyne. 


Minuten bis zu ihrer Ankunft mit beflügelten Wünſchen. 
Unſere älteſte Tochter nimmt ſich fleißig und ſolide. Sie 
lebt für und in ihrer Pflegemutter mit Anhänglichkeit und 
Wärme. Die Jüngſte — muß ſich noch formiren. Ihr 
excomunizirter Dialeklt erregt faſt mehr Obſtakels als. 
ihre vernachläſſigte Erziehung. Im Ganzen behagt uns 
Lauchſtädt jährlich mehr: Es herrſcht Ruhe und Auf- 
merkſamkeit im Parterre; wir gewöhnen uns faft daran, 
Weimar weniger zu vermiffen. Mit wiederholten Ehrer- 
bietungs=Berficherungen bin ich respektvoll 

Ew. Wohlgeboren 

gehorfamfter Diener 
Bed. 

NB. Quandts wohnen am neuen Kirchhof in 
Leipzig. ” 

Der Hoffammerrath Kirms, an den obiger Brief ge- 
richtet, beantwortete ihn fofort, ohne erft weiter mit Goethe 
darüber zu reden. Er ſchreibt: 

„Weimar, den 5. July 1797. 
An Herrn Bed. 

Ich bin Ihnen für den Inhalt Ihres geehrteften 
Briefs vom Iten dieſes fehr verbunden. Die Nachrichten 
von dem ſchlimmen Befinden der Madame Beder find 
nicht tröſtlich: fie Schaffen neue Berlegenheit und neue 
Depensen. 

Die Demoijells Koch wären und am willfommenpften ; 





Euphroſyne. 111 


Hr. Opitz wird ſie uns aber aus mehr als einer Urſache 
nicht zukommen laſſen. Herrn Quandt habe ich ſpielen 
ſehen und iſt in ſanften, leidenden Rollen brav. Auch 
Madame Quandt ſahe ich in der Zauberin Sidonia eine 
langweilige weinerliche Rolle ſpielen. In dieſer gefiel 
ſie mir nicht; ſie ſoll aber in naiven Rollen brav ſeyn. 
Sie iſt eine Figur — den Bauch abgerechnet — wie 
die Vohs. 

Die Zeit ift zu kurz um mit dem Herrn geheimen 
Kath fi) parüber ausfprechen zu können; ich bitte Sie 
aber an einem fchidlichen Tage ohne Auffehen, mit 
Ihrer lieben Frau nad) Leipzig zu reifen, und bey ven 
Demſls. Koch fowohl, als aud bey Hrn. Quandt zu an- 
gen; zu hören ob und für wie viel Gage fie zu haben 
jeyn möchten. Ueber 14 Rchsthlr. gehet man bey Neulin- 
gen nicht. Sie, oder Ihre liebe Frau thäten, als wenn 
Sie diefes für fich unternähmen, und verfpräcden dabey 
Ihre bona officia bey der hiefigen Direction anzuwenden. 
Diefe hätte alsdann Zeit zu überlegen und ſich zu ent- 
ſchließen. An Quandt dürfen wir nicht ſchreiben, ſonſt 
ſtimmt er hoch, und e8 wird entiweber nichts aus der Sache, 
ever fie verſchiebt fih. Wenn fie gerne die Drespner 
Geſellſchaft verlaffen wollen, fo werben fie auch wohl 
fih melden und billige Bedingungen vorfchlagen. Haben 
Sie die Güte das Fuhrlohn und was Sie fonften bei diefer 
Reife aufwenden müſſen, mir anzuzeigen, damit ich Ihnen 
den Erſatz überfenden kann. 


112 Euphroſyne. 


Viele Empfehlungen an Ihre liebe Frau und an 
Demſ. Matizeck von mir und den Meinigen, die für die 
Nachrichten von der Gürtel-Revolution herzlich danken. 

Ihr ganz ergebenſter Diener 
F. Kirms.“ 

Beck antwortete hierauf: 

„Lauchſtädt, den 10. July 1797. 
P. P. 

Die Speculations-Partie nach Leipzig hat ſich noch 
nicht realiſiren können; ſie ſoll aber längſtens in 14 
Tagen, mit ver pünftlichften Obſervanz, vollſtreckt werben. 
MWahrfcheinlih auf einen Freytag, der in der ganzen 
Woche ver Schielichfte if. Mein Rapport wird fich be- 
mühen, Em. Wohlgeboren buch jtäbliche Auseinander—⸗ 
fegung zu liefern. Iſt e8 gegründet, daß bie Geſellſchaft 
im Auguft Rudolftadt fieht? Es fördert die Erleichterung 
gut unterzufommen, wenn Ew. Wohlgeboren vie Ge- 
neigtheit hätten, mir desfalls einen ftillen Winf zu er- 
theilen. Wir find wohl, zufrieden, thätig; empfehlen und 
Ihnen gefligentlichft und ich beftrebe mid, vorzüglich einer 
Ehre würdiger zu werden mit ber ich mich nenne 

Ew. Wohlgeboren 
ganz geherfamfter 
Beck.“ 

Dieſer Brief, welcher die Leipziger Reiſe erſt in vier⸗ 
zehn Tagen in Ausſicht ſtellte, muß eben dadurch Veran⸗ 
laſſung geworden ſein, daß Kirms mit dem Hrn. Geheimen 





Eupbrofyne. | 113 


Rath fofort über die Angelegenheit fprach, worauf denn 
ver Beſchluß Goethe's gelautet haben mag, daß das 
Beckſche Ehepaar die fo nothwendige Reiſe aljogleich, 
ohne weitere Bedenken und Rüdfichten, anzutreten habe. 
Am 10. hatte Bed gefchrieben, Kirms den Brief wohl 
am Tage darauf erhalten. Am 12. ging -die Antwort 
des Hofkammerraths mit dem beſtimmten Befehl zur Reife 
ab. Am 13. traf dieſe wohl in Lauchſtaͤdt ein und fchon 
am folgenden Tage, noch bei Nacht und Weorgennebel, 
futfhirten Die beiden Beck's nad) Leipzig, allvort ihre für 
das Weimarer Hoftheater und feine ‘Direktion fo hoch— 
wichtige theatergefchäftliche Kommiffion aus⸗ und durch⸗ 
zuführen. 

Wie die Reiſe abgelaufen, was die beiden eifrigen 
Vermittler Alles ausgerichtet, beſagt die nun folgende 
veriprochene „buchftäbliche Auseinanderſetzung,“ ſogleich 
nach erfolgter Zurücklunft von Leipzig aufgeſetzt und 
abgeſchickt. 

„Lauchſtädt, den 16ten July 1797. 
P. P. | 

Unjere Leipziger Exeursion, habe ih Ew. Wohlgebo- 
ren die Ehre zu melden, ift am 1Aten dieſes vor Aufgang 
der Himmelsleuchte angetreten und den Morgen am fol- 
genden Tage halb fieben Uhr angenehm — die Müdig— 
feit, ein Reſt zwei verlohrner Nächte, aufs und abgerechnet 
— beendigt worden. Sie war in Erzielung der Haupt- 


Abficht jehr erwünfcht! und Tann für b eive Theile, 
Pasque, Goethe's Theaterleitung. I. 


1A Euphroſyne. 


wenn ſie dem Thema unverrückt ins Auge zu blicken 
belieben? — von weſentlichem Nuten ſeyn. 

Die Demlls. K(och) trafen wir einſam und mißver⸗ 
gnügt im grünen Schilde, ihrer Behauſung. Es war 
Probe, die fie für läſtige Gäfte ſicherte: Wir konnten 
alfo frey reden und ihre Aufrichtigfeit ungeftört fondiren. 
Es find ein paar Engel! die von allen weiblichen Eigen- 
haften blos die guten zu befiten fcheinen. Sie be 
tradhteten uns als Schußgeifter, und würden — nad) 
eigener Berfiherung — auf der Stelle unferer Leitung 
gefolgt ſeyn, wenn ihren freyen Willen feine tyrannifche 
Feſſeln unterjochten. Den Stodmeifter macht Opis, ihr 
Bormund, unter der Geſtalt eines beforgten Baters. 
Diefen zu befehren, welches unumgänglicd, nöthig 
ift, wollen fie fi) zur Vermittlerin die Hartwig — eine 
mächtige Triebfeder! — erfiejen; da ihr, bejonders an 
der Eriftenz der guten Kinder weniger als nichts liegt 
und ihr Emporfommen in jener Gegend durch ihren 
Einfluß mit unterhölt wird. Bevor aber die Mine 
fpringen darf, find von unferer Seite folgende Materia⸗ 
lien ſchnelhl beizufchaffen erforderlich: Erftens, Ein 
an Contraft Statt abgefakter Brief der fie Beide mit 
14 Rchsthlr. wöchentlicher Gage deckt. NB. Opib hat 
verlauten laffen, „wenn Ihr Euch verbeſſern könnt und 
unter eine fichere Führung auswärts fommt, fo will id 
Eurem Glüde nicht entgegenftehen.“ Für das legtere 
wäre meine rau als Gewährsmann zu beftimmen, bie 


Euphrofyne. 115 


in den trefflichen Gefchöpfen das Andenken der Mutter, 
ihrer verlorenen Freundin, ehrt und fich herzlich gern viefer 
Angelegenheit unterzieht. Der Contraft der Gedachten 
bauert noch bis May. Ihre Gage ift gegenwärtig 12 
Rchsthlr. die der Vormund Tärglichft verwalte. — 
Zweitens, Muß der Brief ſo eingerichtet feyn, daß 
ihn Feder lejen darf. Drittens, Wär es ein Meifter- 
Streih! Opitz in diefe Sache mit zu verweben, indem 
man feine Schwächen benußte, deren Er viele nicht dedt; 
ihm die Fortjchritte auseinander feßte, die den jungen 
Kindern, am Firmamente wo eine Hartwig glänzte 
und überhaupt ein jo zahlreiches Weiber-Perfonal vorhan⸗ 
den wäre, nur fpät erft gelingen fönnten. Die Mädchens 
fihern uns für den Berluft des Fadens den fie felbft 
ipinnen. — Es fanın nicht leicht fehlfchlagen: wenn Ihre 
Mühmaltung das Gedachte von Weimar aus an mid) 
liefert, pas Geheime sub rosa beizufügen beliebt und 
mir die Beförderung überläßt. Alles ift in Leipzig ver- 
abredet worden und meine Adr: in den Händen ber 
handelnden Perfonen, die gewiß mit Feinheit und Er- 
wägung ihren Lieblingsplan unterftügen. Die Aquiſition 
wäre groß! Die ältefte 16, die zweite 14 Jahre; ſchön, 
gefittet, tafentwoll, Funftgierig Beide; was gewänne 
unfere Bühne! Die Jüngſte fpielt nebft muntern, ſchalk—⸗ 
haften Mädchen, auch zugleich verkleivete Rollen; zum 
Beifpiel, die Jungen der Mad. Beder. Uebrigens ift ihr 
eigentliches Fach, Das der Vohs. “Die ältere kann große 
g* 


eo 


(e8 ift geprellt!), betrug . „2. — 18 


116 Eupbrofyne. 


Anſprüche auf fanfte zärtliche Liebhaberinnen machen. 
Sie hat etwas ſchwärmeriſches im Auge, Das ihr fehr 
zu GStatten fümmt. Beide ringen mit beifpiellofem Eifer 
nad) Ermunterung und Thätigfeit; die wir ihnen denn 
auch zufichern konnten bey uns. Sie zählen die Secunden 
bis zur Ankunft der erwünfchten Briefe — weil vorher 
pas Geheimniß vergraben bleibt und nichts in der Saͤche 
unternonnmen wird. Aeußerungen des Entzüdens belebten 
fie, als ich fhon kommenden Freytag ihre Erwartungen 
vielleicht zu befriepigen verfpradh. So ftehen demnach die 
Conftellationen, denen ich von ganzer Seele Gedeihen 
wünſche! 

Quandts ſprachen wir nicht. Sie haben 18 Rchsthlr. 
und fie leiſtet, höre ih, nicht was die Direction for- 
dern kann. 

Um die Depensen des Fuhrlohns zu mindern, Tiefen 
wir Demlle. Matiegzeck und Hrn. Beder pro rata an 
unferm Wagen Theil nehmen. Die Fuhre kam nebft 
Zehrung, Geleite 2c. auf unfern Antheil, das Trinfgelr 
mitgerehnet . . 2. .  Achethle. 3. — 21 gr. 
Unfer Mund und Unterfommen 

Summa Rchsthlr. 6. -— 15 gr. 

Beigehenver Zettel meldet, womit und das Theater, 
durch die Galanterie des Hrn. Opit, der und 4 Billete 
auf den erften Plat zufchidte — gratis regalirte. Cs 
ift feines der würbigften Produfte des Verfaſſers. Haff- 


Euphroſyne. 117 


ner, und in einigen Stellen die Hartwig, haben es noch 
gehoben. Es hatten ſich einige Seehunde in Uniforms 
gehüllt. Schirmern ſtand der Grafenrock auch beßer 
als die Rolle. Die Henke? — iſt unter aller Kritik! 
— Meine Frau emphielt ſich ergebenſt. Sie hätte etwas 
Intereſſantes Ihnen mündlich aufbewahrt. Machen 
Sie doch gefälligft bald und glüdlih dem gepreften Ge- 
heimniß Luft. 
Ganz der Ihrige 
Bed.” 

Kirms konnte mit dem Inhalt dieſes Briefes, mit 
den Bemühungen und erzielten Kefultaten feines gewand- 
ten Bermittlerd wohl zufrieden fein. Hatte der Herr 
Soffammerrath und Kollege Goethe's fid) in ſeinem erjten 
Schreiben als gewiegter Theater - und Direftiong-Diplo- 
mat gezeigt, fo gab fein Vertrauter und Unterhändler ihm 
in vorliegendem , legten Schreiben durchaus nichts nad), 
ſondern zeigte ſich als höchft ſchlauer und geriebener, in 
Theaterangelegenheiten wohl bewanderter Geſchäftsmann, 
und deshalb vollftändig des Vertrauens, der Ehre würdig. 
die die Direktion ihm durch folche geheime und belifate 
Aufträge zu Theil werben Tief. 

Kirms theilte feinem Mitdirektor Goethe das Schrei- 
ben Bed, vie ſcheinbar jo guten Nachrichten mit, konferirte 
mit ihm, was weiter in der Sache zu thun fei, und beide 
Herren befchlofien, die Winfe und Vorſchläge ihres Agen- 
ten, des, alfo nicht allein „im Fache ver Schnäpſe“ ge= 





118 Euphroſyne. 


wandten Beck's, genau zu befolgen. Kirms erhielt den 
Auftrag, in angedeutetem Sinne an die beiden Koch, 
ebenfalls dankend und konſultirend an Beck zu ſchreiben. 
Er fertigte auch alsbald die Entwürfe beider Stücke, legte 
fie Goethe vor, welcher noch hie und da änderte, korri— 
girte, fie endlich, vollftändig mit Form und Inhalt ein- 
verftanden, mit feinem fanktionirenden „G.“ verjah, 
worauf die beiden Briefe fopirt, von Kirms unterzeichnet 
wurden und an ihre Beftimmungsorte abgingen. 


Die von Goethe forrigirten und fontrafignirten Kon: 
cepte liegen mir num weiter vor und folgen hier: 


„Weimar, den 19. July 1797. 


An Herrn Bed. 

Sie erhalten mein lieber Herr Bed hiermit ven ver: 
langten Brief an die Demoiselles Koch und mit vemjelben 
auch das Concept zu Ihrer Einſicht, das ich mir aber 
zurüd erbitte. 

Ich habe darinnen des Herrn Opitz ehrenvoll ge 
dacht und auch der Madame Hartwig Weyrauch geſtreut. 
Das Uebrige was darinnen geſagt iſt, führt zum Zwed 
und iſt Wahrheit. 

Der Herr geheime Kath haben ſothanen Brief geneh- 
migt, meinen aber e8 wären 14 Thaler für Anfängerin- 
nen, im Verhältniß gegen andere, eine große Gage, unt 
würden darunter die Garderobe Gelber für die franzöfi- 
ſche Garderobe mit zu begreifen fehn. 





Euphroſyne. 119 


Ihrer und Ihrer lieben Frauen Führung überläßt 
derſelbe die vortheilhafte Regulirung dieſer Angelegenheit. 


Noch muß ich Ihnen einen Aufſchluß über einen 
Punkt in gedachtem Briefe geben. Daß ich nemlich ſage, 
der Herr geheime Rath würden verreiſen, iſt theils 
gegründet; zum Theil geſchiehet es aber auch deswegen, 
daß Opitz, mit dem ich in gutem Verhältniß ſtehe, der 
auf den Herrn geheimen Rath aber, weil ſeine Tochter 
hier nicht angebracht werden konnte, nicht wohl zu ſprechen 
ſeyn dürfte — nicht aus Rache gegen die Sache handeln 
möge. | | 

Bon Ihrer und Ihrer lieben Frauen Eifer bey die- 
fer Unternehmung, verfprechen ſich der Herr geheime Rath 
und auch ich den beiten Erfolg und danken Ihnen im 
voraus dafür gar jehr. Zu Beſtreitung der aufgewanbten 
Reiſekoſten, und deſſen was Sie noch aufzumenden gend- 
tigt ſeyn möchten, lege ich Ihnen 7 Lhthle. (Kirms 
jhrieb „2 Carolins*, weldye Summe Goethe eigenhän- 
dig in „7 Lbthlr.“ änderte!) bey, worüber Sie, mid) zu 
quittiven die Gefälligfeit haben werden. Der ich zc. 

K. 


Das diplomatiſche Schreiben an die beiden Koch 
lautet: 


120 Euphroſyne. 


„An Mes Demoiselles Koch. 
Mitglieder der Churfürſtl. Sächſiſchen Hof-Schauſpieler⸗ 
| Geſellſchaft 
anjetzt in Leipzig. 
Weimar, den 19. July 1797. 

Bey meiner wie wohl kurtzen Anweſenheit während 
der letzten Oſter Meſſe in Leipzig ſahe ich einige Vorſtel⸗ 
lungen, in welchen Ihnen Beyden Rollen zugetheilt wa- 
ren. Ich erinnerte mid, Ihrer braven Mutter, mit der 
ich hier oft in freundfchaftlichen Zirkeln gewejen, und 
deren Andenken bey mir dadurch wieder neu wurde, das 
auch bey Weymars Bewohnern nod, nicht verlofhen it. 
Ih ſahe aber auch eine Madam Hartwig, die mich im 
naiven Fach ganz contentirte, im zärtlichen aber bis zur 
Berwunderung hinriß. In ihr haben Sie zwar ein Bor: 
bild, allein Sie haben Beide feine Gelegenheit, nach die— 
ſem Vorbilde fih zu vervollkommnen, ta diefe nur die 
intereffanten Rollen in beyden Fächern fpielt und, weil 
man fie gerne fiehet, auch natürlich |pielen muß. 

Bey dem Weimariſchen Theater, welches unter ver 
Intendanz des Herrn geheimen Raths von Goethe ftehet, 
und wobey Unterzeichneter ver Aufficht über das Oecono- 
micum fidy unterziehet, in Abwejenheit aber gebachten 
Herrn geheimen Raths aud) jene Geſchäfte mit zu befor- 
gen hat, feheinen beyde Fächer, nämlich, der zärtlichen 
und muntern Liebhaberinnen, erledigt werben zu wollen, 
indem Madame Vohs fehr corpulent wird und nah und 





Euphroſyne. 121 


nach ins Mütterfach über zu gehen genöthigt werden 
wird, Madame Becker aber nach einer ausgeſtandenen 
Bruſt-Krankheit dem Anſchein nad) einer Auszehrung 
unterliegen dürfte. 


Dieſes — obgleich für das hieſige Theater unan⸗ 
genehme Ereigniß, möchte wohl eins der vortheilhafteſten 
für die Töchter meiner vormaligen Freundin ſeyn, wenn 
fie anders in wichtige Rollenfächer zu treten und bie zeit— 
berige Geſellſchaft mit Einftimmung Ihres Vormunds 
(Kirms ſchrieb: „— die Gefelfchaft nebit Ihrem Vor- 
mund ac. ”, melche Stelle Goethe, bedeutend gewifienhafter, 
in „mit Einftimmung Ihres Vormunds“ Anderte), den 
Herrn Opitz, den ich kenne und ſchätze, zu verlaſſen ſich 
entſchließen könnten. | 


Da die Kränklichkeit der Madame Beder befannt 
wird, fo melden fich auch verjchievene Subjecte zu biefer 
Stelle, die Übrigens in gutem Rufe ftehen, mit einem 
aber von diefen einen Contraft einzugehen ich verhindern 
werde, bis ich weiß, ob Sie, meine ſehr werthen Demoi- 
selles, etwa Luft hätten, Ihr zeitheriges Theater mit dem 
hiefigen zu verwechſeln. 


Der Herr geheime Rath von Goethe find eben im 
Begriff eine Reiſe nach Frankfurt und in die Schweiz zu 
machen; haben mir daher Ihre Gefchäfte beym Theater 
anf einige Zeit abgetreten, und überlaffen mir, auf welche 
Art ich das Fach ver Madame Becker — aber zur Scho⸗ 


122 Euphroſyne. 


nung dieſer guten Frau ſo bald als möglich — beſetzen 
werde. 

Haben Sie alſo Luſt jetzt, oder längſtens in ſechs Wochen, 
oder auch zu Michaelis, zu dem hieſigen Theater zu treten, ſo 
biethe ich Ihnen ein Engagement auf drei Jahre und wenn 
Sie wollen, auf noch längere Zeit, mit einer wöchentlichen 
Gage von Vierzehn Thalern für Beyde hiermit an. Der hie— 
ſige Ort bildete ſo manchen Künſtler: ich zweifle daher nicht 
im geringſten, daß Sie feine Ausnahme davon ſeyn wer- 
ven. Indeſſen will id Sie Ihrem Theater nicht durch 
Ueberrevung entziehen, ſondern ich frage hierdurch bey 
Ihnen nur un. Ueberlegen, prüfen Sie dieſe VBorfchläge 
mit Ihrem Herrn Bormund, der Ihr Glück gewiß nicht 
verhindern wird, da jenes Theater ein ohnehin ftarfes 
weibliches Perfonale hat. 

Zugendhafte Frauenzimmer werben hier ehr geichätt 
und werben dadurch beftärkt wenn fie Gelegenheit zum 
Gegentheil befommen follten, wozu e8 hier aber würklich 
fehlt. Wenn Sie einen Bormund brauchen follten, fe 
werden ſich fchon brave Menfchen finden, die ſich Ihrer 
annehmen, und von mir können Sie, fo lange Sie brav 
ſeyn und fich gut aufführen werben, jederzeit auf guten 
Rath und aud) auf gute Unterftütung rechnen. 

Nur muß ich bitten, daß Sie mir Ihre Entſchließung 
bald bekannt machen, damit ich ſchleunige Anftalt treffen 
könne, die gute Bederin, durch Annehmung anderer An- 
erbietungen zu unterftügen. 





Eupbrofine. 123 


Sie werden ſich ‚nicht wundern, woher ich alle Ihre 
Berhältniffe zu Herrn Opit wiſſen könne, wenn id) Ihnen 
hiermit eröffne, daß Ihre gute Aufführung auch von den 
Officianten Ihres Theaters gefhätt wird: denn Ihr 
Theaterfrifeur, welcher meiner Niece, die mit mir in Yeip- 
jig war, während des Friſirens verfchiedentliches erzählt, 
hatte auch fehr zu Ihrem Lobe fich herausgelaſſen, das 
mir jet zu ftatten kommt. 

Unter allen Berhältnifien, wenn Sie auch diefe meine 
Anerbietungen anzunehmen Bedenken finden follten, wird 
der Freund der Mutter auch vorfommenden Walls der 
Freund ihrer braven Töchter ſeyn, mit welchen Gefinnun- 
gen ich hochachtungsvoll zu feyn die Ehre habe 

Ihr ꝛc. ꝛc. 
K.“ 


Beck fand den Brief in jeder Hinſicht vortrefflich; bei 
Rückſendung des Koncepts ſchreibt er: 


„Lauchftänt, ven 24. July 1797. 
P. P. 

Ew. Wohlgeboren danke ich verbindlichſt für die 
ſchmeichelhaffte Communication des rückkehrenden Con⸗ 
cepts. Wer ſo wie Sie darinnen bewieſen — alle 
Accorde ſonor zu greifen weiß? dürfte unmöglich bie 
reine Melodie verſehlen. Nur tyranniſche Vormünde⸗ 
ley müßte in den Weg treten, und aus natürlichem 
Eigenſinn die roſenfarbene Ausſicht der gequälten Mün— 


124 = Eupbrofyne. 


del ſchwärzen. Es ift am verwichenen Sonnabend bey 
Abſendung des Ihrigen, zugleich in meinem Briefe, zum 
“ Meberfluffe der wichtigfte Theil unjeres Geſprächs in 
Leipzig dem Gebächtniße der Mädchen recordirt worden; 
der bie Wichtigkeit die ſes Moment’: bedachtſam und 
fein zu handeln, mit allen feinen pofitiven und negativen 
Folgen auseinander fest. Sobald die Antwort erfolgt, 
wird fie Ihnen urfprünglich übermacht. Was die Regu- 
lierung der franzöfiihen Garderobe anlangt? ift ſchon 
vorläufig der hiefigen Einrihtung mündlih Erwähnung 
geſchehen und e8 fen unfere Sorge ſich darein zu fügen. 

Das vermehrte Duantum meiner gehabten Auslagen, 
überrafcht um fo mehr meine billigen Erwartungen, in- 
dem meine freygebige Direction mit der Veranlagung zu 
jener Luftpartie auch einen profitabeln Gewinn verbindet. 
Mir bleibt feine weitere Erwiederung übrig als der heiße 
Drang nad) Gelegenheit wo fi mein verbindlichſter 
Dank in thätigen Dienftleijtungen realifiren Tann! Die 
erhaltene Summe beftand aus 5 ganzen und 4 halben 
Laubthlr: welches ich beigehend quittirend zu berechnen 
bie Ehre habe, | 

Meine Iran die fi nicht minder geflifientlich als 
Ihr ergebenfter Diener dem Herrn Hoflammerrath nebft 
achtungswürdigſter Familie gehorfamft emphielt, trägt 
mir auf folgenden Scrupel zu löfen: Die von Seiten ber 
Denlle. Matiegzeck gemachte Forderung, wegen eines faft 
unmöglich zu accordirenden Urlaubs — ſey nicht durch 








Euphroſyne. 125 


ihren Einfluß, ſondern ganz gegen denſelben entſtanden. 
Neberhaupt fcheint vie Gedachte fi) von Woche zu Woche 
immer entfernter von dem Pflegmütterlihen Haufe zu 
halten. Sie ftellt ihre Beſuche auffallend ein, verlangt 
weber Unterricht no Rath. Es mag eine Art Rivali- 
tät daran Schul ſeyn, keins von beyden mit einer zwei⸗ 
ten Perſon zu theilen, oder ein überzeugendes Gefühl: 
es nicht weiter zu bebürfen. Freundſchaften dieſer 
Art anfzupringen — würden läftig fallen, dem man 
fie erweifen will. Mit fteigendem Wunfche harret vem 
Angenbli Ihrer Ankunft entgegen 


Ew. Wohlgeboren 
ganz gehorjamfter Diener 
Bed. " 


Beck's zuverfichtliche Sprache ließ, beſonders da er Per⸗ 
fonen und Berhältniffe in Leipzig genau zu fennen fchien, 
ven beiten Erfolg all viefer Bemühungen hoffen. Goethe 
muß fi) dadurch haben beruhigen laffen, denn er dachte 
nunmehr ernftlih an feine endliche Abreiſe. Er ver- 
brannte — mas er fpäter bedauerte gethan zu haben — 
alle an ihn feit 1772 gejendeten Briefe, empfing noch 
den Beſuch Schillers, wobei Manches über den Wal- 
lenſtein geſprochen, feftgeftellt wurde, und reifte dann 
am 30. Juli ab und nad Frankfurt, der Sorge bes 
Hoftammerraths Kirms die Gefchäfte des Hofthenters, 
und befonvers den glüdlichen Abjchluß der ſchwebenden 





126 , Euphroſyne. 


Unterhandlung mit den beiden Kochs allein überlaſſend. 
Letzteres Geſchäft zu gutem, und vor allen Dingen zu 
rafhem Ende zu bringen, follte aber durchaus nicht fe 
leicht werben, als beide Herren und auch ihr Vermittler 
Bed gedacht. | 

Die beiden jungen Mädchen, die fich dem Weimarer 
Agenten und deſſen Frau gegenüber allein, im vertrau- 
lichen Geſpräch, fehr mißvergnügt, unzufrieden mit ihrem 
Bormund, ihrer Stellung, auch bereit gezeigt hatten, nad) 
Weimar zu gehen, wußten fi nunmehr, nad Empfang 
des wichtigen Briefes; nicht recht zu helfen. Unerfahren, 
auch wohl eingefhüchtert wie fie waren, ohne mweitern 
perfönlihen Beiſtand, mußten fie fi ihrem Vormund 
allein und unbedingt anvertrauen, und biefer fcheint 
durchaus nicht vergeſſen zu haben, daß ihm in Weimar 
etwas, nach feiner Anficht, Unbilliges wiverfahren. Er 
muß fih von Goethe gefräntt, verlegt gefühlt haben, 
benn feine ganze Handlungsweiſe, bis zum Schluß der 
Angelegenheit, deutet darauf hin, daß er, troß ber aller: 
bringendften Bitten des Weimarer Theater-Vorftandes, 
bie Mädchen nicht fort, nicht nach Weimar laffen will, 
obſchon die Perfonal-Verhältniffe der Seconda’fchen Ge⸗ 
ſellſchaft ſolches recht gut erlaubt hätten. 

Nachdem die beiden Mäpchen ihrem Vormund bas 
Schreiben Kirms' mitgetheilt, ihn konfultirt hatten, was 
fie in der Sache num ferner thun follten, thun dürften, 
veranlafte fie Opitz — woahrfcheinlic unter feiner 


— —— 


Gupbrofyne. | 127 


Diktation und ficher nicht im Einflange mit ihrem eigenen 
Denken und Wünfchen —, den nun folgenden Brief zu 
Ihreiben, der dann an Bed nach Lauchſtädt geſendet 
wurde, wo ihn Kirms, den Geſchaͤfte des Theaters 
dorthin geführt, perfönlich in Empfang nahm. 


Diefe Antwort, auf die man in Weimar fo fchöne 
Hoffnungen gebaut hatte, lautete: 


„Leipzig, den 26ten July 1797. 


Hoch Evelgeborner Herr ! 

Dero geehrtes Schreiben haben wir richtig erhalten, 
und danken Ew. Hoch Evelgeboren ganz ergebenft für 
Ihre wohlwollende Gefinnungen, die Sie aus Freundſchaft 
für unfere verftorbene Mutter jo gütig und theilnehmend 
gegen uns darin äußern. 

Gerührt von dem freundfchaftlihen Antheil den Sie 
an unferm Schickſal nehmen, würden wir gewiß feinen 
Augenblid anftehen, von Ihrem gütigen Anerbieten Ge— 
brauch zu machen, wenn irgend eine Nothwendigfeit uns 
veranlaßte, mit unferer gegenwärtigen Page unzufrieden 
zu ſeyn. Im Gegentheil ſchätzen wir uns glücklich, bey 
einem Theater wie das hieſige zu ſeyn, wo dereinſt die 
glänzendſten Ausſichten unſerer harren. Ueberdies ſtehen 
wir mit dem hieſigen Theater in Kontrakt und können 
ohne unſern Vormund, den Herrn Opitz, nichts unter⸗ 
nehmen, indem unſer Wille dem ſeinigen ganz einge⸗ 
ſchränkt unterworfen iſt, überzeugt, daß er ſtets unſer 


128 Euphroſyne. 


Glück und unſer Beſtes zu befördern ſuchen wird. Wir 
bitten alſo, ſich an unſern Vormund ſelbſt zu wenden; 
was er zu unſerm Beſten beſchließen wird, dem werden 
wir uns mit dem bexeitwilligſten Vergnügen gern unter⸗ 
werfen. 

Nochmals danken wir Ew. Hoch Edelgebohren ganz 
ergebenft für Ihre Theilnahme und freundſchaftliche Ge- 
finnungen gegen und. Wir bitten verfichert zu ſeyn, daß 
wir felbege mit innigfter Erkenntlichkeit zu ſchätzen willen, 
und ihrer ftet8 eingedenk, mit wahrer Hochachtung und 
Ergebenheit die Ehre haben zu verharren 

Em. Hocevelgeboren 
ganz ergebene 
Sophie Kod. 
-Mariannefod.“ 


Der fi irgend wie durch Weimar gefränft fühlenve 
Schaufpieler hatte Revanche genommen. Durdy feine 
Mündel hatte er Goethe und Kirms jagen bürfen, daß 
die beiden Anfängerinnen das Theater, dem er, Opiß, 
vorftand, eben fo hoch, wohl gar noch für beſſer hielten 
als felbft das, welches Goethe leitete, was dem Kurſäch⸗ 
ſiſchen Hof-Schaufpieler wohl feine Heine Befriedigung 
gewährt haben dürfte. 

Ich möchte gerne — für die Ehre des fonft fe 
wadern Schaufpielers und braven Mannes — glauben, 
daß der Stolz feines Standes, der ihn befeelte, das 


Euphroſyne. 129 


Bewußtſein ſeines beſſern Könnens und Wiſſens, ihm 
dieſe Sprache, Goethe gegenüber, in den Mund gelegt. 
Doch das ſpätere Verhalten von Opitz in dieſer⸗Angele⸗ 
genheit — obſchon er immer würdig, in den Schranken 
bleibt, ſogar eine Gelegenheit großmüthig vorübergehen 
lit, das Weimarer Hoftheater ſchwer zu kompromittiren 
— läßt mich auf dieſe, für den Schauſpielerſtand im All⸗ 
gemeinen jo wohlthuende Anſicht verzichten, und die frü- 
ber ausgeſprochene als einzig wahre und richtige in den 
Vordergrund ftellen, nämlich daß Opis, gegen Goethe 
und Weimar eingenommen, von folhen Nebengevanfen 
geleitet, alſo handelte. 

Er wollte Weimar nun einmal nicht den Willen thun. 
Deshalb hatte er auch, um ganz ſicher zu gehen, durch 
obigen Brief die Unterhandlungen aus den Händen der 
beiden Mädchen und in bie ſeinigen genommen, wodurch 
er die Sache vollſtändig nach ſeinem Willen zu Ende füh- 
ten konnte. 

Kirms, durch den diktirten Brief an Opig gewiefen, 
jandte demfelben denn auch von Lauchſtädt aus fofort 
folgendes Schreiben, begleitet von dem Briefe ber 
Mädchen. 


Pasque, Goethe's Theaterleitung. I. 9 





130 Euphroſyne. 


„Lauchſtädt den 3. Auguſt 1797 *). 
An Herrn Opitz, | 
Regifleur des Drespner Hoftheaters in Leipzig. 
Durch Gefälligfeit. 

Aus der Beylage mein ſchätzbarer Freund, werben 
Sie erfehen, daß die Dem. Koch, an bie ich gefchrieben 
habe, mich an Sie gewiefen haben. Ich bitte, damit ich 
alle Details vermeibe, laßen Sie ſich meinen Brief zeigen. 
Wenn Site diefe Trauenzimmer, ohne daß es Ihr Theater 
derangirte, an das hiefige ablaffen fünnten und wollten, 
fo würden Sie mih perſönlich Ihnen jehr verbinden, 
da ich die Geſchäfte beim Theater alleweile allein über 
mir habe, indem der Hr. geheime Rath von Goethe nad) 
Vranffurt gereißt ift, von da weiter in bie Schweiz und 
vielleicht nach Italien gehen wird. Schlagen Sie mir 
daher dieſe Gefälligfeit nicht ab, wenn Ste können. Sie 
fönnen bei andern ©elegenheiten audy wieder auf mid 
rechnen dergeftalt, daß wenn Sie die Demoiselles Koch 
bereinft wieberverlangen, ich dazu die Hände biethen 
werde. Bis heute über acht Tage bin ic) hier in Lauch⸗ 
ſtädt und wünfche daß Sie mid) mit einer Antwort beeh- 





*) Daß Kirms den Brief der beiden Koh, den er in 
Lauchftädt empfangen, am 3ten Auguft von demjelben Orte 
aus beantwortete, dürfte Beweis fein, daß Goethe (vor ber 
Hand) feine Kenntniß von dem etwas verletenden Schreiben 
erhalten hatte, fonbern, wie früher angedeutet, das Befte bof: 
fend abgereift war. 





Euphrofyne. 131 


ren, damit ich auf eine oder andere Art Anftalten treffen 
fann. Ich habe die Ehre mit vollkommendſter Hochach⸗ 
‚tung zu ſeyn 

Dero x.“ 


Opitz, mit ſich vollftändig im Klaren, was er zu thun 
und zu laffen habe, antwortete, den Brief feiner beiden 
Mündel zugleich zurückſendend, fofort: 

„Leipzig, den 7ten Auguft 1797. 

„Auf Ew. Hoch Evelgeboren erhaltenes Schreiben, 
habe ich Hiermit die Ehre zu erwiedern und zugleich zu 
verfihern, daß ich meinerfeitS herzlich gerne bereit bin, 
mich Ihren, fo weit es meine Kräfte erlauben, jeberzeit 
gefällig zu bezeigen. Im dem angefuchten Fall aber muß 
ih bedauern, Ihrem Wunſch und Ihrer Bitte vor ber 
Hand nicht ſogleich unmittelbar erfüllen zu können, indem 
meine beyden Mündel die Demoifelles Koch, bey unferm 
Theater in Kontrakt ftehen, deßen Berpflihtung noch drey 
viertel Fahre dauert, und deßen Aufhebung ic) ſowol ale 
Bormund, wie aud) als Regißeur, vor Ablauf der 
beftimmten Zeit, nicht wohl genehmigen kann, weil da= 
durch ein nachahmendes Benfpiel für die übrigen Mit- 
glieder unferes Theaters erwachfen Könnte. 

Nach geendigtem Kontralt aber, und nachdem id) 
gerichtlich vor dem Churfürftlihen Amte in Dresven, auf 
meine übernommene Verbinplichkeiten als Bormund frey- 
willig refignirt haben werde; vorausgeſetzt daß alddann 

g* 


132 Euphrofyne. 


die Rollenfächer meiner Mündel durch andere brauchbare 
Subjefte wieder befett werden können, will ih Ihrem 
Theater die beyden Demoiſelles Koch, menigftens bie 
ältefte, an deren Aguifition Ihnen befonders viel gelegen 
zu ſeyn fcheint, mit bereitwilligem Vergnügen vor allen 
andern Theatern vorzugsweife abtreten. Oder follten 
die Unterhandlungen in denen ich bereit8 mit zwei jun- 
gen ctricen ftehe, noch vor Endigung des Stontrafts 
meiner Mündel zu Stande fommen, alsdann will id in 
Rückſicht Ihrer gern eine Ausnahme von der Regel 
machen, und um mid; Ew. Hoch Edelgeboren gefällig zu 
beweifen, Ihnen die ältefte Demoifelle Koch früher über- 
laflen. 
In diefer Vorausſetzung habe ich die Ehre mit aus- 
gezeichneter Hochachtung mich zu nennen 
Ew. Hoch Epvelgeboren 
ganz ergebenſter 
Opitz.“ 


Es waren Ausflüchte; Hoffnungen, mit der einen 
Hand geſpendet, mit der andern wieder zurüdgenonmmen, 
die der hart bevrängte Hoffammerrath empfing. Madame 
Beder, die am 31. Juli noch die Marie in „Liebhaber 
und Nebenbuhler“ von Ziegler gefpielt (überhaupt ihr 
letstes Auftreten, ihre legte Rolle) , war beveutend frän- 
fer geworden, woburd) Repertoir und Direltion in 
größte Verlegenheit geriethen. Deshalb erneuertes Bit: 


Eupbrofyne. 133 


ten, erneuerter Sturm auf den fo harten Bormund. 
Der folgende Brief wurde fogar durch eine eigens dazu 
beauftragte Perſon nach Leipzig und an Opitz übermadt, 
welche lettere noch den weitern Auftrag hatte, die Ant- 
wort, die hoffentlich zuftimmend ausfallen würde, fo- 
gfeich wieder nad) Yauchftädt zu bringen. 


Der in mehr ald einer Berlegenheit ſich befindenve 
Mitvireftor Kirms fchrieb: 


„Lauchſtädt, den Iten Auguft 1797. 

Nach einer Reife die ich in herrfchaftlichen Angele- 
genheiten *) von Lauchſtädt aus nad) Deßau und Magpe- 
burg feit vergangenem Freytag gemacht habe, und von 
der ich eben zurückkehre, erfahre ich die traurige Nadjricht, 
daß am Freytag, Sonnabend und Sonntag unfere Ma⸗ 
dame Beder anhaltende Blutftürze gehabt hat, und wahr: 
fheinlich nicht lange leben kann. Sie fehen Tiebfter 
Freund, daß meine Beforgnige wegen berfelben nicht 
ungegründet waren. Ich befinde mich daher in nicht 
geringer Berlegenheit, aus welcher mich niemand al8 Sie 
retten fan. Ich banfe für Ihre gütige Zufchrift — 
dem Denfmahl Ihrer Freundfehaft — herzlich. An Ihre 
Mündel fchreibe ich nun nicht wieder, fondern ich wende 
mid) noch einmal an Sie, weil ih weiß, daß wenn Sie 
wollen, Sie auch fo vielen Einfluß und fo vieles Ge- 


— — 





*) Sicher auch in theatergeſchäftlichen. 


134 Euphroſyne. 


wicht haben, alle die Hinderniſſe die bey dieſer Sache in 
den Weg treten möchten, zu bekämpfen. Bedenken Sie, 
da Madame Becker jo gut als verlohren iſt, und Ma- 
dame Vohs künftigen Monat niederzukommen gedenkt, fo 
kann unſer Theater in Kürze gar feine Schaufpiele auf- 
führen. Sie haben bey Ihrem Theater die fürtrefliche 
Madame Hartwig und neben diefer noch einige bebeu- 
tende Actricen, jo daß Sie die ältere Demoifelle Koch bis 
Michaelis wenigftens dem hiefigen Theater ablafien könn⸗ 
ten, bi8 dahin ich auf irgend eine Art andere Vorfehrun- 
gen treffen würde. Sie unternehmen unterbefjen mas 
Ihnen Ihr gutes Herz eingiebt, und bewürken, daß De- 
moijelle Kod) gänzlich ihres Contraftes entlaffen werde, 
oder daß fie zu Michaelis zurückkehre. Im erften Fall 
fann die zweite Dem. Koch, wenn Sie e8 verlangen ihren 
Contraft bis Oftern aushalten. Sie werden bey Ihrem 
ſtark bejegten Theater nicht leicht in unfere Verlegenhei- 
ten kommen; wäre e8 aber, jo zählen Sie, wenn e8 nur 
irgend in meinem Vermögen ift, auf meine Dankbarkeit 
und Bereitwilligfeit Ihnen zu dienen. Da Dem. Jage- 
mann zur Ergänzung der mangelnden Vorftellungen in 
voriger Woche zwey Vorſtellungen, ingleichen heute und 
morgen, noch zwey dergleichen übernommen, und nun 
mit mir fünftigen Freytag frühe nad Weimar zurückkeh⸗ 
ven wird; fo verbinden Sie mid Ihnen außerordentlich 
wenn Sie mir durch Ueberbringer diefes eine Antwort 
zukommen laffen wollen. 








Euphroſyne. 135 


Ich bin mit immer gleicher Hochachtung 
Ihr ꝛc.“ 


Der hart bedrängte Kirms hatte diesmal alle Diplo- 
matie aus dem Spiele und bei Seite gelaffen; offen, 
wohl etwas zu offen, hatte er feinem Gegner feine Lage, 
feine Berhältniffe mitgetheit. Wäre Opit nur etwas 
unbefangener , freundlicher für das Weimarer Hoftheater 
geftimmt gewejen, fo bätte er bier nachgeben, helfen 
müſſen. Doch er that es nicht; feine Antwort auf den 
Iamentabeln Brief des Mitdirektors Kirms war kalt, 
ausweichend und fürmlich wie der frühere, zugleich dies⸗ 
mal fo beitimmt ablehnend, daß an eine weitere Unter- 
handlung — vor der Hand — nicht wohl mehr gedacht 
werden fonnte. 


Sogleid, nad Empfang des Schreibens antwor- 
tete er: 


„Leipzig, den 10. Auguft 1797. 


Ew. Hoch Edelgeboren gegenwärtige Berlegenheit, 
worin Sie durch die Krankheit ver Madame Becker plötz⸗ 
lich verjegt worden find, herzlich bedauernd, wünfchte ich 
nichts ſehnlicher, als Ihnen Beweife geben zu künnen 
wie gern ich meinerſeits bereit bin, Sie in Ihrer unan⸗ 
genehmen Lage, durch unmittelbare Gewährung Ihres 
geäußerten Wunfches ſogleich zu unterftügen. Um jo 
mehr thut es mir leid, daß Umftände und die Yage der 


136 Euphroſyne. 


Sache ſelbſt, mich in der Ausführung meines beſten 
Willens aus folgenden Gründen hemmen. 

Zuvörderſt: iſt der Entrepreneur unſers Theaters, 
Herr Seconda, mit dem ich im Namen meiner Mündel 
contrahirt habe, ſeit einem Monat in Geſchäften auf Rei⸗ 
fen, ohne deflen Zuziehung und Genehmigung, ic) nie- 
manden, am wenigften in feiner Abwefenheit, von feinen 
Berbindlichfeiten dispenfiren fann. Zwehtens, würde ber 
ſchleunige Abgang ver Demoiſelle Koch, die in vielen neuern 
Stüden einſtudirt ift, mich, befonders in der bevorftehen- 
den Michaeli- Mefie fehr derangiren, da ich in der Ge⸗ 
ihwindigfeit fein anderes Subjelt weiß, wodurch bie 
daraus entftehenve Lücke fogleidh wieder ergänzt werden 
fünnte. Drittens: darf ich, vermöge meiner Inftruction, 
nicht die allergeringfjte Veränderung bey unferer Bühne 
fich ereignen, gefchweige gar jemanden abgehen laſſen, 
ohne zuvor an Seine Ercellenz den Herrn Grafen von 
Bose in Dresden, Director des Churfürftlichen Hofthea- 
ters, Bericht davon abgeftattet zu haben. 

Und endlih, wenn ich mid auch würflidy aller mei- 
ner, mir als Regisseur obliegenden Berbindlichfeiten zur 
Beförderung Ihres Wunfches, entledigt und begeben hätte, 
fo fann ic, als Vormund nicht eher meine Einwilligung 
zu diefer Veränderung geben, als bis ich von dem Chur⸗ 
fürftlihen Amte und der Vormundſchaftsſtube in Dres- 
den von meinen angelobten Pflichten wieder freu geſpro⸗ 
chen worden, und zuvor die Urfachen angegeben habe, 





Euphroſyne. 1437 


warum ich meine Vormundſchaft niederlege, und weshalb 
Demoiſelle Koch unſer Theater verlaſſen will, eine Vor⸗ 
ſicht, die meinerſeits um ſo nöthiger iſt, weil unſer Hof 
ſich für die beyden Demoiſelles Koch, in Rückſicht ihrer 
verſtorbenen Mutter, vorzüglich intereßirt. 

Dieſe angeführten Gründe werden hoffentlich mich 
hinlänglich entſchuldigen, warum ich Ihren Wunſch vor 
der Hand fo gern ich auch wollte, dennoch unmöglich er— 
füllen kann. Selbft Herr Krüger, Onkel der beyden 
Demoifelles Koch, wurde vor einiger Zeit in einer ähn— 
Iihen Angelegenheit, gänzlich abgewiefen. ft aber mei- 
ner Mündel Contraft zu Ende, und ich fann alsdann 
mid Em. Hoch Evelgeboren gefällig bezeigen, fo will ich 
gerne der Gewährung Ihres gegenwärtigen Wunfches 
vor andern Theatern den Vorzug geben. 

Der ich übrigens mit inniger Hochachtung die Ehre 
habe unverändert mid) zu nennen 

Ew. Hoch Edelgeboren 
ganz ergebenſter 
Opitz.“ 


Nach dieſem Schreiben waren’ feine weitern Unter- 
handlungen mehr möglich und Kirms betrachtete die 
Angelegenheit, ſicher mit ſchwerem Herzen, als voll- 
ſtändig gefcheitert und abgethan, andere Verbindungen 
anknüpfend, bie aber leider für die Direktion auch 
fein befieres Refultat haben follten. Man mußte fid 


138: Euphroſyne. 


behelfen. Fräul. Jagemann ſpielte mehrere Rollen der 
Kranken, eine Mad. Schlanzowsky traf ein und 
fpielte am 16. Auguft — wahrſcheinlich Die leßte Dies- 
jährige Borftellung in Lauchſtädt — die Sophie in ber 
Ausſteuer. Auch erwartete man ven befannten Baffiften 
Hunnius, der mit feiner jungen Frau etwa im vor: 
hergehenden Juli engagirt worden war. Beide kamen 
von Salzburg, waren vorzugsweife für die Oper, das 
Singfpiel engagirt, doch hoffte man, daß die junge Frau 
zur Noth aud einige Rollen der Becker würde fpielen 
fönnen. Dieje war immer fränfer, ihr Zuftand fchlim- 
mer geworden, fo daß fie am 18. Auguſt faum noch, 
und zwar im bequemften Reifewagen des Herzogs, nad 
Weimar gebracht werben konnte. 


Die Lauchſtädter Kampagne war überhaupt zu Ende, 
die Mitglieder des Hoftheaters nach Weimar zuritdgefehrt 
und die durch Die Krankheit der Beder entftandene Stö- 
rung des Repertoirs die Urſache, dag in ven Vorftellun- 
gen eine Kleine Unterbrechung entitand und das Theater 
in Weimar noch) nicht fogleid) wieder eröffnet wurde. 


Zwei Umftände bejchleunigten den Tod der Beder: 
am 24. Auguft ftarb ihre zweite Tochter und am 31. 
deſſelben Monats verjegte fie ein großer Scheunenbranr, 
der der ganzen Stadt äußerſt gefährlich zu werben drohte, 
in tödtlihen Schreden. Etwa drei Wochen darauf, am 
22. September, ſchied fie „aus dieſem Leben, ein Bild 








Euphroſyne. 139 


der Geduld, der Milde und Güte, mit der vollſten Erge— 
bung in den Willen des Allmächtigen“*). 

Weimar, das deutſche Theater verloren in ihr ein 
großes, jeltenes Talent, eine würdige Priefterin der Kunft, 
die fpäter ficher al8 Stern erjter Größe am theatralifchen 
Horizont geglänzt haben würde, Weimar aber noch zu- 
gleich ein kaum zu erjegendes Mitglied, und lange Jahre 
noch follte e8 nach einem würdigen Erfat fuchen, ohne 
ihn zu finden **). — Allgemein ſprach fi die Trauer 





*) Musculus. 


») Die Hauptrollen der Beder (nach den Zetteln und der 
Zulammenftelung Musculus’) waren: 


1. Im Luſtſpiel: 

Die Nichte — „der Groß: Eophta”; Norradine — 
„die glücklichen Bettler” von Gozzi; Marie — „Liebhaber 
und Nebenbubler” von Ziegler; Henriette von Sad: 
jen — „bie Entführung” von Jünger; Sophie — „die 
Phyfiognomiſten“ von Bregner; Juliane von Kronberg 
— „bie Zwillingsbrüder" von Schröder; Minna von 
Barnhelm; Florida — „der Krieg" von Golboni; 
Therefe — „Stille Waffer find tief“ von Schröber; Bic- 
torine — „Bictorine” von Schröder; Iſabelle — „bie 
Quälgeiſter“; Eupbrofyne— „das Petermännden”, tragi- 
komiſches Märchen. 


2. 3m Schau: und Trauerjpiel: 


Marianne — „die Gefchwifter”; Luife Ruhberg 
„das Berbrehen aus Ehrſucht“; Afanafia — „Graf Ben: 
jowsty“; Eliſe von®alberg; Emilia Galotti; Cora — 


140 Euphrofyne. 


über den VBerluft aus. Am 26. September wurde fie 
beerbigt „und nicht nur aus Weimar und der nädhften 
Umgegend, fondern aud) aus Jena ftrömten viele Men—⸗ 
ichen herbei, um dieſem Liebling der Grazien an feiner 
Ruheſtätte die letzte Ehre zu erweifen. Das fingende 
Perſonal des Theaters führte der Feierlichkeit angemeſſene 
Sefänge aus, und der Diafonus Zunfel hielt eine Trauer- 
rede, worin er befonvers ihr fchönes fittliches Verhalten, 
ihre anſpruchsloſe Beſcheidenheit und ihre in den Theater: 
Verhältniſſen fo ſchwer auszuübende Liebe zur Eintradt 
mit Mitftrebenden hervorhob. “ 


Am 29. September fand, nachdem die Vorftellungen 
wieder begonnen, die befannte Todtenfeier auf der Scene 
ftatt. Musculus fagt darüber: „Die Bühne ftellte eine 
Sanfte Mondſcheingegend dar, in deren Mitte eine Urne 


„die Sonnenjungfrauen”; Amalie — „die Räuber”; Roja: 
munde von Corfu — „Abällino”; Sophie — „die Advo— 
faten”; Lottchen — „Die Verſöhnung“; Prinzeſſin Eboli: 
Sophie — „die Ausftener”; Lottchen — „ber deutſche 
Hausvater“; Blanca — „Julius von Tarent“; Clärden 
— „Egmont“; Ophelia — „Hamlet“. 


3. Rnabenrollen: 

Schlorum — „die Schaufpielerichule” won Beil; Ja: 
cob — „die Reife nach der Stadt” von Iffland; Junker 
Fritz — „das Mutterföhndhen” ; Heinrich — „Scheinver: 
bienft” von Iffland; Jacob — „Alte und neue Zeit“ von 
Iffland; Arthur — „König Iobann.” 





Euphroſyne. 141 


ſich befand. Zwei Kinder ſtanden mit Kränzen an der⸗ 
ſelben und zu beiden Seiten das ganze Theaterperſonal 
mit Blumen. Das Chor ſang: „Die Roſe fiel in ihrer 
Blüthe“ 2c.; dann hielt der Schauſpieler Vohs eine 
von Bulpius verfaßte Rede in Verſen (der Theater⸗ 
Kalender von 1798 theilt fie mit), nad) Deren erften Hälfte, 
während einer Paufe, die Urne befränzt wurde, indem 
die Mitglieder langjam von beiden Seiten herumgehend 
ihre Blumen am Fußgeſtell der Urne ftreueten. Hierauf 
folgte der andere Theil der Rede, und fehloß mit dem 
Chergefang: „Heil dir Verklärte 2." 

Folgenden Nachruf nod widmet ihr der Schreiber 
obiger Zeilen: „Unvergeßlich blieb fie Allen, die fie 
gehört und gejehen hatten. Bei zierlich ſchlankem Wuchs 
und reizend einnehmender Gefichtsbildung — daher fie 
öfters Künftlern zum Vorbilde diente, und jogar vom 
Parterre aus mehrmals gezeichnet wurde — beſaß fie 
auch noch ein wortrefflihes Organ, fähig, Alles auszu- 
drüden, jo daß man fie ſchon gerne hörte, wenn fie nur 
ſprach. Zu diefem Allen ſchmückte fie ein mannichfaltig 
gebilveter Geift, und fo wird es begreiflich, wie fie in ber 
wirflihen, wie in der Theaterwelt, alle Herzen zu gewin- 
nen vermochte. " 

In der erften Hälfte des Oftobers erhielt Goethe die 
Nachricht von dem Tode der Beder, und zwar in der 
Schweiz, in der Nähe von Zürih. Er winmete dem 
Andenken ver geſchiedenen Künftlerin , feiner Lieblinge: 


142 Eupbrofyne. 


ſchülerin, eines feiner herrlichften Gedichte, die berühmte 
Elegie: „Euphbrofyne *, aljo benannt, weil Goethe 
die Entfchlafene zuletzt als Euphrofyne in dem tragifomi- 
ſchen Märchen „das Petermännchen“ gefehen. 

In feinen „Zages= und Sahresheften * fagt er dar⸗ 
über: „Zum britten Male befuchte ich die Heinen Kan— 
tone, und weil die epifhe Form bei mir gerade das 
Mebergewicht hatte, erfann ich einen Tell unmittelbar in 
der Gegenwart der claffifchen Dertlichkeit. ine ſolche 
Ableitung und Zerftrenung war nöthig, da mid, die trau- 
rigfte Nachricht mitten in den Gebirgen erreichte. Chri- 
ftiane Neumann, verehelichte Beder, war von uns 
geſchieden; ich widmete ihr die Elegie Euphroſyne. Lieb- 
reihes, ehrenvolles Andenken iſt Alles, was wir den 
Todten zu geben vermögen." — 

Bon verfchiedenen Seiten fuhte man ihn über bie 
Rage des Theaters nach dem Tode der Beder zu berubi- 
gen. Im einer und aufbewahrt gebliebenen Antwort auf 
einen folchen Brief Böttigers, datirt Zürich, den 25. 
Dftober 1797, fchreibt er: „— Das gute Zeugniß, das 
Sie unferm Theater geben, hat mid, fehr beruhigt, denn 
ih Täugne nit, daß der Tod der Beder mir fehr 
ſchmerzlich geweſen. Sie war mir in mehr als einem 
Sinne lied. Wenn fih mandmal in mir die abgeftor- 
bene Luft, für's Theater zu arbeiten, wieder regte, fo 
hatte ich fie gewiß vor Augen und meine Mädchen und 
rauen bildeten fih nah ihr und ihren Eigenfchaften. 








Euphroſyne. 143 


Es kann größere Talente geben, aber für mid) fein an- 
muthigeres. Die Nadricht von ihrem Tode hatte ich 
lange erwartet; fie überrafchte mic in den formlofen 
Gebirgen. Liebende haben Thränen und Dichter Rhyth⸗ 
men zur Ehre der Todten; ich wünfchte, daß mir etwas 
zu ihrem Andenken gelungen feyn möchte. * 


Menden wir uns nunmehr wieder den Direftiond- 
Angelegenheiten, Sorgen und Mühen zu, veranlaßt, 
hervorgerufen durch das Scheiben der VBeder aus dem 
Verbande der Mitglieder des Hoftheaters. 

Mad. Schlanzowsky hatte in Weimar am 24. 
September als Ophelia in „Hamlet“ — eine Glanzrolle 
ver verftorbenen Becker — debütirt und durch ihr hüb- 
ſches Aeußere, ihr ſchönes Organ fo ziemlich gefallen. 
Am Tage darauf vebütirte Mad. Hunnius, doch vor- 
erft nur in ihrem Fach in der Oper: als Königin in 
„Lilla“, zeigte fi) aber weder fir die Oper, noch in 
ver Folge für das Schaufpiel als bebeutender Ge- 
winn. Auch verfuchte man einer Frl. Goetz, einer An- 
fängerin (1804 als Mad. Zülich geftorben), einige 
größere Rollen zu übertragen, doch aud) wahrfcheinlich 
ohne gehofften Erfolg, Am erften Oftober bebütirte 
auch eine Demf. Tilly (wahrfcheinlih eine Verwandte 
tes befannten Prinzipals gleichen Namens) als Klara 


144 Euphroſyne. 


von Hoheneichen. Doch auch ſie vermochte auf die Dauer 
nicht zu gefallen. Für das Repertoir am thätigſten, nütz⸗ 
lichſten waren die Erftgenennte, dann Dem. Jagemann, 
bie einige der jugendlihemunteren Rollen der Gefchiebe- 
nen übernahm, wie auch Mad. Bohs*. Doch eine 


) Einen bierauf bezüglichen Brief von Bobs will ich bier 
noch mittbeilen. Er fchreibt an Kirmes: 


„Weimar, den 4. November 1797. 


Em. Wohlgeb. danke ich verbindlichft für Die Gewährung 
meiner Bitte; meine Frau wird auch nicht den mindeften An: 
ftand nehmen Ihren Vorſchlag zu genehmigen ; allein, bey einer 
Wöchnerin kann man oft beim beften Anfchein mit Gewißbeit 
nichts beftimmen. Ließen Sie fih8 daher wohl gefallen mei: 
nen weitern Vorſchlag zu hören ? 

Laßen Sie meine Frau zuerft in einer Heinern Rolle und 
wo möglich in einer gefpielten, wieber auftreten, weil Sie in 
biefem Falle mit mehrerer Gewißheit auf fie rechnen Lönnen. 
Die Rolle des Mädchens von Marienburg fönnen Sie ihr indeß 
immer. zufommen laffen; fie joll fie lernen und find ihre Kräfte 
bis dahin der Rolle angemeßen, fo fol fie diejelbe auch fpielen. 
Auf die Art wird doch die Direction nicht abusirt und das Un: 
angenehme, was für beide Theile Daraus entfpringt wird wer: 
mieden. 

Soliten Sie aber meine Frau lieber in einer neuen Rolle 
zuerſt jpielen laßen, fo findet ſich unter den Rollen der jeligen 
Mad. Beder noch die Wilhelmine in Allzufharf macht ſchar— 
tig, bie fi ganz für meine Frau ſchickt und nicht ſchwer ift: 
dieje fann und wird fie leichter einftudiren und das Stück 
würde auch dadurch fomplettirt. Diefes wäre fo mein unmaß⸗ 


Euphroſyne. 145 


dücke blieb noch immer, wurde ſogar immer fühlbarer und 
Kirms mußte abermals auf Ausfüllung derfelben finnen. 
Nachdem er feine prüfenden Kenneraugen abermals hatte 
Rundſchau halten laſſen unter den jungen und hübfchen 
Töchtern der deutſchen Thalia, blieben fie endlich wieder 
auf dem Gegenſtande feiner erften Zuneigung, den bei- 
ten Demoifelles Koch, haften, und neue Berfuche zu ihrer 
Gewinnung wurden gemacht; doch diesmal auf andern 
Degen, mit andern Mitteln und Waffen. 

Das aber war alfo gefomnten. 

Ein äußerſt thätiger und vielfeitiger Vermittler bei 
allerlei Gefchäften und Angelegenheiten des Hofes, wie 
auch des Theaters, der Hof-Jude, ſpäter, Hof-Faktor“ 
genannte Jacob Elkan, deſſen Goethe ſchon 1782 in 


geblicher Vorſchlag, der jedoch dem Ihrigen mit dem Mädchen 
von Marienburg weichen ſoll, wenn Sie es wünſchen. 

Auch nehme ich mir die Freiheit einige Rollen wovon 
geſtern die Rede war und mir nicht einfielen Ihnen ins Gedädht: 
niß, mit der Bitte: dabei auf meine Frau Ridficht zu nehmen, 
zurufen. Als: Ausfteuer, Abällino, Liebhaber und Neben: 
buhler, Quälgeiſter 2c. ꝛc. 

Auf alles diefes erwarte ich gehoriamft Em. Wohlgeb. 
gütige Entſcheidung, fowie Die Rolle des Mädchens von Ma: 
rienburg und bin mit der ſchuldigſten Hochachtung 

Ew. Wohlgeboren 
ganz gehorjamifter Diener 


Vohs.“ 
Pasqué, Gocthe's Theaterleitung. J. 10 





146 Euphroſyne. 


ſeinem herrlichen Gedichte aaff Miedings Top, be 
Schilderung des fürſtlichen Tiebhabertheaters, erwähnt — 


„Der thät’ge Jude läuft mit manchem Reft, 
Und diefe Gährung deutet auf ein Feſt.“ — 


Diefer nun hatte die Michaelis-Mefie in. Teipzig und zu: 
gleich auch die beiden Demoif. Koch beſucht. Daß er zu 
legterm von Kirms aufgefordert worden war, kann nicht 
in Abrede geftellt werden, wohl aber, daß er bei folder 
Vermittlung in feinem Eifer für die Sache über feine 
Vollmacht und Aufträge binausgegangen. Indeſſen 
jteuerte er fedlih auf das Ziel los. Nachdem er fi 
überzeugt, daß die beiden Mädchen wirklich zurüd: 
gejet, zum Bortheil der Madam Hartwig zurüd- 
gejetst wurden, deshalb im Herzen nur unzufrieden mit 
ihrer Stellung fein fonnten, machte er, ihre Lage 
wohl mit niht allzu glänzenden Yarben fchilvernt, 
ihnen die beftimmteften Vorſchläge und Anträge, daß, 
wenn fie zum Weimarer Hoftheater übergehen wür⸗ 
den, der Herr Hoflammerrath Kirms alſogleich bereit 
wäre, die Stelle eines Vormunds bet ihnen zu überneb- 
men. Derfelbe würde auch fiher ganz anders für fie 
jorgen, als der Mann, der bis jet diefe Pflicht zu erfül- 
len gehabt, demnach würde ihre Stellung, in materieller 
wie fünftlerifcher Hinficht, eine viel angenehmere , beflere 
und jchönere werden, als ihre jetige. Werner bot er 
ihnen in feinem Eifer, die Sache zum Abſchluß zu brin- 


Euphroſyne. 147 


gen, 20 Louisd'or als Vorlage an, wenn fie einen Kon⸗ 
traft ſogleich unterzeichnen würden — welch legtern 
Punkt ihm aufgetragen zu haben Kirms aber fpäter ent— 
ſchieden in Abrede ftellt. 

Die Folge dieſer Bemühungen des kecken Hoffaktors 
war ein Brief, den die ältefte Koch in ihrem und im 
Namen ihrer Schwefter nody während der Michaelis- 
Meile, und heimlich, hinter dem Rüden ihres geftrengen 
und gefitcchteten Vormunds Opitz, an Kirms ſchrieb. 


Derſelbe lautete: 


„Wohlgeborner Herr! 
Werthgeſchätzter Herr Hoff-Kammerrath! 
Herr Elkan iſt bei uns geweſen und hat uns geſagt 
Sie wollten ſo gütig ſein die Vormundſchaft über uns 
zu übernehmen und uns bey dem dortigen Theater zu 
engagiren, welches ein ſehr ſchmeichelhaftes Anerbiethen 
für uns iſt. Wir ſchätzen uns glücklich einen fo recht— 
ſchaffenen und angeſehenen Mann, wie der Herr Hoff— 
Kammerrath ſind, Vormund nennen zu dürfen. Ehe ich 
aber weiter ſchreibe, wage ich die erſte und herzlichſte 
Bitte, und da Sie gewiß fo gut find wie wir ung Sie vor- 
tellen, werden Sie fie ung gewiß nicht abſchlagen. Wir 
bitten nehmlich daß Sie die Güte haben werden weder bei 
Herrn Opig, noch bei fonft Jemand von unferer Gefell- 
Ihaft die geringfte Meldung von diefem meinem Brief zu 
tun, ober das wir fchon von allen Diefem etwas wiſſen. 
| 410* 


148 Euphrofyne. 


Sie, ta Sie ein fo einſichtsvoller Dann find, werden 
. meine Gründe, bie ic) Dazu habe, gewiß bewährt finden. 
Man würde uns nehmlich für ſehr undankbare Geſchöpfe 
ausfchreien, da wir doch fo.lange bey dieſer Gefellfchaft 
find und fo manches Gute hier genoßen haben. Und 
Undankbarkeit ift ein großes Lafter, ich wünſchte nicht 
dag man es uns auch nur im geringften zur Yaft legen 
fönnte, auch würbe man uns bei Hoff hier in ein gehäft- 
ges Licht jegen, und wenn wir auch nicht mehr hier ſind, 
möchte ich doch daß die Leute nur Gutes von uns fprä- 
hen. Doch Herr Elfan hat mir in Ihrem Namen fein 
Ehrenwort darauf gegeben Sie würden dieſen Brief glei 
nad) dem Empfang verbrennen, und nie wieder etwas 
davon erwähnen, und fo find wir ruhig und ermarten 
mit der größten Ungeduld den Augenblid wo wir in 
Weimar eintreffen werden, denn das Ehrenwort tee 
Herrn Hoff» Kanımerraths gilt auch jeßt ſchon in unfern 
Augen Alles, obgleich wir noch nicht die Ehre haben Cie 
perfönlih zu kennen. Wegen ver Gage das überlagen 
wir Ihnen gänzlih, denn der VBormund von ein paar 
armen Waifen wird gewiß auf ihr Beſtes bedacht fein: 
das übrige wird Herr Elfan Ihnen mündlich fagen. Mit 
der fehnlichften Ungeduld wartet auf gütige Antwort, 
Dero ergebenfte Dienerin 
Sophie Koch. 

N. S. Ich überlaſſe es Ihnen gänzlich es fo einzu— 

richten daß wir ohne Verdruß hier loskommen.“ 





Euphroſyne. 149 


Kirms wußte nun poſitiv, woran er mit den beiden 
Mädchen war. Dieſer Brief lautete ganz anders als der 
erſte; der Wille war demnach der beſte, nur Opitz, der 
Vormund, ſtand ihm entgegen. Letzterer mußte unſchäd⸗ 
lich gemacht, wenn möglich ſeines Vormundſchaftspoſtens 
enthoben werden. Doch dazu gebrauchte Kirms der Hülfe. 
Er wandte ſich auch direkt und ohne langes Zaudern an 
die beſte Quelle, an den Weimarer Miniſter Voigt, 
den Freund Goethe's, welcher mit Letzterm zur Zeit auch 
in ſtetem brieflichen Verkehr ſtand. Voigt ſcheint ſowohl 
Erkundigungen in Dresden eingezogen, als auch Goethe 
Mittheilung über die Angelegenheit gemacht zu haben, 
denn Letzterer ſchrieb ihm unterm 25. Oktober, von Zü- 
rich aus, in einer Antwort auf Briefe vom 22. Septem- 
ber bis 6. Oktober: „Laſſen Sie ſich unſer Theater 
einigermaßen empfohlen ſeyn.“ Es kann ſich dieſe Stelle 
wohl nur auf die Koch⸗-Opitz'ſche Sache beziehen, zur Zeit 
die wichtigfte Angelegenheit des Hoftheaters, in welche der 
Minifter, ver ſonſt direft nichts mit dem Theater zu thun 
hatte, nunmehr felbft mit hineingezogen worden war. 
Rad eingegangenen Berichten aus Dresden ſchreibt 
Boigt dem Hoflammerrath Kirms: 


„Wl(eimar) den 26. October 1797. 


Nah diefen rückkommenden Briefen iſt das Amt 
Tresden, die Oberpormundfchaft, unter welcher beyde 
Dem. K(och) ftehen. Wenn man alfo der Entfernung 


150 Eupbrofyne. 


. des igigen Vormunds entgegengehen will, müße man bem 
Amt Dresden die Vortheile des hief. engagements unt 
die Zufriedenheit der Dem.K. mittheilen laffen, und bit- 
ten den Vormund zu autorifiren daß er bie auf ihren 
Bortheil gegründete Entfchliegung feines Mündels geneh- 
migen möge. Mean könnte fich offeriren durch hiefige 
Bevormundung weiter für das Beſte der Berfonen forgen 
zu laffen, und Em. Wohlgeboren bieten fi ſolchenfalls 
jelbjt zum Vormund an, ober irgend ein anderer recht⸗ 
ſchaffener Mann. 


Ich bin allenfalls bereit unſern Dresdner Agenten 
zu bitten, daß er den Herrn Amtmann daſelbſt angehe, 
und ihn zur günftigen Förderung der Sache beftimnte. 
Wenn nur nicht ver Contraft mit dem Dresdner Theater 
eingewenbet, und deſſen Aushaltung verlangt wird! Nadı 
Opitzens Angabe würde e8 bis gegen Oftern dauern. 


Ich emphehle mich gehorfamft 
Voigt). J 


Nachdem Kirms die Vermittlung des Weimarer 
Agenten (Kommerzien-Deputations-Aſſeſſor Richter), 
angenommen, ſchrieb er an die beiden Koch, ganz im 
Sinne wie dieſe gewünſcht, ließ ſodann Brief nebſt Kon- 
cept deſſelben durch den Miniſter an ven Herzoglichen 
Agenten Richter abgehen. Die Sendung an Voigt be: 
gleitete er mit folgendem Schreiben: 


Euphroſyne. 151 


(Weimar am 30. October 1797.) 

„Ew. Hochwohlgeboren überjende ich den Brief an 
Demf. Koch den ihnen der Herr Agent ſelbſt eigenhän- 
dig, und denfelben Rath und That geben wird. Dem⸗ 
jelben möchte aber wohl eine Injtruction zu ertheilen 
je: 

1) mit Hrn. Seconda und Opitz zu fpredhen, daß 
die Mädchen mo möglich von ihrem Contrafte entlaſſen 
werden möchten; 

2) das weitere zu beſorgen daß Hr. Opitz die Vor⸗ 
mundſchaft niederlege und das Amt mich dazu conſtituire, 
die Mädchen in ihrem Vorſatz beſtärke und ſie von jenem 
Engagement losmache. | 

Zu feiner Nachricht würde es gut ſeyn, wenn ihm 
meine Correspondenz mit zugefhidt würde, bamit er 
Opitzens Winkelhölzer daraus erfahren könne, der dieſe 
Mädchen nicht gerne wegläßt, weil dieſe in Anjehung des 
Rollen-Geites der Madam Hartwig fi mehr gefallen laf- 
ſen müßen, was andere ſich nicht gefallen laſſen werden. 
Auch müßte er an Hof, wo man etwa fie gerne behalten 
wollte mediate vorftellen, daß es für die Mädchen ein 
Glück fen, in gute Rollenfächer bey einem rechtlichen 
Theater zu fommen und an einen Ort wo fie viel lernen 
könnten, wo man auch nod) fo viele Freundſchaft für ihre 
Mutter gehabt hatte, welches alles er aus meinem erſten 
Brief erfehen Kann. 

Berzeihen Ew. Hochwohlgeboren daß ich Ihnen bey 


152 Euphroſyne. 


Ihren vielen Geſchäften, auch noch mit dergleichen De— 
tails behelligen muß. Sie richten aber immer die 
Sachen in zweckmäßige Wege und daher kommt alles auf 
Ihre Schultern! 


Verehrungsvoll Ew. Hochwohlgeboren 


ganz gehorſamſter Diener 
F. Kirms.“ 


Der Brief an die beiden Koch lautete: 


„An die Demoiselles Koch bey dem Hoftheater in 
| Dresden, 


Weimar den 30. October 1797. 


Meine hodhgefchätten Demoifelles. 

Es wird Ihnen ver im vergangenen Sonmer un 
term 19 July Ihnen von mir gefchehene Engagements 
Antrag ohne Zweifel noch erinnerlid, ſeyn, den Sie nicht 
abzulehnen, doch aber Ihrem Bormund, dem Hrn. Opik 
zu überlaffen ſchienen. Ich habe nachher mit Deren 
Opit deshalb weiter correspondirt und verfelbe fette es 
darauf aus, daß ohne Einftimmung des Herrn Seconda 
und bevor .nicht andere Subjecte an Ihrer Stelle anga- 
girt feyn würden Sie vor Ihrem zu Oftern zu Ente 
gehenden Contraft nicht könnten entlaffen werben: daß er 
auch nad Ihrer Zurüdtunft nad) Dresden von dem 
Churfürftlihen Amte feine Vormundſchaft erſtlich nieder⸗ 
legen müße. 





Euphroſyne. 153 


Jezt wiederhole ich alle in jenem Briefe geſchehene 
Anerbietungen, und glaube daß bey dem ſtarken Perſonal 
Ihres Theaters und bey den wenigen Rollen in welchen 
Sie Beyde nach Ausweis der von Leipzig erhaltenen 
Zeddel einſtudirt ſind, wenn man gegen das hieſige Hof— 
theater ſonſt gefällig ſeyn will, gar füglich Ihres Con⸗ 
traft8 entlaſſen werden können. Sollte dieſe Gefälligkeit 
verweigert werden, ſo müßten Sie natürlich die Zeit 
Ihres Contrakts aushalten: nur müßen Sie ſich erklä⸗ 
ren, ob Sie alsdann gewiß das jetzige Theater verlaſſen 
und mit dem Hieſigen in Contrakt treten wollen oder 
nicht ? 

Sobald Hr. Opitz feine Vormundſchaft niederlegt, 
jo übernehme ich viefelbe recht gerne, und will fie auch 
jo lange behalten, als ich, wie ich wünfche und hoffe, von 
Ihrer Aufführung Ehre haben merbe. 

Emphehlen Sie mich den Herrn Seconda und Opitz, 
und geben unferm Herzogl. Agenten, dem Herrn Com- 
mercien-Deputations-Afjeffor Richter auf diefen meinen 
wieberholten Antrag Nachricht, der mit Vergnügen und 
mit vollkommener Hochſchätzung entgegen fiehet 

Ihr ꝛc.“ 


So weit das Koncept des Schreibens Kirms' an die 
beiden Koch, wie es dem Agenten Richter mitgetheilt 
wurde und mir jetzt noch vorliegt. Dem Briefe ſelbſt 
aber hatte Kirms noch ein zweites Blatt beigefügt, welches 


154 Eupbrofyne. 


eine beftimmtere Antwort auf das Schreiben der Sophie 
Koch bildete und unter andern einen gar verfänglichen 
und höchſt velifaten Punkt be- und abhanvelte. 

Man hatte nämlich in Leipzig, wo die Verhand— 
ungen zwifchen Kirms und ben beiden Koch nidt 
geheim geblieben waren, verläumberifcher Weife das 
Gerücht verbreitet, daß der Weimarer Hoffammerrath 
die beiven Mädchen nod in einer andern Weiſe als 
auf der Bühne glänzen laffen wolle. Dieſes Gerede 
war bis nad. Weimar gebrungen und Kirms hatte es 
fhon bei feiner Rückkehr von Lauchſtädt hören müſſen. 
Er glaubte als bejtimmt annehmen zu fünnen, daß folde 
böswillige Reden, die hauptfädhlih nur deshalb aus: 
gefprengt fehienen, um bie beiden Koch von Weimar 
abzuwenden, venfelben durchaus nicht unbefannt geblie- 
ben, und erachtete e8 demnach bei dieſer erneuerten Unter: 
handlung als nothwendig, ſolche Gerüchte und Verläum- 
dungen mit wenigen Worten zu entkräften. Eine folde 
Bertheidigung enthielt nod) das zweite Blatt — natür- 
ih nur für die Mädchen allein berechnet —, welches 
indeſſen auch in andere Hände fam und bald die größten 
Unannehmlichkeiten hätte herbeiführen fünnen, mie wir 
bald ſehen werben. 

In Dresven hatte fi, während ver Verhandlungen 
und Beiprehungen zwilhen Kirms und dem Mintjter 
Boigt, wieder alles total geändert. Die beiven Mäd— 
hen, zu jung und unerfahren, um hinter dem Rücken 





Euphroſyne. 155 


ihres gewiegten Vormunds auch nur die kleinſte Intrigue 
durchführen, ihm gegenüber ein Geheimniß bewahren zu 
können, hatten bald demſelben alles, was vorgefallen, 
gebeichtet. — Aus den beiden folgenden Briefen ſehen 
wir, welche Mittel er angewendet, um das Herz der Mäd— 
hen zu treffen, fie zum Reden, zum reuigen Bekennen zu 
bringen. — Opit muß nicht wenig außer ſich geweſen 
fein, al8 er alles das erfuhr, und das Erfte, was er that, 
war, daß er für feine Mündel jogleih einen neuen 
Kontratt auf mehrere weitere Jahre abſchloß und folchen 
auch Durch die Mädchen, wahrjcheinlid, als Preis feiner 
Vergebung, gutheißen und unterzeichnen Tief. Das 
nun einlaufende Doppelfchreiben Kirms', die perfünlichen, 
etwas myſteriös gehaltenen Bemühungen des Herzog- 
lichen Agenten mußten demnady nicht allein vollftändig 
Iheitern, fondern aud) den Sturm zum wahren Orkan 
umgeftalten. Laſſen wir zuerft ven Herzoglichen Agenten 
reden, berichten, über feine Sendung und dann den 
aufgebrachten Vormund⸗Regiſſeur Opig. 


Richter fchreibt an den Minijter Voigt. — Das 
Schreiben liegt mir in Abſchrift vor: 


„Dresden den 8. November 1797. 
P. P. 
Em. ꝛc. find hoffe ich überzeugt, daß ich jeden mir 
von Sr. Durchlaucht oder Ihnen zufommenden Auftrag, 
mit Eifer und Treue vollziehe, wenn e8 nur immer mög- 


156 Euphroſyne. 


lich iſt. Um ſo weniger darf ich befürchten, mir das 
Mißfallen Sr. Durchlaucht und Ew. ꝛc. zuzuziehen, wenn 
ich bey dem legten mir ertheiltem Auftrage minder glüd- 
(ich gewefen bin, nod ihn in feinem ganzen Umfange 
babe erfüllen fünnen. 

Das hiefige deutfche Theater gehört zu den Lieblinge— 
Vergnügungen des Churfürſten und er nimmt daher von 
allen dabei vorgehenden Veränderungen und überhaupt 
von dem ganzen Perſonale genaue Notiz. Beſonders 
würdiget er die Dem. Koch einer noch ſpeciellern Auf— 
merkſamkeit um ihrer Mutter willen, die der Hof ſehr 
gerne hatte. Bey dieſer Lage der Dinge konnte ich, ohne 
mich hier gewaltig zu compromittiren unmöglich ſo raſch 
zu Werke gehen. — 

Ic beſchickte Die Dem. Koch und ließ fie bitten mir 
eine Stunde zu beftimmen, wo id fie allein ſprechen 
könnte. Ich ging am andern Morgen zur beftimmten 
Stunde hin, fagte ihnen worauf die Sache anfäme und 
übergab den Brief. Sie antworteten mir jest fomme ber 
Antrag zu fpät; ein Augenblid von Unzufriedenheit mit 
ihrem Vormund, habe fie damals bewogen ven Borfchlä- 
gen zu einem auswärtigen Engagement Gehör zu geben. 
Nun aber habe fich die Lage der Dinge geänbert. Sie 
hätten erwogen daß es äußerſt undankbar feyn würde 
ein Theater zu verlaffen deſſen Entrepreneur die feltene 
Großmuth gehabt habe ihrer verftorbenen Mutter zwei 
ganzer Jahre hindurd ihre volle Gage zu laffen, ohn- 





Euphroſyne. 157 


geachtet ſie Krankheitswegen vie Bühne gar nicht habe 
betreten können. Inzwiſchen würden fie ven Brief lefen 
und mir Antwort ertbeilen. (NB. Sie erbraden ihn 
nicht in meiner Gegenwart.) Sie fetten hinzu, dafs fie 
jih bereits anheifchig gemacht hätten einen neuen Con— 
traft auf drei Jahre mit Herren Seconda abzuſchließen 
und daß dieſer eben gefertigt werde. 

Den folgenden Tag in aller Frühe fam Hr. Opis, 
halb außer fi), zu mir, den Doppelbrief des Herrn Hof- 
fammerrath Kirms in der Hand. Es war nemlich, außer 
dem mir in Abfchrift mitgetheilten Briefe, noch ein zwey— 
tes Blatt von der Dand des Hrn. Hoffammerraths an 
die Mädchen beygeſchloſſen, welches letztere vorzüglich 
Hrn. Opig in Flammen fegte. — Er fagte mir daß bie 
Mädchen bis zu ihrer Volljährigkeit feinen eigenen Wil- 
len hätten, daß fie ſich neuerdings bey dem hiefigen Thea- 
ter verbindlich gemacht hätten, furz alles das was er dem 
. Hrn. Hofkammerrath felbft in feiner mir mitgetheilten 
Antwort fagt. | 

Das Kefultat von allen dem war, daß vor itzt Der 
Abgang der Dem. Koch nicht ftattfinden fünne. Nach Ab- 
lauf des auf drey anderweitige Jahre eingegangenen Con— 
traft8 würden die Dem. Koch mündig jeyn und alddann 
nad Gefallen ſich anderwärts engagiren können. 

Ben diefer Tage der Dinge blieb mir nichts übrig als 
den Herrn Opitz zu bitten von der ganzen Berhandlung 
dem Directeur Grafen von Bofe nichts zu fagen, weil e8 


158 Euphroſyne. 


alsdann weiter gekommen ſeyn würde, was ich um mei- 
ner felbft willen fowohl, als aus andern Rüdfichten nicht 
gewünfcht hätte. Er verfprach mir das auch. 
Em. 2c. werden mich unter viefen Umständen , wie 
ich hoffe, entſchuldiget halten. 
ꝛc. 2C. 


Richter.“ 


Zur ſelben Zeit hatte Opitz ſeine Antwort in Form 
einer harten Strafpredigt formulirt, die der arme Kirms 
wohl zu gleicher Zeit mit dem wenig angenehmen und 
tröſtlichen Schreiben Richters erhalten haben mag — 
wohl etwas zu viel auf einmal für ben bedrängten Len— 
fer des Weimarer Thespiskarrens! — Cie lautete: 


„Dresden, ven 8. November 1797. 
Wohlgeborner Herr! 

Obgleich Ihr Agent, ver Herr Aßeßor Richter Ihnen 
ausführlich melden wird, daß der Erfolg Ihres neuer- 
dings an die Demoifelles Koch gerichteten Schreibens, 
gänzlich fruchtlos gegen Ihre Erwartungen ausgefallen 
ift, fo kann ich dennoch nicht unterlaffen Ihnen mein 
Erftaunen und meme Derwunderung zu erfennen zu 
geben, die ich bey Durchlefung Ihrer eigenhändig gefchrie= 
benen Beylage nothwendig empfinden mußte, worin Sie 
denen beyden Demoifelles Anjchläge geben wie fie fich von 
meiner VBormundfchaft gänzlich losſagen, und wenn es 
möglich ift, fi auch ihres jetigen Contrafts früher ent- 





Euphrofpne. 159 


levigen folen, oder: wenn das letztere nicht möglich zur 
machen wäre, wenigſtens feft darauf zu beftehen, daß fie 
nad) deſſen Beendigung gewiß abzugehen entjchloflen blei— 
ben follten. Werner daß der Herr Aßeßor Richter das 
hiefige Amt dahin disponiren fol, daß es mich meiner 
Lormundfchaft über die. Demoifelles Koch entlafje und 
Sie dafür fubftituire. Alles dieſes halte ich Ihrerſeits 
für eben fo fteafbar als verantwortlid, denn nad) mei— 
nen Grundſätzen heißt das offenbar Mittel und Wege 
zum Ungehorfam und zur Verlegung feiner Pflichten an 
die Hand geben. Mit welchem Rechte kann man mid) zwin- 
gen, wenn ich nicht felbft will, meine Vormundfchaft, die 
ich auf inftandiges, dringendes Bitten anzunehmen erfucht 
worden bin, wieder niederzulegen,, da ich fie als ehrlicher 
Mann nad) Pflicht und Gewißen bisher treu und reblid) 
zum Beſten der beyden Mädchen verwaltet habe? Nur 
pflihtvergeflene Leute, die ſich Unterſchleifen theilhaftig 
gemacht haben, entfeßt man ihres Amtes und ihrer über- 
nommenen Berbinplichkeiten, aber feine rechtichaffen den— 
tende Menfchen, worüber ich Sie fehr ernftlich belangen 
fnnte, wenn ich anders ein Liebhaber von öffentlichen 
Streitigfeiten wäre, doch — mein Bewußtfein ift mir 
Rechtfertigung! Unbegreiflich ift mirs aber wie ein 
Mann wie Sie, junge unerfahrene Mäpchen (laut dem 
Zeugniß Ihres eigenhändig gefchriebenen Briefes) auf 
Dinge aufmerffam machen fann, die fie, zu denen Mäd— 
hen eigener Ehre ſey es gefagt, noch nicht einmal ver- 


160 Eupbrofyne. 


ftehen, und fich deshalb von mir erſt eine Erklärung aus 
bitten, was Sie denn nehmlicd in Ihrem Briefe da- 
mit fagen wollten, eine M... des Herzogs zu 
ſeyn, und was denn das beveute, daß Ihr Herzog 
en dbiefem Punkt fehr gemäßigt ſey? Scham 
roth ftand ih da und wußte gar nicht was ich denen 
Mädchen darauf antworten follte.e Was Sie daher 
gedacht haben, mie Sie Dies niederfchrieben, wird mir 
ewig unerflärbar bleiben. Und mas glauben Sie wohl 
welche unangenehme Folgen für Sie daraus entfteben 
würden, wenn ich) Ihren Brief zu meiner Rechtfertigung 
unferm Herrn Grafen von Bofe überreichte und diefer 
ihn bis an unfern Hof gelangen ließ? Sekten Sie fid 
dadurch nicht dem offenbaren Verdacht aus dag Sie zwei 
junge Mäpchen von unferm Theater debauchiren wol- 
fen, die unfer Hof in Rüdficht ihrer verftorbenen Diut- 
ter, vorzüglich protegirt? und die während ihrer Min- 
berjährigfeit wenigftens, niemals von unferm Theater 
wegfommen werden nod) dürfen. 

Dod) genug davon. Sie zwangen mid in biefem 
Tone zu reden, denn bisher verhielt ich mic) lange genug 
ichweigend und leivend, obgleich mir alles wohl bemußt 
war was in Ihrem Namen in der Stille mit denen 
Demoif. Koch unterhandelt werben ſollte. So weiß ib 
zum Benfpiel, daß der Herzogl. Hoffaktor Elkan aus Wei⸗ 
mar in vergangener Leipziger Michaeli-Mefje mehr al? 
einmal bet) denen Mädchen gemefen ift, und fie inftän- 





Euphroſyne. | 161 


bigft überredet hat das hiefige Theater mit dem Ihrigen 
zu verwechfeln,; daß er ihnen auf der Stelle 20 blanfe 
Louisd'ors aufzählen wollte, fie möchten nur einen Con⸗ 
traft unterfchreiben. Heißt das den geraden ordentlichen 
Weg einfchlagen? und was wäre daraus entftanden wenn 
vie Mädchen ihrer Pflicht nicht eingevent geweſen wären? 

Um nummehro allem fernern Anfragen und Brief: 
wechjeln mit denen Mäpchen vorzubeugen, fo erkläre ich 
Ihnen hiermit daß ich ihre Vormund nad) wie vor bleibe, 
und daß ich neuerbings einen Contraft von Oftern an 
auf 3 hinter einander folgende Jahre für fie mit unferer 
Direction abgefchlofjen und unterfchrieben habe. 

Denn fie alsdann mündig werben, dann haben fie 
ihren freyen Willen von uns abzugehen und ſich zu enga- 
giren wohin e8 ihnen belieben wird; bis dahin find fie 
meinem Willen fuborbinirt, ohne deſſen Zuziehung fie 
nicht das geringfte unternehmen können. 

Noch manches was ich zu fagen hätte, muß ich unter- 
drüden um die Poſt nicht zu verfäumen. | 

Der id) übrigens die Ehre habe zu ſeyn 

Em. Wohlgeboren 
ergebenfter 
Opitz.“ 

Kirms war in eine höchſt fatale, weil ſehr zweideu⸗ 
tige Lage gerathen; er mußte das Unangenehme, Bedroh⸗ 
liche derſelben zu vermitteln, von ſich abzuwenden, die 
Waffe, Die Opitz immerhin gegen ihn, das Weimarer Hof⸗ 

Pasque, Goethe's Theaterleitung. I. 11 


162 Euphroſyne. 


theater, ſogar gegen den Hof ſelbſt in Händen hatte, voll⸗ 
ftändig unſchädlich zu machen fuchen, ohne dabei ferner 
im geringften an ben Hauptgegenftand all dieſer Bemü— 
hungen, die Urfache dieſer peinlichen Niederlage, das 
Engagement der beiden Koch, denken zu dürfen. Da 
er fi) indeſſen in Wahrheit frei und durchaus nicht ſchul⸗ 
dig wußte, fo konnte ihm ſolches, eine gegründete und 
nachdrückliche Vertheidigung, auch nicht allzufchwer wer- 
ven. Es mußte ihm ferner, und wohl aud) vor allen 
Dingen daran liegen, die Sache vor Rückkunft Goethe's, 
ver in ſolchen Angelegenheiten ſehr empfinvlic war, zu 
gutem Ende zu bringen, und deshalb beantwortete er das 
drohende Schreiben des erzürnten Bormunds im verfühn- 
Iichften Tone, wobei er aber durchaus nicht Willens war, 
die Waffen zu verfchmähen, vie ihm feine Stellung zu 
Goethe an die Hand gab. 


Diefe Antwort, im Koncept vor mir liegend , Tautete 
vollſtändig alfo: 


„An Herrn Opitz, Regiffeur des Hoftheaters 
in ‘Dresben. 
Weimar, den 16. November 1797. 

Sie oder ich mein thenerfter Freund, oder wir Beyde 
find in Anfehung ver Angelegenheiten der Demoifelles 
Koch in einem Irrthum. Ich muß um dieſes heraus zu 
jegen Ihnen eins und das andere in's Andenken zurüd- 
rufen. 


Euphroſyne. 163 


Verſchiedene Weimaraner die in Leipzig geweſen lob⸗ 
ten die Demſ. Koch und bemerkten dabey, daß fie viel- 
leicht zu dem hiefigen Theater gehen würden, wo fie wenn 
Map. Beder abgehen follte, fogleich in deren Rollenfach 
einrücken könnten, das Mad. Hartwig bei Ihnen jebt 
beſitze. Als ich mit dem Herzog in der Oftermefje war, 
fand ich e8 gegründet und hörte viel Gutes von ihrem 
ſittlichen Betragen : ich habe fie aber weder in der Nähe 
gefehen, noch weniger mit ihnen gefprohen. Da bie 
Gefundheitsumftände der Mad. Beder bevenflicher wur⸗ 
den, fo trug ich gedachten Demoiſells Engagement an 
und zwar rieth ich ihnen, ihren Bormund deshalb erft 
um Rath zu fragen, weldyes auch wirklich geſchehen ift. 
Ich hatte alfo nicht die Abficht fie zu debauchiren. Dieſe 
Frauenzimmer ſchickten mir hierauf eine von ihnen umter- 
ſchriebene Antwort, die auf Schrauben geftellt war. Da 
es mit Mad. Beder ganz zu Ende ging und ich mir in 
Abwefenheit des Herren geheimen Raths von Goethe, der 
bis jetzt nicht zurück ift, nicht zu helfen wußte, fo wendete 
ih mid) von Lauchſtädt aus an Sie und war eitel genug 
zu glauben daß, da ich Sie vor ſechs Jahren, bey Ihrem 
Hierſeyn in Weimar, freundſchaftlich behandelt hatte, 
Sie, wenn es möglich ſeyn Fünnte, mir nicht zuwider 
jeyn würden. Hierauf ſchrieben Sie mir: Die Demoiſ. 
Koch hätten bis im Mat künftigen Fahres Contraft; man 
mache nicht gerne den Eingang Mitglieder des Theaters 


vor Ablauf der Eontraftzeit zu entlafjen ; wenn man and) 
11* 


164 Eupbrofyne. 


eine Ausnahme machen wolle, jo könnten Sie e8 in Ab- 
weferheit des Hrn. Seconda nicht thun und könnten 
auch dieſe Demoijelles, die in einigen Stüden, welche in 
der Michaelis⸗Meſſe gegeben würden, einftudirt wären, 
nicht entbehren. Sie bemerkten ferner, Sie hatten in- 
vefien an em paar junge Frauenzimmer gejchrieben ; 
Site würden, fobald Sie nad) Dresden fämen Ihre Bor- 
mundſchaft über Demoiſells Koch niederlegen und wür- 
den, wenn deren Stellen wieder beſetzt wären, dieſe 
Frauenzimmer dem Weimariſchen Theater vor allen an⸗ 
dern gönnen; auch könnten fie, wenn jene neuen Sub⸗ 
jefte bald eintreffen ſollten, alsdann früher entlaßen wer⸗ 
ven. Warum machten Sie mir Hoffnungen die Sie, wie 
ic) jehe, nicht erfüllen wollten? Warum fchrieben Sie 
mir nicht aufrichtig: ich fehe es nicht gerne wenn bie 
Demf. Koch unfer Theater verlaſſen ꝛc. Ich würde von 
diefer Idee um fo eher abgegangen ſeyn, als unterdeſſen 
das biefige Theater aus jener Berlegenheit gerifjen wor- 
ben ift. 

Bor 23 Jahren nad) dem Schloßbrande, als bie 
Mutter (Franziska Romana Koh), Weimar verlaffen 
mußte, waren von biefen Kindern, das eine, ein Jahr, 
das andere etliche Deonate alt. Wenn dieſe Kinder unter- 
befien nicht geftorben und Madam Koch nachher Teine 
andern befommen hat, jo müßten fie nunmehr 23 bis 
24 Jahre alt feyn, wo tutela aufhört und nur Curatela 
sexus ftatt findet, die voluntarie verändert werben kann. 


Eupbrofyne. 165 


In dieſem Alter konnten fie alfo, wenn fie ein ander 
Engagement eingingen auch einen andern Bormund wäh- 
[en. Im vorigen Fahre trug Herr Seconda unferm Schau 
ſpieler Graff bey feinem Theater ein Engagement an. 
Die Folge davon war, daß ihm zugelegt und er wieber 
anf längere Zeit hier engagirt wurde. So wenig bie 
Direction des hiefigen Hoftheaters, deffen Mitglieder von 
Seiten des Hofs engagirt werben, e8 übel nehmen konnte, 
daß Hr. Seconda dem Hrn. ©raff Engagement bey fei- 
ner Geſellſchaft antrug, eben fo wenig, follte ich glauben, 
finnte Hr. Seconda e8 übel nehmen, wenn be denen 
von Ihnen gemachten Vorftellungen und bey der Mei- 
nung, daß dieſe Yrauenzimmer jenes Theater verlaffen 
würden, man benfelben Engagement antrug. Am aller- 
wenigften ift dem Dresdner Hof dadurch zu nahe getre= 
ten, indem die Mitglieder Ihres Theaters nicht, wie bey 
und in Dienften des Hofes, fondern nur bey Hrn. 
Seconda, der fo viel ich weiß von Churfürftlichen Hofe 
unterftügt wird, übrigens aber den Gewinnft und das 
risico der Entreprise allein zu ziehen und zu tragen hat, 
engagirt find. 

Ich würde an das Engagement diefer Yrauenzim- 
mer, beſonders in Abweſenheit des Herrn geheimen Raths 
von Goethe, nicht wieder gedacht haben, wenn nicht die 
von der Michaelis Meile zurückkommenden Weimaraner 
mich verfichert hätten daß die Demf. Koch unzufrieden 
wären und abgehen würden, daß während der ganzen 


166 Euphrofyne. 


Meſſe die ältere in drei, die jüngere aber nur in einer 
Rolle erſchienen wären; wegen der Madam Hartwig, von 
welcher zärtliche und naive Rollen ſehr gut beſetzt ſind, 
keine bedeutenden Rollen erhalten könnten und mithin 
beym hieſigen Theater beſſere Ausſichten ſich zu vervoll⸗ 
kommnen, nach dem Tode der Mad. Becker haben würden. 
Dieſes dezidirte mich, an dieſelben noch einmal zu ſchrei⸗ 
ben und im Fall fie das Engagement beym hieſigen 
Theater annehmen wollten mid), wenn Sie niemand an- 
ders müßten, zum Vormund anzubieten, welche Stelle 
Site feither verfehen hatten. Ich wiederhole Daß ich viefe 
Frauenzimmer, aus oben angeführten Gründen für mün- 
dig halte, welches ich auch noch jet glaube, wenn es 
anders die in Weimar gebornen Mädchen find. Sie 
find wohl mit Unmahrheit berichtet daß Hr. Elfan aus 
Weimar denfelben 20 Louisd'or angeboten haben Tolle, 
wenn fie zum Weimarifchen Theater gehen würden. Ich 
verfichere auf Ehre: ich wenigftens weiß davon nichts; 
er hatte dazu feinen Auftrag von mir, und ohne befon- 


dern Auftrag des Herrn geheimen Raths hätte ich ihnen. 


auch ein dergleichen Anerbieten nicht habe machen laſſen 
fünnen. 

(Jezt muß ich ein paar Buncte berühren in Anfehung 
welcher ich offenherziger ſeyn will, als Sie e8 gegen mid) 
geweſen zu feyn ſcheinen: Erftlich glaube id daß ohn⸗ 
geachtet der von Ihnen mir gemachten Hoffnungen, Sie 
zu diefer Sache deswegen nicht ſonderlich behülflich ſeyn 


Euphrofyne. 167 


würden, weil Sie dem Herrn geheimen Rath von Goethe 
bey welchem Sie wegen Annahme Ihrer Tochter, mit 
welher Sie vor 6 Jahren nad Weimar famen und fie 
dem Theater anbothen, zu jener Zeit nicht reuffiren konn⸗ 
ten, deshalb nicht ſonderlich geneigt feyn möchten. — 
Ineidenter muß id) aber bemerken, daß gedachter Hr. 
geheimer Rath, wenn er auch zu jener Zeit Ihren Wün- 
Ihen nicht begegnen konnte, Ihren Verdienften doch Ger 
rehtigleit widerfahren läßt: denn ich erinnere mich, nad) 
Hrn. Irlands Anwefenheit in Weimar, eine Aeuferung 
bed Hrn. geheimen Raths, vie Ihnen zu feinem Nach⸗ 
theil gereiht. Er fagte nämlich: ich wünfche daß alle 
Jahre auf dieſe Art einige Wochen lang einer oder ber 
andere von den fich, auszeichnenden Künftlern bey uns 
ſeyn möge, unter denen id, auch Ihren Namen hörte. — 
Nach meiner Zuhauſekunft von Lauchſtädt mußte ich eine 
Nachricht von Leipzig aus hören, dag man etwas lieblos 
die Aeußerung gethan: ich hätte die Demf. Koch zum 
Zheater, nebenbey aber die eine oder die andere zur M... 
für den Herzog engagiren wollen. Hier brauche ich 
dergleichen nachtheilige Aeugerungen nicht zu beftreiten, 
da ganz Weimar von der Mäfigung unjerd in allem 
Betracht Tchäßbaren Herzogs in diefem Punkt eines an⸗ 
dern überzeugt ift: ich glaubte aber auch in einem Poſt⸗ 
feript ven Dem. Koch ven übeln Einprud den vergleichen 
Verläumdungen bey venjelben konnten gemacht haben, 
benehmen zu müßen, indem ich denſelben auf feine unbe- 


168 Euphroſyne. 


ſcheidene Art zu verſtehen gab, daß fie in Weimar tugend⸗ 
haft leben könnten und ſich an jene üble Nachrede nicht 
fehren möchten.) 

Wenn denn dieſe beyden Frauenzimmer durch Sie 
einen neuen Contraft eingegangen find, jo hat die Sache 
ein Ende und fie haben mir vielleicht einige beßere Bebin- 
gungen in ihrem neuen Contrakt zu verdanken, vergleichen 
Herr Graff dem Dresdner Theater zu verdanken hat. 

Ich habe die Ehre ꝛc.“ 


Die ganze eingeflammerte Stelle ließ Kirms in fei- 
nem eigentlichen Schreiben aller Wahrfcheinlichfeit nad) 
weg — zur befiern Charafterifirung der Verhältniſſe 
habe ich fie ungekürzt mitgetheilt — und jubftituirte 
dafür Folgendes: | 


„Was in der Nachſchrift iiber die mir zugelommenen 
nachtheiligen Aeußerungen von den Abfichten einer hohen 
Perfon von mir gutmeinend widerlegt worden, bringt 
mir feine Schande, da id) vom Gegentheil überzeugt bin. 
Ueberhaupt, ohne die Nachrichten daß die Demoiselles 
Koch ihr zeitheriges Theater verlaffen wollten, würde ich 
nicht eimmal bey Ihnen angefragt haben, fo nothwendig 
aud) im vergangenen Sommer dem biefigen Theater ein 
dergleichen Subject war. Dean ftreuet indeſſen mannich- 
mahl vergleihen Nadyrichten aus, um bey einem neuen 
Contrakt ſich zu beßern Beringungen den Weg zu 
bahnen. * 





Eupbrofyne. 169 


Es dauerte über einen Monat, bi8 Opitz fich zu einer 
Antwort herbeiließ. Diefe erfolgte denn auch endlich, 
wodurch die ganze Angelegenheit ihren Abfchluß erhielt. 
Sie lautete: 


„Dresden, den 21. Dezember 1797. 
MWohlgeborner Herr! 

Ihre mir gegebene Erflärung in Betreff Ihrer ges 
ihehenen Unterhandlungen mit meinen beyden Mündeln, 
muß mir allerdings genügen, um fo mehr dba ich jelbft 
wünſche, daß alle fernere unangenehme Auseinanver- 
fegung des begern Wißens und Nicht wißens in bie- 
jer Angelegenheit, von beyden Seiten gänzlich aufgehoben 
ſeyn möge; nur fen mir noch erlaubt, einen Heinen Irr⸗ 
tbum Ihrerſeits zuwor zu berichtigen; daß nemlich bie 
beyden Demoiſelles Koch deren Vormund ich bin, nicht 
die Kinder der verftorbenen Madam Koch find, die Sie 
vor 23 Fahren nach dem Schloßbranvde in Weimar ken⸗ 
nen lernten; bie eine und ältefte, dieſer unter meiner 
Bormundfchaft ftehenden Mäpchen, wurde in Braun- 
ſchweig geboren und geht nunmehr ins 16te Jahr, und 
die andere wurde hier in Dresden geboren und gebt 
gegenwärtig ins 14te Jahr, woraus beutlich erhellet, 
daß Tutela für Beyde noch unumgänglich nothwen⸗ 
dig ift, und Dies gereiche zugleich zu meiner Nechtfer- 
tigung, warum mir ein gewißer Ausdruck Ihres an fie 
erlagenen Briefes, bey ihrer noch lobenswürdigen Uner- 


170 Euphroſyne. 


fahrenheit ein wenig auffiel. Jedoch bin ich meinerſeits 
herzlich gerne bereit alles Vorgefallene zu vergeßen, und 
wünſche ebenfalls nichts ſehnlicher als das ehemalige gute 
Vernehmen unter uns wieder hergeſtellt zu ſehen. 

Und mit dieſer aufrichtigen Verſicherung habe ich die 
Ehre mit der vollkommendſten Hochachtung zu verbleiben 
Ew. Wohlgeboren 
ganz ergebenſter 
Opitz.“ 


Die Sache war zu Ende; nie wurden mehr Unter: 
handlungen mit ben beiven Mädchen angefnüpft und 
ebenfomwenig gaftirte Opit jemals in Weimar. Goethe 
mag ihn wohl zu den „fi auszeichnenden Künftlern “ 
gezählt haben, aber Gelegenheit, fich als foldhen in Wei- 
mar zu zeigen, wurbe ihm nicht. Cr blieb bei ber 
Seconda'ſchen Truppe in Dresden, bis er 1810 daſelbſt 
ftarb. Was aus den beiden jungen, vielverjprechenten 
Schaufpielerinnen, Sophie und Marianne Koch gewor⸗ 
ben, vermag ich nicht anzugeben. Sie müſſen entweder 
frühzeitig vom Theater abgegangen, geftorben, oder am 
Ende nicht das geworben fein, was man erivartet hatte; 
genug, ihre Namen find nirgenpwo aufzufinden. Mit 
ihrer älteren Schwefter , der verehelichten Krideberg, 
unterhielten Goethe und Kirms, in Theaterangelegenhei- 
ten, fpäter einen recht lebhaften Briefwechfel. Eine An⸗ 
zahl derartiger Briefe von 1799— 1812 liegen mir vor. 


Euphroſyne. 171 


In denſelben geſchieht indeſſen obiger beiden jüngern 
Schweſtern nirgends eine Erwähnung. 


Goethe war noch vor Ende des Jahres 1797 nach 
Weimar zurückgekehrt. — Am 10. November ſchrieb er 
an Schiller von Nürnberg aus, daß er am 15. deſſelben 
Monats von dort fort und direkt nach Weimar reiſen 
werde. — Nach feiner Rückkehr äußert er über das Thea- 
ter (Tages⸗ und Jahreshefte): „Auf dem Theater fand 
ih eine große Lücke; Chriftiane Neumann fehlte, 
und doch wars der Plab noch, wo fie mir fo viel In⸗ 
terefie eingeflößt hatte. Ich war durch fie an die Bret- 
ter gewöhnt, und fo wendete ich nun dem Ganzen zu, 
was ich ihr ſonſt faft ausschließlich gemwibmet hatte. Ihre 
Stelle war bejett, wenigftens mit einer wohlgefälligen 
Schaufpielerin (Dad. Schlanzowsky). Auch Ca⸗ 
roline Jagemann bildete ſich immer mehr und 
erwarb ſich zugleich auch im Schauſpiel allen Beifall.“ — 

Seinen Liebling, die verſtorbene Becker, vergaß 
Goethe ſobald nicht, und er beſchloß, ihr Andenken, das 
er bereits durch feine Elegie, Euphroſyne“ der Nachwelt, 
man darf ſagen, der Unſterblichkeit überliefert hatte, noch 
durch ein weiteres Zeichen, ein Denkmal, zu ehren und 
der Vergeſſenheit zu entreißen. Im Verein mit Böttiger 
und Kirms eröffnete er zu dieſem Zwecke eine Sub— 
ſtription, deren Ertrag die bei der Todtenfeier eingegan- 


172 Eupbrofyne. 


gene Summe von 120 Rchsthlr. vervollſtändigen follte. 
Musculus fagt darüber: „Obſchon der Erfolg günftig 
gewefen zu fein jcheint, fo waren doch die auf diefe Weile 
gefammelten Gelder nicht hinreichend aud) die Trans⸗ 
port= und Aufftellungstoften damit beftreiten zu können, 
vielmehr wurde noch dazu ein anfehnlicher Zufchuß aus 
fürftliher Parkkaſſe gewährt. 

Das Monument wurde von dem Hofbildhauer Döll 
zu Gotha, nad) der Erfindung und Zeichnung von Hein- 
rih Meyer, ausgeführt, im Frühjahr 1800 nad) Wer 
mar gebracht und auf einer Heinen Anhöhe, in dem jen- 
feit der Ilm, dem Refidenzfchloffe gegenüber hochgelegenen 
Theile des Parks, ver Rofenberg genannt, aufgeftellt. 

Was das Monument felbft betrifft, jo muß es, ba 
aller Einfachheit, fowohl wegen feiner tiefen und ſchönen 
Bedeutung, als auch wegen gefhmadvoller Ausführung 
als etwas fehr Vorzügliches angefprochen werben. 

Auf einem Sodel ruht ein Würfel, welcher auf ver 
vordern Seite die mit einem Lorbeerkranz gefchmücdte 
Aufichrift hat: 

Euphrosynen. 

Diefer Würfel bildet den Unterſatz eines allegoriſch 
verzierten Säulenfturzes, deffen unteres Ende, ein Säu⸗ 
lenwulft, den Zodiacus, als Sinnbild der Treifenden, 
ewig in fid) wiederkehrenden Zeit, varftellt. Weber vie 
jem Wulft, auf der Säulenfläche find vier tanzenve Ho- 
ren angebradyt, die als Jahreszeiten zugleich das wan⸗ 


Euphroſyne. | 173 


velnde und wechſelnde Leben andeuten. An diefen nänı- 
lichen Begriff ſchließen ſich die vier Masten an, vie eine 
Art von Säulenknauf bilden. In ihnen ift bie Stu- 
fenfolge der vier Alter dargeftellt, und im Uebergange 
von Freude zur Traurigkeit, im Ausdruck verjelben wird 
das beſtändige Schwanfen und Schweben zwifhen Wohl 
und Weh, zwifchen Freude und Schmerz, vem alle Lebende 
unterworfen find, deutlich genug bezeichnet. Weber ven 
Masten endigt eine Urne das Ganze, und fagt dem Be- 
ihauer, daß es dem Andenken einer Verftorbenen geweiht 
it. Die Urne hat die Geftalt eines Pinienapfels, damit 
fie den abgenommenen Kopf eines Tyrfusftabes vorjtelle. 
Masten und Urne haben alsdann noch eine andere Bes 
deutung und fpielen auf die dramatifche Kunft an. Es 
find die nachgelafjienen Geräthfchaften einer Schaufpieles 
rin, die hier gefammelt und zu ihrem Andenken aufgeftellt 
find. Eben fo ift ver Schleier, der um die Masten 
gewunden ift, von: voppeltem Stun, als Zeichen ber 
Trauer und als theatralifches Attribut. * 

Die Gefellihaft „ Erholung” in Weimar hatte den 
Garten des Märchendichters Mufäns, auf berfelben 
Höhe liegend, auf der das Monument ftand, erworben. 
Als diefer Garten um 1827 durch die Gnade des Groß- 
herzogs Carl Auguft vergrößert wurde, erhielt die Geſell⸗ 
\haft zugleich die Erlaubniß, das Denkmal von feinem 
alten Plage zu nehmen und ihrem Grundſtück einzuver- 
leihen. Diefes geſchah. Neun Jahre fpäter machte 


e 





174 Eupbrofyne. 


Musculus durch eine kleine Brofchüre (der ich meh- 
rere Daten und Stellen entnommen) aufs neue auf das 
Denkmal der Chriftiane Beder aufmerffam und fprad 
zugleich ven Wunfh aus, daß „das bedeutungsvolle 
Kunftwerf, an einigen beſchädigten Stellen wieder ergänzt, 
noch lange dem freundlichen Beſchauer zu Sinn und Ge 
müth fprechen“ möge. Dieſe Reftauration ift aber — 
wenn ich nicht irre — bis heute nicht erfolgt. Bon 
1856— 1859 weilte ich al8 Regiffeur der Oper und 
Mitglied des Hoftheaters in Weimar; oft bejuchte ic 
den arten ver „Erholung“, freute mid) an der finnig 
angebrachten Büfte des herrlihen Märchenerzählers 
Mufäus und vergaß nie dem Denkmal der Becker⸗Euphro⸗ 
iyne einen Beſuch abzuftatten. In einem wenig befud- 
ten Theile des Gartens fteht das Monument, umgeben 
von büftern Tannen, wohl ftärfer beſchädigt und verwittert 
als 1836, da ber eifrige Musculus zu feiner Wieder⸗ 
herftelung aufforderte. Die Zeit wird wohl ihr zerftö- 
rendes Werk fortfegen und bald die zu meiner Zeit ſchon 
recht unleferliche Infchrift gänzlich verwiſchen. Doch 
wenn dies auch gefchieht, das Andenken der tüchtigen 
Scaufpielerin lebt ewig fort in dem herrlichen Gedichte 
des Meifters, in ver Geſchichte deutſcher theatralifcher 
Kunft. 


Euphroſyne. 175 


Um keine der in dieſer Epiſode erwähnten Perſonen 
zu vergeſſen, muß ich ſchließlich noch einen Brief Beck's, 
des erſten Unterhändlers in der Koch'ſchen Engagements⸗ 
Angelegenheit, mittheilen. Ich habe früher angedeutet, 
daß ſeine Leidenſchaft zum Trunk ihn von der Weimarer 
Bühne, zu Oſtern 1800, entfernte. Aus dieſer Zeit Liegt 
mir ein Brief vor, den er an Övethe richtete und der das 
Ausgefprochene vollftändig beftätigt. Er lautet: 


„Weimar, ven 17. April 1800. 


Em. Excellenz 


vergönnen, baß ein Fehlender fih dem Forum feines 
menfchenfreumblichen, Leutjeligen Richters zu nähern mage. 
Mit fo furdtloferem Bewußtſein darf er es ſich unter- 
ftehen, da das Rafter: „Trunkliebe“ — von der rüd- 
tehrenden Vernunft in einen Zauberfreis gebannt — ihn 
hämiſch angrinfend gegenüberftehet und nicht, nimmer 
mehr zu Loden vermag. Wann diejer Feind entrüdt, 
zieht man aus ſchlimmen Dingen nicht mehr das Schlim- 
mere, fondern aus dem Schlimmften das Beßere — 
wie Deliquent zu verfahren ſtudirt. Meine offene Beichte 
— mödte fie Abfolution erhalten, und mit diefer den 
Reuigen erquiden! Nur noch ein Jahr ftelle man mich 
der Probe blos — und — halte ich fie nicht aus — fo 
jet gänzliche Verachtung die Strafe! — ver Ehrgefühl 
mir zu entgehen gebieten wird. Bei Rüdfehr vollfom- 


176 Euphrofyne. 


mener Üeberzeugung, von Abfcheu begleitet, ift nichts zu 
fürchten. 
Mit Unterwürfigfeit und tiefer Verehrung Em. Er 
cellenz unterthänigft reuiger Diener 
Bed." 


= 

Welch ein Unterfchied der Sprache gegen Die ber fri- 
been Briefe! — Goethe mag der Probe nicht getraut 
haben — er hatte fie wohl fhon mehrmals und wohl 
auch vergebens angeftellt — und Bed mußte von Wer- 
mar fort. Wohin er ſich gewendet, wie und wo er 
untergegangen, vermag ich nicht anzugeben. Daß er aber 
dem Laſter ver Trunkſucht erlegen, dürfte als beftimmt 
anzunehmen fein. 





V. 
Herr und Madam Hurgdorf. 1798. 


— — 


Pasqué, Goethe's Theaterleitung. 1. 12 


/ 


Mad. Schlanzowsky vermochte die verftorbene 
Mad. Beder auf die Dauer nicht zu erfegen, obgleich 
Goethe — wie wir am Schluffe der vorigen Epifode 
gefehen — fich günftig und zufriedenſtellend über fie aus- 
geſprochen. Das Bedürfniß nach Ausfüllung des Faches 
ver jugendlichen Liebhaberin durch eine junge, hübſche 
und talentoolle Perfon blieb. Zu Anfang des Yahres 
1798 ſchon hatte man Demf. Tilly nad kaum fünf- 
monatlicher Wirkſamkeit wieder entlaffen und behalf ſich 
nun während bes Reſtes der Saifon, des zweiten Gajt- 
ſpiels Iffland's (vom 24. April — A. Mai), fo gut es 
eben gehen wollte. Mit Beginn des Sommers zog bie 
Geſellſchaft nach Lauchſtädt, dann nad) Rudolſtadt, und 
Goethe hatte vollauf zu thun, mit dem Neubau des Schlof- 
ſes ſowohl, als auch mit Herrichtung, Umänderung des 
Schauſpielhauſes, welche Arbeiten durch Baumeiſter 
Thouret aus Stuttgart ausgeführt wurden. Auch 
beſchäftigte ihn die Eröffnung des gleichſam neuen Hau— 
ſes, welche im Oktober mit Schiller's „Wallenſtein's 
Lager“ gefeiert werben ſollte. 

12* 


180 Herr und Madam Burgdorf. 


Daß Goethe und befonvers Kirms während diefer 
Zeit nicht vergaßen, fid) nach einer jugendlichen Liebhabe- 
rin umzuthun, dürfte ſich wohl von felbft verftehen. Doch 
blieben alle Bemühungen ohne Erfolg und vorausfichtlih 
mußte die beworftehende Winter-Kampagne in Weimar 
mit den vorhandenen Kräften begonnen und durchgeführt 
werben. 

Während Goethe zu Anfang des Septembers ſich auf 
feinem Gute in Ober-Roßla*) befand, fich in Gedanken 
wohl viel mit der bevorftehenvden Saifon beſchäftigte, vie 
Weimarer Geſellſchaft noch in Rudolſtadt pielte, zog ein 
junges Pärchen durch Eiſenachs Thore — ob zu Fuß, ob 
zu Wagen, wer wei es? — und quartirte ſich nad) flüd: 
tigem Suchen bei dem Chirurgus Queinzius in der Hen⸗ 
telsgaffe ein. Er war ein junger, hübſcher Mann von 
anfcheinend guten Manieren und jeine Begleiterin muß 
fih durch außergewöhnliche Törperliche Vorzüge aus: 
gezeichnet haben, die jedoch zur Zeit, durch längeres 
anftrengendes Reifen, Unwohlſein, etwas gelitten haben, 
und deshalb nicht fo hervortretend fein mochten. Sie 
nannten fih Herr und Madam Burgdorf und gaben 
vor, Schaufpieler und verheirathet zu fein. 


*) Das Freigut zu Ober⸗Roßla, auf bem rechten Ufer ber 
Sm, hatte Goethe 1797, wie Schiller feinen Senaifchen Gar: 
ten, Wieland Ofßmannftedt, acquirirt und um „Grund und 
Boden, Landesart, die dörflichen Verhältniſſe“ näher kennen 
zu lernen, war er 1798 für einige Zeit dorthin gezogen. 


Herr und Madam Burgdorf. 181 


Dem war aber nicht ganz alfo. Der junge Mann 
hieß von Haufe aus Ludwig von Wevell; er hatte 
fi mit feiner altaveligen Samilie überworfen, war zum 
Zheater gegangen, hatte dann unter dem Namen Burg- 
dorf in Reval, fpäter in Hannover gefpielt und auf dies 
jen Reifen, bei einem over dem andern Theater — over 
auch wohl gar außerhalb der Bühne — feine nunmehrige 
Begleiterin kennen gelernt. Diefelbe befaß außer ihren 
förperlichen Reizen noch eine ziemliche Dofis esprit, ben 
fie aber, zum Unglüd für ihre nächfte Umgebung, mehr 
zum Schlimmen, venn zum Guten verwendete. Ja, aus 
ihrem fpätern Thun und Laſſen geht hervor, daß fie, faft 
aller fittlichen Grundlage bar, ſich nur durch Lügen und 
Kokettiren zu halten, einen äußeren Anfchein von Wohl⸗ 
anftändigfeit zu geben juchte, was ihr auch fo ziemlich — 
bei ihrem etwas ſchwachen Geliebten aber vollftäntig — 
gelang, bis fie zulegt die Maske abwarf und fidy ohne 
Schen in ihrer wahren Geftalt zeigte. 

Diefe Perſon nun hatte den von Webell - Burgborf 
derart gefefielt, daß er blind für alles Andere geworden 
und nur in ihr, für fie lebte. Unter vem Namen Minna 
Charlotte Burgdorf führte er fie als feine Gattin 
mit fih in der Welt herum und Beide kamen zur Zeit 
von Hannover, zufammen ein Engagement für den bevor- 
ftehenden Winter fuchend. 

Ueber Kaffel waren fie nad) Eifenach gezogen. Da— 
jelbft wurde Die junge Frau unwohl, eine natürliche Folge 


182 Herr und Madam Burgdorf. 


ihres „hoffnungsvollen* Zuſtandes. Sie hatten fid 
deshalb bei dem obenerwähnten Chirurgus Queinzius 
eingemiethet und Burgdorf verfuchte von dort aus fhrift- 
lic einige Anknüpfungspuntte file ein paſſendes Winter: 
engagement zu finden. 

Wohin konnte er fich wohl eher und beſſer wenden, 
als nad Weimar, an Goethe, den gefeierten Dichter und 
Leiter des dortigen Hoftheater8? Derſelbe empfing denn 
auch, alsbald nad) Ankunft ver Beiden, in Ober⸗Roßla 
folgendes Schreiben : 

„Eifenach, ven Sten September 1798. 
Wohlgeborner 
Hochzuverehrender Herr Geheimde⸗Rath! 

Auf privat Verhältniſſe, die mich nebſt meiner Frau 
vor kurzer Zeit beſtimmten die Hannöveriſche Bühne zu 
verlaſſen, ſind wir ſo frey unſere Talente für das unter 
Ew. Wohlgebohren Ober⸗Aufſicht ſtehende Hoftheater ganz 
ergebenſt anzutragen. 

Mein Fach ſind Chevaliers, wozu die Kenntniß der 
franzöſiſchen Sprache mir zu ſtatten kommt, darin ein⸗ 
ſchlagende feine Bediente, Dümmlinge und jugendliche 
Liebhaber. Meine Frau ſpielt erſte, auch wohl zweyte 
Liebhaberinnen im Luſt⸗ und Schauſpiel, naive Mädchen, 
zweyte Rollen in der Oper und da ſie ebenfalls außer 
mehreren Sprachkenntniſſen das Franzöſiſche ſehr fertig 
ſpricht, allenfalls auch Anſtandsrollen. 

Da einige wenige Selbſtmeinung und der Beyfall der 


Herr und Madam Burgdorf. 183 


Zufhauer, wovon man befonvers in Reval in Ehftland 
fo gütig war ung viele Beweife zu geben, Ew. Wohlgebo- 
ren ohnmöglich als Maaßſtab unferer Beurtheilung auf: 
gevrungen werden können, fo laffen wir die Beitimmung 
unferer Gage recht gern aufs Debüt ankommen, infofern 
wir nur im Fall der Nichteinigung für unfere Fleine 
Reife und etwaigen Aufenthalt 2c. entſchädigt werben. 


Die in dieſem Falle zum Debüt vorzufchlagenve Rol- 
len würden von meiner Seite einige der folgenden ſeyn: 
— Graf von der Mulde. — Der Kammer - Junker von 
dalfenberg in den Unglüdfichen von Kotzebue. — Ban 


ver Hufen in Armuth und Evelfinn. — Vicomte de 
Maillac in Kotebues falfher Scham. — Riccault de la 
Marliniere in Minna von Barnhelm. — Auguft in 


Leichtſinn und gutes Herz, — Sekretair Dallner in 
Dienftpflicht. — Ludwig Brod in die: Mündel. zc. ꝛc. 
Bon Seiten meiner Frau: Afanafia in Graf Benjomsty. 
Roſamunde in Abällino. — Amalie im Kind der Liebe. 
Chatinfa im Mädchen von Marienburg. — Henriette 
Spindfer in Julius von Saffen. — ꝛc. ıc. In der 
Oper: Joſeph in die petits savoyards. — Pamina in 
der Zauberflöte. — Azemira in: die Wilden. 2c. zc. 


Nah angelegentlihem Geſuch um gefällige Erwiede— 
rung mit umgehender Poft bittend, da meine Verhältnifie 
mit feinen längern Aufenthalt geftatten, als eine Unpäf;- 
lichkeit meiner Frau erfordert, habe ich die Ehre mit voll- 


184 Herr und Madam Burgborf. 


fommenfter Hochachtung zu unterzeichnen als Ew. Wohl- 
geboren | 
ganz gehorfamfter Diener 
Ludwig Burgdorf, Schaufpieler, 
wohnhaft in der Henkelsgaſſe beym Chirurgus 
Queinzius eine Treppe hod). “ 


Diefer Brief ging jogleidy von Ober-Roßla, mit den 
nöthigen Inftruftionen Goethes, zurüd nah Weimar 
und an den Hofflammerrath Kirmes. In Eifenady beftand 
zur Zeit ein Liebhabertheater, deſſen Seele die Frau 
geheime Räthin von Behtolpsheim, Goethes lang: 
jährige Freundin, war.. Unter andern jtand diefer Bühne 
noch vor der dortige Landkammerrath Steinbrüd, 
ein guter Befannter von Kirms. Letzterer jchrieb an 
Steinbrück unter Beiſchluß des Briefes von Burgdorf. 
Der Inhalt dieſes Schreibens theilt ung die Anficht, die 
Meinung Goethes mit. Es lautet: 


(Weimar, am 12. September 1798.) 


„Wohlgeborner, 
Hochgeehrteſter Herr Land-Cammer-Rath! 
Die hieſige Hof-Schauſpieler-Geſellſchaft befindet ſich 
jetzt bey dem Fürſt von Rudolſtadt, und wird wegen eines 
Baues im Comoedienhauſe die hieſige Bühne vor dem 
6ten oder Bten October nicht wieder eröffnet: e8 ift Daher 
ohnmöglich den aus der Beylage (dem Briefe Burgdorf) 
zu erfehenden Vorſchlag anzunehmen. Wollte man dieſe 





Herr und Madam Burgdorf. 185 


Leute nach Rudolſtadt ſchicken und fie daſelbſt Gaſtrollen 
ſpielen laſſen, fo ift es einmal eine ziemlich koſtſpielige 
Reife bis dahın und hernach würde es Unruhe unter ver 
Geſellſchaft verurſachen, ob man gleich wegen des Ab» 
lebens der Malkolmi, Mad. Schlanzowsky aus dem Fach 
ver Liebhaberinnen wegnehmen will, und dieſemnach 
deren, oder vielmehr ver Mad. Beder ihre Rollen mit 
einem neuen Subjekte zu bejegen hat. Wenn daher bie 
jogenannte Madam Burgdorf, von hübſcher Figur, 
intereffantem und jugendlichen Anfehen wäre, nicht affec- 
tirte, dabey reinen Dialect hätte, fo fünnte allerdings mit _ 
ihr ein Engagement ftatt finden. Der Mann müßte zu- 
frieden ſeyn was er für Rollen befäme, va fein Yadı 
ziemlich befegt ift. 

Zu Ihnen, zu Ihrem Geſchmack, Kenntnig vom Thea- 
ter und felbft auch zu Ihrer Bekanntſchaft mit dem Wei- 
mariſchen Geſchmack hat der Herr geheime Rath von Goethe 
das Vertrauen daß Sie die Gefälligfeit haben werben 
diefe Reute anzufehen, ihnen, wenn fie Ihnen nicht anftehen, 
jogleich eine abjchlägige Nefolution zu geben oder, wenn 
fie Häbfch und von ihr befonders etwas zur hoffen wäre, 
auf Ihrem Theater in Eifenady ſich ein paar Scenen vor- 
ſpielen zu Yaffen, um alles genau und befonvers die Deut- 
lichleit ohne Affectation hören zu können. 

Finden Sie diefe Fran annehmlich, fo hören Sie ihre 
Bedingungen und geben mir durch den rückkehrenden 
Bothen, ver einen halben Tag warten kann, eine gefällige 





186 Herr und Madam Burgdorf. 


Nachricht und fenden mir beyliegenden Brief (von Burg⸗ 
borf) zurück. 

Hochachtungsvoll zc. ꝛc.“ | 
Girms.) 


An Burgdorf war mit demſelben Boten auch ein 
Brief von Kirms abgegangen, worin der Schauſpieler 
mit feiner jungen Frau an den Eiſenacher Landkammer—⸗ 
rath Steinbrüd gewiefen wurde. Doch beide Schreiben 
famen zu ſpät; die Burgdorfs hatten Eifenad) bereits 
verlafien. 

Die beiden jungen Leute hatten während ihres Auf- 
enthalts in letzterm Städtchen die Frau von Bechtolds⸗ 
heim fennen gelernt und durch ihr vortheilhaftes Aeußere 
fowohl, als ihre guten Manieren und gewiß intereffanten 
Schidfale diefe Dame fehr für fid) eingenommen. Frau 
von Bechtoldsheim hatte ihnen die beften Hoffnungen 
auf ein Engagement in Weimar gemacht, ihnen eine 
warme Empfehlung an ihren Freund Goethe eingehän- 
digt und die beiden jungen Leute aufgefordert, ermuntert, 
direkt nad) Weimar, zu Goethe, zu reifen, als ver kürzefte, 
befte Weg, um zu dem erjehnten Ziele zu gelangen. So 
waren denn Burgdorf und feine Frau von Eiſenach fait 
zur felben Zeit abgereift und auf dem Wege nad) Wei- 
mar, als der Bote von Kirms mit feinen zwei Brie- 
fen dafelbft anlangte, der vielleicht gar an ihnen vorber- 
getrabt war. 








Herr und Madam Burgdorf. 187 


Herr Landkammerrath Steinbrüd konnte deshalb, 
trotz aller Bereitwilligfeit und zu feinem größten Leid⸗ 
weien, feinem Kollegen Kirms durch den rückkehrenden 
Boten Teine andere Nachricht fenden, als daß, „da er 
heute Abends (am 13. Sept.) 7 Uhr das verehrliche 
Schreiben zu erhalten die Ehre gehabt habe, er alfogleich 
den Herrn und die Madam Burgvorf auf morgen Vor⸗ 
mittags zu fich invitiret, er von beren Hauswirthin aber 
erfahren, daß fie fchon heute Nachmittags um 5 Uhr mit 
Ertrapoft nad) Weimar abgereift wären, wohin ihnen 
auch alle eingehende Briefe nachgeſchickt werben follten. * 

Der reitende Weimarer Bote machte mit dieſem 
Ihriftlichen Beſcheid und dem unbeftellbaren Briefe an 
Burgdorf fofort Kehrt, traf jedoch glüdlicher — viel 
leicht auch unglüclicher — Weife in Gotha mit dem Schau- 
fpieler und feiner Frau zufammen und händigte denjelben 
nunmehr den Brief von Kirms ein. 

Burgdorf faßte ſich furz. Er ſchrieb fogleich folgende 
Zeilen an Kirms: 

„Gotha, den 14. September 1798. 
Wohlgeborner 
Hochzuverehrender Herr Hof Rammerrath ! 

Schon auf der Reife nah Weimar begriffen und 
bereit8 in Gotha, habe ich glüdlicher Weife noch die Ehre 
dero Zuſchrift vom 12. September zu erhalten. “Die 
Anweifung an Herrn Land⸗Cammerrath Steinbrüd ſcheint 
mir einige Ausficht zu eröffnen und ich trage alfo fein 








188 Herr und Madam Burgborf. 


Bedenken, da vielleicht durch ihn ſchon beftimmt werben 
kann, dies auf den fürzeften Weg zu erhalten und fogleid 
wieder nad Eiſenach zurüdzureifen. Ich hatte dem 
Herrn Geheimde Rath von Goethe von der werehren 
werthen Frau Kanzlerin von Bechtoldsheim ein Empfeh- 
fungsfchreiben zu überreichen, welches ich aber itt bis zu 
unferer perfünlichen Ankunft zurüdzuhalten jo frey bin. 
Mit vorzüglichfter Hochachtung 2c. 

L. Burgdorf." 

Der Bote fette mit dieſem Briefe feine Reife nad 
Meimar fort, während Burgdorf und feine Iran noch 
in derfelben Nacht nach Eiſenach zurüdfuhren. 

Am folgenden Morgen wurde der Land-Rammerrath 
Steinbrüd durch folgendes Billet überraſcht: 

„Don bier, ven 15. September 1798. 
Wohlgeborner Herr! 

Schon auf meiner fernern Reife begriffen und bereits 
in Gotha bat mih ein Schreiben der Weimarifcen 
Theater Direction dort nod) getroffen, worin ic) in Be 
tref einer Unterhanplung mit derſelben an Em. Wohl- 
geboren angewiejen werde. Ich habe zu dem Ende biefe 
Nacht die Reife von dort zurüdgemacht und bin nebft 
meiner Frau fo frey anzufragen, um welche Zeit Ew. 
Wohlgeboren unfere Aufwartung befehlen. Mit vell- 
fommenfter Achtung 

verharrt Em. Wohlgeboren ganz ergebenfter 
Burgdorf, Scaufpieler. ” 


Herr und Madam Burgdorf. 189 


- Steinbrüdf ordnete nun fofort eine Probe für bie 
beiven Darfteller an. Diefelbe fand in den Zimmern 
ber Frau von Bechtoldsheim flat. Das NRefultat dieſer 
Probe theilen Steinbrüd und Frau von Bechtoldsheim in 
ven beiven folgenden Schreiben , erfterer an Kirmes, letz⸗ 
tere an Goethe, mit. 

Steinbrück fchreibt: 

„Eiſenach, ven 16. September 1798. 
Wohlgeborner Herr, 
Hochgeehrteſter Herr Hof Sammerrath ! 

Wie Euer Wohlgeboren ich zu melden die Ehre hatte, 
waren Herr und Madam Burgvorf von bier abgereißt. 
Geſtern erhielt ih, wider alle Erwartung von ihm bey- 
liegendes Billet (oben mitgetheilt), worauf ich fie Beide 
zu mir bat, um aus ihrem Benehmen auf das Talent nur 
einigermaaßen jchließen zu können. Sie erſchienen, und 
ih jahe eine junge, wirklich hübfche Frau, die für ſich 
einnimmt, von ſchlankem Wuchfe und mittlerer Größe. 
Sie bat, nad meinem Dafürhalten alle die in Euer 
Wohlgeboren Briefe vorgefchriebenen Erforberniffe, 
nemlich : 

„bübfche Figur, jugendliches intereffantes Aeuflere, 
„nicht affectirt und dabey guten Dialect. “ 

Sie ſcheint das Gegentheil von affectirt zu fein, und 
ift zu befcheiden für eine Schaufpielerin. Ihr Dialect 
ift der hannövrifch -hochdeutfche, der, meinem Bedünlen 
nah, in ihrem Munde fich gut ausnimmt, fo dag man 





190 Herr und Madam Burgdorf. 


gern darüber hinhört, wenn fie das ©. als I. ausſpricht. 
3. 3. wie bie Leipzigerinnen: jejeben ftatt gegeben. Sie 
fäßt das j. für g. nur in dem Worte gegeben hören ; wei- 
ter habe ich e8 nicht bemerkt. — Der Ton ihrer Stimme 
ift fanft und ihr ganzes Benehmen verräth eine gute Er⸗ 
ziehung. 

Er iſt ebenfalls ein junger, intereſſanter Mann, von 
mittlerer Größe und ſchlankem Wuchſe, von Geburt ein 
Berliner, der ſich gut zu nehmen weiß, ſchnell und dabey 
gut ſpricht, und eine Zeitlang in Königsberg ſtudirt 
haben will. 

Um ſich zu ihrem Probeſtück vorbereiten zu können, 
theilte ich der Madam bie beyden Schauſpiele: das Mäd⸗ 
hen von Marienburg und Graf Benjowsky mit und bat 
mir aus erfterm die von Euer Wohlgeboren vorgeſchrie⸗ 
bene Scene der Chatinfa mit dem Zaar, als ver Hund 
bie Supplif abgegeben hatte, aus letzterm aber die Scene 
ver Afanafia mit dem Benjowsky aus, wo fie ihn bittet, 
fie franzöfifch zu lehren und er fie Die Worte: das Herz 
ſchlägt, überfegen lehrt; fie hierauf das le coeur palpit 
in feiner Gegenwart in verftellter Gleichgültigfeit nad 
Ipricht, und endlich nady feinem Weggange mit fichtbarer, 
immer fteigender Unruhe, als das Geſtändniß ihrer Piebe 
für fich wiederholt. Auch diefe Scene erfordert, meiner 
Meinung nad, feine gewöhnliche Schaufpielerin. Uehri- 
gens überließ ich Beyden, ſich noch einige Scenen aus 
andern Stüden zu wählen. 


Herr und Mabam Burgdorf. 191 


Heute Nachmittag legten fie, in Gegenwart ber Frau 
Geheimen Räthin von Bechtoldsheim, dieſer Kennerin 
alles Schönen und ſelbſt theatraliicher Künftlerin inglei⸗ 
hen des Herrn Land Cammerrath Nathuſius, eines 
Kenners von gutem Geſchmack und richtigem Kunftblide, 
jodann im Benfein eines Herrn von Buchenau, des 
füngeen Streiters und meiner, ihre Probe ab. 


Es war Schade”), daß Madam Burgdorf die ihr 
aufgegebenen Scenen niht memorirt hatte. Sie ent« 
ſchuldigte fi) deshalb mit Kopfmeh und einem Anfalle 
von Huften und Schnupfen. Indeſſen beclamirte 
fie, nach collegialiſchem Urtheile, richtig, und verband in 
der Rolle der Chatinfa, in der obengenannten Scene, 
mit Naivet& und Herzlichkeit eine große Beſcheiden— 
heit, wodurch fie zu erkennen gab, daß fie nicht vergeffe, 
mit men fie ſpreche. Die Worte: „Beh Gott! jo war's 
nicht gemeint!” ſprach fie mir nidyt zu Danke. 


Die Rolle ver Afanafia in der ſchon bemerkten Scene, 
nahm fie nach collegialiſchem Urtheile, ganz gut. Sie 
ſprach das le coeur palpit vortrefflih: nur die Panto- 
mime, die vorhergehen muß, ehe fie dieſe Worte als 
Selbftgeftänpnig ihrer Liebe wiederholt, ging verloh-= 


*) Die in diefem und dem folgenden Briefe geiperrt ge= 
drudten Stellen find die von Goethe doppelt unterftrichenen, 
auf die er in feinem folgenden Schreiben an Kirms hinweiſt. 








192 Herr und Madam Burgdorf. 


ren. MUebrigens beclamirte fie noch einige Scenen aus 
dem Benjowsky zu unjerer Zufriedenheit, 

Die gute Frau war Außerft verlegen — und 
beflommen. Ich glaube gar wohl, daß es ein Unter: 
ſchied ift, vor einem ganzen Parterre, in Verbindung mit 
allen Umftänven und Erforbernifien eine ganze Scene zu 
fpielen, und im Zimmer, vor wenigen Perfonen, die ganz 
Auge und Ohr find, einige aus dem Ganzen heraus: 
gerifjene Scenen zu geben. 

Das collegialiſche Urtheil geht endlich dahin, daß 
dieſe beyden Leute allerdings empfehlungswerth und nicht 
ohne Talent ſeyen, und daß gewiß zu erwarten ſtehe, daß 
ſie, bey einer guten Kritik, auch gute Fortſchritte 
machen würden. Wie mancher gute Schaufpieler hat ſich 
ſchon in Weimar gebildet! — 

Ich muß noch nachhohlen, daß Herr Burgdorf mehr 
Theaterkenntniß als feine Frau zu haben ſcheint; indeſ⸗ 
ſen declamirte er die Rolle des Eduard im Mädchen 
von Marienburg ſehr nachläſſig, unter dem Vor— 
geben daß es ſeine Rolle nicht ſey. 

Sie verlangen Beyde vor der Hand, wöchentlich 
10 Rchsth. Gage, bitten aber um Zulage, wenn ſie 
gefallen ſollten. Ferner bitten ſie um 2 Louisd'or als 
Entſchädigung für ihre Reiſe und um baldige Reſolution. 

Dies ift ed, was ich in der Sache zu melden gehabt 
habe: vielleicht enthält der beyliegende Brief von ver 
Frau Geh. Räthin von Bechtoldsheim mehr. 


Herr und Madam Burgdorf. 193 


Dem Herrn Geheimen Rath von Goethe Hochwohl⸗ 
geborne Gnaden, dem ich mich unterthänigft gehorſamſt 
zu Önaden empfehle und Euer Wohlgeboren gebe ich Die 
weitere Entfchliegung ganz gehorfamft anheim, und erbitte 
mir weitern Auftrag in der Sache, in derjenigen wahren 
Hochachtung, mit welder ich zu verharren die Ehre habe 

Euer Wohlgeboren ganz gehorfamfter Diener 
Siegmund Friedrich Steinbrüd. 
In Eile.“ 


Das Schreiben der Frau von Bectolosheim an _ 
Goethe Lautete: 


„Eiſenach, den 16. September 1798. 

Sch habe Ihnen lieber Geheimer Rath, vorige Woche 
ein paar junge Schaufpieler empfohlen ‚ bie ſich glücklich 
fühlen würden bey Ihrem Theater engagirt zu werben. 
Zie reißten von hier ab, erhielten aber zu Gotha einen 
Brief von Herrn Land-Cammerrathb Kirms, der fie hier 
an Herrn Land» Sammerratd Steinbrüd vor der Hand 
zurückwieß. In feiner Gegemwart und der einiger Xieb- 
baber der theatraliihen Kunft haben dieſe jungen Yeute 
oben in meinem Zimmer einige Scenen abgelejen. 
Ihre Declamation ift richtig, ihr Spradyorgan angenehm, 
ſie fcheinen Beide eine feine Erziehung und Sinn und 
Gefühl fir ihre Kumft zu haben. Bon dem Grad 
ihrer Talente ift aber bey einer fo oberflählihen 


Probe gar nicht zu urtheilen. 
Pasqueé, Goethe's Theaterleitung. I. 13 


194 Herr und Madam Burgdorf. 


Ich dächte, Sie hätten die Güte fie zum wenigten 
auf eine furze Zeit fommen zu laffen. Sie machten auf 
jo lange dieſes Paar glüdlich, und gefallen fie Ihnen 
nicht, jo fünnen Sie fie bald wieder los werben, indem 
fie ſchon halb und halb ein engagement bey ver Geſell⸗ 
ſchaft haben, vie jet zu Stade fpielt, und Luft hat in 5 
bis 6 Wochen hierher zu fommen. 

Da ic) in dieſem Augenblid in Geſellſchaft muß, fe 
habe ih nur eilends dieſe Zeilen aufs Papier werfen 
fünnen. DBerzeihen Sie mein theurer liebenswürbiger 
Freund ihren ganz profaifchen Ton, die Momente vrän- 
gen fih. Ich möchte den guten Leuten gerne nützlich 
ſeyn, und darüber habe ich fogar vergeflen müßen Ihnen 
etwas von mir felbft, und ‚von meiner alten unauslöſch⸗ 
lichen Anhänglichfeit für Sie zu fagen 

Ihre 
Julie“ 


Goethe empfing durch Kirmes aud) das Schreiben des 
Eiſenacher Schöngeiftes und Kenners, der fich nicht wenig _ 
geſchmeichelt gefühlt haben mag, in einer künſtleriſchen 
Angelegenheit, an welcher Goethe Intereffe nahm, jan 
Urtheil abgeben zu dürfen, feine Weisheit in theatralifchen 
Dingen vor jenem großen Manne leuchten zu laſſen. 

Goethe's fcharfer Blick hatte aus beiden Schreiben, 
trog aller Flosfeln und Umfchweife, fogleih das Rich⸗ 
tige herausgelefen. Seine Antwort an Kirms legt dies 





Herr und Madam Burgdorf. 195 


dar; der ſpätere Verlauf der Angelegenheit beftätigt bie 
Richtigkeit feines Urtheils aufs vollftändigfte. 

Goethe's Brief an Kirms lautete: 

„Oberroßla, am 19. Sept. 1798. 

Wenn ic) mid nicht in der Phyſiognomie des Stein- 
brüdifchen und Bechtoldsheimiſchen Schreibens äußerft 
irre, jo ift das liebe theatraliihe Paar wenig oder 
niht zu Brauden. 

Haben Sie die Güte die von mir doppelt unterftriche- 
nenen (in beiden Briefen gejperrt gedrudten) Stellen an⸗ 
zuſehen und Sie werben finden dag nicht viel zu ihren 
Sunften gejagt if. Ich wollte wetten die Frau ift 
noh auf feinem Theater gewefen und er ift 
ein Hafenfuß. 

In meinem Leben habe ich fo oft bemerft daß Men- 
hen, die ſonſt zuverläffig find, gegen jemand ber eine 
Stelle zu vergeben hat, gar fein Gemwiffen haben. Man 
will die Pente anbringen und wir mögen nachher fehen 
wie wir fie los werben. 

Wäre unfere Gefelfchaft in Weimar, fo fünnte man 
einen Verſuch maden, unter jegigen Umftänden aber 
toften ung die Leute gewiß über 100 Rchsth. bis wir fie 
wieder los werden. Dies ift fo meine Meinung, haben 
Zie aber irgend ein Zutrauen zu der hübfchen Figur, mie 
ie befchrieben wird, fo will ich auch nicht dagegen feyn, 
denn man muß ja allerley wagen. Leben Sie recht wohl. 
Jh hoffe Sie bald wieder zu fehen. G.“ 

13* 


196 Herr und Mabam Burgdorf. 


Kirms, als praftifcher,, ökonomiſcher Mann, ließ ſich 
durch Goethe's Urtheil vollſtändig beftimmen und mar 
durchaus nicht der Meinung, fo raſch hundert Thaler 
und vielleicht noch mehr zu risfiren. Cr benachrichtigte 
den Landkammerrath Steinbrüd in Eiſenach kurzer Hand, 
daß die Weimarifche Hoftheater- Direktion auf das En- 
gagement ber beiden jungen Leute verzichte, bevollmäd- 
tigte ihn, denſelben ale Entſchädigung 10 Laubthlr. 
auszuzahlen, und betrachtete vie Sache als vollftändig 
erledigt. 


Hiermit erreihte das Vorſpiel dieſer — Trage 
Komödie fein Ende. 


Wenn nun auch Kirms der Meinung war, daß die 
Angelegenheit abgethan ſei, fo waren die beiden Burg: 
dorf indeſſen ganz entgegengefetster Anfiht. Mit vem 
empfangenen Gelde wurden wahrſcheinlich Eifenader 
Schulden bezahlt, ſodann der Reſt zur Reife nach Wer- 
mar benutt, wo das Paar denn aud) etliche Tage nad 
dem abjchlägigen Beſcheid, mit dem älteren Briefe ver 
Frau ‚von Bechtoldsheim und einem weitern Schreiben 
Steinbrüf’s an Kirms, glücklich anlangte. 


Diefes Schreiben Steinbrüd’s, welches noch eine 
weitere Aufklärung giebt, lautete: 


Herr und Madam Burgdorf. 197 


„Eiſenach, den 22. Sept. 1798. 
MWohlgeborner Herr, 
Hoczuehrender Herr Hof-Cammerrath. 

Den Schaufpieler Burgdorf und feine Frau habe ich, 
nah Em. Wohlgeboren Anweifung geftern abfchläglich 
beſchieden, und ihm 10 Yaubthaler zu 39 Egr. als ein 
Wartegeld ausgezahlt, worüber er mir quittirt hat. Er 
war über bie abfällige Reſolution fehr verlegen, und 
glaubte, wenn er ſich nebft feiner Frau felbft in Weimar 
producire, daß er doch reüffiren möchte. Se mwenig.id 
ihm die Dahin-Keife wehren konnte, fo wenig habe ich 
ihm dazu gerathen. Er würde fid) aber auch nicht haben 
zurückhalten laffen, da er in Noth zu ſeyn fcheint, und 
feine Frau (wie mir die Frau Geh. Räthin von Bed- 
tolpsheim fagte), guter Hoffnung iſt. Sollte eine Hoch— 
verehrliche Theater-Direction biefes Paar nod) engagiren 
zu finnen glauben, fo wird fie dabey wohlfeile Bedingun⸗ 
gen machen fünnen. 

Die 10 Thlr. wird mir die hiefige Sammer - Eaife 
reftituiren und der fürftl. Hof- oder Cammer-Caſſe zu 
Weimar zurechnen. 

ꝛc. Ew. Wohlgeboren ꝛc. ꝛc. 
S. F. Steinbrück.“ 


Herr und Madam Burgdorf waren alſo in Weimar 
und verſuchten nunmehr perſönlich ihr Heil und Glück 
bei dem in ſolchen Fällen etwas unzugänglichen Kirms. 


198 Herr und Madam Burgdorf. 


Derfelbe machte ihnen auch durchaus feinerlei Hoffnun- 
gen, fondern bebeutete fie freundlich doch ernft, feine wei- 
tere Zeit zu verlieren und fi ſobald als möglich nad 
einem andern Orte zu begeben, ver ihnen mehr und 
befiere Ausficht böte. Ein paar Tage nad) Ankunft der 
beiden Leutchen war auch Goethe wieder von feinem Frei⸗ 
gut Ober-Rofla nad) Weimar zurücgelehrt und num wen- 
veten fie fih an biefen. Der Brief ver Frau von Bed 
toldsheim wurde übergeben und während fie ven Erfolg 
dieſes Schrittes abwarteten, wagte Frau Burgborf hin- 
ter dem Rüden ihres Mannes noch einen Sturm auf 
das Herz des Hoffammerrathß, in deſſen Augen fie wahr: 
ſcheinlich bei perfünlichem Verkehr Intereſſe an ihrer 
hübfchen Geftalt, Theilnahme mit ihrer Tage gelefen. Sie 
fchrieb ihm — etwa den 24. oder 25. September — 
folgenden merfwürbigen und charafteriftifchen Brief: 

„Da mein Mann nicht zu Haufe ift — ich alfo völ- 
fige Mufe habe zur Nieverfegung meiner Gedanken, bin 
ich fo frey Ihnen Herr Hoff Kammerrath einige wenige 
Morte, im vollen Vertrauen auf Ihre Güte zu jagen. — 

Die fefte Weberzeugung idy rede mit einem Mann 
edler Denkungsart (denn als ſolcher lernte ich Sie kennen) 
ermuntert mid) zu diefem Schritt. — 

Glücklich und froh verfloßen mir die Jahre der Kint- 
heit, Anſprüche mancherlei Art zu denen mid) meine Ver⸗ 
hältnifje berechtigten, zeigten mir die glänzendſte Zukunft, 
forglos und heiter jchritt ich ihr entgegen — ohne zu 


Herr und Madam Burgdorf. 199 


wähnen, daß man dennoch finfen fünne, wenn man 
glaubt die höchfte Stufe Menſchlichen Glücks eritiegen zu 
haben. — Nur zu bald ward ich davon überzeugt. — 
Schickſale und Verhängniß entrigen mich den ſüßeſten 
Hoffnungen. Da ich kaum noch zu denken fähig war, 
ward mir alles entrißen; ſelbſt die Stütze an der meine 
ſchwankende Jugend ſich hielt. Hineingeſchleudert in die 
große Welt — ohne Ausſicht, ohne Hoffnung, ohne 
Alles, blieb mir nichts übrig als meine jetzige Beſtim⸗ 
mung — ich ergriff fie mit Freuden — ‚aber fand bald, 
nur zu bald — daß ein Mädchen ohne Weltkenntniß 
diefe fchlüpfrige Bahn nie ohne Führer betreten muß. 
Nach vieljährigen Leiden, fand ich zwar ihn, aber nicht 
wie ich glaubte auch meine Zufriedenheit wieder. Seit 
trey Monaten irren wir unftät und flüchtig, ohne Brodt 
— Summer allein war die Würze des Wenigen mas 
uns zum Genuß übrig blieb. — | 

Jetzt leuchtet uns Hoffnung — allein! — Lieber 
Herr Hof Kammerrath — Cie find wohldenfend und 
gut — nur einen Augenblid fegen Sie ſich in unjere 
Lage — und Ihr gutes, edles Herz wird vergeflen, wo 
es hadern könnte. — Ein Dann wie Sie — ein Mann 
wie der Herr Geh. Rath, willen nicht — können nicht 
wißen, was drüdenver Kummer und mas Elend ift. — 
O thun Sie Ihr möglichftes, würdiger Mann! id 
beihmwöre Sie mit Thränen des innigften Grams. Hel- 
fen Sie — Sie fünnen es. — 








200 Herr und Madam Burgdorf. 


"eben Sie wohl ich muß fchliegen denn ic fürdte 
daß mein Mann mich überrafht. Nochmals leben Sie 
wohl! 

Ihre 
ergebene Dienerin 
Minna Burgdorf. 
In großer Eile. 
Verzeihen Sie das Geſchmier.“ 


Der Brief ſelbſt zeigt deutlich eine Menge Thränen- 
ſpuren; er verfehlte auch ficher nicht, einen gewiſſen Ein- 
drud auf den Hoffammerrath zu machen. In wiefern 
er indeflen Wahres oder Faljches enthielt, ſollte Kirms in 
ver Folge nod zur Genüge erfahren und auch der Leſer 
wird im Berlauf dieſer Angelegenheit aus ben jpätern 
Dokumenten deutlich die Lüge von der Wahrheit zu unter: 
icheiden vermögen. Auf alle Fälle geht aber aus vem 
Schreiben hervor, daß Madam Burgdorf feine gewöhn- 
liche Berfon geweſen, fondern Bildung, Geift und Manie- 
ven gehabt haben muß, die ihre körperlichen und jugent- 
fihen Vorzüge bedeutend unterftügten und wodurch fie 
wohl im Stande war zu feſſeln und für ſich einzuneh- 
men. — 

Das Reſultat dieſes thränengetränften Schreibens 
war eine Unterredung, die Kirms mit Goethe pflog, we- 
bet feftgeftellt wurde, bie beiden Gatten, oder vielmehr 
und hauptfählih nur Madam Burgdorf zu hören, zu 





Herr und Madam Burgdorf. 201 


prüfen. Beide wurden hierauf aufgefordert, einige Scenen 
auf dem Theater zur Probe zu fpielen. Ste nahmen Dies 
an und Burgdorf ſchrieb nun ven folgenden, darauf 
bezüglichen Brief an Kirmes: 


„Bon Hier, ven 27ten September 1798. 
Wohlgeborner Herr! 


Ohngeachtet nach dem ohnfehlbaren Urtheil des Troftes 
unferer Kunſtverwandten, die Vorficht des Herrn Geheimbe- 
raths etwas Demüthigendes für uns enthalten mögte, und 
ich durch Beweife, von denen ich die Ehre haben werde 
heute Abend einige zu produziren, und auf meiner Keife 
von Rußland nad) Hannover, mehr Vertrauen von der 
Hamburgiſchen, Altonaer, Schweriner, Magdeburger und 
Hannoverſcher Direction darthun fonnte — fo ift eine 
jolde Vorficht einer jeden Theaterdirection doc, zu fehr 
zu emphehlen. Ich fühle zu lebhaft meine jegige Pflicht 
mid nach Berhältniffen zu bequemen, um nebft meiner 
Frau das geeigendſte Bedenken zu tragen, uns den gefäl- 
ligen Beftimmungen des Herrn Geh. Raths von Goethe 
zu unterwerfen. 


Zu dem Ende bin ih, in Betracht der zu wählenden 
Scenen fo frey mir die Bücher vom Kind der Liebe, nad) 
der Original-Ausgabe,; Armuth und Edelſinn; die In— 
dianer in England und, ift das Manufcript der Unglüd- 
lihen nicht mit nach Rudolſtadt, auch dies gehorfamft zu 


202 Herr und Madam Burgdorf. 


erbitten. Auch um das Bud, von Ifflands Dienftpflicht 
erſuche gehorjamtt. 
Mit vieler Achtung verharre 
Em. Wohlgeboren 
gehorfamfter Diener 
L. Bur gdorf.“ 


Die Probe der beiden Burgdorfs fand im Theater 
und im Beiſein Goethe's ſtatt. Aus derſelben ergab ſich, 
daß Burgdorf für die Weimariſchen Verhältniſſe nicht 
wohl paßte, feine Frau aber, wegen „hübjcher Figur“ 
und „bejonverd gutem Organ”, zu engagiren fei, weil 
dadurch, wenn „viefelbe, wie bei Madam Beder ber 
Tall geweſen, dem Unterricht der Demoifelle Corona 
Schroeter ſich unterziehen würde, das Fach der Mabam 
Beder wieder befett werben Könnte. “ 

Im dieſem Sinne operirten nun die beiden eigent- 
lichen Yeiter des Theater. Man zeigte fich bereit, Ma- 
dam Burgdorf zu engagiren, jedoch nur fie allein, nicht 
ihren Mann. Die junge Frau jcheint damit zufrieden 
geweſen zu fein, doch nicht fo Burgdorf. Es kam ziwi- 
{chen beiden Gatten zu unangenehmen , heftigen Auftrit- 
ten und in einem foldyen Augenblide Tieß fi Burgdorf, 
obgleidy er feine Frau innig liebte (Beweiſe hierfür fin- 
- den wir fpäter mehrere), von feiner Hiße derart hin- 
reißen, daß er feine Gattin thätlich mißhandelte. Madam 
Burgdorf rief den Schuß des Hofkammerraths Kirms 





Herr und Madam Burgdorf. 203 


an und biefer ftellte venn auch bald das gute Einvernehmen 
zwilchen den beiden Leuten wieder her. Diefer Borfall 
aber war Urſache, dag nach mancherlei Beiprechungen 
zwifhen Kirms und Goethe andere Beftimmungen für 
ein abzufchliegendes Engagement feftgeftellt wurden. Diefe 
lauteten dahin, daß Madam Burgdorf vorläufig bie 
Dftern 1799 zu engagiren fei. Würde fie fi) bis dahin 
als brauchbar, gelehrig erwiefen haben, jo folle ver Kon 
traft auf drei weitere Jahre verlängert, auch von letterm 
Zeitpunkte (Oftern 1799) an Herr Burgborf für flei= 
nere und Aushülfsrollen mit engagirt werben. 

Burgdorf, der aus ſolchen neuen Anerbietungen fah, 
daß man eigentlid) doch nur feine junge Yrau zu behal- 
ten und fogar gerne zu behalten wünſche, war aber 
durchaus nicht gejonnen, fih won ihr zu trennen. Er 
wollte deshalb entweder jein Mitengagement, durd) fie, 
durchſetzen, oder mit ihr Weimar verlafjen, wozu er ſchon 
gedachte, fie zu zwingen. In diefem Sinne fchrieb er an 
Kirms: | 

Dienftag, den 28ten September 1798. 
Gehorfamftes Pro memoria. 

Obſchon meine isige Verhältniffe mic nöthigen, die 
Beſtimmungen der resp. Theater - Direction in Betreff 
meiner Frau dankbar zu acceptiren,, fo ſchmeichle ich mir 
oh, daß folgende Vorjtellungen zu meinem Vortheil 
niht ganz überfehen werben dürften. 

Es findet ſich beym Theater fehr häufig, daß, befon- 





204 Herr und Madam Burgdorf. 


ders bey zureifenden Subjecten der eine Theil nicht immer 
mit dem andern gleich brauchbar ſeyn Tann; alsdann 
aber ift es natürlich, Daß der andere fich fo lange jebe 
Zurückſetzung gefallen läßt und die fleinfte Rolle ohne 
Murren übernimmt, bis fein Sad) entweder erlebigt, oder 
bie Direction felbft darauf aufmerffam gemadyt wird, ihn 
befjer gebrauchen zu fünnen. Ich verfpredhe hiermit 
feyerlich, daß ich dies ebenfalls fehr gerne zufrieden bin. 

Der Herr Land Kammerrath Steinbrüd machte mich 
damals gleich mit ven Verhältniſſen befannt und mir 
forderten in Hinfiht darauf zufammen eine Gage mie fie 
ein einzelnes Frauenzimmer nothwendig nicht viel Kleiner 
erhalten dürfte, um ausfommen zu können; beſonders 
wenn fie genöthigt ift, fich eigene Garverobe zu halten. 
Zuſammen hätten wir in der That dem biefigen Theater 
von einigem Nuben werben fünnen, ftatt daß unfere 
längfte Trennung doch nur bis Oftern dauern kann, und 
hat meine Frau während der Zeit Rollen erhalten, dieſe 
alsdann wieder erledigt werden müßten. 

Ich bin alfo, auf diefe Gründe geftütt, noch einmal 
jo frey, um mein Mitengagement, entweber bis Oftern, 
oder auch blos auf ſechswöchentliche Auffündigung gehor- 
famft, allenfalls für eine Gage von neun KReichöthaler 
anzutragen und überzeuge mich gern, daß man es auf 
ben einen Thaler mehr nicht wird anfommen laffen, zwey 
jungen Leuten, die allenfalls wohl ihren Zweck erfüllen, fort 
zubelfen und zu ihrer Zufrievenheit beyzutragen. Meine 








Herr und Madam Burgdorf. 205 


Frau allein wiirde nicht füglich unter einer Gage von 
acht Reichöthaler (bet) eigener Garderobe) fordern fünnen. 
Mit vieler Ehrfurcht verharre 
Euer Hohwohl und Wohlgeboren gehorfamfter 
L. Burgdorf.” 


Die Direktion, die in Wahrheit Hoffnung auf die 
Burgdorf, wenn fie fid) den Unterricht der Schroeter zu 
Rute machen würde, baute, war endlich geneigt, um die 
dran zu behalten, den Mann mit zu engagiren. Man 
zeigte letzterm dies an; doch nun 308 Burgdorf gleich 
andere Saiten auf und ftellte — vielleicht aufgemuntert 
durch Demoiſelle Schroeter felbft, die die jungeFrau wohl 
auch für fi) einzunehmen gewußt — andere Bedingungen. 
Er ſchrieb an die Fürftl. Hoftheater-Commiffion : 


„Mittwoch, den Iten Detober 1798. 
Ganz gehorfamftes Pro Memoria. 

Nicht ohne Abficht Auferte ich in der gejtrigen Vor- 
ftellung meine Beruhigung darüber, wenn ich bey ber 
einmal ftattfindenden Befchaffenheit des hiefigen Hofthea- 
terd nicht grade gewünſchte Rollen erhalten könnte: ich 
finde e8 nicht für überflüßig, bey der Furcht, Daß ich der⸗ 
gleichen pretension dennoch machen möchte, hiermit gemef- 
ſen zu wiederholen und mich anheifchig zu machen, bis zur 
etwaigen Erledigung meines Faches gern mit dem was 
für mid) übrig bleiben fünnte, zufrieden zu ſeyn. 

Ih habe zuviel Einfiht von der Wichtigfeit des 


206 Herr und Madam Burgborf. 


Grundfages, daß zu vieles Wechſeln dem Gange ber 
Darftellung ſchadet; — Was kann ferner für ein Indi—⸗ 
viduum unferer Kunft erwünfchter ſeyn, als auf mehrere 
Jahre ein Brod gefichert zu erhalten, welches fo fehr von 
Verhältniſſen, felbft bey den größten Directionen ab- 
hängt? — und lafje mir alfo nebft meiner Frau mit 
Vergnügen die VBorfchläge der hiefigen Theater Direction 
gefallen, bis Oftern ſich hinlänglich von unferer Braud- 
barkeit zu überzeugen und alsdann auf drey Jahre zu 
contrahiren, in fo fern uns nur, im Falle diefelbe vies 
nicht ihrem Vortheil gemäß bielte, auf Weihnachten (alfo 
ein Viertel Jahr vorher) aufgefagt wird. 

Dagegen muß ic) in Hinficht, daß es daben auf Zu⸗ 
friedenheit für Jahre ankommt, jo dreiſt ſeyn, nebft mei- 
ner Frau gehorfamft um Erfüllung folgender Bitten 
erſuchen. 

1) Daß wir über die geſtern geäußerte Beſtimmung 
von allenfalls 9 Reichsthlr. n icht beym Worte genom⸗ 
men, ſondern daß es bey den anfänglichen zehn Reichs⸗ 
thaler wöchentlich (exclus: des Garderobe Geldes) — 
da dies immer die kleinſte Gage iſt, verbleibe. 

2) Daß wenn die respective Direction es fir gut 
befinden follte, mit uns einen dreyjährigen Contraft zu 
ſchließen, wir zwei oder wenigftens anderthalben Reiche: 
thlr. wöchentliche Zulage erhalten. Und daß ung, 

3) weil Anjhaffungen von Garderobe und manchen 
Bedürfniſſen nothwendig ift, ein Vorſchuß von adıt 





Herr und Madam Burgborf. 207 


Louisd’or gegen Abzug von anderthalb Reichsthlr. wöchent⸗ 
(ih accordirt werde. 

Schließlich verfprehen wir hiermit nochmals ſchrift⸗ 
(ih Daß, fo wie wir uns wohl Beyde einiger Anlagen zu 
Erreichung unferer einmal gewählten Beitimmung ſchmei⸗ 
deln, e8 unſer berzlichftes Beftreben ſeyn ſoll, bey dem 
Glück einer beym Theater fo feltenen ehrenvollen Aus- 
ficht, fie nach möglichften Kräften auszuarbeiten und ung 
zu vervollfommnen. 

Ludwig Burgdorf 
Schaufpieler. ” 


Auf dieſes Promemoria, welches Burgdorf aller 
Wahrſcheinlichkeit nach perſönlich dem Hof- Kammerrath 
Kirms mit der Bitte um baldige Reſolution übergab, 
erfolgte indeſſen die Antwort nicht mit gewünſchter Raſch⸗ 
heit; man wollte ihn wohl noch ein wenig hinhalten, 
gefügiger machen. Da ſchrieb Burgdorf, das Letzte 
wagend, raſch entſchloſſen folgendes Billet an Kirms, 
deſſen eigentlicher Inhalt lautete: Entweder das ver- 
langte Engagement für ihn und feine Gattin, oder fofor- 
tige Abreife Beider. 

„Weimar, ven 4. October 1798. 
Wohlgeborner Herr! 

Im Ball die gütige Berwentung Ew. Wohlgehoren 
feine Wirkung gehabt und es bey der geänderten Bejtim- 
mung des Herrn Geheimderaths fein Bewenden behielte ; 











208 Herr und Madam Burgdorf. 


fo muß ic) angelegentlichft bie Bitte wiederholen, mir dies 
gefälligft nech heute infinutren zu laſſen. Meine Um- 
ftände erlauben durchaus nicht länger als bis zur mer- 
genden Poft mid, aufs Geradewohl bier aufhalten zu 
fünnen und man muß fi alsdann heute noch einjchrei- 
ben laſſen. Mamjel Schroeter hat verfprocen ſich 
für ung zu intereffiren ; id) bin begierig ob mit Erfolg. 
Ew. Wohlgeboren 
ganz ergebenfter Diener 
Burgdorf.‘ 


Das Billet, worin Kirms Goethe die Abficht Burg: 
dorf's, den Stand der Sache mittheilt, geftattet ung einen 
DBli in die Karten des Mitdirektors des Weimarer Hof 
theaters zu thun; es lautet: 


„Dr. Burgdorf ift der Meinung er müße fort und 
gehet Alles ein, trennt fid) aber von ber Frau nicht. 
Wenn Ew. Hochmohlgeboren dieſen (beiliegenden) Gen: 
trat, der nah Art der Altern — ein wenig 
rußiſch — abgefaft ift, goutiren, jo bitte ich denfelben 
auch dem Herrn von Yud zu ſchicken. 

Auf eine Zulage von Oftern an, dächte ich, fellt 
man fid) nicht einlaffen, obgleich vie Gage ſehr geringe 
ist. Man fünnte ver rau eher alsdann etwas ſchenken.“ 

Dean fieht, daß das „Oekonomiſche“ des Weimarer 


Hoftheeters in den beſten, gewandteften Händen lag unt 
daß Kirmes als Gefhäftsmann genau fo geſcheidt war, wie 


Herr und Madam Burgborf. 209 


bie geriebenften Theater⸗Direktoren feiner und auch unje- 
rer Zeit. — Schade nur, daß die bisher jo wohl geführte 
Sade ein ganz anderes Ende nahm, als der praftifche 
Mann gedacht und erwartet. 


Der erwähnte, „ein wenig ruffifche Contraft”, eine 
gewiß nicht unmwichtige Urkunde aus der goldnen Zeit der 
Weimarer Bühne, lautete wörtlich: 


„Contrakt zwifchen der zur Dirigirung des Hof Thea⸗ 
ter8 allbier verorpnneten Commiſſion und den Schaufpies 
lern Herren und Madam Burgdorf. 

1. 

Herr und Madam Burgdorf engagiren ſich von dato 

an auf drey Jahre zum biefigen Hof Theater. 
2. 

Madam Burgdorf verjpricht, nicht nur als Schau- 
fpielerin, befonvers im Fach der Liebhaberinnen, ſondern 
auh bey Opern nad ihren Kräften Dienfte zu leiften ; 
Herr Burgdorf hingegen, da fein angebliches Fach ber 
jungen Chevaliers und Liebhaber jett befett ift, ohne 
Pretension und ohne eine Unzufriedenheit zu bezeigen, 
allenfalls Hülfs Rollen zu fpielen. Beyde machen ſich 
hierdurch verbindlich, alle von der Direction denfelben 
zugetheilt werdende Rollen ohne Widerrede anzunehmen, 
auch mit Fleiß, zu gehöriger Zeit und mit dem beften 
Billen zu liefern, und in Stüden fo wie bey Opern, gleich 


andern Statiften zu machen. 
Basqus, Goethe's Theaterleitung. 1. 14 


210 Herr und Mabam Burgdorf. 


3. 

Beyde verbinden fih ferner allen von Seiten ter 
Commiffion zum Beften des Theaters getroffen werben- 
den Einrichtungen und Entfcheidungen fih ohne Wider 
fetslichfeit zu unterziehen, mithin aud) den Anorbnungen 
der Regie und derjenigen Perfonen, denen befonvers aus- 
wärts, die Dirigirung des Theaters übertragen wird, 
fih um fo mehr zu fügen, als dieſe allein ver Commiſ⸗ 
fion verantwortlid) find. 

Dagegen verfpricht 

4, 

Die Theater-Commilfion denenfelben die wöchentliche 

Gage von 
Zehn Thalern Courant 

und außer dem an Madam Burgdorf, welche alle ihre 
Theater- Kleider felbft ſich anzuſchaffen verfpricht, 

Einen Thaler 
wöchentliches Garderobe⸗Geld, vom Tage ihres würklichen 
Engagements an, auszahlen zu laſſen. 

5. 

Die Theater-Commiffion engagirt unter nachftehen- 
den zwey Einfchränfungen ihrer Seit8 Herrn und Ma- 
dam Burgdorf auf gedachte drey Jahre daß 

a) fie zur Feſthaltung dieſes Contrafts erſtlich nad) 
ven Debüt Rollen ſich verbinplih madt und 

b) daß e8 ihr unbenommen ſeyn müße, nad) vorgängi⸗ 
ger einvierteljähriger Auffündigung, den Herrn und Madam 


Herr und Mabam Burgdorf. 911 


Burgdorf binnen hier und den nächften Dftern wieder zu 
entlaflen, ohngeachtet beyde Letztern fich zu einem Engage- 
ment auf drey Jahre verbinben. 


6. 


Herr Burgdorf wird als Supernumerarius engagirt 
und gehet ohne Reservation die Bedingung ein, daß 

a) wenn berjelbe, wie ohnlängft gefchehen fein foll, 
feine Frau thätlich mißhandeln follte, er ipso facto mit 
Zurücdlaffung der Madam Burgvorf, feines Engage- 
ments beym hiefigen Theater entlafien feyn folle, in⸗ 
gleichen | 

b) ohne Widerrede e8 ſich gefallen laffen wolle, daß 
im all es zur Kenntniß der Direction kommen werde, daß 
er mit feiner Frau in Uneinigfeit leben und fie dadurch 
an Bearbeitung und Einftubirung, ſowie an der guten 
Erefutirung der ihr zugetheilten Rollen behindert werben 
jollte, feine Frau von ihm genommen, in ein anderes 
Quartier gebracht, die Gage unter Beyde getheilt und 
ihm aller weiterer Umgang mit derſelben ſogleich unter⸗ 
ſagt werden ſolle. 

7. 

Sollten Umſtände eintreten (die doch die Vorſicht 
verhüten wolle) unter welchen die Geſellſchaft des hieſigen 
Theaters in die Nothwendigkeit verſetzt würde, zu ſpielen 
plötzlich aufhören zu müſſen, jo hebt natürlicher Weiſe 
ſich dieſer Contrakt von ſelbſt. Die Theater-Commiſſion 

14* 


212 Herr und Madam Burgdorf. 


verfpricht aber in dieſem Fall die Gage auf ſechs Wochen, 
als eine Abfertigung der Gefellihaft auszahlen zu laſſen. 


8. 

Sollte einem oder dem andern Theile diefer Con- 
trat, nad deßen Ablauf zu continuiren nicht gefällig 
jeyn, fo muß diefes längftens drey Monate vorher ange 
zeigt werden, widrigenfalls der Kontrakt ſtillſchweigend 
auf eben jo lange Zeit erneuert und verlängert anzu 
fehen ift. 

9. 

Herr und Madam Burgporf verbinden ſich, niemald 
eine von der Direction benfelben zugetheilt werdende 
Role zurüd zu ſenden, fondern fie jederzeit anzunehmen, 
gut zu memoriren und nad ihren Talenten und beften 
Kräften zu fpielen und deutlich vorzutragen. 


10. 

Berfprehen Beyde ohne Vorwiſſen ber Direction, 
oder auswärts ohne Vorwiſſen der Regie, oder derjenigen 
Perjonen, weldyen die Aufficht über das Theater über- 
tragen ſeyn wird, niemals zu verreifen, ferner 


11. 
bey Vorftelungen und Proben, erftere mögen drei 
oder mehrmals wöchentlich gefchehen, Iettere aber frühe 
oder nad) Mittag, oder zuweilen gar zwey an einem 
Zage zu halten für nöthig gefunden werben, ohne alle 
Ausflüchte, es wäre denn, daß wirkliche Krankheit das 


Herr und Madam Burgdorf. 213 


Erſcheinen ohnmöglich machen würde, zu angefagter Zeit 
fi) einzufinden und dabey ſich anftändig zu betragen. 
12. 

Herr und Madam Burgdorf verfprechen feine Hand» 
[ungen zu begehen, woburd die Ehre und der gute 
Rahme des Theaters und deßen Mitglieder insbeſondere 
. bintangefetst werben: mithin verjprechen fie auch, von 
ben aufgeführt werdenden Stüden nicht nachtheilig zu 
Iprehen ; ferner 

13. 

bie Theater » Öarberobe-Stüde möglichft zu ſchonen, 
ſolche nach der Vorftellung wieder gehörig zu übergeben, 
und nicht mit nad Haufe zu nehmen: auch ohne Ver- 
willigung der Regie bey Wiederholung. der Stüde die für 
diefe oder jene Rolle einmal gewählten und eingejchriebe- 
nen Garverobe-Stüde, eigenmächtig nicht zu changiren. 

14. 

Damit aber diefe Ordnung durch Niemand von der 
Geſellſchaft geſtöret werden möge, fo erklären ſich Herr 
und Madam Burgdorf, nad) dem Inhalt anderer ähn- 
licher Contracte, fi) gefallen zu laſſen, daß bey einem 
Ihrer Seits vorkommenden Webertretungsfall, der ge- 
Ihloßene Contract mit ihnen, als deſſen PVerlegern, 
jogleih ohne weitere Auflündigung aufgehoben werbe, 
wenn die Commiffion fie nad) Befinden mit Zwangs⸗ 
mitteln zur Beobachtung ihrer Schulvigfeit anhalten zu 
lagen ſich nicht geneigt finden laſſen follte. 


214 Herr und Madam Burgdorf. 


Urkundlich ift vorftehender wohl überlegter und ge- 
ihloßener Kontraft in zwey gleichlautenden Eremplarien 
abgefaßt, von den Eontrahenten unterjchrieben und einem 
jeden ber contrabirenden Theile ein Exemplar davon ein- 
gehändigt und zugefertigt worben. 

So gefchehen Weimar, ven — October 1798. 

F. ©. z. Dirigirung bes vof Theaters gnädigſt ver 
ordnete Commiſſion.“ 


Alſo der Contrakt, deſſen Paragraph 5 Goethe (nach⸗ 
dem er zuerſt einige Korrelturen damit vorgenommen) 
inbeflen ftrih, wahrfcheinlich meil die übrigen Paragra⸗ 
phen genug Anhaltspunkte für eine augenblidliche Kün- 
digung und raſche Entlaffung boten. 

Man fcheint aber dennoch von einem wirklichen for- 
mellen Kontrakt vorläufig abgefehen, dafür aber vie bei- 
ben Burgdorf ſtillſchweigend, mündlich, jedoch mit pofis 
tiver ſechswöchentlicher Kündigung, engagirt zu haben, 
wobei Madam Burgdorf zugleich hatte verfprehen müſſen 
fi) dem Unterricht ver Demoifelle Schroeter, der Lehre: 
rin der verftorbenen Beder, zu unterziehen, welcer 
Unterricht denn auch ſogleich begonnen hatte. 

So war alles ſcheinbar in Ordnung und auf dem 
beften Wege zu dem von beiden Seiten gewünfchten Ziele. 
Da gefhah plöglich abermals etwas, was alles bisher fo 





Herr und Madam. Burgdorf. 215 


mühſam Crreichte wieder in Frage ftellte, alle fchönen 
Hoffnungen zu zerftören drohte. 

Eine neue gemwaltfame Scene fand zwifchen beiden 
Gatten ftatt (die Urfache vermag ich nicht anzugeben, 
ebenfowenig den eigentlichen Thatbeſtand, da darüber 
jeder urkundliche Anhaltspunft fehlt), und diesmal in 
voller Deffentlichkeit, denn Die ganze Stadt ſprach davon, 
wie es in dem folgenden Billet heißt. Dieſer neue 
Skandal hatte zur Folge, daß beide Burgdorf augenblid- 
lich gekündigt und angewiefen wurden, nad) fechs Wochen 
das Hoftheater zu verlaffen. Das Heren Burgdorf ſolches 
anzeigende Billet Kirms' lautete: 

„Weimar, ven 8. October 1798. 

Der Herr Geheime Rath von Goethe kann ſich durch⸗ 
aus nicht entichliegen, Sie nach dem Auftritt gegen Ihre 
Frau, wovon die ganze Stadt ſpricht, auftreten zu laſſen. 
Das ſechswöchentliche Engagement wird man Ihnen hal⸗ 
ten, ımd Ihre Grau während dieſer Zeit ſpielen laſſen, 
dann können Sie aber zufammen ziehen, wehin Sie wol- 
fen. Was man für Sie, oder vielmehr für Ihre Frau 
tbun wollte war gut gemeint und gefchahe auf Verwen⸗ 
dung der Frau von Bechtoldsheim, denn unfer Theater 
it befeßt und für Sie befonvers kein Fach leer. Ich 
verbitte mir alle münpliche Unterredungen und erwarte 
dab, wenn Sie währenn ben ſechs Wochen etwas anzu= 
bringen haben follten, Sie es ſchriftlich an die Commiſ⸗ 
fion des Theaters thun mögen. “ Kirmes.“ 


216 Herr und Madam Burgdorf. 


—. Hier ift nun eine große Lücke in ven Urkunden, 
denn die nächte ift vom folgenden 29. November. Ein 
fpäterer Vorfall jevoh gab dem Hoffammerrath Kirmes 
Beranlaflung, die ganzen Unterhandlungen zwifchen dem 
Theater und ben beiden Burgdorf kurz niederzuſchrei⸗ 
ben. Da dieſe „Species facti‘“ an betreffenver Stelle nur 
eine Wiederholung der urkundlichen Darftellung fein wür⸗ 
den, fie aber die oben bezeichnete Lücke auszufüllen ver⸗ 
mögen, ſo will ich das daraus Nöthige hier mittheilen, 
und beginne mit der Stelle, die die Abſchließung des oben 
angedeuteten, wohl mündlichen Kontraktes behandelt. 

„— Madam Burgdorf verſprach ſich dem Unterricht 
der Demoiſelle Schroeter zu unterziehen, und bey dieſer 
Vorausſetzung wurden Beyde, ohngeachtet für Herrn 
Burgdorf fein Fach erledigt war, für 10 Rchothlr. 
wöchentlich auf ſechswöchentliche Auffündigung engagirt. 
Daß Hr. und Mad. Burgdorf auf ſechswöchentliche Auf⸗ 
kündigung engagirt waren, bezeugt die beyliegende Ab⸗ 
ſchrift eines Billets vom Sten October (das zuletzt mit⸗ 
getheilte), welches mitunterzeichneter Hoflammerrath Kirms 
nad) einem befannten Vorfalle an Herrn Burgdorf erlaf- 
fen und deflen und feiner rauen Abgang von dem hie 
figen Theater nad) Berlauf von ſechs Wochen ankündigen 
mußte. 

Madam Burgdorf bat hierauf inftändigft, daß man 
fie für ihre Perſon nicht verabſchieden möchte, meil fie 
ſchwanger und dabey kränklich, auch von allen Nothdürf⸗ 





Herr und Madam Burgdorf. 217 


tigfeiten entblößt fey, um mit ihrem Manne zu einem 
andern Theater reifen zu können. Hr. Burgdorf erklärte 
fih hingegen ſchriftlich: er wolle ohne feine Frau nad) 
anderm Engagement reifen und reverfirte ſich, daß er 
feine Frau nicht hindern wolle, mit dem hiefigen Theater 
einen orbentlihen Contraft einzugehen und verſprach, fie 
während ihres hiefigen Engagements auf feine Weife zur 
ftören. 

Bon Seiten der Fürftl. Theater-Commiffion wurde 
in Rückſicht auf die kranklihen Umftände ver Madam 
Burgdorf zu erkennen gegeben, daß man fie ohne ihren 
Mann noch länger für ſechs Reichsthlr. wöchentlich behal⸗ 
ten wolle, Madam Burgdorf verſprach hingegen ihrerſeits 
ſich dem Unterricht der Demoiſelle Schroeter zu unter⸗ 
ziehen und wenn ſie gefallen würde, keine höhere Gage 
zu verlangen, auch wegen der dem Theater bereits verur⸗ 
ſachten vielen Unkoſten alsdann auf drey Jahre ſich zu 
verbinden. 

Madam Burgdorf überließ ſich nun anfänglich ganz 
der Leitung der Demoiſelle Schroeter, ging mit derſelben 
die von ihr zu ihrem Debüt gewählte Rolle der Afanaſia 
in Benjowsky durch, wurde aber durch eine frühzeitige 
Niederkunft an ihrem Debüt gehindert. 

Es erfolgte endlich das Debüt (am 7. November 
1798: Afanafia in Graf Benjowsty). Madam Burg- 
dorf merfte bald, daß fie diefer Rolle nicht gewachſen 
ſey, wollte ſich durch geiftige Getränfe encouragi- 


218 Herr und Madam Burgdorf. 


ren, verlor alle Tendenz des Charakters und fiel gänz- 
lich durch. 

Eine jede andere Direction würde ihr ſogleich auf— 
gekündigt haben: allein man hatte mit ihrer Kränklich⸗ 
keit Mitleiden, wollte ſie wieder zur völligen Geſundheit 
kommen laſſen und verſuchen, ob ſie in einer kleinen Rolle 
mit dem Publikum wieder ausgeſöhnet werden könne. 

Da Madam Burgdorf der Demoiſelle Schroeter, 
ohngeachtet deren bewieſener Theilnahme an ihrem Schid- 
fal, nad) ihrem Debüt gefchrieben, daß fie Schauspielerin 
ſey und ihre nächſte Rolle fich felbft einftubi- 
ren wolle, und diefes zur Wiſſenſchaft des Publikums 
gefommen war, fie auch die zweyte Rolle wohl gut ſprach, 
aber dabey nicht die praetendirte Schaufpielerin werrieth 
und mancherley Nachrichten von dem fittlichen vorherigen 
Benehmen verfelben zu ihrem Nachtheil fich verbreiteten, 
jo zeigte fich eine allgemeine Abneigung gegen beren fers 
nere Benbehaltung. ‘Der Hof gab aber gar ver Theater 
Commiſſion zu erkennen, dag Madam Burgdorf nie wie 
der auftreten möchte. ” 

So weit die Aufzeichnungen Kirms'. 

Aus venfelben erfahren wir, daß nach dem erwähn⸗ 
ten ſtandalöſen Vorfall Burgdorf genöthigt worden war, 
mit Rüdlaffung feiner rau, Weimar zu verlaflen, fer- 
ner daß man, den unbraudbaren Dann einmal los, mit 
ber Frau einen weitern Vertrag, doch auch nur mündlich, 
abgeſchloſſen. Burgdorf hinterließ fogar einen fchrift- 





Herr und Mabam Burgborf. 219 


lichen Revers, worin er ſich verpflichtete, feine Frau un⸗ 
geftört während der drei Jahre in Weimar zu laſſen, 
welche Schrift bei den Gerichten beponirt wurde. 

Das erfte Debüt der Frau Burgdorf mißglüdte; fie 
gab ihrer Lehrerin Corona Schroeter die Schuld und 
fagte fich ziemlich brutal von derfelben los. in zweiter 
Verſuch, eine Heine Rolle in „einem kalt aufgenommenen 
Stüde*, mißglüdte ebenfalls und ihr Schidfal, ihre Ent⸗ 
faffung war befchloffen. 

Wohl nur furze Zeit nad diefem abermals verun- 
glückten Auftreten fchreibt fie folgenden Brief an Kirms, 
die nächfte der vorhandenen und vorliegenden Urkunden. 


„Weimar, den 29. November 1798. 
Hochzuehrender Herr Hof Kammer Rath! 

Ich hoffe daß dieſe Zeilen Sie bey volllommenem Wohl 
ſeyn antreffen werden — Gewiß wünfche ich e8 von Herzen. 
Der Zweck dieſes Schreibens ift Erhörung meiner ſchon 
jo oft wiederholten Bitte zu finden — nemlich Bezahlung 
meiner ausftehenden Schulden. Ich bin jchon verjchie- 
ventlih gemahnt worden und das ift fehr bitter für mein 
Ehrgefühl. Ich bitte Sie flehentlich befter, Tieber Dann ! 
mahen Sie diefem Ungemach ein Ende — ich gräme, 
quäle mich fonft topt — und da müßten Sie mich am 
Ende begraben lafien — das wäre doch noch ärger als 
wenn Sie jetzt bey meinen Lebzeiten Ihre milde Hand 
aufthun, da ich e8 noch wieder einbringen fann. 


220 Herr und Mabam Burgdorf. 


Zum zweyten erfuche ich Sie, mir bie Erlaubniß zu 
ertheilen fürs erfte Mal daß ich wieder auftrete mir eine 
Role wählen zu dürfen. Dieſes Begehren ift nicht un- 
billig, da ih noch Debüt- Rollen zu Gute habe — bie 
erfte ift gar nicht zu rechnen — und das Publikum hat 
mid) ja wider Erwarten fehr gut aufgenommen. 

Zum dritten wünfchte ich da es fcheint der „Tele: 
mac“ bleibe liegen (ob ich gleich ſchon viel an meiner 
Rolle gethan habe), daß mir zur erften Opern⸗Rolle ber 
Joſeph in die Savoyarben zu Theil würde. Sch made 
jelbft die Bedingung, daß wenn ich in ber erften General- 
Probe nicht gefalle, ich fogleih von meinem Begehren 
abftehen will — damit ich dem Publikum mein weniges 
Talent im Singen produziren fünne, und mir für bie 
Zukunft vie Ausficht eröffne dieſes Talent nutzen und 
ausbilden zu können — welches fowohl für die Direction 
wie auch für meine Wenigkeit von wejentlichem Vortheil 
feyn würde. 

Ic emphehle den guten Erfolg diefer Bitten ter 
Güte meines [hätbaren Freundes und nenne mich hoch⸗ 
achtungsvoll 

Dero ergebenſte Dienerin 
Minna Burgdorf.“ 


Die Antwort auf dieſes Schreiben iſt in dem Schluß 
ber Kirms'ſchen „Species facti“ enthalten, und reiht ſich 
an das oben daraus Mitgetheilte an. 





Herr und Madam Burgdorf. 221 


„— Madam Burgborf war mit fechswöchentlicher 
Aufkündigung Anfangs engagirt, auch mit ihr, als ihr 
erftes Debüt mißlang, kein förmlicher Contrakt auf län- 
gere Zeit gejchloffen worden, daher derſelben angebeutet 
wirde, daß fie nicht wieder auftreten fönne, 
fondern nad feh8 Wochen abgehen müße, 
woben ihr zu erfennen gegeben wurde, daß fie an dieſem 
mißlungenen Engagement felbft Schuld ſey; daß fie 
nichtö verliere, denn fie jey wieder gefund und habe mehr 
als fie mit hieher gebradht, dagegen die Theater⸗-Caſſe 
jeit dem Monat September ihre Gage vergeblich gezahlt 
und überdies die Auslöfung für fie und ihren Mann zu 
feinem weitern Fortkommen vergeblich aufgewenvet und 
ihr außerdem einen Vorſchuß von 10 Rchsthlr. bey ihrem 
Wochenbett, und dann 39 Rchosthlr. zur Anfchaffung 
ihrer höchſtnothwendigen Bepürfniffe an Hemden, Strüm- 
pen und Schuhen und andern Kleivungsftüden zugeftan- 
ven habe, der ihr bey ihrem Abgange erlaffen feyn folle. “ 
(Dies der Inhalt der Antwort Kirms’ auf das letzte mit- 
getheilte Schreiben der Burgborf.) 

„Hierauf machte Madam Burgdorf unterm (15. Des 
jember) eine Vorftellung an den Herrn Geheimen Rath 
von Goethe und bat unter Aufführung mancherley 
Öründe, daß fie doch wenigftens bis Oftern (1799) bey- 
behalten werden möchte, welches ihr unterm (22. Dezem- 
ber 1798) bewilliget wurde. “ 


222 Herr und Madam Burgborf. 


Dies der Schluß der Darlegung des Thatbeftandes 
durch Kirms. 


Die oben erwähnte Vorftellung der Burgdorf vom 
15. December an Goethe, ebenfalls ein merkwürdiges 
und inhaltreiches Aktenſtück, lautet: 


„Weimar, den 15. Dezember 1798. 
Hochwohlgeborner Herr ! 
Hochzuverehrender Herr Geheime Rath ! 

Auf die Verfiherung daß mir das Glüd ſchwerlich 
werben könne Ew. Excellenz zu ſprechen, da Ihnen jebe 
mündliche Unterrevdung mit Schaufpielern, Theater = Ber- 
hältniſſe angehend, unangenehm fen, habe ic) gewagt die⸗ 
jen Vortrag ſchriftlich abzufaffen, denn ich bin mißtrauiſch 
auf das Glück geworden, daß mid) ganz verlaſſen zu 
haben fcheint. 

Meine Klagen, meine Bitten, zu denen ich mich burd) 
meine Zage berufen fühle, jollen auch hier die Geredhtig- 
feitsliebe Ew. Ercellenz nicht beugen, von der ich allein 
die Entſcheidung meines Schickſals erwarte; und ich 
betheure daß ich zu jever Aufopferung bereit bin, und 
willig jevem nur erträglichen Ungemach entgegen zu gehen, 
um das peinlihe, beſchämende Gefühl zu tilgen, unver 
biente Gage nehmen zu müſſen, und ben Calcul bes 
Theaters durch eine läftige Ausgabe zu hemmen, denn ein 
höherer Wille fteht meinem Beftreben, mich mit dem Urs 











Herr und Madam Burgborf. 293 


tbeile von Ew. Excellenz und dem Publiko auszuföhnen, 
feindlich entgegen. 

Unter laftendem Kummer gebeugt kam ich hieher, 
die gütigfte Aufnahme verfprach mir bier Ruhe, Zufrie⸗ 
venheit, und eine freundliche Freyſtätte; meine abgelegte 
Probe erwarb mir Ew. Excellenz Zufriedenheit, ich erhielt 
den Antrag eines Engagements. 

Die Nothwendigfeit mid von meinem Manne tren- 
nen zu müffen, ber das Verdienſt meine unerfahrne Ju⸗ 
gend zu leiten durch eine erniedrigende Behandlung zer- 
nichtete, konnte meinem Herzen lange feinen beftimmten 
Entſchluß abgewinnen; endlich befiegte bie Güte Des 
Herrn Hof⸗Kammerraths Kirms jede Bedenklichkeit durch 
die Ausſicht mir neue und beſſere Freunde zu erwerben, 
durch wiederholte Aufforverungen mid), des Schutzes der 
Sefete zur Trennung von meinem Manne und eines 
langen guten Engagements zu fichern. 

Neue Hoffnungen Hatten meinem Gefühl neue Rich— 
tungen gegeben. Der Herr Hof Kammer Rath forderte 
hierauf Namens einer hoben Ober Direction gegen bie 
Bitte meines Mannes mid) durch einen kürzern Contraft 
nur bis Oſtern zu verbinden, mein Wort, und die Zu- 
jage meiner Unterfchrift ſobald der Contrakt ausgefertigt 
ſey, für drey Jahre, und Burgdorf mußte — einen 
ſchriftlichen Revers geben mich: binnen den drey Jahren 
ungeftört in meiner eingegangenen Verbindung zu laflen, 
der bey den Gerichten niedergelegt worden. 


224 Her und Madam Burgdorf. 


Man übergab vie Leitung meiner Studien ber 
Demoijell Schroeter, die ich ehre. Mein eigenes Urtheil 
ſchwieg unter dem Zepter einer fremden, anerkannt guten 
Autorität. Der Ausprud meines Gefühls trug nun das 
Gepräge eines erborgten Stempels, meine Deklamation 
bie Telleln eines ungemohnten Rythmus, ſelbſt mein fonit 
nicht unangenehmes Organ ertönte in einer ungewohn- 
ten Zonleiter. Ich war, meiner Natur ungetren, eine 
von fremder Eingebung bewegte Mafchine. 

Sey e8, daß die Größe der angegebenen Darftellungs- 
Art zu ſchwer für meine jugendlichen Schultern wer, der 
Geift ver Angabe zu leicht und verflüichtigt, mich feiner 
fogleich zu bemeiftern, genug ich mißfiel als ich mich in 
diefer ungewohnten Sphäre verfuchte, und mein Yall war 
entfchieden. 

Die von Ew. Excellenz Hand verewigte Euphro- 
ſyne, dur die Bildung der Demoijell Schroeter zum 
Liebling des Publikums erzogen, fchien felbft für mic, zu 
bemeifen: fie genoß diefen Unterricht von ihrer früheften 
Jugend an, war ganz das Werk ihrer Hände. “Der zarte 
Stoff der Kindheit ift jedes Eindrucks fähig, und ber 
nachahmende Geift des Kindes ſchmiegt fich gefügiger in 
die Yalten der fchulgerehten Manier feines Mufters, we 
das gebildete Wefen mehr allgemeine Hegel, Kath, 
oft nur marlirte Fingerzeige, kurz Selbftüberzen- 
gung fordert um fein Ziel zu erreichen. 

Die Ausfiht, die Gunft der Zufchauer in fleinern 


Herr und Madam Burgdorf. 2325 


Rollen wieder zu gewinnen, die Ew. Excellenz gütige Zu⸗ 
Ihrift mir öffnete, und die einer Aufkündigung meines 
Engagements nicht ähnlich fieht, meine legte Hoffnung, 
mic) jo einftweilen für mein erweitertes Rollenfach geſchickt 
zu machen, verjchwindet nun, da man Anftand ninmt 
mid, die zum Einftudiren gegebene Rolle der Friederike 
in den Jägern jpielen zu laſſen, ob ich gleid, in der un⸗ 
bedeutenden Rolle eines kalt aufgenommenen Stüdes 
(zweytes Auftreten) die einzige war, die man um meine 
gebeugte Seele durch Nachſicht wieder aufzurichten mit 
lanten Beifalldzeichen ehrte. 

Mein Unglüd macht einen Rieſenſchritt. in zwey⸗ 
ter (weiterer) Verſuch, meine gejunfene Ehre zu retten 
wird verworfen, ohngeachtet meines Anerbietens in einer 
nohmaligen Hauptprobe mic) der Prüfung und dem Aus- 
ſpruch von Em. Ercellenz über meine Fähigkeit fürs Lieb⸗ 
haberinnenfacdy unbedingt zu unterwerfen, und der Herr 
Hof» Kammer- Rath will die mir gegebene Zufage des 
Engagements ganz zurüdnehmen. 

Ih fühle die Wichtigkeit des rundes daß mein 
Talent nicht hinreiche Die Bedingungen eines hiefigen 
Engagements ſchon jeßt zu erfüllen, allein eben darum 
bin ih nicht ftarf genug dem heiligen Anker in dieſem 
Sturme, dem gegebenen Worte von Ew. Excellenz frey⸗ 
willig zu entfagen ; meinen beften Willen für die Zukunft 
und Die angejtrengtefte Thätigfeit darf ich.verbürgen. 

Ohne Geld in einer rauhen feindlichen Jahreszeit, 

Fasque, Goethe's Theaterleitung. 1. 18 


226 Herr und Madam Burgdorf. 


mit erdrücktem Geifte, und ſchwächlichem Körper, welche 
Bühne wird nit anftehen mich aufzunehmen, da mein 
Credit durch die plößliche Entlaffung von hier öffentlich 
niebergejtürgt wird? Welchem Theater wird mein Unfall 
unbefannt bleiben? Yu wen fol ich meine Zuflucht neb- 
men? — Kann ich dem Rathe des Herrn Hof-Kammer: 
Raths folgen und mic, einem beleivigten Manne wieder 
in die Arme werfen, ber zu öffentlicher Rüge in Theater: 
Fournalen an mir fih hoch vermaß; der mid für tie 
Urfache der harten Behandlung hält, die er hier erfuhr, 
und mir nun, da er mid ohne mächtigen Schut weiß, 
ohne Schonung fein unbeugjames Herz ganz verfchliegt? 

Wie foll ih meine Gläubiger befriedigen und Noten 
berichtigen die meine neu eingegangene Berbinplichkeit 
veranlaßt haben, und worin mid) der Herr Hof-Rammer- 
Rath auf die mir bejtimmten vierteljährigen Garverobe- 
Öelter und beträchtlichen Vorſchuß zu rechnen ange⸗ 
wieſen? — 

Wo ſoll ich Hülfe gegen den Drang dieſer Umſtände 
finden, wenn es die Großmuth Ew. Excellenz nicht iſt, 
die ich in Anſpruch nehmen darf? — 

Gönnen Sie mir würdiger Mann! die Stelle am 
hieſigen Theater nur ſo lange bis ich mir eine andere 
annehmliche Ausſicht eröffnet habe, oder bis ich, verſöhnt 
mit meinen Familien-Verhältniſſen , einer ruhigen Zu: 
funft entgegen reifen kann, ſey e8 unter jeder Ihren 
anerfannt edlen Charakter entſprechender Einfchränfung. 


Herr und Madam Burgdorf. 2337 


Ich werde alle Mittel aufbieten daß dieſes bald gefchehe. 
Erlauben Sie mir in einer guten Rolle eines neuen 
Stüdes, den legten Verſuch, meine hohe Direction zu 
überzeugen ob ich nody im Stande bin eine bedeutende 
Rolle zu jpielen ohne fie zu verderben! Gewähren Sie 
mir den Genuß meiner Garderobegelver dieſes Quartals 
und ben Heft des mir verfprodhenen Vorſchuſſes (welcher 
in den von ber Demotfelle Schroeter zurüdgegebenen vrey- 
zehn Reichsthaler befteht) , zur Befriedigung meiner Cre- 
ditoren. Wenn aber unabänderlich über meine Entfer- 
nung abgeſprochen ift, wenn ic) refigniren muß, nicht nur 
auf jede glänzende Hoffnung die man mir gemacht, fogar 
auf eine ruhige Freiftätte, jo beftimmen mir Ew. Erxcel- 
lenz gnäbigft eine ver gegebenen Zufage, meiner Engage- 
ment8-Zeit gemäße Summe bie mic über die Bepürf- 
nifle des Lebens beruhige, bis id) bey einem entfernten 
Theater Aufnahme gefunden habe. 

Die Welt ift gewöhnt Ste groß handeln zu fehen 
und ich errichte Ihrer Milde in meinem Herzen ein blei= 
bendes Denkmal. 

Die ich zeitlebens mit der innigften Berehrung dank⸗ 
bar verharre 

Ew. Erxcellenz ganz ergebene Dienerin 
MinnaBurgpdorf.” 


Die von Kirms ebenfall8 früher erwähnte Refolution 


Goethe's auf obiges Schreiben lautete: 
15* 


228 Herr und Madam Burgdorf. 


„An Madam Burgdorf. 

Da Madam Burgdorf ſelbſt erklärt daß fie ſobald 
als möglich ſich von hier wegzubegeben und anderwärts 
ihr Unterkommen zu ſuchen wünſche, ſo will man es von 
Seiten fürſtlicher Commiſſion hierbei bewenden laſſen und 
annehmen, und derſelben allenfalls bis Oſtern nachſehen, 
oder wenn fie ſich früher hinwegbegeben ſollte, ein ver⸗ 
hältnigmäßiges Quantum zugeſtehen. 

Weimar, am 22. Dezember 1798.“ 


Goethe, ver ſich um dieſe Zeit in theatraliſchen An- 
gelegenheiten ftarf mit der Einſtudirung der Piccolomini 
und Wallenfteins Tod (das Lager war zur Eröffnung des 
von Thouret neuhergerichteten Haufes am verflofjenen 12. 
Oktober aufgeführt worden), aud) mit dem Gedanken eifrigit 
beichäftigte, im Verein mit Schiller ältere gute deutſche Stüde 
umzuändern, „ben beutfchen Theatern ven Örund zu einem 
ſoliden Repertorium zu legen ”, muß dieſe ganze Burgderf'- 
ſche Angelegenheit höcft unangenehm und Täftig geweſen 
fein. Er ergriff alfo gerne die Gelegenheit, die Frau, 
wenn auch mit einem weitern Opfer, lo8 zu werben. Er 
mag dabei mohl oft an die Nichtigkeit feines erften Ur: 
theils über dieſes Engagement, ausgejprochen in feinem 
früher mitgetheilten Briefe vom vergangenen 19. Septem- 
ber, gedacht haben, wohl aud) zugleich bereuend, nicht dem: 
nad) gehandelt zu haben. Doc die Sache war einmal 
jo weit gediehen, und es galt nunmehr fi) der hübſchen 


‘ 


Herr und Madam Burgdorf. 2929 


doch unbraudhbaren Frau fo billigen Kaufs und jo raſch 
als nur möglich zu entlevigen. rau Burgdorf jedoch 
war durchaus nicht diefer Meinung. Kaum fah fie, daß 
man ihr Koncefjionen zu machen geneigt war, als fie 
glaubte ein Recht zu haben bedeutend mehr verlangen 
zu dürfen. Aufs Neue beftürmte fie nun Goethe mit 
dorderungen, die fhon ganz anders und recht beftimmt 
und fe lauteten. Als Antwort auf obige Refolution 
Ichrieb fie Demfelben : 
„Weimar, den 29. Dezember 1798. 

Hochwohlgeborner Herr! 

Hochzuverehrender Herr Geheime Kath. 

Em. Ercellenz find zu gnädig und gerecht als mir 
nicht zu erlauben meine Beforgniß, gegen den mir unterm 
23ten dieſes Monats befannt gemachten Entfchluß der 
Fürſtl. Theater - Commiffion, erkennen geben zu vürfen. 

Jene meine Erklärung, von meinem Engagement ab= 
zugehen, gefchah blos bebingungsweife, nemlich wenn ſich 
eine andere annehmliche Ausficht eröffnete, oder bis fid) 
meine Yamilien-Berhältniffe geändert haben würden. 

Da fi) nun beide von Umftänden abhängende Bepin- 
gungen nicht wohl auf einen gewiſſen Zeitraum einfchrän= 
ten laſſen, fo würde ich felbft gegen die Pflicht, welche ic) 
mir in meiner jeßigen Yage, getrennt von meinem Manne, 
den ich auf die Zeit meines Engagements, von allen Ber- 
bindfichkeiten, fo ich außerdem von ihm verlangen könnte, 
Iosgeben mußte, ſchuldig bin, gehandelt zu haben, wenn 


230 Herr und Madam Burgdorf. 


ich meinen Contraft fo unbeftimmt aufgefagt, wenn ic 
mich, einem bloßen Ohngefähr überlaßen, von hier weg: 
begeben follte. 

Em. Ereellenz Gerechtigkeitsliebe ift mir das theure 
Unterpfand und macht e8 mir zur Gewißheit, daß mei- 
nem eingegangenen Contrafte, jene Bebingungen bie ſich 
jedoch auf feine beſtimmte Zeit beftimmen laßen, ſondern 
bie blo8 von nicht zum Voraus zu fehenven und zu bered)- 
nenden Umftänden abhängen, beygefügt werben, weil id 
mic außerdem auf das mir theure und heilige Verfprechen 
bey meinem Engagement allein verlaßen und dabey 
jtehen bleiben müßte. 

Diefer Bitte füge ich noch folgende bey, mir durd 
Mittheilung einer Rolle in einem guten Stück Gelegen- 
heit zu verfchaffen, meine eigenen Talente zeigen zu fün- 
nen, und bey erträglichern Gefundheits - Umftänden, mit 
dem Publiko, durch Anftrengung meiner äußerften Kräfte 
wieder auszuföhnen. 

Wie könnte diefes ohnmöglich ſeyn, da felbft Ew. 
Ercellenz der erſte Kenner und Kunſtrichter meine ab⸗ 
gelegten Proben eines huldreichen Beyfalls würdigten und 
dieſe mir mein jetziges Engagement verſchafften. 

Ich getröſte mich um ſo mehr gnädiger Erhöhrung, 
da ſelbſt jeder Schauſpieler der ſich auf Debüt engagirt, 
wie doch bey mir der Fall nicht iſt, drey Rollen die er 
ſelbſt wählen kann ſpielen darf und alsdann erſt das 
Schickſal über ihn entſcheidet. 


Herr und Madam Burgdorf. 231 


Auch erfuhe ih Ew. Ercellenz nochmals dringend 
und unterthänigft mir die in meinem letten Schreiben 
erbetene Summe zur Befriedigung meiner Creditoren 
gnädigft balpmöglichft zu verwilligen — weil fie mid) 
teshalb tagtäglich überlaufen — nemlich den Reft des 
Vorſchußes und mein Garterobe -» Geld von dieſem 
Quartal. 

Die ich lebenslang verharre 

Ew. Excellenz ganz ergebenſte Dienerin 
Minna Charlotte Burgdorf.“ 


Auf dieſen Brief erhielt Madam Burgdorf von der 
opferbereitwilligen Fürſtl. Theater-Kommiſſion folgendes 
kategoriſch abgefaßte Schreiben, dem noch die bereits 
jrüher mitgetheilten, von Kirms aufgeſetzten „Species 
facti beilagen. 

„Weimar, den 3. Januar 1799. 

Die Schauſpielerin Madam Burgdorf allhier hat aus 
der Beylage zu erſehen, daß ſie mit ihrem Manne mit 
ſechswöchentlicher Aufkündigung beym hieſigen Theater 
engagirt worden; daß, da ihnen beyderſeits am 8ten 
October angekündigt worden, nach ſechs Wochen abgehen 
zu müßen und ſie um fernere Beybehaltung auch ohne 
ihren Mann, geziemend gebeten, fie unter dieſer Bebin- 
gung tacite bis zu Ablegung ihres Debüts beybehalten 
worden, nach ihrem Debüt aber von Schließung eines 
ſchriftlichen Contraktes noch weniger die Rede geweſen, 


232 Herr und Mabam Burgborf. 


ob fie gleich vorher zu erfennen gegeben, daß fie auf die⸗ 
jen Fall fih auf drey Jahre engagiren zu wollen ver- 
bindlich machen wolle. 


Da Madam Burgdorf die Rolle einer erften Lieb: 
haberin beym hiejigen Theater nicht behaupten Fann, 
auch die Bedingung unter welcher fie anfänglich engagirt 
wurde, ſich zu dieſer Stelle durch den Unterricht der Dem. 
Schroeter noch mehr qualifiziren zu wollen, nicht erfüllt 
und diefen Unterricht in der Folge der Zeit abgemiefen 
hat, ver Hof und das Publifum eine Abneigung bezeug- 
ten gegen deren fernere Beybehaltung, fo wurbe derſel⸗ 
ben vor Kurzem angefündigt, daß nad ſechs Wochen ihr 
Engagement zu Ende, dabey aber der Vorſchuß von 10 
und 39 Rchsthlr. erlaßen ſeyn folle. 


Auf die von ermelveter Burgvorf unterm (15. De 
zember) hierauf erfolgte Vorjtellung, daß fie wenigſtens 
bis Oftern beybehalten werden möge, ift zwar derjelben 
unterm (22. Dezember) nachgelaßen. werden dag man 
ihr über die ſechs Wochen von Zeit der Auffündigung 
noch einige Nachſicht geftatten werde. Da fie aber unterm 
(29. Dezember) neue Anforderungen auf anderweites 
- Spielen und auf längere Contraftzeit gemacht, jo glaubt 
man alles mögliche zu thun, wenn man deren Abgang 
anftatt nach ſechs Wochen, zu Oftern beftimmt, und ihr 
bie Gage anftatt von Woche zu Woche, unter der Bedin⸗ 
gung daß fie davon ihre Schulden bezahlen und mit dem 


Herr und Madam Burgdorf. 233 


übrigen ſobald als möglich ihre Abreife antreten folle, 
auszahlen laßen wird. Wonach fich dieſelbe zu achten hat. 
Fürſtl. Theater-Commijfion. * 


Etwa zu derfelben Zeit empfing Goethe ganz uner- 
wartet das folgende Schreiben von dem biß jetzt jo zient- 
(ih verfhollen gebliebenen Burgdorf, welches nicht allein 
ziemliche Aufklärung über fein Verhältniß zu der hart- 
nädigen und gefährlichen Schaufpielerin verbreitete, fon= 
dern auch zugleich der Fürftl. Theater-Kommiſſion hin- 
längliche Waffen gegen diefelbe in die Hand gab, welche 
beſonders Kirms in der Folge gar wohl zu benugen und 
zu gebrauchen vwerftand. 


Beſagtes, an Goethe gerichtetes Schreiben lautete: 


„Rittergut Lemnitz in der Öegend von Magde— 
burg, am 1. Jenner 1799. 

Hochwohlgeborner 

Hochzuverehrender Herr Geheimde-Rath! 

So ungern ich mich entſchließe Ew. Hochwohlgeboren 
mit Vorfällen zu behelligen, die ſchon Unannehmlichkeiten 
genug zur Folge gehabt haben, ſo zwingt mich doch die 
Erfahrung dazu, daß es beſſer geweſen wäre, ſogleich vor 
den rechten Richter zu gehen. 

Em. Hochwohlgeboren erlauben alſo, daß ich zuvör⸗ 
derit jo breit jeyn darf, Sie auf meine Verhältniffe mit 
ver, bey dem Ihrer Intendance untergeorbnetem Thea⸗ 


234 Herr und Madam Burgdorf. 


ter, unter meinem Namen engagirten Scaufpielerin 
zurüdzuführen. 

Wir wünfchten vor einiger Zeit zufammen Engage- 
ment, worauf man durd) einen Vorfall der aus meiner 
Hite entjtand, veranlaßt ward, blos meine Frau anzu 
nehmen, wobeh mir nur die Wahl blieb zwifchen Ausſicht 
zum färglichen Umberreifen nach Engagement, oter einer 
furzen Trennung von meiner Frau, die ich ohngeadtet 
meiner bewiefenen Hite innigft liebe. 

Nicht unmefentlich beitimmten mich frühere Erfahrun- 
gen in einem, meinem jeßigen ſehr verſchiedenen Stante, 
von der Gnade Sr. Hodfürftl. Durchlaucht und vie aus 
Ihren Schriften unverfennbare Güte und Weltfenntnik 
Ew. Hochwohlgeboren; ; ich glaubte mich darauf verlaßen 
zu können daß meine Öeltebte ſich feinen beſſern Aufent- 
halt wünfchen würte, daß die Berhältnifje unferer Ver: 
einigung nie befannt werben und fie alfo auf Jedermann? 
Achtung rechnen könnte. 

Jetzt aber erfahre ich daß man durch Indiseretion 
der MWenigen,, denen ich e8 freymwillig gefagt habe, genau 
weiß, daß fie niht meine angetraute drau ift, 
und daß das arme Weib davon viel leiden muß. Ich 
bin fo glüclich gewejen vortheilhaften Aufenthalt für ung 
Beyde zu erhalten, weiß dag fie in Weimar durchaus 
nicht gefällt, welches bey dieſen Verhältniſſen und ben 
dem Fache dem man fie widmen will, natürlich ijt, umt 
wage demnach, jenen Meynungen von Ew. Hochwohl⸗ 





Herr und Madam Burgdorf. 235 


geboren Güte gemäß, Sie angelegentlichft und herzlichft 
anzuflehen, fich unferer Wietervereinigung nicht länger zu 
widerfeßen und fie mir wieder zu überlaßen, wo id) fie 
alddann mit offenen Armen aufnehmen und recht glüd- 
(ih mit ihr leben will. 


Im Fall jedoch meinen Wünfchen nicht entſprochen 
werden und ber jegt ohnmöglich herbeyzuſchaffende Bor- 
ſchuß nicht erlaflen werben fann, fo bin ich gezwungen 
meine Geliebte mit jehr wehmüthigen Empfindungen 
Ihrem Schidfal zu überlaffen. Unterdeß erfordern zufünfz 
tig mögliche Verhältniſſe alsdann durchaus auf Aendes 
rung ihres Namens zu dringen. Wir find erweißlic 
nicht verheirathet und ich muß dies alsdann aus Pflicht 
für mein eigenes Wohl in öffentlichen Blättern befannt 
maden. 


Bielleiht werden Em. Hochwohlgeboren dieſen Ent- 
ſchluß weniger mißbilligen, wenn ich hinzuſetze, wie e8 
durch jene Vorfälle um meine Zufriedenheit bey jedem 
Theater dieſer Gegend gethan ift; wie ich jüngft felbft 
deutlich mit habe anhören müßen, daß ein reifender Tag— 
werfs- Schaufpieler bey feiner Ankunft bey einer Direc- 
tion nichts angelegentlicheres zu thun hatte, als weitläu- 
fig mit meiner Gefchichte zu debütiren und dabey hinzu- 
jufegen, meine fogenannte Frau würde wie eine Sclavin 
gehalten, dürfe ohne Erlaubniß nicht ausgehen, erhielte 
feinen Pfennig Geld in die Hände u. |. w. — und daß 


236 Herr und Madam Burgborf. 


folglich ein hoher Grad von Selbit= Verläugnung dazu 
gehören muß, die Sache auf dem alten Fuß zu laßen. 
Mit tiefer Ehrfurcht unterzeichne mich als 
Em. Hochwohlgeboren gehorfamfter Diener 
Ludwig von Wedell, genannt 
Burgdorf.“ 


Daß dieſer Brief Goethe und auch Kirms nicht wenig 
überraſchte und auch ſehr gelegen kam, läßt ſich denken. 
Kirms muß ſogleich den Auftrag erhalten haben, beja- 
hend an Herrn v. Wedell- Burgdorf zu ſchreiben, oder 
hreiben zu laflen, was denn auch gefhah. Doc, wäh— 
rend Dies vorging, entwarf Madam Burgdorf, die durch⸗ 
aus feine Ahnung von den Schritt und den Gefinnungen 
ihres Mannes hatte, eine neue Schrift an Goethe, worin 
fie nicht allein eine münblidy gemachte Zufage zurüd- 
nahm, ſondern neue Prätenfionen jogar mit Drohungen 
durchzuſetzen ſuchte. Sie ſchrieb: 


„Weimar, den 6ten Januar 1799. 
Em. Hochwohlgeboren 

gnädigen Willen, welchen 
Herr Beder auf hohen Befehl mir befannt gemadht, 
würde ich mit der größten Willfährigfeit erfüllen, wenn 
nicht augenfheinlid mein Wohl, vielleiht das ganze 

Glück meines Lebens darunter litte. 
Em. Ercellenz haben zuviel Einficht, zu viel Liebe zur 
Gerechtigfeit und Billigkeit um offenbar dagegen handeln 





Herr und Madam Burgdorf. 237 


zu wollen, um allein ven falten Gründen der Politik, 
niht auch den Gefühlen, ven fanftern Gefühlen Ihres 
edlen, großen Herzens zu folgen. O laßen Sie es mid) 
noch einmal verſuchen, Worte der Wahrheit an dieſes 
edle große Herz zu legen; laßen Sie e8 mich nod) ein- 
mal verfuchen ob venn nichts vermögend ift, die niedrigen 
Eindrüde, ven Widerwillen zu verlöfhen, die wider mid) 
bey Ihnen Wurzel gefaßt zu haben ſcheinen, fie in Mit- 
leid und thätige Theilnahme zu verwandeln, lafen Sie 
mih e8 noch einmal verfuchen — laßen Sie meine Ju— 
gend, meine Unerfahrenheit und Hülflofigfeit mein Für- 
ſprecher ſeyn. Bliden Sie mit dem großen Auge in dem 
eine Seele voll Empfindung ſchwimmt, gütig auf mid 
herab, die Sie fo innig verehrt, fo kindlich liebt und 
ihenfen Sie meinen Bitten und Vorſtellungen ein geneig- 
te8 Gehör. 

Der Antrag des Herrn Beder, mit der Gage bie 
Oftern, nemlich mit 66 Rchsthr. zufrieden zu ſeyn, über- 
raſchte mich fo ſehr, daß ic) jeder ernftern Betrachtung 
unfähig, im erften Augenblid zu rajch veriprad), mas 
ih nad) reifficher Ueberlegung bitter bereuete, nemlich 
mid mit 80 Rchsthr. zu begnügen. 

Höchſt leihtjinnig und undanfbar würde ich gegen 
mich felbft handeln, wenn id) in meiner fritifchen Lage, 
mich einem blofen Ohngefähr anvertrauend, mit einer 
Kleinigkeit von ohngefähr 20 Rchsthr. verjehen, mir 
jelbft überlaßen,, fo allein in die Welt hineinwandern, 











238 Herr und Madam Burgdorf. 


den Stürmen des Schickſals Trotz bieten wollte, denn 
was bleibt mir nad) Bezahlung meiner Schulven die ſich 
auf 50 Rchsthr. belaufen, nad) Ankauf eines Oberrods, 
ben ich fo nothmwendig brauche, da ich nichts Warmes, 
nicht einmal ein warmes Unterfleiv, nicht einmal ein 
ordentliches Halstuch habe? da ich fogar noch einen Kof- 
fer anfaufen muß, da auch biefer mir fehlt? 


D Herr Geheime Kath, Sie miffen nicht was Man⸗ 
gel ift, können es nicht wilfen, da Sie Alles im Ueber— 
fluß haben, e8 Ihnen an gar nichts fehlt. Sie können 
nicht fühlen was ich fühle und empfinde indem id) ber 
ſchrecklichſten Zukunft entgegengehe! — Der ftarfe une 
fefte Mann hat oft Mühe ſich unter diefen Umftänven 
durch das Labyrinth des Lebens zu winden, wieviel mehr 
nicht ein ſchwaches, hülflofes, von allen Menfchen ver: 
laßenes Weib, und möchten Sie wohl Schuld an meinem 
Elend ſeyn? — 


Ich habe Alles genau berechnet, welches Sie aus 
beyliegender Note (eine ſolche fehlt) ſehen werden, was 
ich der Direction gekoſtet habe, aber gefunden daß, nach 
Recht und Billigkeit — das heißt, wenn ich mich auf 
einen gütigen Vergleich einlaße, ich von meiner einjäh— 
rigen Gage, die mir doch mit Fug und Recht werden 
muß, da ich ſchon zwey Jahre von meinem dreyjährigen 
Contrakt ſchwinden laße, nach Abbezahlung alles deßen 
was ich von der Direction erhielt, ich noch 178 Rchsthr. 











Herr und Madam Burgdorf. 239 


zu fordern habe, von welchem Gelde ich alsvann auch 
meine noch übrigen Schulden abtragen will. 

Da jedes Heinere Theater pünkftlih und aufs 
Vort hält und zahlt, hoffe ich daß es bey einer 
Herzogl. Direction gar feinen Anftand haben, und Sie 
um einer fo geringen Summe Willen ſich nicht compro- 
mittiren wird. Sollte e8 aber dennoch ſeyn, jo muß ich, 
ebgleih hödyft ungern, einen andern Weg einichlagen, die 
Geſetze zu Hülfe nehmen. Ich wende mid) alsdann direct an 
den Herzog jelbft, nicht an die Regierung, weil Zeit und 
Umstände — ob mir gleich das Armenredt zuftehet — 
diefes nicht geftatten. Ich proteftire daher feyerlich da— 
gegen daß die mir beſtimmte Summe bey der Regie— 
tung beponirt werde, oder ich wenigſtens vorher gehört 
werde, und meine Einwendungen dagegen machen könne. 
Ich überlafe mich alsdann dem Ausfprud des Herzogs 
ver fo gerecht feyn wird einzufehen, das wenn auc, fein 
\hriftliher Contraft vorhanden ift, e8 doch in der Haupt- 
ſache nichts entfcheidet, da eine blos mündliche Heberein- 
kunft dergleichen Contrakte beftinmt und ich die Würk— 
ihfeit davon durch Eidesleiftung darthun kann. 

Bis zur ausgemachten Sache, darf ich Anſpruch 
darauf machen von Em. Exeellenz im Befi meiner 
wöchentlichen Gage gejchütst zu werden. 

Sollte alsdann der Herzog meine Sache der Regie 
rung dennoch übergeben, jo, ich wieberhole e8 nochmals, 
mache ich Gebrauch des Armenrechts, und dann bleibt 


240 Herr und Madam Burgdorf. 


mir auf alle Fälle — Berzeihen Sie gnädigſt mir dieſe 
Aeußerungen, fie thun mir weh; mein Herz leidet unaus- 
Iprehlih indem ich mir dieſen Tall möglich denfe, aber 
ih kann nicht anders handeln — dann bleibt mir auf 
jeven und alle Fälle, wenn aud die Sache den Weg 
Rechtens eingeleitet wird, vennoh der Weg der 
Publicität offen. — 


Nochmals bitte ich um BVerzeihung, nochmals ver- 
fihere ih Em. Ercellenz daß es mid, unendlich kränken 
würde fo handeln zu müffen, aber was foll ich madıen 
wenn der Mann von dem ich alles erwartete, da feine 
Schriften das Gepräge eines weichen, gefühlwollen Her- 
zens tragen, wenn diefer Mann fein Herz vor mir ver: 
ſchließt? mid) nicht hören, mir nicht Gerechtigkeit wider— 
fahren laſſen will? 


Doch ich hoffe nod) immer das Befte, da Ihr herr: 
licher wohlmollender, vortreffliher Charakter mir zu 
befannt ift, um aud nur einen Augenblid glauben zu 
fünnen daß er gerade in Betreff meiner fid) verläugnen 
wird. Da mir fehr daran gelegen ift, diefe Sache bald 
beygelegt zu fehen, erfuche ich Em. Ercellenz die Gnade 
zu haben, mir wo möglich noch wißen zu laßen, was id 
zu erwarten habe. 

Die ich jederzeit ehrfurchtsvoll verharre 

Em. Hochwohlgeboren ganz ergebenfte ‘Dienerin 
Minna Charlotte Burgdorf. 





Herr und Mabam Burgdorf. 941 


P.S8. 

Es würde mich ſehr kränken wenn Em. Excellenz 
wirklich glauben follten Mangel an Ehrgefühl hielte mich 
ab Dero Anerbiethen anzunehmen und auf mein weiteres 
dortfommen bedacht zu feyn. Nothwendigkeit, bittere 
Nothwendigkeit ift es, Pflicht gegen mich ſelbſt! — Meis 
nen Aufenhalt bier aber zu verkürzen, fteht allein bey 
Ew. Ercellenz, indem Sie die Gnade haben meine Sache 
zu befchleunigen, woburh Ste mid ſehr beglüden 
würden. “ 

Goethe mag durch diefen kecken Drohbrief nicht wenig 
außer fich gewefen fein. Kirms hatte noch an Demfelben 
Tage eine Unterredung mit der Burgdorf; fie muß ernft 
und inhaltreich gemwejen fein (leider ift feine Notiz des 
jenft fo gewiffenhaften Kirms darüber vorhanden). Haupt⸗ 
fählih aber fcheint er mit dem Briefe des Herrn von 
Wedell gewirkt zu haben, denn für Madam Burgporf 
muß die Ausficht, fi) wieder mit dem Manne, ben fie 
wohl für immer für fidy verloren geglaubt, vereinigen zu 
Einnen, höchſt angenehm und verlodend geweſen fein. 
Genug, die Folgen dieſer Unterredung beftanden darin, 
daß die Burgdorf die jo eben nod ausgefchlagenen 
66 Rthlr. acceptirte und, allen weitern Anſprüchen ent- 
ſagend, Weimar fofort zu verlafjen verfprad. ALS ganz 
gute Freunde müſſen Kirms und fie gefchieven fein. 
Erſterer nahm noch folgendes (wahrfcheinlih ven ihm 
diftirte) Billet von ihrer Hand mit: 

Pasque, Goethe's Theaterleitung. I. j 16 


242 Herr und Madam Burgdorf. 


„Weimar, den 6ten Januar 1799. 
Um allen fernern Weitläufigfeiten zu vermeiden 
mache ich mid anheiſchig mit dem Erbieten einer hohen 
Direction, mir eilf Wochen Gage zukommen zu laſſen, 
zufrieden zu fein, bitte aber dringend mir ſolche jo bald 
als möglich einzuhändigen weil Zeit und Umftänve mir 
nicht erlauben hier alsdann länger zu vermeilen. 
Minna Burgdorf." 


Madam Burgdorf erhielt denn auch diefe Summe; 
ber erwartete Freund und Geliebte fam an und nad) Be 
rihtigung einiger Schulden und Umgehung einer meitern 
Anzahl ähnlicher Berbinplichkeiten , verließ das Pärchen 
enblid, Weimar, das Hoftheater, Goethe und Kirms von 
ihrer Gegenwart befreien. | 

Die beiden Leiter des Theaters mögen wohl mit einem 
Geufzer der Befriedigung die endliche Abreife ver Bei: 
den erfahren und Goethe wohl im Sinne feines erften 
Urtheils, und diefes ergänzend, ausgerufen haben: „Ih 
wußte ed; der Mann ift ein Hafenfuß! jedoch die Frau, 
wenn fie auch auf⸗der Bühne eine ſchlechte Schaufpielerin 
war, ift fie es doch feineswegs im gewöhnlichen Leben 
geweſen, wie ich zu meinem Leidweſen erfahren mußte!“ 


. 


Hiermit endet die Engagements-Komödie von Herm 
und Madam Burgdorf. Doch gab e8 ncdh ein Kleines 


" Here und Madam Burgdorf. 243 


Nachſpiel, welches ich, obgleich es zum Theil ein wenig 
derb iſt, dennoch wahrbeitsgetren und wörtlich, wie alles 
Bisherige, mittheilen werde. 

Von Erfurt aus ſandte das Pärchen zwei verſchie⸗ 
dene Briefe nadı Weimar. Eins diefer Schreiben, wür- 
dig gehalten, war von Herrn von Wedell » Burgdorf und 
an Kirms gerichtet. Es belehrte Letztern, in welcher Ge⸗ 
fahr er gejchwebt habe und mie beinahe das Goethefche 
Wort „Haſenfuß“ zu Schanden, aus der Tragi- 
Komödie auf ein Haar eine wirkliche Tragödie gewor- 
ten ſei. Diefer Brief lautete: 

„Erfurt, den 10. Ienner 1799. 
Wohlgeborner Herr! | 

So unglaublid e8 mir audy ift, fo verfichert mir 
meine Frau zu wiederholten Malen, daß Sie die Trieb- 
jeder gemwefen feyen, dag man fie mit fo vieler Großmuth 
entlaffen habe. Dean hat in der That nichts anderes 
gethan, al8 bey jedem anderen Individuum nad) den 
Umſtänden, vielleicht nod ungleich ftärfer hätte gethan 
werden müſſen. Unterdeſſen geftehe ich, es ift weit über 
meine Erwartungen, da id) nad) der Behandlung gegen 
mid, alles fürchten konnte. 

Diefe Großmuth Herr Hoffammer Rath beſchämt 
mich ſehr und ich ſage Ihnen um ſo aufrichtiger meinen 
herzlichſten Dank, da ich mit Vorſätzen in Weimar 
eintraf, die nicht anders als die [hlimmften Folgen 


für mich hätten haben können. 
16* 


244 Herr und Madam Burgdorf. 


Auch für Ihr damaliges Anerbieten mich mit meinen 
Verwandten zu redressiren — das ich nicht beantwortete, 
weil es mir nicht aus der edelſten Abſicht entſtanden 
ſchien — danke ich innigſt. Verhältniſſe deren details 
viel Zeit fortnähmen, erlauben mir nicht jetzt Davon Ge— 
brauch zu machen. 

Mit vollfommenfter Achtung unterzeichne ich mid 
Em. Wohlgeboren . 
ganz ergebenfter Diener 

L. Burgdorf.“ 


Wer weiß, welcher Gefahr Kirms — ſelbſt Goethe! 
— ausgeſetzt geweſen wären, wenn der gewandte Kirms 
die Angelegenheit nicht ſo gut und trefflich zu Ende 
gebracht. — Doch ich glaube nicht, daß, ſelbſt wenn 
die Prätenſionen der Madam Burgdorf gewaltſam zum 
Schweigen gebracht worden wären, es für die beiden Leiter 
des Weimarer Hoftheaters gar ſo gefährlich geweſen und 
ſchlimm abgelaufen wäre, denn aus allem Reden, Handeln 
und Thun des Herrn von Wedell-Burgdorf geht nur zu 
tar hervor, dag Goethe volftändig Recht hatte, va er 
jagte: „Der Mann tjt ein Hafenfußf.“ 

Die Frau aber hatte Goethe zu gnädig beurtheilt unt 
auch behandelt. — 

Der zweite ber Briefe, die von Erfurt in Weimar 
eintrafen, war von Madam Burgdorf und aller Wahr: 
ſcheinlichkeit nach an Demoifelle Corona Schroeter, 


Herr und Madam Burgdorf. 345 


ihre ehemalige Lehrerin, gerichtet. Derſelbe war freilich 
ganz anderer Natur als die bisherigen fchriftlichen Ge— 
fühlsergiegungen der Madam Burgdorf und aud im 
Stande, ein ganz anderes Urtheil über fie wachzurufen, 
als nach dem bisher Mlitgetheilten möglich war. 


Der Brief jelbft ift im Original nicht vorhanden, da= 
für aber eine Kopie vefjelben von ver Hand Kirms', die diefer 
gewiſſenhafte Beamte als Ergänzung den Burgdorf'ſchen 
Aten beifügte. Es ift vielleicht nur ein Bruchſtück des 
Briefes, doch jagt Ddaffelbe mehr als genug. Die 
Kopie lautet: 


„— Glücklich und heiter flojfen meine Tage wäh— 
vend meines Aufenthalts in Weimar dahin denn id 
lernte edle Menfchen kennen, unter welchen Sie meine 
Gnädige den erften Platz behaupteten. 


Der Traum ift ausgeträumt, mein widriges Schidjal 
reißt mich von dieſem geliebten Ort fort, wo ich nichts 
als Wohlthaten genofen habe. Mein Abfindungsquan- 
tum reiht nicht hin alles zu bezahlen, jo gerne ic) auch 
wollte, ich) würde aber ganz ohne Geld die Reife haben 
antreten müſſen. Ich will nicht betrügen, und ich wün— 
Ihe nichts mehr als mit der Zeit mich meiner Schulden 
zu entledigen. — 

— Der erfte Augenblid wo ich Sie meine Vereh— 
rungswürbige fahe, Ihre überirdiſche Güte, Ihr raftlofes 
Beitreben arme Künftler zu unterſtützen, welches aller 


246 Herr und Madam Burgdorf. 


Welt bekannt ift, und, Cyliaxens“*) Ergießungen von 
ungeheuchelten Ausprüden über Ihre fehöne Seele, geben 
mir den Muth (zu hoffen) daß Sie mich nicht verlafien 
und diefe Summe für mid) bezahlen werden. Meine 
Dankbarkeit wird mich bis in jenes Leben nicht verlaffen. 
Ich Hoffe in Trippsprill wo ein gebilvetes Publikum iſt, 
wo id) durch Ihre Freundin die Frau von Brunft allen 
Cabalen die Spige bieten kann, als Schaufpielerin in 
furzer Zeit mich Dergeftalt zu vervollkommen, daß ich als 
erfte Viebhaberin in meinem geliebten Weimar durch meis 
nen Ruf werde bald wieder engagirt werden können. — 


— Der edle Elfan**) Eleidete mich als ich gleich: 
ſam nadend nad Weimar fam. Diefem Edelmuth bin 
ich 10 Rthlr. zu entrichten fchuldig ; Feine Speife, Feine 
Getränke, wird mir gebeihen, mid) laben, fo lange biefer 
Geelenfreund mich für undanfbar halt. 


Ebenſo verhält es ſich mit dem uneigennüßigen Stu 
liener Pretari, der mir auf mein gutes Geficht 
6 Rthlr. lieh. 


Meine guten Wirthslente haben noch 2 Yaubthlr. 
von mir zu erhalten, und dem höflichen Schneider Stoll: 


*) Eyliar ift der Name eines jungen Schaufpielerd, 
welcher am 12. Oftober 1798 als Rekrut in Wallenfteins Lager 
bebütirte und bis Sohanni 1799 in Weimar blieb. — Vielleicht 
kann berfelbe gemeint fein. 

») Jakob Elkan, Hof-Faktor. Siehe Epifobe IV. 











Herr und Madam Burgdorf. 247 


berg, ven ich jeiner Talente wegen liebe und verehre, 
habe ich nur etwas zurücklaſſen können und bin ihn noch 
2 Rthlr. 18 gr. ſchuldig geblieben. 

Diefe Summe von 22 Rthlr. werde ich entrichten, 
jebald ich von meinem nächſten Engagement in Zripps- 
drill, wo der Bach über die Weide fließt, dieſe Heine . 
Summe werbe erfparen fünnen. — 

— Damit aber meine Teinde, worunter id) vor allen 
ten Herren von Floto, und Herrn von Stein, den 
Jäger unter uns gejagt, zähle, bey meiner Wiederauf⸗ 
nahme in meinem geliebten Weimar, wegen den von mir 
nit bezahlten Schuldpoſten, nicht hinreichende Urfache 
auffinden Können ſich meiner Wiederaufnahme zu wider- 
jegen, fo flehe ih Sie meine zuderfüße Seele, mein 
Henigfeimichen, mit Tindlicher liebevoller Zuverjicht an, 
tiefe angezeigten Schuldpoften für mic, zu bezahlen und 
meine Ehre zu retten, wofür ich dankbarlichſt erfterbe 
— x. — 

Was aus Herrn und Madam Burgdorf geworden — 
ih vermag es nicht zu fagen; ihre Namen finden ſich in 
ter damaligen Theaterwelt nicht mehr vor. 

Aller Wahrfcheinlichkeit nad) find fie zu Grunde ge- 
gangen, verborben und geftorben — verfchollen und ver- 
geſſen! 

Die deutſche theatraliſche Kunſt hat, gleich Weimar, 
wohl nichts dabei verloren! 


248 Herr und Mabam Burgdorf. 


Weimar war Madam Burgdorf, wiewohl mit ziem⸗ 
lichen Opfern, Iosgeworben, doch war damit zugleich wies 
ber eine Ausficht geſchwunden, das Fach der verjtorbenen 
Beder zu bejegen, und Kirms mußte wieder von neuen 
jeine jchriftlihen Entdedungsreifen nad) einer jugend 
lichen Yiebhaberin antreten. Hierzu fam noch, daß Ma: 
dam Schlanzowsky immer — weniger gefiel. 


Das alte Klagelied finde ih von Kirms ſchon wieder 
unterm 15. Januar 1799 angeftimmt und zwar in einer 
Antwort auf ein Schreiben des Herrn Heinrichs, des 
Mitvireftord des Breslauer Theaters, welcher Kirms, für 
das Weimarer Hoftheater, eine Familie Diftel, Vater 
und Töchter, empfohlen hatte. 


Kirms jagt in diefer Antwort: 


„Das hiefige Theater ift bereits mit vier jungen 
Mädchen verfehen, die zuweilen auch einige Heine Rollen 
erhalten, um in ihrem Metier (!) nicht rüdwärts zu 
fommen. Da das männliche Perfonal beym hiefigen 
Theater fehr volählig, und alles durch Kontrakte aufs 
neue feit Weihnachten engagirt ift, fo ift für Herrn Diftel 
für jett feine Ausficht, fowie für feine Töchter unter ob- 
gedachten Umftänden ebenfowenig Gelegenheit fein würte 
ſich hinreichend zu befchäftigen. 


Es fehlet hier nicht an weiblichem Perfonal, aber 
buch das Ableben ver Madam Beder fehlet eine Perſon 





Herr und Madam Burgdorf. . 949 


für die erften Liebhaberinnen Rollen, die ven Wuchs, das 
Intereffe und das Talent der Beckerin hat — ꝛc.“ 


Noch oft ift Kirms in der Lage, ſich, gewiß jeufzent, 
ähnlich zu aäußern. Doc endlich ergaben fich die Leiter 
des Hoftheaters in ihr Schidfal, verzichteten darauf, eine 
weite „Bederin“ zu finden und begnügten fich mit 
der Jagemann und der Malfolmi, verehelihten 
Wolff. 


Unter den von Kirms oben erwähnten Mädchen war 
eines, welches indeſſen bedeutende Anlagen verrieth, doch 
leider durch Verhältniſſe gehindert wurde, gerechte Hoff- 
nungen weiter zu erfüllen. 


Es war dies eine der beiden Demoiſellen Caspers 
(mahrfcheinlich die jüngere, Fanny; bie zwei Schweftern 
waren nämlich gleichzeitig thätig), für welche Schiller die 
weggefallene Scene in „ Maria Stuart”, zwifchen berjel- 
ben und der jungen Gräfin Douglas *), beſtimmt hatte ; 
für die fich Goethe auch lebhaft und direkt intereffirte, ihr 
fegar felbft die Rolle der Amenaide in feinem „Qancred “ 
einftudirte*"). Diefes junge, vielverſprechende Mädchen 
verließ indeffen, mit ihrer Schwefter, Oftern 1802 Wei- 
mar und das Theater überhaupt. 


*) Siehe „Weimars Album“ 1840. Maria Stuart. 
"*) Tages: und Yahres:Hefte. 1801. 




















250 Herr und Madam Burgdorf. 


Es bliebe zum Schluß noch ein Wort über bie bit 
herige, wirkliche Remplagantin ver verftorbenen Beder, 
über Madam Schlanzowskhyh, zu fagen. 


Man hatte dieſe Schaufpielerin, tiber die fich Goethe 
anfanglic fo günftig ausgefprochen, für längere Zeit 
engagirt, fich jedody in ihr — wenn auch nicht fo gemal- 
tig wie in Madam Burgdorf — geirrt und wollte ent: 
lich fie gleich jener gerne [08 werden. Diesmal erhielt 
Bulpius, der Romandichter und Opernü 
Auftrag, Mad. Schlanzowsfy von Wei 
anberwärtd unterzubringen. Er wanbte fi 
hen und Salzburg, doc) vergebens. Etwa 
chreibt er darüber an Kirms: 


„— Die Madam Schlanzowsty nad) 
bringen, verunglüdtee Das dortige Theat 
Mannheim verproviantirt worden. In Sa 
hält fich feine Geſellſchaft; die jegige ift ſchon wie 
Scheitern nahe. — * 


Madam Schlanzowsky verließ zu Johann 
Weimar. — 


Der oben erwähnte Brief Vulpius' enthält e 
einen Beleg für das fortwährende raſtloſe Suchen na 
einem paffenden Erfat für vie Beder. Er hatte von ber 
Vürftl. Theater - Kommiffion aud den Auftrag erhalten, 


Herr und Mabam Burgdorf. 251 














einer tüchtigen, doch verfchollenen jungen Schaufpies 
zu forfhen, da man dieſelbe für geeignet hielt, das 
ifte Fach auszufüllen. Die fraglihe Dame trägt 
azu einen Namen, welcher in neuefter Zeit im 
stürfifchen Kriege gar oft genannt wurde. 


tefe Stelle mag, hier folgend, dieſe Epifode been- 
ulpius fchreibt: 


Durch Suchen in den Sournalen 2c. bin ich endlich 
adam Dften näher auf die Spur gelommen, und 
nun, daß fie die ehemalige Dile. Kaltenbach ift, 
zu Königsberg 1792 und 93 fo viel Speftafel als Lieb⸗ 
erin im Schaufpiel und in der Oper zugleich machte. 
tan war untröftlich als fie fich vom ‘Theater begab und 
einen Herren von Saden genannt Dften heurathete. 
Bis 1798 hat diefe Che gedauert. Dann ging fie wies 
der zur Dresdner Geſellſchaft, wurde aber kranf und 
mußte abgehen. Nun ift fie wieder auf die Bretter ges 
fommen. Gie joll eine ſchöne PBerfon, und mag jekt 
24 Jahre alt feyn. Ich nehme nichts vor um fie zu 
und zu bringen, bis mid) die Direction dazu bevollmädh- 
tigt. Wollen wir fie aber haben, geht fie gewiß zu 
ung. — 


Ih bin Em. Wohlgeboren ergebeniter 
Bulpius.” 


250 Herr und Madam Burgdorf. 


Es bliebe zum Schluß noch ein Wort über die bie- 
herige , wirkliche Remplagantin der verftorbenen Beder, 
über Madam Schlanzowskh, zu fagen. 


Man hatte viefe Schaufpielerin, über die ſich Goethe 
anfänglich fo günftig ausgeſprochen, für längere Zeit 
engagirt, fich jedoch in ihr — wenn auch nicht fo gewal- 
tig wie in Madam Burgdorf — geirrt und wollte ent- 
lich fie gleich ‘jener gerne [o8 werden. ‘Diesmal erhielt 
Bulpius, der Romandichter und Opernüberfeger, ben 
Auftrag,. Mad. Schlanzowsky von Weimar fort und 
anderwärts unterzubringen. Er wandte fi) nah Mün- 
hen und Salzburg, doc) vergebens. Etwa Mitte 1799 
Ihreibt er darüber an Kirms: 


„— Die Madam Schlanzowsky nah München zu 
bringen, verunglüdtee Das dortige Theater ift von 
Mannheim verproviantirt worden. In Salzburg 
hält fich feine Geſellſchaft; die jetzige iſt ſchon wieder dem 
Scheitern nahe. — 


Madam Schlanzowsky verließ zu Johanni 1800 
Weimar. — 


Der oben erwähnte Brief Vulpius' enthält ebenfalls 
einen Beleg für das fortwährende raſtloſe Suchen nach 
einem paſſenden Erſatz für die Becker. Er hatte von der 
Fürſtl. Theater-Kommiſſion auch den Auftrag erhalten, 








Herr und Madam Burgdorf. 251 


nach einer tüchtigen, doch verfchollenen jungen Schaufpie- 
lerin zu forſchen, da man viefelbe für geeignet hielt, das 
verwaifte Fach auszufüllen. Die fragliche Dame trägt 
nod dazu einen Namen, weldyer in neuefter Zeit im 
ruſſiſch-türkiſchen Kriege gar oft genannt wurde. 


Diefe Stelle mag, bier folgend, dieſe Epiſode been=. 
den; Vulpius jchreibt: 


„Durd Suchen in den Journalen 2c. bin ich endlich 
der Madam Dften näher auf die Spur gelommen, und 
weiß num, daß fie die ehemalige Dile. Kaltenbach ift, 
bie zu Königsberg 1792 und 93 fo viel Speftafel als Tieb- 
haberin im Schaufpiel und in der Oper zugleich machte. 
Dan war untröftlich als fie fich vom Theater begab und 
einen Herrn von Saden genannt Dften heurathete. 
Bis 1798 hat diefe Ehe gevauert. Dann ging fie wies 
der zur Drespner Geſellſchaft, wurde aber Frank und 
mußte abgehen. Nun ift fie wieder auf Die Bretter ge= 
fommen. Sie fol eine fhöne Perfon, und mag jekt 
24 Jahre alt feyn. Ich nehme nichts vor um fie zu 
ung zu bringen, bis mid) die Direction dazu bevollmädh- 
tigt. Wollen wir fie aber haben, geht fie gewiß zu 
und. — 


Ich bin Ew. Wohlgeboren ergebenſter 


Vulpius.“ 


252 Herr und Madam Burgdorf. 


Madam Often- Saden wurde aber feineswegs nad) 
Weimar berufen, ebenfowenig wie eine andere pafjenve 
erfte Liebhaberin gefunden wurde und debütirte, und in 
das Fach ver Becker theilten ſich — wie fhon gefagt — 
bie Jagemann und Amalte Wolff. 





v1. 
Iffland und Weimar. 1796 —1812. 


Iffland bat uns eine intereflante und anziehende 
Selbftbivgraphie hinterlaſſen, die erfte Hälfte feiner 
bedeutungsvollen theatralifhen Wirkſamkeit umfafjend. 
Unter vem Titel: „Ueber meine theatralifche TYaufbahn, 
ft fie dem erften Bande feiner bramatifchen Werfe (Leip⸗ 
jig 1798) gleihfam als Einleitung vorgedrudt. Sie ift 
genau und gewiſſenhaft geichrieben, und wenige Details 
dürften dieſem erften Lebensabſchnitt, dem Entwidelungs- 
gange des Künftlers, fehlen. Funk in feinem Büd- 
lein über Iffland („Aus dem Leben zweier Schau- 
ſpieler,“ Leipzig) weiß nur Weniges über des Künftlers 
Jugendzeit hinzuzufügen, und die Selbftbiographie hat 
bisher allen weitern Aeußerungen über Iffland, ja 
jogar über die Gefchichte des deutfchen Theaters — fo 
weit er babei betheiligt ift — zu Grunde gelegen. Am 
Schluß dieſes Lebensabriffes verfuht Iffland mit 
großer Sorgfalt, ja mit der Xengftlichkeit eines Mannes, 
dem die Redlichkeit über alles geht, feinen Abgang von 
Mannheim und feine Berliner Anftellung zu rechtfertigen. 
Doch fo genau und detaillirt diefe Epoche auch wieder- 


256 Iffland und Weimar. 1796-1812. 


gegeben ift, fo ift fie Doch nad) einer Richtung hin Tüden- 
haft. Sein damaliges Verhältniß zu Weimar umd 
Goethe berührt er nur flüchtig, und doch hatte Iff⸗ 
fand ſich mit der Bühne jener Stadt und ihrem Vor: 
ftande tiefer eingelaffen, als er ausführlich darzulegen 
wohl für gut fand. 

Eine Reihe hierauf bezüglider Urfun- 
den beftätigt dig. Obſchon lückenhaft, laſſen vie 
legten Schreiben, gleichzeitig mit der Berliner Anftellung, 
feinen Zweifel, daß Iffland fih Weimar gegenüber 
fefter gebunden, als dem Eugen Manne, ver ſtets xedlich 
handeln wollte, lieb war. Dieje Dokumente vermögen 
zugleich die Selbftbiographte zu ergänzen, eine bunfle 
Stelle im Leben des Künftlers zu erhellen. Weiter dürf⸗ 
ten fie dem Leſer den eigenthümlichen Reiz gewähren, 
Iffland, als Menſch und Künftler beveutend, in 
feinen geheimften Denken und Fühlen zu belaufchen. Ic 
will verfuchen, fie fo viel al8 möglich im Zuſammenhange 
mit feinen Lebensereigniſſen mitzutheilen. 

Die erfte Erwähnung einer angelnüpften Verbindung 
mit Weimar gefchieht in der Selbftbiographie, zur Zeit 
als Mannheim von den kaiſerlichen Truppen eingeſchloſ⸗ 
fen war, 1795. Iffland erhielt im Herbfte jenes 
Yahres ‚einen fehmeichelhaften Antrag von Weimar, dort 
Saftrollen zu geben,“ den er aber, einem früher abge 
gebenen Keverfe „buchftäblih treu”, ablehnte Doc 
geſchah Dies nur vor der Hand, denn nach dem mühſelig 











Iffland und Weimar. 1796—1812. 2357. 


durchbrachten Winter von 1795 auf 96, wo die Leitung 
des Theaters unter fchwierigen Verhältniffen ihm ganz 
allein oblag, und nad) tadelnden Aeußerungen des Herrn 
von Dalberg, wo er Anerfennung gehofft, erbat und 
erhielt er im Frühjahr 1796 die Erlaubniß zu einer 
Saftfpielreife nad) Weimar. Vom 28. März bis 25. 
April trat er dafelbft mit dem größten Beifall in vier- 
zehn werfchievenen Rollen auf, wofür er, außer freiem 
Aufenthalt im Gafthofe, noch „100 d Karolin Douceur* 
erhielt. 

Bötticher verherrlichte dieſes Gaftfpiel in einem 
eigenen Buche: „Entwidlung des Iffland'ſchen Spieles 
auf der Weimarifchen Bühne. * 

Ueber dieſes Gaftfpiel und feine Folgen fagt Iffland 
ſelbſt Mondes. Er giebt zu, dag in Weimar zuerft in 
jeinem Leben der Gedanke in ihm erwachte, daß es ihm 
möglih fein könne, Mannheim zu verlaffen. Er ift fo- 
gar entjchloffen, bei andauernder unangenehmer Stel- 
lung feinem Chef gegenüber, und in Rüdficht der trauri- 
gen politifchen Berhältnifje, unter denen Mannheim und 
feine Bewohner fo viel zu Leiden hatten, feine Berbin- 
dung mit jener Stabt zu zerreißen. Er jagt: „Ich 
sußerte diefes in Weimar, und daß ich alsdann dort zu 
leben wünſche. Man begegnete biefer Idee, und bie 
Vorſchläge, welche ich, fall die Umftände fich fo ver- 
einigen twärben, entworfen habe, können, glaube ich, für 
meine Uneigennützigkeit, fir meine Hoqhachtung für Hrn. 


Basque, Goethe's Theaterleitung. I. 


958 Iffland und Weimar. 1796-1812. 


von Dalberg und für die Anhänglichkeit an die Pfalz 
und meine Freunde reden. ” 


Wie er gejagt, fo verhielt es fi). Hier die oben 
erwähnten, von ihm unterm 8. April, während feines 
Saftfpiels, an Goethe übermahten Wünſche und 
Bedingungen eines abzufchliegenden Engagements mit 
Weimar: 


„Meine Wünfche, an einem Orte, der für Geift und 
Herz fo reihe Nahrung darbietet, zu bleiben, in Ruhe zu 
leben, find ehr beftimmt. — Doch wünjche ich anſtändig 
und nicht übereilt von Mannheim wegzugehben. Dazu 
ſehe ih manche Möglicyleit voraus. Ueberhaupt habe 
ih Mannheim Vieles, zu viel geopfert: jo, daß überall 
erfüllte Pflicht auf meiner Seite ift. Menagement gegen 
Herrn v. Dalberg, dem ih Achtung ſchuldig bin, 
macht, daß ich ehrlichermeife erft von dort, bei meiner 
Rückkehr, das Wie und Wann beftimmen kann. — Id 
würde mich, wenn das berichtigt ift, alsdann gerne ber 
Regie zu Weimar unterziehen, mit Beifeitfegung aller 
ökonomiſchen Details, denen ich nicht gewachjen bin. — 
Meine dortige Befoldung ift 1700 Gld. rheinifh. Ich 
würde bier nicht mehr verlangen. Ich fünnte nicht 
weniger nehmen. 


Meine PBenfion iſt 700 Gld. rh., deren Zuficherung 
im Fall 1. das Theater aufhörte, fei e8 aus 2. welcher 
Urſache e8 aufhören möchte; oder 3. im Fall ich Alters 


Hiland und Weimar. 1796—1812. 2359 


oder Krankheit halber nicht mehr fpielen könnte, ich, fo 
wie meine Bejoldung an nämlicher Kaffe, wo andere her⸗ 
zogliche Diener ausbezahlt werden (nicht an einer tem- 
porairen Theaterkaſſe), erwarten müßte. — Ich wünfche 
dem Defret inferirt, daß, wenn ich eintretenden Falls des 
Penfionsbezugs anhalten follte, jelbe alsdann auswärts 
zu genießen, ſolches mit Herabfegung von 700 Gld. auf 
500 Gld. gnädigft bewilligt werden wolle. 

Ich Tann, wenn das Theater auswärts fpielen fol, 
mid nur dazu verftehen, ſolches in herzogfichen Landen 
zu thun. 

Ich würde als Kegiffeur von allem, was gefchehen 
fol, vierzehn Tage vorher der Herzoglichen Intendance, 
auf vierzehn Tage hinaus, einen betaillirten Plan zur 
Genehmigung vorlegen. — Sowie Vorſchläge zur Füh— 
rung des Ganzen in ver Natur meiner Stelle lägen: fo 
wirde ich Abdankungen und Engagements zu fehließen, bie 
Vollmacht gehorfamft erbitten. — Da ich mir mein Weg- 
gehen von Mannheim unnöthig erfchweren würde, wenn 
hiervon etwas vor der Zeit befannt würde: fo muß ic) ge- 
borfamft bitten, nichts davon bekannt werben zu laffen. — 
Ich bin unfähig etwas zu mißbraudhen, oder leere Verfpre- 
dungen zu thun: es ift daher meine Pflicht, die nähere 
Beſtimmung des Ganzen von Mannheim aus zu machen, da 
in einer Kriſe, wie jest dort ift, binnen wenig Wochen 
ih Vieles entwiceln muß, was mir Hrn. v. Dalberg 


gegenüber alles erleichtert. — Dies ift, was ich vorläufig 
17* 





260 Iffland und Weimar. 1796—1812. 


jagen fann. Nähere Kenntniß des ölonomifchen Fonds 
vom biefigen Theater läßt demnächſt mich beftimmt jagen, 
auf welche Höhe das hiefige Theater noch gebracht wer- 
den kann, dem ic) mich dann ganz wibmen würde. 
Iffland.“ 


Noch fügte er folgende Zuſätze bei: 

„Sch würde auf den Fall meines, unter denen gehor- 
famft proponirten Bedingungen, gejchloffenen Engage 
ments zu Weimar, mid) gern reverfiren, dieſen Ort nie 
zu verlaffen, um ein anderes Engagement anzunehmen. 
Dagegen, um mir Neuheit zu erhalten, würden ©e. 
Herzoglihe Durchlaucht gnädigſt geruhen, mir alle zwei 
Sahre etwa einen Monat Reife-Urlaub zu ge 
ſtatten. 

So lange die Reiſe nach Lauchſtädt nöthig iſt, oder 
nad Erfurt, kann, außer den Operetten, leicht ein An- 
derer meine Rollen übernehmen. Ich wende nichts ein, 
wenn der Tall ſich fo träfe, nad) Gotha over einen andern 
ähnlihen Ort mitzugehen. Einige Kompenfazion ber 
Duartier » Untoften ift etwas, das ich nach feiner natür- 
lichen Billigfeit hier nur im VBorbeigehen berühre. — 

Weimar den 8. April 1796. 

Iffland.“ 


Es waren dies allerdings genau ausgearbeitete Be 
dingungen, die, von Goethe geprüft und dann als an⸗ 
nehmbar bevorwortet, dem Herzog Carl Auguft zur 








Iffland und Weimar. 17961812. 261 


Genehmigung vorgelegt wurden. Diefer refoloirte am 
15. April: 

„Ich bin im Allgemeinen mit dieſen VBorfchlägen zu= 
frieden, und es können nad näherer Erflärung die Unter- 
handlungen fortgefetst werben. Ä 
Carl Auguſt.“ 


Eine nähere Beiprehung erfolgte, vielleiht nod am 
jelben Tage, und da die proponirten Bedingungen im 
Allgemeinen angenommen worden waren, fo war Iff⸗ 
land, für den Fall eines Rosfommens von Mannheum, 
gebunden. 

Am 26. April reifte Iffland nad Leipzig, von 
dort zurück über Kaflel, Frankfurt nad) Mannheim. 

Hier muß ich eine Heine Epiſode einfchalten. 

Bei feiner Abreife von Weimar glaubte Iffland 
eine Rolle mit 48 Laubthalern in feinem Logis zurüd- 
gelaffen zu haben. Er hatte fi in Weimar mit dem 
Hoffammerrath Kirms, dem Mitpireftor Goethe's, 
innigft befreundet, und dieſem ſchrieb er darüber folgenven 
Brief, der als Kuriofum hier feine Stelle finden mag. 


„Xeipzig den 28. April 1796. 6 Uhr. 
Theuerer Treund ! 

Ich künde mich als Eſel an, der ein Rouleau mit 
48 Laubthaler zu Haufe, ich meine am Kammerfenfter, 
liegen ließ. Die fehr ehrlichen Leute haben es Ihnen 
wohl ſchon gebracht. Sciden Sie es beliebig nad) 





262 Hfland und Weimar. 1796—1812. 


Frankfurt, poste restante im „weißen Schwan“, an 
Iffland, und eine Nachricht über das ob, oder nicht, 
nach Kaffel, poste restante. In Eile Ihr dankbarer 
Freund und Efel Iffland.“ 

Das Geld fand ſich indeſſen nicht vor. Iffland 
hatte ſich geirrt, und von Mannheim ſchreibt er unterm 
16. Mai dem Freunde Kirms einen Brief voll Entſchul⸗ 
digungen und bekennt, daß er ſchlecht gerechnet. 

Am 19. Mai deſſelben Jahres verheirathete ſich Iff⸗ 
land, und ſchon im Juli war er, der drohenden Kriegs— 
gefahr halber, genöthigt, mit feiner jungen Frau von 
Mannheim zu fliehen. Er erhielt zwei Monate Gehalt, 
mußte ſich aber durch einen Revers verpflichten, „am 
Ende der Gefahr zurüdzufommen. * 

Lesterer nöthigte ihn, Weimar gewiſſermaßen aus- 
zumeichen, obfchon fein Weg ihn — da er nad) fei- 
ner Vaterſtadt Hannover zog — dort vorbeiführte. Er 
jelbft fagt darüber: „Ich ging, ohnerachtet ich durch 
Gotha reifete, nicht über Weimar, um mid) nicht felbft zu 
einem Schritte gegen Mannheim zu verleiten. * 

Er hatte Furt, denn er fühlte fi Weimar, Goethe 
gegenüber, nicht miehr frei. Es war freilich eine ſchwie⸗ 
rige Situation. Der in Mannheim ausgeftellte Revers 
„zurüdzufommen”, die von Weimar angenommenen Be- 
dingungen, feine etwaigen darauf bezüglichen ſchriftlich 
abgegebenen Berfprehungen mußten ihn in Weimar, 
einem Manne wie Goethe gegenüber, in die peinlichite 





Iffland und Weimar. 1796—1812. 263 


Lage bringen. Und doch hatte er nicht ven Muth, viel- 
leicht auch den Willen, offen mit Goethe zu reven, Die 
Unterhbandlungen abzubrechen. Er giebt ihnen dort fogar 
Hoffnung, daß fih Alles noch nad) Wunſch geftalten 
könne. In diefem Sinne lautet ein Schreiben an 
Kirms, weldes fih an bie obenerwähnte Aeußerung 
in feiner Selbftbiographie anſchließt: 


„Sotha, auf der Durcreife nah Hannover, am 
18. Juli 1796. 

Mein berzlicher Freund! 

Meine Würfel liegen, und müfjen binnen hier und 
vier Wochen geworfen fein. Die Bomben treiben mid) 
fort. Meiner Benfion (die, wenn e8 ohne meine Schuld 
endet, noch gezahlt werden müßte) zu Ehren gehe ic} einft- 
weilen nad) Hannover zu den Meinigen. Aber worbei- 
reifen an dem Orte, neben denen Menſchen, die ich fo 
danfbar Liebe, konnte ich nicht, ohne ihnen dies, und daß 
ih fie innigft liebe, zu fagen. Melden Sie es gütigft 
unferm Böttiher, dem ih von Hannover gleid) 


ſchreibe. 
Ihr dankbarer Freund Iffland.“ 


In Hannover blieb Iffland bis Ende Auguſt; 
dann ging er auf Schröder's Einladung nad) Hanı- 
burg, wofelbft er bis zum 9. Dftober weilte. Während 
diefer Zeit wurden ihm von Berlin aus erneuerte An- 
träge gemacht (vielleicht auch ſchon weit früher), die Lei⸗ 





264 Hfland und Weimar. 1796—1812. 


tung des dortigen Nationaltheater8 zu übernehmen. — 
„Schon 1794 habe er foldhe Anträge erhalten, doch da⸗ 
mals definitiv abgelehnt. * — Hierdurch wurde fein Ber: 
hältniß zu Weimar noch ſchwieriger und unangenehmer. 
Daß diefe Berliner Anftellung ihn am meiften anzog, 
bedarf feiner Frage, auch reifte er ſogleich nach Berlin, 
um in biefer fir ihn höchft wichtigen Sache feinen per- 
fönlihen Einfluß geltend zu machen, und die etwa nöthi- 
gen Berhandlungen felbit zu leiten. Am 18. Oftober 
fchreibt er nah Mannheim, theilt Hrn. v. Dalberg 
jeine Berliner Ausfichten mit, und verlangt „nicht Ver⸗ 
befjerung, nur beftimmte Auseinanderfegung ” feiner Ber- 
hältniffe. Baft zugleich fchreibt er an Kirms nad 
Weimar: 

„Mein theurer, werther, immer gleichgeliebter Freund ! 
Eine tödtliche Krankheit, mit deren Schwäche ich hie- 
ber von Hamburg fam, läßt mich auf Ihren Brief, dies 
Denkmal Ihres Herzens, den ic mit Thränen ver Er⸗ 
fenntlichkeit las, den ich empfinde, erſt heute antworten. 
Damals wußte ih, fo wahr ich ehrlich bin, nichts 
von einem biefigen, beftändigen Engagement, und jebt 
fann ich nur muthmaßen, daß man mir es antragen 
werde. Man ſagt fi) hier, e8 werde fehr glänzend fein 
und unter uns, e8 werde über 3000 Thlr. gehen. Gott 
weiß, was daran ift. Eine fo große Summe, unter Be- 
dingung der nur literarifchen Direktion, verbient freilich 
Ueberlegung. Ohne deren Evidenz in der Grundlage 


land und Weimar. 1796—1812. 265 


des Engagements fage ich entfhieden Nein. Ich 
würde das fogar gleich jagen, wenn ich dort nur — nad) 
allen angetragenen Mopifilationen — einige Ausficht 
hätte, mit Beds*) zu leben! Vergeben Sie, befter 
Mann, dem ehrlichen Herzen feine Wünſche, da e8 ehr- 
liche Wünfche find. Da ich denn, für des Herzens Glüd, 
Summen aufzuopfern bereit bin, fo fehen Sie die Wahr- 
heit meiner Seele, und Wahrheit erregt ja immer guter 
Menfhen Theilnahme, und gut, — feelengut find Sie 
ja wahrlich ! 

Es ift eine harte Rage für einen ehrlichen Mann, ber 
lieber der Stimme des Herzens folgen wollte, als dem, 
was man Klugheit nennt, wenn dieſe Klugheit ihn, weil 
er nicht mehr allein ftebt, fondern Hausvaterpflichten für 
die Zukunft hat, wenn dieſe ihn mit einer Gattung Ober- 
gewalt zwingt, zu balanciren. Das ift meine Tage, und 
wahrlich, wohl ift mir dabei nit. Ich wollte, alles 
wäre vorüber, und ruhig fähe ich in meinem Kämmerlein. 
Vegreiflich muß e8 aber Ihnen fein, und wer wirb es 
mehr begreifen, als Hr. v. Goethe, daß unter biefen 
Umſtänden meine Lage in einem unangenehmen Zwiefpalt 
iſt. Kann ich denn wohl jagen, ih will nicht nad) 
Veimar kommen? So fprädie ich gegen mein Herz. 
Kann ich, eben vor dem legten Zuge meines Lotto, heut 





+, Bed, Iffland’s AJugendfreund aus der Eckhoff'ſchen 
Periode. 


266 Iffland und Weimar. 1796—1812. 


fagen, ih fomme gewiß? fo würden Gie mich unver: 
nünftig nennen. So ift e8 jet. — Mitte November 
gehe ich bier ab; in vierzehn Tagen muß Alles entfchieden 
fein, ob Ruhe und Reichthum für hier entfcherven 
follen. Ohne Ruhe will ich fein Geld, alſo glaube ich, 
es wird nichts. — Soll idy dadurch, daß ich dieſe Wahr- 
heit fage, Weimar verloren haben? — E8 wäre hart!! 
— Gott fei mit Ihnen, und wenn mir der Hof verloren 
geht, bleibt mir der Freund! — Berlin ven 21. Ofte- 
ber 1796. Iffland.“ 
Es waren Worte, Ausflüchte, und ſicher ſtand es bei 
ihm feit, die brillanten Berliner Anerbietungen anzuneh- 
men. Sein Berhältnig zu Mannheim und Hrn. v. Dal- 
berg orbnete fich jo zu fagen von felbft, mit Weimar 
und Goethe war es etwas Anderes. Obiges Schrei- 
ben deutet auf früher gegebene Zufagen, daher das 
Schwankende, Unfichere in Iffland's Brief. Goethe 
jcheint indeflen edel genug gewefen zu fein, auf folche zu 
verzichten, in Betracht der glänzenden Ausficht, pie Ber- 
lin dem Künftler bot. Die Antwort feines Direktions⸗ 
Kollegen Kirms auf obiges Schreiben wird in biefer 
Weife gelautet haben. — Die Berliner Unterhanplungen 
dauerten fort, und da er von Mannheim feine genügende 
Antwort befommen, nahm Iffland am 14. November 
das Engagement als Direftor des Berliner National- 
theater an. Vom 21. November liegt ein Brief an 
Kirms vor, wahrfcheinlic die Antwort auf oben ange 








Iffland und Weimar. 1796—1812. 267 


beutetes Schreiben, weldyes ihn feiner früher gegebenen 
Zufage entband. 
„Berlin ven 21. November 1796. 
Mein Freund! — Mein Bruder! 

Denn fo handelt nur ein Bruder am andern. Da 
figen meine Frau und ich, und reden mit ber Perle des 
Dankes im Auge von Weimar und, mehr als von Wei- 
mar, von dem edlen Kirms, deſſen Hand ich an mein 
Herz lege, ven ich Liebe und verehre! — Wahrfcheinlic) 
habe ih ven Frieden meiner Seele verkauft — Se. Maje⸗ 
ftät bezahlen meine Schulden! — habe die Ruhe gegen 
Geld getaufcht, denn ich erhalte 3000 Thaler Sol, ein 
jährliches Benefiz und 1200 Thaler PBenfion, wenn ich 
bleibe — denn auf ewig habe ich mich nicht engagirt! 
— Freund, die Schulden haben entſchieden. Nur 
diefe! das glauben Sie ja wohl, wenn Sie von den ehr- 
lichen, geliebten Beds mich getrennt wiſſen! — O Gott! 
da fie ih, man wünſcht mir Glück, mein Kopf hängt, 
und id) weine über mein Glüd, bin falt bei Ehre und 
Geld und fchlafe wenig, denn mein armes Herz ift zer⸗ 
tiffen. — Eben kommt Ihr Brief, und das befannte 
Convert verſetzt mich gleich nach dent friedlichen Belvedere, 
unter treue Freunde, .. und dann fehe ich hier in Pracht 
und Leere! — Es ift gefchehen. — Ich werde bier nicht 
ausdauern! — In drei Iahren kann ich ebenfalls hier 
jurüdgehen. Ich will fparen — dann führe Gott mid) 
in Ruhe zu Ihnen! Diefe legte hoffnungsvolle 


268 Iffland und Weimar. 1796— 1812. 


Stelle, dieſe liebe Stelle, für bie ich Sie fegne und an 
mein Herz drücke — zeigt mir Licht in der Nacht! ! 

Machen Sie dem verehrten gnädigen Herzog meinen 
mündlichen Bericht, vrüden Sie meinem Bötticher bie 
Hand — ich kann heute nit — ich fehe vor Waſſer bie 
Buchſtaben nid. 

Ihr dankbarer, wärmfter, innigfter Freund 

Iffland.“ 

Die Angelegenheit war beendet; Iffland war 
Direktor des Berliner Nationaltheaters geworden und 
augenblicklich für Weimar verloren. Der Vorſtand letz⸗ 
teren Theaters ſchien indeſſen doch noch immer zu hoffen. 
Die Mühen, Arbeiten und Unannehmlichkeiten, die mit 
einer ſo großen Direktion verbunden waren, mußten auf 
den Künſtler, den Schriftſteller lähmend, hemmend wir⸗ 
ken, und darauf fußend, glaubte man in Weimar, daß 
Iffland bald eine ſolche doch abſchütteln würde, müſſe. 
In dieſem Sinne mag ein weiterer Brief von Kirms 
abgefaßt geweſen ſein, denn Iffland antwortet demſel⸗ 
ben am 11. Dezember 1796: 

„Mein unvergeßlicher Freund! 

Wehmüthige Thränen koſtete mich Ihr Brief! — Ach, 
von Weimar! — rief meine Frau, als das blaue Couvert, 
wie ein bekannter Freund, zur Thüre hereinſah! — Ja, 
wahrſcheinlich iſt meine Ruhe verkauft; aber nur auf 
einige Jahre, das iſt mein Troſt. Sie kennen mich und 
müſſen es wiſſen, daß Geld nicht mein Heil iſt. Dies⸗ 











Iffland und Weimar. 17961812. 269 


mal war e8 Nothwendigkeit! Ehre und Güte und Geld 
ift mein Theil. Aber die Natur ift hier troden, und ber 
Verſtand iſt faft überall im Treibhauſe. Kein fo frober 
Abend wird mir bier, wie der, wo wir ın Ihrer Stube 
ber Freude nicht. zu gebieten brauchten, denn fie war im 
Derzen, und floß gerne über bie offenen Lippen; — nein 
— Weimar ift nicht fern — das tröftet mid. In einem 
Sabre führen Ste mich und mein Weib nad) dem Pavil- 
Ion bei Ettersburg. Da wollen wir unfere Freundſchaft 
— nit erneuern, denn fie ift ein frifcher blühender 
Daum vom Lieblichften Grün! fondern wir wollen fie ge- 
nießen. Gruß an Bruder und Schwefter, an Alles, was 
meiner gedentt, an Kranz (Konzertmeifter) befonvers. 
Glüdlich die, die nicht zwifchen Geld und der Stimme 
des Herzens wählen müſſen! — Berlin 11. Dezember 
1796. 
Iffland.“ 

Es ſcheint der letzte Brief an den Vermittler Kirms 
in dieſer Angelegenheit geweſen zu ſein. 

Die Weimarer Befürchtungen gingen nicht in Er⸗ 
füllung. Iffland war ſchon der Mann dazu, ſeine 
Obliegenheiten als Direktor zu erfüllen, ohne darüber 
den Kunſtler und Schriftſteller zu vernachläſſigen, wie bie 
Folge feiner Wirkſamkeit hinlängfich gezeigt. Da man 
ihn fomit nicht als ftändiges Mitglied des Hoftheaters 
in Weimar haben konnte, wollte man ihn doch als Gaft 
jeben, fich an feinen Darftellungen erfreuen, und fo fam 


270. Iffland und Weimar. 1796—1812. 


er denn 1798 zum zweiten Male nah Weimar. Ein 
recht intereffantes, hierauf bezügliches Schreiben Iff⸗ 
land's an Kirmes mag hier noch folgen: 

„Berlin ven 17. April 1798. 

Nun denn — Sonnabend den 21. Früh gehen wir 
ab. So hoffe ih am 22. Früh, d. h. vor Abend, in 
Leipzig zu fein; den 23. A Uhr Früh aus Leipzig, da 
wären wir ja wohl den 23. Abends 8 Uhr in Weimar. 
Es jteht bei Ihnen, ob ich den 24. fpielen ſoll oder ven 
25. Einen Ruhetag wünfche ich; für Etteröburg Früh, 
für Belvedere Nachmittags, wenn e8 angeht. Außerdem 
gebietet über euren Knecht! Die Mufik zum, Pygmalion“ 
bringe ich mit. Ich gehe, Nachts 1 Uhr, oder Sonntag 
am 3. Mai, aus Weimar weg. Nicht weil ih will, 
jonbern weil ih muß. — Nur Egmont, ven ich nicht 
mehr im Gedächtniſſe habe, kann ich nicht jpielen. Leid 
ift e8 mir Die. Jagemann zu belogiren, fo lieb es 
mir ift, außer dem Gafthofe zu fein! Alfo denn — in 
wenigen Tagen umarmt Sie Ihr herzlicher Freund 

Iffland.“ 

Dieſem Schreiben liegt noch das folgende bei: 

„Für den Freund allein. 

1. Präpariren Sie ſich in meiner Frau eine nichts⸗ 
weniger als hübſche, eher häßliche, geſcheute, ſehr gute 
Frau, die ich innigſt liebe, zu ſehen. — 2. Ueberlegen 
Sie, wo ich Viſite machen muß. Ich möchte die wenigen 
Tage der Freundſchaft leben. — 3. Es iſt beſſer, 





land und Weimar. 1796—1812. 971 


Georg (?) ißt mit uns. So bleibt die Kolonie beifam- 
men. — 4. Ich bitte, den ehrlihen Bleß zur Aufwar⸗ 
tung zu haben. — 5. Ich wünfche alle Soupers und 
Diners, wo fi) deren finden follten,, fo viel es mit An- 
itand möglich ift, zu vermeiden. — 6. Laſſen wir bie 
Maler lieber weg, als daß wir anftoßen. — 7. Die 
Jagemann macht doch vie Önlathee in „ Pygmalion? “ 
— 8. Ich bitte, daß Sie mir bei meiner Ankunft Alles 
jagen, was ih thun und was ih nicht thun fol. — 
9. Ich habe, glaube ich, gebeten, daß ich und meine Frau, 
jedes ein befonderes Bette in einem Zimmer erhalten. — 
10. Berlieren Sie die Geduld nicht!!!“ 

Man wartete aber nicht den 25. April ab*), fondern 
Iffland's erfte Gaftrolle fand den 24. ftatt. Er fpielte 


) Goethe machte dem Publikum dies zweite Sffland’fche 
Gaftfpiel durch folgende, von ihm redigirte „Nachricht“ be 
kannt: 

„Nachricht. 

Der ganz Deutſchland auf das vortheilhafteſte bekannte 
Künftler und gegenwärtige Direktor des Königlich Preußifchen 
beutihen Schaufpiels, Herr Iffland, wird, vom 24. April 
an, auf dem hiefigen Hoftheater, fechs nahe auf einander fol- 
gende Borftellungen geben, und mit der Rolle des alten Domi- 
nique in dem Efjighändler, mit welcher derſelbe in Berlin debü⸗ 
tirte, den Anfang machen. 

Fremde, bie an diefem Genuß theilnehmen wollen, würben 
allenfalls vor ihrer Ankunft durch hiefige Belannte fich mit 
Billets zu verfeben haben, weil nur eine beftimmte Anzahl von 
Berfonen in das Schaufpielhaus Eingang findet. 








272 Sffland und Weimar. 1796—1812. 


an jenem Tage den alten Domingo im „Eſſigmann“. 
Am 25. Woodmar im , Deutſchen Hausvater “. 27. Pyg⸗ 
malion und St. Wallen in „Stille Waller find tief“. 
28. Bittermann in „Menfchenhaß und Reue“. 30. Den 
Hettman in „Graf Benjowsky“. 1. Mat. Pygmalion 
und Treumund in „der ehelichen Probe”. 3. Agapito 
in „ber verftellten Kranfen“. 4. Amtmann Riemen in 
„der Ausfteuer *. 

E8 waren ihm demnach drei Ruhelage gegönnt, um 
feine Lieblingsorte zu befuchen. Wohl mag er dieſer be 
durft haben, denn 8 Mal in 11 Tagen zu fpielen war 
Anftrengung genug. 

Bei Gelegenheit diefes Gaftjpiels fah ihn Schiller 


Die Einlaßpreife find während gedachten Vorſtellungen: 
1 Rthlr. auf den erften Plag, 
16 ©r. auf den zweiten Plat, 
8 „ aufdie Gallerie. 

Die Dubend-Billets können während den BVorfiellungen 
des Herrn Iffland nicht gelten; dagegen wird das Abonne: 
ment auf 21/, Monate, worunter aber die erften in dem jetzigen 
Monats-Abonnement bereits gegebenen Borftellungen mitbe 
griffen find, für die bisherigen Preife, ftattfinden. 

Die bereits auf den Monat April unterzeichneten Abonnen⸗ 
ten, welche den Ifflandiſchen Vorftellungen beimohnen wol: 
len, geben gleichfalls Die Bebingung ein, daf fie das Abonne: 
ment bis zum völligen Schluß der Bühne zu halten gebenten. 

Weimar den 12. April 1798. 

Bon Direltionswegen.“ 


Iffland und Weimar. 1796— 1812. 273 


wieder, welcher fich bejonders durch die Vorführung des 
Roufleau’fhen „Pygmalions * zu harter Kritik veranlaft 
fand, während Goethe ganz entgegengefeßter Anficht 
war. Letzterer fagte über dieſe Rolle: „PBogmalion 
macht Anſpruch auf die höchſte theatralifche Würde und 
Fülle; mas Iffland in der Rolle geleiftet hat, wird 
durch Feine Worte auszuprüden fein. “ 

Iffland betrachtete dies Gaftfpiel als eine Ehren- 
fahe. „Er wurbe diesmal blos ausgelöft (im Gajthofe), 
das Douceur hatte er fich verbeten,“ heißt es in einer 
handſchriftlichen Notiz. 

Zum dritten Male fam Iffland als Saft nad) 
Weimar im Jahre 1810. Es hatte vorerft nicht in fei= 
ner Abficht gelegen, in Weimar aufzutreten. Er gaftirte 
in Leipzig und wollte von dort, durch Weimar, nad) 
Gotha. Unterm 10. September fchreibt er von Leipzig 
folgente darauf bezügliche Zeilen an feinen Freund 
Kirms: 

„Da ich, mein theuerer Freund, ven 18. in einen 
Borfpiel für die Armen erft nody fpielen muß, und dann 
Abends 8 Uhr abgehe, jo werde ich Sie den 19. etwa 
gegen 11 Uhr eine halbe Stunde fehen und dann nad 
Gotha eilen. Ich melde es Ihnen, damit id, iſt es 
möglich, meinen lieben Kirms zu Haufe finde. — Ber- 
gebung, daß ich fo oft Sie behellige! Es Liegt nur eben 
an Ihnen! 


Ihr Iffland.“ 


Pasqueé, Goethe's Ihenterleitung. 1. 18 











274 Hfland und Weimar. 1796—1812. 


Der Einfluß Goethes muß ihn indeſſen doch dahin 
gebracht haben, einige Male aufzutreten, denn vom 24. 
bis 27. September fpielte er vier Mal: am 24. den alten 
Grafen im „Puls“; 25. Hrn. v. Langſalm im „Wirr- 
warr“; 26. den König Year; 27. Herbe im „ Amerikaner“. 

Diefes Gaſtſpiel hat E. Devrient in feiner „Ge: 
ſchichte der deutſchen Schaufpielfunft * übergangen. 

Zum vierten und legten Male ſah ihn Weimar m 
Winter des Jahres 1812. Obſchon recht Frank und 
ſchwach, hatte er ſich Doch zu diefem längft werfprochenen 
Saftfpiel entſchloſſen. Vom 20. bis 30. Dezember fpielte 
er acht Mal: 20. Willburg in „Klementine“, 21. Con- 
ftant in „ Selbftbeherrf hung“, 22. den Juden Schewa, 
23. Lämmermeyer in „Künftlers Erdenwallen *, 27. Den 
Ranudo und Lorenz Kindlein, 28. Baron in ter „Läfter: 
ihule”, 29. Shylod, 30. Meorhof im „Outherzigen 
Polterer ”. 

Für dieſes Gaftfpiel erhielt er außer einem brillanten 
Geſchenk von Carl Auguft nod) 40 Friedrichsd'or aus 
der HoftheatereKafle. 

Ludwig Wieland, der Sohn des Dichters, hat 
biefes Gaftfpiel in einer umfaſſenden Kritif gewürdigt; fie 
erſchien nebft einer Tafel mit Abbildungen (Läͤmmermeyer, 
Shylod und Don Ranudo) im Vebruarhefte des, Jour⸗ 
nals des Luxus und der Moden “vom Jahre 1813, dann 
als jelbftftändige Broſchüre. Sie ift enthufiaftifch ges 
Ichrieben und fchilvert in lebhaften Farben den gewaltigen 





Iffland und Weimar. 1796—1812. 275 


Eindruck, den vie Darjtellungen auf das Weimarer Publi— 
fum gemadyt. Es waren dies überhaupt die legten Dar⸗ 
ftelungen Iffland's, denn die allzugroßen Anjtrengun- 
gen nach fo vielerlei Richtungen , die er fid) aufgebürbet, 
hatten feine Gefundheit untergraben, und am 22. Sep⸗ 
tember 1814 endete er fein vielfad) bewegtes und vielfad) 
bewegendes Leben. 

Hätte er 1796 die befcheitene, doch gewiß ruhigere 
Stellung in Weimar der Berliner Direktion vorgezogen, 
er würte fein Leben vielleiht auf mehr als 55 Jahre ge- 
bracht haben! Ob e8 aber nicht beſſer für bie deutſche dra- 
matifche Kunft war, daß Iffland, anftatt mit Goethe 
vereint zu wirken, letterm Weimar allein überließ, um 
feinerfeits jelbftftändig fchaffenn und wirkend in Berlin 
zu verweilen, dürfte wohl nicht zu verneinen fein. 


Ende dee erften Bandes. 


18° 


Drud von Otto Wigand in Leipzig. 





Goethes 
Ihenterleitung in Weimar, 


Zweiter Band. 


Goethe's 
Thealerleilung in Weimar. 


——N 


In Episoden und Urkunden 
dargeſtellt 
Ernſt Pasque. 


Zweiter Band. 


_—_—oßoo0.-—— 


Leipzig 
Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber. 
1863. 


Snhalt des zweiten Bandes. 


VI. Arako, genannt Einer. 1792—1798. 


Krako bei Bellomo ; Prozeß mit demfelben en ei 
Goethe und ein Weimar-Müder 2.2. . 3 
Der Heldenfpieler wird Regimentd-Duartiermeifter und Auditeur 11 
Verſuch das Aufgegebene wieder zu gewinnen . . 2.2... 1 


VII. Major Stanz Anton von Weber und fein John Karl 
Maria. 1794 —1801. 


Samilien-Berhältnife . . . ....... | 
Major von Weber mit den Seinen in Beimar ...... 20 
Tod der Mutter Karl Maria's.... 21 
Beziehungen Des. Baters zu Weimar und Rirme während feines Auf: 
entbalts in Salbın a . > > 2 2 2 211 
Men ern. 
— infribrg . . . re ih 
Splvana, das flumme Waldmaͤdchen .. 27 
Des Vaters Lebensabend.. ... . .. 34 
zamilien⸗Mappenn. 36 


IX. Anguſt Leißring, der „lange Peter von Ihehö. 
1795 — 1852. 


Leißring's Einzug in Weimar . . - 2 2 2 on. 
Der allzueifrige Kunſtjüungge... 414 


vi Inhalt des zweiten Bandes. 


Seite 
Don Juan: Leißring und Weihrauch ... ©) 
Wallenſtein's Lager . . . ... 49 
Ein vergeſſenes Liee... 9590 
Stiller Abſchied von Weimeeeee...... 51 
Leißring's ferneres Leben und Sterben . . 2. 2. 2 200. 8 

X. Zophie Ackermanu. 1784— 18185. 

Ihr Leben und Wirken . 59 
Gefeiert, befungen und — — 63 
Der Künſtlerin Ende 67 


"XI. Karl Arüger und Madam Teller. 1792 und 1800. 


Don Carlos. Rollenſtreitigkeieen. 71 
Domingo, ein, Spitzbube““. . . ne... BR 
Madam Teller und die Herzogin von Friedland ... 77 
Maria Stuart ...... 798 


Königin nicht, Hofdamme... 79 


XII. Yulpius, der Verfaffer des „Rinaldo-Rinaldini“, als 
Weimarer Operntextdichter und - Bearbeiter. 1799. 


Stalienifche und veutiche Opern ; die Zauberflöte . 90 
Honorare . . en 2 
Bulpius und Goethe. Die fhöne Müllerin % 
XIII. vohs und feine Gattin, nachherige Werdy. 
1800—1860. 
Biographiſchee.. 7101 
Wallenſteiinininn... 4710907 


Maria Stunt 2 00 een. 18 
Zerrüttete Geſundheit. 101 


Zerrüttete Finanzg-VBerhältnifie - » > 22 nn 2166 
Künftlerloos . . . | 
Graf Effer und Garberobe-ngelegenheten .. 8111 
Abgang von Weimar . . . . ... 8112 


Madam Vohs als Gaſt in Weimar .. rn... 48 





Inhalt des zweiten Bandes. vu 


. Scite 
Der Tochter vergebliche Bewerbungen um eine Anftellung . . . . 114 
Der Mutter vergebliche Bewerbungen um ein n Baktbier. 2... 117 
Ihr Tod; Rah . 2. 2 2... 20202. 4118 

XIV. Friedrich Haide. 1799—1803. 
Biographiihes . . . nen. 123 
Miphelligkeiten ; der Aörrifche Raffer nn. 18 
Gin verfäumter Auftritt . . . nn. 328 
Gin Urtbeil Goethe . > 2. 10 
XV. 3. 8. Ipibeder in Weimar und Wien. 17991804. 
Fin verfhollener Bat >» > > 2 2 m 135 
Don Weimar nah Wien. 1239 
Wien Anno 1804 2. 2: 2 on ... . . 7 | | 
Bon Wien nah Weimar . . 2: 2 2.2. 222.2. 146 
XVI. Goethes „Wöcner‘‘ Beer und die Hallenfer 
Studenten. 1799. 

Abermals der Rörriiche Kaflier © © > 22 2 2 nn nn. 182 
Vie Räuber in Lauchſtäddtttt. 1836 
Tie Kirſchkernkanonadee. nn nn. 156 
Tas neue Hoftheater in Deffuu .- 2 2 2 2 2 nn nn. 18 
Ter Theaterfaal in kauqhſart ... 16860 
Gegenſäͤtze. .4161 
Genf .. rennen. 162 
Becker's fernere Schicfale, ſein Ende ... ..... 1664 


XVIJ. Karoline Jagemann, nachherige Fran von Heygendorf. 


1797 - 1848. 
Biographiſches 0. nenn. 109 
Ihr Gintritt in den Weimarer Künftlerkreis. nen... 170 
Theater-Revolutionen, 197°. 2 2 0 2 nn. 170 
er... 10 
ern... 477 
Janaz Dia . . nn... 179 
Opern; Schiller's Todtenfeier i in Wien, 10 on . 181 
Strohmeher's Todode....... .. . . 183 


Si und Wappeeeennn.. ... . . 1834 


viu Inhalt des zweiten Bandes. 


XVII. Graf uud fein geheimer Kontrakt. 1793 —1852. 


Seite 
Biographilhee - > >: or. 189 
Ein geheimer Ronmalt . - 2 2 2 2 nn 22. fi 
Graff's Zubilium . . 2. 2 2 oo nn. 18 
XIX. Pins Alexander und Amalia Wolff. 1791. 
1803 - 1828. 
Biographifhes . . . ren. 17 
Graf Brühl, als Iffland' } Rachfeiger nen. AM 
Der Heine „Lolo“ .. 20 
Dürant . ne MM 
Wolff's Unterhandlungen mit Berlin .. ... 2066 
Kirms legt eine Kontre⸗Mine 206 
Wolff's kündigen ihren Weimarer Vertrag . |.) 
Der Hof intervenitt . . . . ren. 29 
Goethe's Antwort auf vie Kundigung ..213 
Alte Garderobe — literariſche Arbeiten. 222.326 
Peinliche Mifhelligkeiten . > 200 rn. 28 
Behandlung derfelben dur) Goethe . . . nn. 9 
Endliche Schlichtung und Abgang⁊ von Weimar ee ii 
Wolff 8 Tod 0. EEE > 7 
Wolff's Todtenmadte > 2 2 2 Er 
XX. Yerfchiedenes. 
1. Malcolmi’fhe Samiltiengefhihdtn .- > > 2 2 2 21 
2. Der Baſſiſt Sl 2 nn. ii 
3. Goethe und Ernſt Wagner . 2 2 2 2 2 nn nn. 37 
4. Weimar und Wien und ihre Dichter . . . 240 
5. Eine Wocenthätigfeit des Weimarer Hoftheaters und Probe des 
Geſchäftsganges zwiſchen Goethe und Kirmd . . ....8 
6. Schuß gegen reifende Birtuofen . . . M7 


7. Graf Edling, Goethe's Nachfolger, ſucht einen Dramaturgen . 49 








Inhalt des zweiten Bandes. 1X 


Anhang. 


XXI. Die Vertreter der Alufik am Hofe zu Weimar, von Ernſt 
Anguſt Conflantin bis zu Goethe’s Tod, in kurzen biographifchen 
Uotizen. 1756 — 1832. 


Seite 
1. Jobann Ent Bad . . . rn. 
2. Ernſt Wilhelm Wolf (Worff). ... . 286 
3. Karl Gottlieb Goepfer.23837 
4. Anton Schweißer . . 2. 8 
5. Joh. Friedrich Steinharkt. Kammer- und Sofmufiter . 2.339 
6. Corona Elifaberh Wilhelmine Schroetr - . © 8 2800 
7. Karoline Wolf . . . 2. Bl 
8. Diaria Salome Bhilippine Reue an. Dim) | 2. 361 
9. Friederike Steindardtt . . . . en. 262 
13. Jobann Adam Aulhon. rn. 2 
11. Heineih Seiler 00 onen 263 
12. Johann Srietrih Kaanz. 2 2 nn 263 
13. Benedikt Kraus 2: 82865 
14. Franz Deötouhed . . 2 ne 265 
15. Johann Eberhard Müller. nn. 266 
16. Auguft Riemann . » 2 2 2 2 nn nennen. 237 
17. Karl Ebermein . . ne. 7 
18. Traugott Marimilian Eberwein ..2868 
19. Joh. Heinrich Chriſtiaen Remde . . . 2 2 2 2 22022269 
W. Karl Theodor Theußßß..22270 
21. Gottlieb Töpfer > 2 22 rn. AO 
22. Auguft Ferdinand Häfr 22 2 een. 70 
23. Johann Repomuf Summe . : 2: 2 2 2 2 nn. AM 


XXI. JPerfonal-Befand und Gäfle des Weimarer 
Hoftheaters. 
Berjonal-Beftand, vom 1. Januar 1784 biß zu Goethe's Tod, 1832 . 277 


Säfte, vom 1. Januar 1784 bis zu Goethe's Rücktritt von der Lei⸗ 
tung des Hoftheaters, 12. April 1817. 2 2 2 2 222.30 





x Inhalt des zweiten Bandes. 


XXIII. Corona Schroeter. 


Seite 

Beiträge zu ihrer Lebens- und Familiengeſchichte . 38 
XXIV. Alcehe von Wieland und Schweißer, 

die erfte deutfche Oper der neueren Zeit. 1773 . . . 2.2.2... 81 


Perfonen- und Sahhresiler.- - - - > 22220... 3i 





VII. 


Krako, genannt Finer. 


Goethe und ein Weimar-Müder. 


Pas que, Goethe's Theaterleitung. II. 


Das Unftäte, Raftlofe ift ein Hauptcharafterzug des 
Schaufpielers. Es ift faft, als ob der gefammte Stand 
den Ahasverus ber Neuzeit bilde und das verhängnißvolle 
„wandre! wandre! wandre!“ feinen Mitgliedern unauf- 
börlich in die Ohren töne, fie gewaltfam von einem Ort 
jum andern — und wenn fie auch noch fo gut geborgen 
waren, noch für lange Zeit hätten weilen fünnen — 
treibe, fort von der ruhigen, fichern Stätte in die nebel- 
bafte, ungewiſſe, doch — fo verlodenvde Ferne. In dies 
jen Blättern finden fih manche derartige Beifpiele: 
Spigeder, der alte Major von Weber, Haide, der Buffo 
Weyrauch, Bobs und wohl nody Andere mehr, die von 
jener geheimnißvollen Macht getrieben Weimar verließen, 
ſich glücfich fühlten, die Stätte, wo es ihnen jo wohl 
ergangen, endlich im Rüden zu haben, um ſich bann 
Ihlieglih mit aller Macht ihrer Seele wieder dorthin 
zurückzuſehnen. Ein ähnliches und doch auch wieder 
eigenthümliches Beifpiel Liefert der Weimarer Schaufpie- 
lee Einer, eine ruhige, höchſt achtbare Perfönlichkeit, 
deren Leben ſonſt feine der gewöhnlichen Fehler ver Schau- 
ſpieler aufweiſt. 

1* 





A Krako, genannt Einer. 


Krako — fo lautete fein Familienname — war 
Yurift und ging 1786 unter dem Namen Einer und 
fiher aus wahrer Neigung zum Theater, denn er gehörte 
nicht zu jenen fogenannten „vwerborbenen Studenten *, auß 
deren Reihen zur jener Zeit eine große Anzahl Mitgliever 
des deutſchen Theaters hervorgegangen waren. Cr hatte 
mit Eifer und Ernſt ſtudirt und befaß aud) zugleich ein 
fleines, für einen damaligen Schaufpieler jedoch ziemlich 
bedeutendes Vermögen. Unter Bellomo betrat er am 
21. März 1786 in Weimar zum erften Male die Bühne 
als Herzog Albreht in „Agnes Bernauerin “ und ver- 
blieb bei demſelben bis Ende 1790 (17892). Welde 
Zwiſtigkeiten zwifchen ihm und feinem Prinzipal in der 
legten Zeit ihres Zufammenlebens und Wirkens vor- 
gefallen, habe ich nicht ermitteln fünnen, fo viel aber ftebt 
feit, daß Einer heimlih Weimar verließ und von Bel- 
lomo mit Stedbriefen verfolgt wurde, was eine Klage 
von Seiten Einerd bei der Weimarer Regierung veran- 
laßte. Der Prozeß endigte damit, daß Einer von feiner 
angeblichen Schuld vollftändig freigefprohen, Bellome 
hingegen zur Abbitte, einer Gelvftrafe und Bezahlung 
fammtlicher Koften verurtheilt wurde*). Die Schule 
muß demnach ganz allein auf Seiten Bellomo’8 geweſen 
jein. Dies fcheint auch Goethe vollftändig anerkannt zu 
haben, denn als gleich darauf das neue Hoftheater 





) Funf, 3. (€. $. Kunz.) 





Krako, genannt Einer. 5 


gegründet wurde, war Krako⸗Einer mit unter den Exften, 
die nen engagirt wurden und bei Beginn der Borftellun- 
gen bebütirte er am 7. Mai 1791 als Anton in „bie 
Yäger. * 

Sein Aufenthalt in Weimar follte troß der bezeigten 
Vorliebe für feine Perfon doch nicht von langer Dauer 
fein. Schon im folgenden Jahre fehnte er fi) weg von 
Beimar und — von der Bühne überhaupt, der er fi 
tod nur aus wahrer Liebe zur Kunft gewidmet. Es ent- 
ſpann ſich hierauf bezüglich ein Furzer Briefwechſel zwi⸗ 
ihen ihm und Goethe, welcher zugleich noch die oft 
bezweifelte Herzensgüte des großen Dichters, beſonders 
in theatralifchen Angelegenheiten, auf das fchönfte her- 
vortreten läßt. Es find drei Briefe, zwei von Krako und 
einer von Goethe, vorhanden. Der erfte Brief des Schau- 
ſpielers an Goethe lautet: 

„(Weimar) den 13. März 1792. 
Hochmohlgeborner Herr Geheime⸗Rath 
Gnädiger Herr! 

Ihro Excellenz bitte ich in diefer unterthänigen Zu- 
Ihrift gehorfamft um Berzeihung daß ich einige male die 
Lefeprobe verſäumt habe, Nachläkigfeit oder Bequem⸗ 
lichkeit Haben nicht den geringften Antheil an meiner ver- 
fehlten Pflicht. 

Ih bin es Ihrer Excellenz und mir felbft ſchuldig 
hier umſtändlich und offen zu reden; meine durch Male: 
rey der Leivenfchaften (pie ich won je her nur durch 


6 Krako, genannt Einer. 


Begeifterung bewirken konnte) geſchwächte Geſundheit ift 
einzig an dieſer Verabſäumung ſchuld. Es überfällt mic 
oft, häufiger im Leſen als beym reeitiren eine Bellem- 
mung, ein Zittern, das mich hindert manche Worte für 
den Moment auszufprehen. Als der „Grof-Cophta“ 
zum erftenmale gegeben ward fühlte ich diefe Schwäche 
über alle maaßen ftart. Wie kränkend mir dieſes war 
habe ih damals in voller Kraft empfunden. Bey dieſen 
Umftänden würde meine Gegenwart die Lefeprobe nm 
geftört haben und mid) felbft hätte ich dem Spott ter 
davon nicht unterrichteten Zuhörer blosgeftellt, und auch 
in Zukunft muß ich hier wenn ich fehlen folfte um gütige 
Nachſicht bitten. 

Borjeglihe Bergehungen wider meine Pflicht habe 
ich mir nicht vorzumerfen. Daß Laune und pas Gefühl 
des Unvermögens, das ſchon allein mißmuthig madt, 
mich oft hindern alle Rollen glei gut darzuftellen, iſt 
mir wahrlich! ſchmerzhaft und ich bitte als Menfch, Ihre 
Sreellenz und das Publicum um Vergebung. 

Das Theater hat mir ehedem mandye Lebensfreude 
gewährt, allein in mancher Rüdficht ift e8 das nicht mehr 
für mich was e8 ehedem war, und nach meiner Denkart halte 
ich mich ohnehin angeführter Umstände wegen für ver⸗ 
bunden mich ganz davon zurüdzuziehen und hierzu bin 
ich feft, jedoch nicht ohne Wehmuth entfchloflen. 

Ich habe mich zwar ftilfchweigend noch auf ein Fahr 
verbindlich gemacht, da aber der neue Contrakt noch nicht 











Krako, genannt Einer. 7 


unterfchrieben ift, jo bitte ich e8 mir von Ihrer Excellenz 
als Gnade aus mid) auf nächſtkommende Michaelis zu 
entlaffen. Da viefelben bis dahin meine Stelle fehr 
leicht befeten fünnen, fo fehmeichle ich mir Sie werben. 
mir dieſe Bitte nicht abjchlagen, denn was man aud) von 
mie urtheilt, je verfichere ih Ihro Ercellenz auf pas 
Wort eines ehrlihen Mannes, man thut mir Unrecht 
wenn man mir Dünfel und thörichten Wahn mit Selbft- 
‚liebe verbunden zutrauet. 

Ich wünſche und bitte nächſtdem nichts eifriger als 
Ihro Excellenz fortvauernde Gnade ſowohl während mei- 
ner theatralifchen ‚Verbindung, als auch nachher; zeit- 
lebens werde ich Die mir ftet8 bewiefene Huld und Güte 
mit dem innigften Dank erfennen. 

Der ich mit innigfter Verehrung verbleibe 

Ihro Excellenz 
unterthänigfter Diener 
Krafo genannt Einer.“ 


Goethe antwortete auf diefes Schreiben fofort: 


„Weimar den (?) März 1792. 
Sie äußerten mir in Ihrem Billet, in welchem ich 
tie Gefinnungen eines wohlventenden Mannes erkenne, 
ven Wunfch unfer Theater Michaeli zu verlaffen und den 
Vorſatz der Schauſpielkunſt gänzlich zu entjagen. Sie 
führen Ihre Geſundheits⸗Umſtände an, die ich kenne und 
bedaure. Mit eben ver Offenheit will ic Ihnen zuge- 


8 Krako, genannt Einer. 


ftehen: daß ich wünfchte Sie möchten noch fo viel Muth 
und Luft fühlen bis Oftern bey uns auszuhalten. 

Ich würde Ihnen Ihre Eriftenz auf alle mögliche 
Weiſe zu erleichtern fuchen, Ihnen in neuen Stüden feine 
Rollen zutheilen, wenn fie nicht ſelbſt dazu Trieb fühlen 
follten, Ihnen von den älteren Rollen diejenigen auf 
Michaeli abnehmen, welche Sie jelbft abzugeben geneigt 
find. Site würden alsdann nur in folden Rollen auf- 
treten, die ganz für Sie paffen und die Sie völlig u- 
Ihrer Gewalt haben, Ste würden feltener aber mit 
mehr Ruhe und Zufrievenheit erjcheinen. | 

Ich glaube diefe Bedingungen gegen ven Hof unt 
das Publikum verantworten zu können und fürchte nicht 
getadelt zu werben, wenn ich einen beliebten Schaufpieler 
auf diefe Weife länger zu erhalten und ihm feinen Rüd- 
zug vom Theater bequemer und ehrenvoller zu machen 
fude. Sollten Sie fi aber in einer Tage befinden in 
welcher e8 Ihnen läftig wäre auch unter diefen Bebin- 
gungen auszuharren, jo würde ih Sie nah Ihrem 
Wunſch, obgleih ungern, von einem Contracte losſprechen 
ben man nicht mit Luft und Freudigkeit erfüllt. 

Ich wünfche ohne weitere Rückſichten, daß Sie ven 
Weg erwählen mögen ver zu Ihrem Beften führt. 

Goethe.“ 

Am ſelben Tage, wo dieſe Antwort zwiſchen Goethe 
und Kirms beſprochen worden war, begegnete Kirms dem 
Schauſpieler Krako und theilte dieſem das Ergebniß ſei⸗ 


Krako, genannt Einer. 9 


nes Schrittes mit. Letzterer, dieſe Mittheilung als eine 
offizielle hinnehmend , fchrieb fogleich abermals an Goe- 
the, den Eingang des Briefes des Dichters an ihn gar 
nicht abwartend. 
„Weimar den 16. März 1792. 
P: T: 

Nach Ihro Excellenz vorgeftrigen gnädigen Aeuße— 
rungen war ich im Begriff Dero Befehle zu vernehmen, 
als der Herr Landkammerrath Kirms mich von Dero 
gütigen Abſichten und den Wünſchen daß ich bis Oſtern 
1793 beym Theater bleiben möchte benachrichtigte. 

Ich bin von innigem Gefühl des Dankes durchdrun⸗ 
gen! Ihro Ercellenz handeln gegen mich groß, Ihrer 
Denfart würdig, das ift alles was ich mit Worten aus- 
vrüden Tann. 

Nichts eifriger und angelegentliher Tann id nad) 
meinem Gefühl von Ihro Excellenz erbitten als Diefes: 
Verachten Sie mich nicht als undanfbar wenn ich meine 
Bitte mich auf kommende Michaelis zu entlaffen in Unter- 
thänigkeit wiederhole. 

Je länger ich meiner geſchwächten Geſundheit die 
Ruhe vorenthalte, je fehlimmer wird es und idy möchte 
die wenigen Lebenstage wo möglich doch gerne friften. 

Ich hätte meine Abficht ſchon vor Weynachten fagen 
jolen, wie der Inhalt meines Contractes verlangt, allein 
ver gefaßte Entfchluß Foftete mich Ueberwindung und da⸗ 
mals hoffte ich noch bis Dftern meine Pflicht erfüllen zu 


10 Krafo, genannt Einer. 


fünnen. Da aber diefe Ausficht vereitelt ift, fo bitte ic 
Ihro Ercellenz gehorfamft vie Nachficht und Güte dem 
jtrengen Rechte vorwalten zu laſſen und mir währen 
meines Theater - Contractes, fo wie auch nachher Ihre 
gnädigen und gütigen Gefinnungen zu erhalten. 

Mit inniger Verehrung nenne ich mid, zeitlebene 

| Ihro Excellenz 
unterthänigfter 
Krako, genannt Einer.“ 

Krafo wurde entlaffen und ſchied am 13. Dftober 
1792 von Weimar, vom Theater überhaupt und wendete 
ſich feiner frühern Karriere wieder zu. Plötzlich, nad 
etiwa acht Jahren, tauchte die Luſt am Komödienſpielen, 
die Sehnsucht nad) Weimar noch einmal mit alter Gluth 
in ihm auf. Er wandte fi an den Freiherrn Gottlob 
von Egloffftein (wahrfcheinlich ein Verwandter des 
befannten Auguft Karl von Ealoffftein), um für ihn, 
feine Wünſche, bei Goethe zu reden. Egloffſtein ſchrieb 
an den Dichter. Diefer Brief macht uns mit den Lebens 
ſchickſalen Krako’s, feit er Weimar verlaflen, befannt. Er 
lautet: 

„Von Hauß (Weimar), den 15. Jenner 1798. 
Ganz gehorſamſtes Promemoria. 

Ew. Hochwohlgeboren verzeihen gütigſt wenn ich Sie 
mit gegenwärtigen — einen durch Krankheit unglücklich 
gewordenen Dann betreffenden Zeilen behellige. 

Der ehemalige Schaufpieler Krako mußte Nerven- 





Krako, genammt Einer. 11 


Schwäche halber die Bühne verlaffen und durch die auf 
Academien fih erworbenen jnriftifhen Kenntniffe fein 
anberweitiges Unterkommen fuchen. Es gelang ihm auch, 
nachdem er zuförbderft examiniret und darinnen burch- 
gängig gut beftanden hatte bey dem ’hiefigen fürftl. Reichs⸗ 
Contingent als Regiment3-Ouartiermeifter und Auditeur 
mit einem nicht unanſehnlichen Gehalt angeftellt zu wer- 
ven. Allein bei ver großen körperlichen Anftrengung im 
Felde wurde derfelbe bald wieder fo frank, daß er feinen 
Poften verlaffen und als er in Darmftabt fogar bett- 
lägerig wurde um feine gänzlihe Entlaffung nachſuchen 
zu müſſen, ſich nach feinem Gewiſſen verpflichtet gehalten 
hat. Derjelbe erhielt auch ſolche, verlor aber dadurch 
alle Unterſtützung, welcher er doch bey feinem geringen 
Vermögen von höchſtens 3000 Rchthlr. jo nothwendig 
bedarf. 

Es hat inzwiſchen mehrgedachter Krako feine Geſund⸗ 
heit vollklommen wieder erlangt, fo, daß er jeder — ſei— 
ner Kenntniſſe angemeflenen Arbeit vorftehen fann und 
begt daher nunmehro eine doppelte Sehnſucht nach Arbei> 
ten, und zwar vorzüglich zu feinem Lieblings-Gefchäft, dem 
Theater, theils um ſich etwas zu verdienen, theils aud) 
um feinem Körper und Geift Beichäftigung zu geben. 

Da nun derfelbe ſich ſchmeichelt, daß Ew. Hochwohl⸗ 
geboren ſeinen hegenden Wunſch durch mich am gütigſten 
aufnehmen würden, ſo bat er mich Ew. Hochwohlgeboren 
ihn beſtens zu empfehlen, damit er wo möglich bey dem 


12 Krako, genannt Einer. 


biefigen Theater (Weimar) angeftellt werden möchte und 
offeriret fi) zu dem Ende einige Probe-Rollen zu fpielen, 
auch ohne Beyfall des Bublitums feine Inftanz weite 
zu wagen. 

Ob ich num gleich mich nicht ermädhtigen kann, über 
deſſen Dualitäten in Anfehung diefes Fachs zu urthei- 
fen*), auch nicht weiß in wie fern deſſen Anftellung hier 
tbunlich ſeyn dürfte, fo darf ich Doch, geftütt auf Ihre 
mir fo oft erwiefene gütige Nachfiht, das quaest: 
Geſuch vorzutragen und um gefällige Refolution zu bit- 
ten um fo weniger Anſtand nehmen, als Supplifant in 
feinem herrſchaftlichen Dienft fi) nicht nur gut exhibire 
und über feine 33,000 Rthlr. überftiegene Ausgaben 
richtige Rechnung abgelegt, fondern auch übrigens fid 
ordentlich, ftil und gut aufgeführt hat und daher Mit- 
leiden verbientet. 

Ich habe die Ehre mit reinfter Verehrung und größ 
tem Reſpekt bis in ven Tod zu verharren 

Ew. Hochwohlgeboren ganz gehorfamfter treuer Diener 

Gottlob Egloffftein.“ 


*) Die Egloffftein ftammten aus Franten. 1795 trat 
ber befannte Auguft Carl, Freiherr v. E., in Weimarifche Dienfte, 
welder Umftand wohl weitere Ueberfiedelung von andern Fu 
miliengliedern nad Weimar zur Folge gehabt haben mag. 
Unter leßtern mag fi auch der Schreiber des obigen Briefes 
befunden haben, der demnach Krako auf der Weimarer Bühne 
nicht gefehen haben konnte. 


Krako, genannt Einer. 13 


Goethe ging auf ven Vorſchlag nicht ein; er Tonnte 
es nicht wohl thun, und Krafo wurde mit feinem Geſuch 
abgewiefen. Er ging nicht wieder zur Bühne und beſchloß 
fein Leben jtill und als Privatmann. Funk (C. F. Kunz), 
deſſen kurzen Mittheilungen über Krako jchon eine frühere 
Notiz entnommen ift, fcheint ihn gefannt zu haben und 
nennt ihn noch einen „Achten Biedermann *, was übrigens 
auch aus feinen fchriftlihen Aeußerungen, feiner Hanb- 
lungsweiſe aufs unzweideutigſte heroorgeht. 

Krako liefert zugleich einen Beweis von dem gewal⸗ 
tigen Zauber, ven die Bühne auf ihre Angehörigen, bie 
tbeatralifche Kunft auf ihre Sünger auszuüben im Stande | 
it: wer fih einmal Thalia geweiht, einmal nur gefoftet 
bat von dem beraufchenven Beifall, den fie ihren Jün— 
gern zu bieten vermag, ber tft ihr verfallen für immer 
und ſehnt ſich wohl nach gleichem Genuffe bis an fein 
Lebensende. 





VIH. 


Wajor Franz Anton von Weber und fein 
Sohn Sarl Maria. 


Samilien-Verhältniffe; der Vater in Weimar; feine Beziehungen 
zu Weimar und Kirms während feines Aufenthalts in Salzburg, 
Münden und Sreiberg. Sylpana. 1794—1801. 


Die Familiengefchichte Karl Maria's von Weber, die 
zur Zeit noch ziemlich im. Dunkeln liegt, trifft in-einem 
Momente auch mit Weimar und dem Goethe'fchen Thea⸗ 
ter zufammen: die Mutter Karl Maria's von Weber, 
die zweite Gattin des Majors Franz Anton von Weber *), 
fand fih 1794 als Sängerin dafelbft engagirt. Bon 
diefem Zeitpunfte an batirt eine mehrjährige Correfpon- 
denz des alten Major von Weber mit Kirms, von wel- 
her indeſſen — leider — nur noch fieben Briefe des 
Erſtern vorhanden find. Obſchon gering an Zahl, find 
diefe Urkunden dennoch im Stande einigen Aufſchluß 
über die Samilien- und Jugendgeſchichte Karl Maria’s 


*) Nachſtehender Auffats erfchien zuerft gebrudt in Nr. 8 
und 9 der Wiener „Recenfionen“ v. 3. 1862. Derfelbe erregte 
in Salzburg bei den Freunden vaterländifcher Gefchichte einiges 
Intereſſe und veranlaßte Nachforſchungen in Betreff des Auf: 
enthalts Karl Maria’s von Weber und feines Vaters in Yetterer 
Stadt. Die folgende Nr. 18 obiger Zeitfchrift brachte denn 
auch dankenswerthe „Ergänzungen“ zu meinen Mittheilungen, 
nad welchen das Erjchienene bier berichtigt folgt. 

Pasqué, Goethe's Theaterleitung. II. 2 


18 Major Franz Anton v. Weber 


von Weber, fo wie über das Berhältniß des alten Majors 
von Weber zu Weimar zu liefern, und bürften ſomit einen 
gewiß nicht unintereffanten Beitrag zur Biographie unfe- 
res großen Tondichter8 bilden. — Ueber den alten Major 
Franz Anton von Weber und feine Familienverhältniſſe 
hat Dr. Kratz in Hilvesheim in dortigen Archiven eben- 
fans mehrere wichtige Dokumente aufgefunben, bie etwa 
Folgendes mittheilen : 

„Franz Anton v. Weber war Lieutenant bei ber 
Garde zu Pferd des Kurfürften von der Pfalz. Durd 
Verwendung feines Chefs, des General- Majors Ignaz 
v. Weichs, Herrn zu Sarſtedt und Ahrbergen, welder 
zugleich al8 geheimer Kath und Droft zu Steuerwalb in 
Dienften Klemens Auguft'S, des Kurfürften von Köln 
ftand, kam Franz Anton v. Weber 1757 nad) Hilde 
heim mit der Anwartſchaft auf die beiden Stellen bes 
am 30. September 1757 verftorbenen Hoffammerraths 
und Amtmanıs zu Steuerwald, Johann Werbinand 
v. Fumetti. Franz Anton v. Weber heirathete aud am 
13. Vebruar 1758 deſſen einzige nachgelafiene Tochter, 
Maria Anna v. Fumetti. Amtmann zu Steuerwald 
wurde er am 12. Yuli 1758, und einige Wochen fpäter 
erfolgte feine Beeidigung als Hoffammerrath. 

Bon Jugend auf leidenſchaftlicher Muſiker und wah- 
rer Virtuos auf der Geige, feinem Lieblingsinftrument, 
feste er au) in diefem neuen Wirkungsfreife feine muſi⸗ 
kaliſchen Stubien fort, ja er trieb fie in dem Umfang, 





und fein Sohn Karl Maria. 19 


daß er die Geige felbft auf feinen Spaziergängen bei ſich 
trug, und fchließlich feine Amtsgeſchäfte in ſolchem Grad 
vernachläffigte, daß eine Stodung darin eintrat, die ihm 
bie Ungnade feines Fürſten und Differenzen mit dem 
Domlapitel zuzog, deren Folge die Enthebung von der 
Stelle ale Amtmann zu Steuerwald war; Turze Zeit 
darnach, Ende des Jahrs 1768, legte er auch das Amt 
bes Hoffammerrath8 nieder. Bon ta ab lebte Tranz 
Anton v. Weber als Privatmanıı, Lediglich feiner Nei- 
gung für Muſik folgend, in Hildesheim, bis er 1773 als 
Kapellmeifter nach Eutin berufen wurde *). 

Nach ven Pfarrbüchern von St. Godehard in Hil« 
besheim erzeugte er mit feiner ®attin Maria Anna 
v. Fumetti acht Kinder, drei Söhne und fünf Töchter, 
von welch' Extern zwei, und von ben Letztern vier den 
Vornamen „ Maria” trugen.” — 

Webers Gattin ftarb und zum zweiten Male verhei- 
rathete er ſich — mwahrjcheinlic in Eutin — mit Geno- 
veva von Brenner (geboren 1768). Dieſe gebar 
ihm in obiger Stabt am 18. December 1786 feinen 
Sohn Karl Maria. 


*) Gerber führt an, daß F. A. v. Weber 1774 eine mufi- 
faliiche Reife gethan, auf welcher er fi) auf der Bratjche hören 
ließ, und nennt ihn „Hochfürſtlich Eutin’scher Kapellmeifter, “ 
während fein Enkel Marimilian von Weber angiebt („Karl 
Maria von Weber und fein Denkmal,” Gartenlaube Nr. 6 v. 
3. 1862), er fei nur „Stadtmuſikus“ in Eutin gewefen. 

2* 





20 Major Franz Anton v. Weber 


1794 befindet fich der Vater mit feiner Yamilie in 
Weimar; feine zweite Gattin war bei dem dortigen Hofe 
theater unter Goethe's Leitung als Sängerin angeftellt. 
Am 16. Juni 1794 debütirte fie daſelbſt als ,Madam 
Weber" und als Konftanze in Mozart's, Entführung 
aus dem Serail,“ blieb Mitglied des Hofthenterd bis 
zum September veffelben Jahres, worauf fie mit ihrem 
Dianne und ihren Kindern Weimar wieder verlief. 

Bon Weimar ging Weber mit feiner Familie nad 
Hilvburghaufen, wo der junge Karl Maria, wie befannt, 
um 1796 den Unterricht Hauſchkel's empfing. Yon dert 
zog er 1798 — wahrfcheinlich zu Anfang des Jahre — 
nah Salzburg*). Michael Haydn ertheilte hier dem 
jungen Sohn Weber's Unterriht. Ich glaube indeſſen 
annehmen zu bürfen, daß Franz Anton v. Weber nidt 
allein dieſes Yehrmeifter8 wegen nad) Salzburg gegangen; 
er fcheint eine Anftellung dort gefunden zu haben. Bon 
Hildburghaufen hatte er „eine Kifte mit theatralifchen 
Kleidern" nah Weimar an den Hoffammerrath Kirms, 
den Mitdireftor des Hoftheaters, gefandt, mit dem Er- 
ſuchen, ihm viefe Kleider für die Summe von , ſechs 
Carolin“ abzufaufen. 

Kirms Scheint ihm unterm 5. März vefjelben Jahres 
Hoffnung gemacht zu haben, daß das Hoftheater dieſe 
— — 

*) Nach Gerber befand ſich fein Sohn Edmund v. Weber 
um 1797 als Mufikdireftor am Salzburg'ſchen Hoftheater. 





und fein Sohn Karl Maria. 21 


Kleider für die verlangte Summe kaufen würde; auf alle 
Fälle verſprach er ihm baldige entſcheidende Antwort. 
Doch ſolche blieb aus. Da ftarb am folgenden 
13. März Weber's Gattin, die Mutter Karl 
Maria’s*), und der alte Weber, durch dieſen Todesfall 
in bevrängte Tage gerathen, fchrieb auf's Neue in obiger 
Angelegenheit an Kirms. — Dies der erfte der Briefe: 
„Salzburg, ven 19. April 1798. 

Zu Folge Dero gütigem vom 5. März a. c. habe 
dem darin mir geneigteft zugeficherten (in acht Tagen ein 
mehreres) ſehnſuchtsvoll um fo mehr entgegengefehen, da 
meine fchlimmen Umftände durch ven am 13. Merz erlit- 
tenen harten unerfeglichen Trauer- und Todesfall meiner 
berzinnigft geliebteften Yrau um ein großes vermehrt 
worden, und natürlicherweife die Ausgaben fich dergeftalt 
angebäuft hatten, daß ich die ſechs Carolins als eine der 
größten Wohlthaten angejehen hätte. Weiter kann und 
will nichts mehr fagen. Ein Mann von joldem Gefühle 
und Einfiht wie Euer Wohlgeboren find, verfteht mid) 
gewiß! Derohalben bitte endlich noch einmal recht inftän- 
digft, mich nicht länger warten zu laffen und zu gevenfen, 
daß Sie dieſes Geld einem gegenwärtig wahrhaft 
Nothleidenden gefchidt hätten, in ganz ſicherer bal- 
diger Erwartung bin Hochachtungsvoll Dero ganz erge⸗ 
benſter Freund und Diener.“ 


*) Sie ſtarb, 30 Jahre alt, au der Auszehrung. Aufzeich- 
nung ber Bürgerfpital-Pfarre zu Salzburg. 


22 Major Franz Anton v. Weber 


„Können Sie die herrliche Oper, „Das unterbro⸗ 
chene Opferfeſt“ von Kapellmeiſter Winter aus München 
nicht gebrauchen? Vielleicht kann ich Ihnen vie partitur 
nebft Buch verfchaffen. Ein Meifterftüd von fchöner 
Muſik und auch leidlicher Handlung. “ 

Auf der Rüdfeite des Briefes bemerkte der Empfän- 
ger Kirms: 

„R. den 30. Mai 98. 

Man könne die Kleider nicht brauchen: man wolle 
fie ihm ohngeadhtet e8 gegen die Abrebe jey, frey zurüd- 
enden, — 8.“ 

Der alte Weber, der inzwilchen eine Reife nad 
Wien gemacht hatte, beantwortete das abjchlägige Schrei- 
ben von Kirms folgendermaßen: 

„Salzburg ven 2. July 1798. 

Euer Wohlgeboren verzeihen, wenn Dero geehrteftes 
vom 30. May a. c. nicht eher beantworten können, eine 
Keife naher Wien hat mich daran behindert, wo ich bey 
meiner geftrigen zurückkunft Dero Schreiben vorfand; «8 
ift freylich fehr traurig für mid) daß die bewußte Sad 
noch nicht habe angebracht werben fünnen, innigjtlich Bitte 
gehorfamft denenfelben noch einen fernern Platz in Dere 
Verwahrung zu vergönnen, bis ich etwa foldye andermeit 
hin ordnen könnte, vielleicht führt mich das Schidfal in 
Ihre Gegend, denn unter biefiger Hierarchie iſts nicht 
auszuhalten. In Wien habe vil ſchönes gehört und 
gefehen, unter andern auch das VBorzüglichfte bie 





und fein Sohn Karl Maria. 23 


„Schöpfung“ von Iofeph Haydn. Das non plus 
ultra. fo dann die „ Zauberflöte“ 2. Theil. Muſik Schön, 
was die imitation Mozarts betrifft. aber das Bud) 
ala Wien wahrer Unfinn auch „Babilons Pyra⸗ 
miden * ift gute Mufit von Winter. Nur Einmal und 
Ewig werde ich e8 bereuen, daß id) fo unvernünftig und 
unbefonnen gehandelt, und das gute Weimar verlaffen 
habe, dieſen unfeligen Schritt habe dem unabläffigen 
Obrenblafen des Hrn. Willms zu verdanken, ganz 
alleine ihme dieſem theuren Manne. Geſchehen ift ge- 
ihehen — — — ich wieberhole meine Bitte, und bin 
mit der größten Verehrung Ihr ganz ergebenfter Freund 
und Diener F. A. v. Weber.“ 

Diefer Willms, den ver alte Weber in obigem 
Drief erwähnt, findet fih 1794 beim Hoftheater in Wei- 
mar angejtellt, und zwar für fleinere Rollen und zugleich) 
als Souffleur ; in felbem Jahre noch wurde er wieder ent- 
laſſen. | 

Auf obiges zweites Schreiben Webers muß Kirms 
abermals ablehnen geantwortet haben. Der alteWeber 
zog mit feiner Iamilie von Salzburg nad Münden, 
und von dort aus fchrieb er abermals in dieſer Ange- 
legenheit an den Weimarer Hoflammerrath: 

„Deünchen ven 19. San. 1799. 

Euer Wohlgeboren erfuhe ganz gehorfamft, die denen⸗ 
jelben von Hildburgshauſen aus zugejchidte Kifte mit 
Theater⸗Kleydung 2c. 2c. unter nachftehender Adreſſe aber, 





94 Major Franz Anton v. Weber 


wenn ich gehorfamft bitten darf, mit erftem Pofttag und 
verfprochenermaaßen franco abzufchiden. Wenn tie 
Abſchickung nicht gleich gefchehen würde, fo wäre es eın 
großer Schaven für mich, welches ich nicht von Ihnen 
hoffe. Empfehle mich und die Meinigen zu Fortdauer 
Dero mir unfhäßbaren Freundſchaft und Gewogenheit. 
— Kiſt-Adreſſe mit dem in Brief oder Abreſſe gütigft 
einzufchließenden Schlüffel an meinen älteften Sohn: An 
Herrn Frig von Weber. Ben dem Hrn. Rechnungs⸗ 
reviſor Kroherr in der Schrollengaffe abzugeben. in 
Bayreuth. — Dem guten Theater habe gänzlich gute 
Nacht gefagt und mid) wiederum meinem erften Militarr- 
Stande, doc nur titulair,, gewidmet und erbittet mir ba- 
ber, im Falle ich mit einer Antwort beehrt werben follte, 
nachftehende Adreſſe. Weine Scwefter empfiehlt fid 
nebft mir Denenfelben und Dero ganzem vornehmen 
Haufe. — Mein Itjähriger Karl küßt die Hände, ein 
Talent gottlob ! der erften Gattung, da er ſchon die erfte 
Dper componirt, ein Schüler von Michel Haydin. um 
fhon in ver Zeichnung und Mahlerey jehr avancirt if, 
da er ſchon die beften Portraits verfertiget. Gott ſey es 
gedankt! er hat das Glüd, daß man ihn hier nicht an⸗ 
derſt als der Heine Mozardt heißt; verzeihen Sie mein 
fiebfter Freund, wenn ich Sie ennuyrt habe. ich bin mit 
größter Verehrung Ewig der Ihrige. Gehorfamfter 
Freund und Diener F. A. B. v. Weber. Major. in 
der Sendlinger Gaſſe Nr. 304.“ 





und fein Sohn Karl Maria. 95 


Der junge Weber erhielt, wie befannt, in Mün⸗ 
Ken von dem ernften Kalcher Unterricht in der Kom- 
pofition und auf dem Klavier, von Walleshaufer 
(Ballefi genannt) Unterwerfung im Geſang. Seine 
„erfte Oper“, von welcher der Vater in obigem Brief 
ipriht, war „ Die Macht der Liebe und des Weins“. Sie 
ift unbefannt geblieben. 

Hoffammerratd Kirms in Weimar fandte vie be- 
wußte Kifte mit, Theater-Kleydung“ nach Wunſch des 
alten Weber's dem auch umgehend an deſſen Sohn 
nad Bayreuth, und empfing bald darauf von Letzterm bie 
folgenden Zeilen: 

„Beyreuth den 7. Geb. 1799. 

Es dienet zur ſchuldigen Nachricht daß die an Mir 
abgefandte Kifte mit Theatralifchen Kleydungen richtig 
angefommen, danke ergebenft für Dero gehabte Bemühung 
und bin mit aller Achtung Dero ganz ergebenfter Diener 
Fritz v. Weber.” | 

In München blieb der alte Weber mit feinem Sohn 
etwa ein Jahr, dann machte er mit Letzterm eine Kunſt⸗ 
reife, während welcher Karl Maria v. Weber aud) fein 
erftes öffentliches Konzert in Teipzig gab. Nun fafte 
der unruhige Vater den Entfhluß, in Freiberg in 
Sachſen eine „Stein-Notendruderei” zu errichten (Leipz. 
mufifal. Zeitung v. I. 1800), und zog auch mit ſei⸗ 
nen Sohn dahin. In Sreiberg fpielte zu jener Zeit 
die Karlsbader Geſellſchaft unter Leitung des Ritters 








26 Major Franz Anton v. Weber 


v. Steinsberg (nicht „Rainsberg”, wie es irr— 
thümlich an vielen Orten heißt). Der Direktor war 
auch Poet; er dichtete eine romantifch-fomifche Oper in 
zwei Aften und im Gefchmad der pamaligen Zeit, betitelt: 
„Das ſtumme Waldmädchen“, welche ver junge Karl 
Maria v. Weber auch fogleih in Muſik feste. Die 
Oper wurbe in Freiberg und auch noch im felben Jahr 
(1800) in Chemnit aufgeführt. 

Mit dem Hofkammerrath Kirms war Major v. 
Weber nod immer in Verkehr, in einem Briefwechſel 
geblieben; er hatte mancherlei Geſchäfte für denſelben 
und das herzogliche Hoftheater zu Weimar beforgt. Unter 
anderm war er auch bei dem Engagement des Kapellmei- 
fters Destouches, welcher an vie Stelle des mih- 
liebig gewordenen Konzertmeijter8 Kranz treten follte, 
thätig gewejen. 

Ein Brief des alten Weber an Kirms Tiegt mın 
weiter vor, gefchrieben einige Tage nach der Aufführung 
des „Waldmädchens“ in Chemnit, in welchem er jenem 
Weimarer Gönner neben allerlei gefchäftlihen Berichten 
auch die Oper feines Sohns empfiehlt. Diefer vierte 
Drief lautet alfo: 

„Freyberg ven 10. Dezbris 1800. 

Sp eben erhalte diſen Morgen 10 uhr Dero gütiged 
vom 5. biefes, und fage im Voraus den gehorfamften Dant 
für die gütige Beforgung des für Hrn. Destoudes 
ausgelegten Geldes, ſobald ich es erhalten, werde nicht er 








und fein Sohn Karl Maria. 27 


mangeln die ſchuldigſte Anzeige davon zu machen. unenb- 
liche Freude würden Euer Wohlgeboren mir machen, wenn 
Sie die angebothene Oper meines Sohnes nehmen wür- 
den, damit des alten Vaters Freuden vermehrt, und die— 
je8 junge ausgezeichnete Talent dadurch mehr befannt 
würbe, ich bitte jehnfuchtswoll darum, mein flehent- 
liche Bitte zu erhören! ich bin fo frey, Ihnen noch 
einen Zettel beyzuſchließen, wo biefe Oper vorigen Frey⸗ 
tag in Chemniz auch gegeben*) und vom publico zu wie⸗ 


) Der Kopf diejes dem Brief beiliegenden Zettel8, ein 

immerbin richt ganz unintereffantes Document, lautet: 
„Bierte Borftellung im Abonnement. 

Mit hoher Erlaubniß wird heute, Freytags ben 5. Decem⸗ 
ber 1800 von der Karlsbader deutſchen Schaufpieler: 
Geſellſchaft aufgeführt: 

Das 
ſtumme Waldmädchen. 
Eine romantiſch-komiſche Oper in zwey Aufzügen von R. v. 
Steinsberg, in Muſik geſetzt von Herrn Karl Maria 
B. von Webers, 13 Iahr alt, einem Zögling von Haydn.” 


Die Beſetzung der Hauptrollen war folgende: 

„Hürft Arbander — Hr. Gromann; Mathilde, feine 
Toter — Mad. Saifert; Prinz Sigmund von Mathuſien 
— R. von Steinsberg; Fürft Hartor — Hr. Amann; 
Ritter Wensky — Hr. Käfer; Rechter, ein Waldmann — Hr. 
dv. Harrer; Silmana, das Waldmädchen — Mad. Spania; 
Kumigunde, Matbildens Kammerfrau — Mad. Käfer; Konrad 


28 Major Franz Anton v. Weber 


verhohlen gebeten wurde, und bie meiften arien wurden 
da capo bey vollem Haufe gerufen. Steinsberg nahm 
an baarem Gelde ohne das abbonnement 98 Rchisthlr. 
ein, ich mit meinem Sohne waren zugegen. Für einen 
jo Heinen ort ift diefe Einnahme ziemlich erträglich. Der 
auf dem Zettel bemerkte Krüger ift nicht derjenige gewefene 
Directeur Krüger, ber voriges Frühjahr hier, und nad» 
hero in Zöpplig fpielte, wo er ſcheiterte, nachveme er hier 
beträchtliche Schulden binterlaffen hat, er ift gegenwärtig, 
wie e8 heißt, in Prag als Schaufpieler eingetreten. Auch 
hier liegen noch genug zahlbar von ihm ausgeftellte Wed 
ſels fruchtlos, feine Garderobe hat er in Töpplig an einen 
gewiſſen Harle und Amann verfauft für 200 leichte 
Gulden, und dife Garderobe ift hier beym Statt Musicus 
für (ni fallor) 60 Rchsthlr. Schuld verpfändet, und id 
habe wohl von Steinsberg in Chemnik gehört, daß er 
folhe an ſich kaufen will, wie wäre e8? wenn Euer x. 
(Wohlgeboren) diefe Garderobe mit arrest belegen ließen, 
ein inventarium davon ſich geben ließen, alles dieſes will 





— 


Witzlingo, Fürſt Hartors Stallmeiſter — Hr. Krüger; Krieps, 
Prinz Sigmunds Jagdknappe — Hr. Seidel.“ 

Ferner führt ber Zettel noch mehrere „geharniſchte Ritter“, 
„Säger”, „Damen beym Turnier und Fackeltanz“ und „Viele 
Knappen und Reifige” auf. 

Ein N. B. ſchließt die Ankündigung, die noch die volle Un: 
terjchrift des Direftor-Unternehmers trägt: 

„Kart Ritter von Steinsberg.” 





und fein Sohn Karl Maria. 29 


mit der größten Sorgfalt gerne beſorgen, wenn Sie mich 
gehörig bevollmächtigen wollen, und für dieſelben dienlich 
zu ſeyn glauben, ich ſtehe ganz zu Dero Befehle, nur 
müßte fein Poſttag verſäumt werden. — Weyrauchs find 
gar nicht nach Rußland gekommen, ſondern ſind, weil ſie 
keinen Kayſerlichen Paß hatten, an der Gränze zurückge⸗ 
wieſen worden, und waren genöthigt, bey der Königsber⸗ 
ger Geſellſchaft ſich zu engagiren, müſſen jährlich 3 
ſchwehre Winterreiſen machen, ſind gegenwärtig in Dan⸗ 
zig bis zum 20. dieſes, von da gehen ſie nach Königsberg 
zurück, ſind höchſt unzufrieden, nicht wegen richtig guter 
Zahlung, aber ſie können das Clima nicht vertragen 
und bombardiren mich erſchrecklich ihnen wiederum nach 
Teutſchland zu verhelfen, da Er Weyrauch beſtändig 
krank, das dortige Clima nicht vertragen könne, ſie haben 
ſchon 3 Briefe von ꝛc. Kotzebue erhalten, welcher ihnen 
die vortrefflichſt- und unverwerfflichſten Vorſchläge gethan, 
um nach Petersburg zu kommen, ſie haben um meinen 
Rath gefragt, ſo ſie eher hätten thun ſollen, und ich 
habe es ihnen abgerathen, ſie, die Weyrauch, hat auch 
gar keinen Sinn für Petersburg und ich habe es ihnen 
mit aller Gewalt mißrathen; zu dem kommt noch ein Un⸗ 
glück, daß fie ihre beyden ſchwehr beladenen Coffres, fo 
in Petersburg ſtehen, nicht zurückerhalten können, ohnge= 
achtet ſie alle legitimation und dafür geforderte Gelder 
hinein geſchickt haben; das find die Folgen — ja wohl 
die verdienten Folgen eines höchſt dummen Streiches, 


30 Major Franz Anton v. Weber 


ben fie dadurch gemadht haben, da fie ein jo herrlich und 
ruhiges Brod, wie das liebe Weimar ift, jo unvernänftig 
mit Füßen geftoßen haben, worüber fie beftänbig bie 
bitterften Vorwürfe von mir hören müſſen; bagegen bin 
ich fo frey Ihnen meinen jüngern Sohn mit feiner vor: 
trefflihen Frau einer fehr braven Sängerin beftens zu 
empfehlen, biejes ift ein gefchictes und ruhiges Paar. 
Gegenwärtig in Bauten bey der Wilter'ſchen Geſellſchaft 
als Directeur und Kegiffeur der Oper und fie als erfte 
Sängerin angeftellt, viefes Baar wünfchte ic) Ihnen, und 
biefe würden gewiß niemals von Weimar wegverlangen, 
fie haben 18 Rchsthlr. gage. Euer ꝛc. (Wohlgeboren) 
verzeihen gütigft, wenn ich Sie mit meinem Gewäſche er- 
müdet habe, empfehle meine Bitte, erwarte Ihre Befehle, 
und bin Hochachtungsvoll Ihr ganz ergebenfter Diener 
TAB. v. Weber.” 

Der im vorigen Briefe erwähnte Krüger, an den das 
Hoftheater zu Weimar aller Wahrfcheinlichkeit nach noch 
Forderungen hatte, befand fich mit feiner Schwefter in 
Weimar angeftellt vom 12. Mai 1791 bis Oftern 1793. 
Seine Schwefter gehörte dem Hoftheater ſchon am 12. 
Oktober 1786 an; fie heirathete im Frühjahr 1787 ven 
Scaufpieler Demmer, und verließ Weimar zu Oftern 
1794. (Siehe IL) 

Die weiter erwähnten beiven Weyrauch's waren tüch⸗ 
tige Künftler, ſowohl im Drama wie in der Oper, und 
von Goethe ſchon früher, von Frankfurt her, gekannt und 


unb fein Sohn Karl Maria. 31 


geſchätzt. Hr. Weyrauch vebütirte zum erften Mal in 
Weimar am 21. März 1785, verließ das Hoftheater 
aber ſchon wieder zu Oftern bveflelben Jahres. 1793 
fam er mit feiner Gattin wieder, und Beide bebütirten, 
er am 28. Yebruar al8 Hieronymus Knicker, feine Gattin 
am 19. Februar als Sängerin im, Mondkaiſer“. Gie 
gingen Beide wieder ab zu Oftern 1794. Zum dritten 
Deal kehrten fie, von Goethe berufen, nad) Weimar zurüd, 
und debütirten am 24. Dftober 1794 zufammen in „Die 
vereitelten Ränke“, er als Mardo, fie als Hortenfia. Dem 
iheinbar brillanten Auf nad) Rußland folgend, verließen 
fie das Hoftheater abermals zu Oftern, am 7. April 1800, 
um nie mehr, troß aller Sehnfucht und den verſchieden⸗ 
ften Bemühungen und Verſüchen, dorthin zurüdzufehren. 

Auf den „jüngern Sohn“ Webers, und deffen Gat- 
tin, als Regiſſeur und erfte Sängerin engagirt in Bauten, 
ihemen weder Goethe noch Kirms refleftirt zu haben; 
dahingegen verlangte man von dem Vater die Partitur 
des „ Waldmädchens“ zur Einfiht. Der alte Weber be- 
antwortete ein ſolches Schreiben von Kirms noch vor 
Ablauf des Jahres. Es ift der fünfte Brief und lautet: 

„Freyberg ven 28. Dezbris 1800. 

Fur die richtig erhaltenen 10 Rchsthlr. auf Rechnung 
des Hrn. Concert Meiſters Deftouches ftatte den verbind⸗ 
Iihften Dahf ab; er ift in allem Betracht ein fonft recht 
guter Mann; ic) freute mich zu hören daß Ihr Durch⸗ 
lauchtigſter Herzog zufriedene Dienftleiftungen mit folchen 





32 Major Franz Anton v. Weber 


Gnaden zu belohnen weiß, welche höchſte Gnade meinen 
unrubhigen Kindern bereinft gewiß nicht entgangen ſeyn 
würde? — An die Krüger’fche Garderobe ift allerdings 
nicht anzukommen, da ſolche würklid als Eigenthum des 
Harle und Aßmann an Hrn. v. Steinberg bereits ver- 
fauft iſt. Die Partitur meines Sohnes Oper ift bereits 
zum copiren übergeben und wirb ſobald möglich nebft 
dem Buche dazu überjandt werden, und da mir mehr um 
die Bekanntmachung difes jungen Menjchen als um Ge— 
winnft gegenwärtig zu thun ift, fo wird er auch mit dem 
geringften Douceur, und wenn es auch nicht mehr als bie 
copial Gebühren träfe, fchon zufrieden feyn, ich empfehle 
tie Aufführung derfelben Euer Wohlgeboren beſtens, fe 
wie ich inftändigft bitte, für das engagement meiner fo 
brav und ganz außerordentlich ruhigen Kinver in Bauten 
gütige Sorge zu tragen, ich würde fie gewiß nicht empfeh- 
(en, wenn id) nicht ganz überzeugt wäre, daß ich ſowohl 
in Anſehung ihrer beypverfeitigen Talenten, Figur und 
beften fittfamen und äußerſt ftil und rubigen Caracters 
fie beyverfeitS beftens empfehlen fünnte. ich bin Hoch⸗ 
achtungsvoll ganz von Herzen ber Ihrige F. A. v. Weber. 

N. B. Können Euer Wohlgeboren die Partitur der 
Dper „Medea“ von Kapellmeifter Naumann nicht ges 
brauchen? fie ift ein Meifter Stüd; ich habe fie in 3 
Akten und fteht zu Dero Befehlen für eine ſehr billige 
Erfenntlichfeit. “ 

Auch diefer Brief hatte feinen Erfolg bezüglidy der 


und fein Sohn Karl Maria. 33 


Bemühungen des Vaters für feine „ruhigen“ Kinder in 
Bausen. Am 21. Februar des folgenden Jahres fanbte 
ber alte Weber denn auch die Partitur des erften Aktes 
des „Waldmädchens“ nebft Buch nad) Weimar, doch auch 
ohne gemwünfchtes und gehofftes Refultat.e Man ließ 
ihn von Weimar aus fogar ohne irgend eine Antwort. 
Darauf beziehen fih der fechfte und fiebente Brief, vie 
beiden legten in meinen Händen befindlichen Dokumente 
tes Baters. Hier folgen fie, wörtlich wie die frühern : 
„Chemnit ven 24. April 1801. 
P. P. Da ich die Partitur des erften Altes von der 
Oper „Das Waldmädchen“ bereit8 unterm 21. Februar 
a. c. mit dem Poftwagen von Freyberg an Euer Wohl⸗ 
geboren nebjt dem Buche dazu abgefandt habe, bis dato 
weder von Denenfelben, weder von dem Hrn. Kapellmei⸗ 
fter Kranz mit einer nachridhtlichen Antwort beehrt wor- 
den, vermöge welcher ich erfahren hätte, ob folche accep- 
tiret und der zweite Aft auch überſchickt, oder fie als nicht 
angenommen retour erhalten ſollte; alfo bitte gehorfamft, 
mich mit einer beliebigen Antwort um fo mehr baldigft 
anhero nachher Chemnit zu beehren, als ich in Zeit von 
14 Tagen nachher Münden zu retourniren entſchloſſen 
bin, mit vorzüglichfter Hochachtung harrende Euer Wohl- 
geboren ganz ergebenfter Diener %. A. B. v. Weber.“ 
Da auf dieſes Schreiben wiederum feine Antwort 
erfolgte, fchrieb Weber vor feiner Abreife nach München 


nochmals an Kirms: 
Basque, Goethe's Theaterleitung. 11. 3 


3A Major Franz Anton v. Weber 


„Chemnitz den 17. Mai 1801. 

Euer Vohlgeboren müffen mid) ganz vergeſſen haben, 
da ich auf mein unterm 24. April an diefelben erlaflenes, 
eine Antwort wegen ver Oper das Waldmädchen 
betreffend bis hierhin mit gar feiner Antwort jo wenig 
al8 auch, die bereits unterm 14. Februar an biefelben 
abgefandten erften Aft nebft Buch diefer befagten Oper 
bie geringfte Nachricht erhalten habe, und da ich morgen 
von hier nachher München retour reife, jo bitte gehorfamtft, 
mid mit einer Antwort nachher München gütigjt zu be 
ehren. Mit aller ervenfliher Hochachtung Dero ganz 
gehorfamfter Diener %. A. B. v. Weber.“ 

So weit die fieben Briefe des Majors v. Weber, 
beren Inhalt wohl auch zugleich im Stande fein dürfte, 
dem fünftigen Biographen Karl Maria v. Weber's mehrere 
nicht unbedeutende und unwichtige Anhaltspunkte zu 
liefern. 

Der alte Major ftellt fih in ihnen dar als em 
außerft gefehäftiger Mann, der in einem Athen, tief er- 
griffen, ven Tod feiner lieben und treuen Lebensgefährtin 
anzeigt, und zugleich eine neue Oper anbietet und be- 
ſchreibt. Er fucht Engagements, den Verkauf von Par: 
tituren zu vermitteln, und erjcheint faft eben jo unruhig 
und unftät, als geſchäftig. Tief bebauert er, ven „un- 
jeligen Schritt” gethan und das „gute Weimar“ verlafien 
zu haben, und fucht er die Urfache davon fogar feinen 
„unrubigen Kindern“ aufzubürben, die bei einem Bleiben 





und fein Sohn Karl Maria. 35 


ber „Onabe* des durchlauchtigſten Herzogs ficher „nicht 
entgangen fein würden“. Wie jehr und dringend ver- 
wendete er fich für feinen jüngern Sohn (Edmund?) und 
deſſen Gattin um ein Engagement bei jenem Hofthenter, 
faft am meiften betonend, daß fie „ruhige“ Leute wären, 
die gewiß „niemals“ von Weimar wegverlangen würden. 
— Obige Entfhuldigung, oder vielmehr Anklage, des 
Vaters dürfte aber nicht ganz ver Wahrheit gemäß lauten; 
weit richtiger fcheint die Aeußerung in feinem zweiten 
Briefe zu fein, daß er dem „unabläffigen Obrenblafen 
des Hrn. Willms * nachgebend von Weimar meggegangen. 
Noch dürfte man weiter verfucht fein, aus jenen feine 
Kinder befehuldigenden Worten zu fhließen, daß damals, 
1794, mehr denn ein Glied der Familie Weber in Wei: 
mar angeftellt geweſen. 

Der alte Mann fcheint endlich, vielleicht Schon längſt, 
zur Erfenntniß gekommen, daß er durd feine Unruhe, 
jein unftätes Umherfuchen und Irren fein eigenes Lebens⸗ 
glück vollftändig verfcherzt hatte, und rührend ift e8, wie er, 
gleihjam tief aufathmend, dem Himmel aus vollem Her- 
zen dankt, daß er ihm in feinem jüngften Sohn ein unbe- 
freitbares, vielfeitiges und großes Talent geſchenkt. Wie 
llammert ex ſich an daſſelbe feft! Er fühlt, er erfennt es 
far und deutlich, daß es das einzige, letzte Mittel fein 
wird, wodurch er noch auf einen ftillen, ruhigen Lebens⸗ 
abend hoffen darf und kann. 


Und er täufchte fich nicht, ver arme alte Mann! 
3* 


36 Major Franz Anton v. Weber 


Schon nah einigen Jahren vermochte fein Sohn Karl 
Maria ihm eine ruhige, fichere Stätte zu bereiten. Der 
Vater ſah, erlebte auch noch den ftetS wachfenden Ruf 
feines Lieblings; ihn auf der Höhe feines Ruhms zu 
Schauen, war ihm indeſſen nicht vergönnt. 


Ich möchte diefe Zeilen nicht ſchließen, ohne noch 
einige Notizen über das v. Weber'ſche Yamilienwappen 
beizufügen, wie e8 ſich in verjchienener Form auf den 
meistens noch ziemlich, wohl erhaltenen Siegeln der Briefe 
daritellt. 

Die Briefe des Vaters von 1798— 1801 zeigen das 
Wappen alfo: Ein franzöfifcher gefpaltener Schild; das 
Iinte Feld blau mit einem Mond, das rechte golven mit 
einem jechsedigen Stern. Ueberragt wird der Schild 
von einem offenen gefrönten, mit reicher Helmdecke ver- 
zierten Helm, aus tefjen Krone ein liegender Mond em- 
porfteigt. Zwei Wappenthiere, Greife, tragen tus 
Hauptwappen. 

Der Brief des älteften Sohnes, Fritz vo. Weber, Bay 
reuth 1799, zeigt im Siegel zwei italienifche Schilde 
nebeneinander; der links ift gefpalten und führt im linken 
blauen Felde ven Mond, im rechten goldnen Felde ven 
jehsedigen Stern. Der Schild rechts iſt quergetheilt, 
das untere Feld ſchwarz, das obere golden; in beiten 
fteht ein wilder Mann mit einer Keule. “Die beiten 





und fein Sohn Karl Maria. 37 


Schilde werden gefrönt von einer Marquifenkrone und 
getragen von zwei ©reifen. 

Briefe Karl Maria vo. Weber's vom Jahr 1809 und 
1810 zeigen in den Siegeln das Wappen folgenver- 
maßen: Ein franzöfifcher gefpaltener Schild, im rechten 
blauen Feld den fechsedigen Stern, im linken goldenen 
Teld den Mond. Helm und Helmdede wie im Wappen 
beim Vater, nur mit dem Unterſchiede, daß der Helm als 
Kleinod zwei Flügel trägt, die ebenfalls rechts den Stern 
und links den Mond zeigen. 


IX. 
Auguſt Leißring, 


der „lange Peter von Itzehö.“ 


Sen Einzug in Weimar. Don Inan. Wallenfein’s Lager. 
Abſchied von Weimar. Sein ferneres Leben und Sterben. 
1795—1852. 


Es war an einem ſchönen Decembertage des Jahres 
1795, als die Reihspoftkutfche, in der Richtung von 
Eifenberg her, in der Mufenftant Jena anlangte, und 
unter andern. auch einen jugendlichen Paflagier abſetzte, 
ber fih durch außergewöhnliche Körperlänge und Hager- 
kit, doch zugleich aud durch feine überaus frifche Ge- 
ſichtsfarbe, fein heiteres, forglojes Ausfehen bemerkbar 
machte. Es war ein junger achtzehnjähriger Menſch, ver 
ver Reipziger Thomasſchule entlaufen war, um zum Thea⸗ 
ter zu gehen, ſich nun auf dem Wege nach Mannheim 
befand, wo er unter Iffland's Leitung feine neue Car⸗ 
tiere zu beginnen gedachte. Leider war er noch fehr weit 
von dem Ziele feiner Reife und feiner Wünfche entfernt, 
und gar gerne hätte er die etwas fchmerfällige, ſtark hum⸗ 
pelnde und ftoßende Keichspoftlutiche noch weiter benutzt. 
Doch auf letzteres Vergnügen mußte er verzichten und 
fih bequemen, von nun an zu Fuße weiter zu wandern, 
denn feine Taſche barg nur noch — einen Dreier und 
einen Empfehlungsbrief für einen Schaufpieler des 
benachbarten Weimars, fo der lange Menfch von zwei 





42 Auguft Leißring. 


jungen Damen, ebenfalls theatralifche Künjtlerinnen , vie 
er unterwegs in Vreiberg fennen gelernt hatte, empfan- 
gen. Unfer jugenplicher Reiſende befann fih denn aud 
nicht lange; für feinen ‘Dreier faufte er fich eine frijd- 
gebadene Jenenſer Semmel, ftärkte feinen Magen fo gut 
ed gehen wellte, und wanderte vorerft getroft der Her- 
zoglichen Refidenzftabt Weimar zu, verhoffend, von dort 
fhon weiter zu fommen, auf eine ober andere Art. Am 
Abend vafelbft angelangt, kehrte er friſchweg in der glän- 
zenden, theuren „Sonne“ ein, und obfehon feinen Heller 
mehr im Vermögen, beftellte er ſich dennoch — nad) eige- 
ner Aeußerung und echt künſtleriſch-ſorglos — für ven 
fommenden Morgen „Chocolade zum Frühſtück und — 
einen Sram!“ 

Der junge langaufgefchoflene, luſtige Kunſtjünger war 
Auguft Leißring und das Empfehlungsfchreiben lau- 
tete an den alten Malcolmi, Vater der beiden Schaufpie- 
lerinnen, die es gefchrieben. 

Leißring ftellte fi) dem alten Schanfpieler vor ımt 
wurde von biefem wieder dem Konzertmeifter Kranz und 
Goethe vorgeführt. ALS die Herren fi) von den Anla- 
gen, vorzüglich aber von ber feltenen, vortrefflichen Tener- 
ftimme bes angehenden, zugereiften Künftlers überzeugt 
hatten, machten fie ihm begreiflih, daß er in Weimar 
ebenfogut, wohl noch beffer, als in Mannheim , welches 
zur Zeit viel von den Kriegeprangfalen zu leiden hatte, 
feine theatralifche Laufbahn beginnen könne, welche And- 





Auguft Leißring. 43 


einanderfegungen fehließlich mit einem Engagement und 
den für einen Anfänger in Weimar unerhörten Gehalt 
von ſechs Rchthlr. wöchentlich endigten. Leißring hatte 
fih auf ſechs Jahre verpflichtet und erhielt nun ben 
nöthigen vorbereitenden Unterricht, im Muftkalifchen von 
Kranz, im Tanzen von dem alten Hoftanzmeifter Aulhorn, 
und im echten von dem Fechtmeiſter Kirſchten. Goethe 
nahm fich natürlich auch feiner aufs Wärmfte an und 
alſo gut vorbereitet, bebütirte er am 20. Februar 1796 
als Ferbinand in „Hieronymus Knicker“, fpielte ſodann 
noch in rafcher Folge ven Baron Wiburg in „Stille 
Waſſer find tief“, und fang endlich ven Tamino in 
Mozart's „ Zauberflöte”. 

Seine Erſcheinung, feine ihm angeborne Heiterfeit, 
vor allen Dingen aber die ſchöne, feltene Tenorſtimme, 
erwarben ihm volftändigften und allffeitigen Erfolg und 
brachten fogar eine Heine Revofution unter feinen. männ- 
lichen Gefangstollegen beim Goethe'ſchen Theater hervor. 
Er wurde rafch der Liebling der Direktion, des Hofes 
und des Publikums, was ven heißblütigen und ziemlich 
leichtfertigen jungen Menſchen veranlaßte, feiner Laune, 
feiner Sorglofigfeit vollftändig die Zügel fchießen zu 
lafien und nad, allen Richtungen hin zu fünbigen. 

Es dauerte kaum einige Wochen und Leißring war 
nicht allein ftarf verfchuldet, ſondern auch mit feinen 
Geſangskollegen fo ziemlich zerfallen. An letzterm war 
fein jugenplicher und leicht verzeihlicher Spieleifer ſchuld. 





AA Auguft Leißring. 


Er verfiel in den Fehler fo vieler Neulinge bei verBühne, 
bie, talentvoll, mit fchönen Mitteln begabt, raſch zu Lieb- 
lingen der Direktion, des Publikums werden, umb nuns 
mehr wähnen, alles fpielen zu können, alles zu fpielen 
begehren, ſich jede Aufgabe, Tiegt fie ihnen im Grunde 
auch noch fo fern, aufbürben und aufbürven lafjen, und 
dadurch fi) und ihren Beſchützern am Ende nur Ber- 
legenbeiten, Unannehmlichleiten bereiten. — Bier ein 
folher Fall aus dem beginnenden Theaterleben Leißrings. 

Zu Anfang jenes Jahres 1796 follte Mozart's Don 
Juan in Weimar einftudirt werben. Es fehlte aber beim 
Perfonal an einem tüchtigen Repräfentanten für die Titel- 
rolle und man ſah ſich enplich genöthigt, folche dem 
Schaufpieler und Buffo Weyrauc zu übertragen, da⸗ 
für den Leporello, für welde Parthie Weyrauch wie 
gefchaffen war, einem untergeorbneten Mitgliede zuzu- 
theilen. Weyrauch, ein tüchtiger, gewiegter und erfahre 
ner Schaufpieler,, fühlte wohl, daß er ver Titelrolle ber 
Dper nicht, dagegen aber dem Leporello vollftändig 
gewachſen war. Nach Weimarifchen Berhältnifien aber 
durfte er es nicht wagen, die Rolle zurüdzufchiden, 
fonvdern er mußte ſich fügen und that auch alfo. Leiß⸗ 
ring’8 Erfcheinen, feine Erfolge und vor allen Dingen 
fein Eifer, feine Unerfahrenbeit in theatraliihen Dingen 
fchienen Weyrauch die Mittel an die Hand zu geben, 
nicht allein diefe Rolle und nody andere gleich unbequeme 
Parthien auf gute Manier wieder los zu werben, ſondern 


Auguft Leißring. 45 


auch der Direltion gegenüber den Gekränkten, den Zu⸗ 
rückgeſetzten zu ſpielen, mit einem Worte, zwei Fliegen 
mit einem Schlage zu treffen. Er fing ſeine Sache ſchlau 
an. Vertraulich ſprach er mit Leißring über die Rolle 
des Don Juan und wie dieſe wohl eine vortreffliche Par⸗ 
thie für ihn wäre, worauf der junge, allzueifrige Sänger 
nichts Eiligeres zu thun hatte, als auf pas Hofamt, den 
Sitz der Direltion, zu laufen und lettere zu bitten, ihm 
diefe Rolle zu übertragen. Die theatraliiche Behörde, 
durch ſolchen Antrag eines vielverſprechenden, bereits all- 
feitig beliebten Mitglieves aus ziemlicher Verlegenheit 
gerifien, nur bevenfend, daß die Mitwirkung Leißring's 
in jener Oper gewiß angenehm und erwünſcht, für das 
Werk jelbft aber von Bortheil fein würde, genehmigte ven 
Antrag und Hoflammerrath Kirms ertheilte dem jungen 
Manne die Erlaubnig, die fragliche Rolle in feinem 
Namen Weyrauch abzuforbern. Diefes geſchah und Weh- 
rauch, der nur auf Aehnliches gewartet, ließ nun fo- 
gleich feine gefchict angelegte Meine fpringen. Er fchrieb 
jofort den folgenden Brief an Kirms: 
„(Weimar) den 6. April (1796). 
P: T: 

Die Rolle des Don Yuan ift in Herrn Leißring's 
Händen, er hat fie in Dero Namen von meiner Frau 
gefordert. 

Als er fie empfing war feine Meinung, wenn er fie 
nicht Spielen könnte, müßte ich fie wieder nehmen. Die- 


46 Auguſt Leißring. 


ſer naive Ausdruck hätte mir bald ſtatt Lachen bittere 
Antwort erzwungen; doch enthielt ich mich, außer dem 
wenigen: daß ich ſie nicht wieder nehmen würde. 

Nur aus Ergebenheit für Sie und um mich Ihnen 
und der Direction verbindlich zu machen, unterzog ich 
mid) ber ſchweren Arbeit, und nichts ärgert mic) bei bie 
jer Sache als daß ich mir's nicht erklären kann wie ein 
Mann wie Sie, gegen mid, anders gefinnt ſeyn und 
anders ſprechen kann. Leißring kann ohnmöglich Ihren 
Namen auf ſein Riſico mißbrauchen — wozu alſo die 
Umſchweife? Ich weiß daß mir die Rolle nicht gebührt, 
und fo gut als ich dieſelbe blos auf Ihr Zureden an- 
nahm, fo gut hätte ich bei der geringften Aeußerung von 
Ihnen jelbft, fie auch wiener abgegeben. Ich hoffe, daß 
biejenigen Rollen die ih aus Noth und gleichem Beweg—⸗ 
grunde, den ich oben berührte, vorigen Sommer und aud 
nachher annahm, bey fo geftellter Sache nun aud an 
ihren rechten Mann kommen werden, und erwarte näd- 
ftens die Abholung verfelben, und bitte mich künftig 
fowohl mit Tenor- als auch Liebhaberrollen zu verſcho⸗ 
nen, indem ich nicht gerne in die Tage geſetzt ſeyn möchte, 
biefelben zurückzuſchicken. 

Ic bin mit Hochachtung 

Dero ergebenfter Diener 
Weyrauch.“ 

Kirms war aber ſcharfſichtig genug, dieſes Manoeuvre 

des ältern Schauſpielers zu durchſchauen und Weyrauch 





Auguft Leißring. A7 


empfing fofort ein Schreiben, worin ihm ganz klar und 
deutlich gejagt wurde, daß er den jüngern unerfahrenen 
Kollegen hinter das Licht geführt. Zugleich verfuchte der 
Hoflammerrath feine eigene Handlungsweiſe zu erläutern, 
ju rechtfertigen, denn Weyrauch war im Grunde, einige 
Künſtlerſchwächen abgerechnet, ein ehrenwerther Charakter 
und nicht allein ein tüchtiges, fondern auch fehr braud)- 
bares und nüglihes Mitglied, und mit feiner Frau bie 
Hauptftüge der Oper. Er mußte alfo fo viel als mög- 
(ih gefhont werden. Auf viefes direktoriale Schreiben 
antwortete Weyrauch, ſich und fein Thun vertheidigend: 
„P: T: 

Sie find mir feine Erläuterung ſchuldig. Gefoppt 
mag id) wohl Mrs. Leigring haben, aber eine Rolle, von 
der ich ernftlich meine Nafe laflen muß, wird er doch, 
nah kaum erſt überftandener Probe, ſich nicht träumen 
laſſen zu fpielen, und follte ex es doch, fo kann ver Rath 
des Hrn. Konzertmeifters (Kranz) vor jego feinen Eifer 
hemmen, denn meiner wenigen Einfiht nad kann er als 
Zenorift fie nicht fingen. 

Sollten Hr. Hoflammerrath dem Leißring mehr Glau⸗ 
ben wie mir beweiſen, fo belieben Sie nur Hrn. Genaſt 
zu fragen, der ihm zu gleicher Zeit auch einige Rollen 
offerirte um nur feinen Spieleifer zu befriedigen. Ich 
danfe indeſſen gehorjamft für die Mühe vie Sie ſich 
geben mich zufrieden zu ftellen; ich fehe daß ich Ihnen 
nicht ganz gleichgültig bin — aber ich verfichere Sie 














48 Auguft Leißring. 


nochmals, daß ich froh bin auf die gute Art die Rolle los 
zu jeyn, denn nur bey diefer Rolle empfand ich am 
meiften was Theaterfurcht ift, und fühlte wie ſehr ih 
noch entfernt bin auf ven Namen Künftler Anfprub 
machen zu können. 

Ich bin mit innigfter Hochachtung 

Dero ergebenfter Diener 
Weyrauch.“ 

Letzteres Bekenntniß ſpricht ſehr zum Lobe des tüch⸗ 
tigen Schauſpielers und dürfte ſeinem heutigen Kollegen 
zur Beherzigung empfohlen werben. — 

Die Angelegenheit envigte damit, daß bie ftreitige 
Rolle des Don Juan vor der Hand weder von Leißring 
noch von Weyrauch gefungen wurde. — 

Leißring lebte in Weimar herrlich und in Freuden, 
nur dem Augenblide, ſich um tie Zukunft wenig küm⸗ 
mernd, wodurd ſich feine Schulvenlaft endlich derart ver- 
größerte, daß im Juni des folgenden Jahres 1797 fein 
Bater aus Sangerhaufen erfhien und von der Hoftheater: 
Direktion verlangte, daß man feinem neunzehnjährigen 
Sohne einen Vormund beſtelle. Auf dieſes Anfinnen 
fonnte aber die fragliche Behörde aus mancherlei Urfachen 
nicht eingehen, und wollte vorerft noch einen andern, 
den talentvollen und reizbaren jungen Mann weniger 
kränkenden Weg einfchlagen, um feine ziemlich verworre 
nen ©eldangelegenheiten zu ordnen. Seine Gläubiger 
wurden zufanmenberufen und verjtanden fich endlich zu 








Auguft Leißring. 49 


einer fucceffiven Bezahlung ihrer verfchiedenen Forderun⸗ 
gen, die mit 1 Rthlr. Abzug von der wöchentlichen Gage 
erfolgen ſollte. Zugleich mußte Leißring, deſſen heimliche 
Unterhandlungen mit dem Breslauer Theater man erfah- 
ven hatte, fich verpflichten, die fontraftlich beftimmte Zeit 
und bi8 alle feine Vorſchüſſe und Schulden getilgt, in 
Weimar zu bleiben. — 

Ein erfreulicheres Moment feines Aufenthaltes in 
Weimar war feine Mitwirkung als erfter Jäger bei 
der erften Aufführung von Schiller’ „Wallen- 
tein’8 Lager.“ Der Dichter hatte diefe Rolle fo zu 
jagen für ihn, feine Eigenthümlichkeit gefchrieben , ſogar 
Leißring's Perfönlichfeit hatte ihm vorgefchmebt, wodurch 
die befannte Begrüßung der Guſtel von Blaſewitz: 


„— Und Er ift wohl gar, Mußjö, 
Der lange Beter von Itzehö?“ — 


entſtanden. Leißring war bei diefer Vorftellung aber 
noch in anderer, weniger befannter Weife thätig geweſen. 
Nach feiner eigenen Mittheilung erzählt feine langjährige 
Hausmwirthin in Frankfurt, Frau Belli-Gontard, 
tiefen Umſtand alfo: 

„An dem Probetage von Wallenftein’8 Lager kam 
Schiller von Jena nad Weimar verjelben beizumoh- 
nen. Als dieſe beendigt war, ging der Dichter auf bie 
Bühne, die Schaufpieler zu beloben, zu ermuntern. 


Leißring warb ganz beſonders von ihm ausgezeichnet. 
Pasque, Goethe's Theaterleitung. IT. 4 


50 Auguft Leißring. 


Schiller Hopfte ihm auf die Wange, indem er fagte: 
Brav, ſehr brav, Lieber Leißring, Sie haben dieſe Kolle 
vortrefflih durchgedacht, ich hätte felbft faum geglaubt, 
daß fte folchen Effect hervorbringen würde. Nur nob 
eins wünfchte ih: um ber Scene fo viel Leben wie nur 
immer möglich zu geben, werbe ich ein paar Verſe auf: 
Ichreiben, die Sie beim Trinken fingen follen,, die andern 
Soldaten müfjen die Worte im Chorus wiederholen. 
Auch eine leichte Melodie muß gewählt werden. Gie 
bringen e8 jchon bis morgen zu Stande. ” 
Dies von Leißring felbft aufgefchriebene Lied Schil⸗ 

ler's iſt höchft einfach und lautet in der erften Strophe: 

„Heute die Johanna, 

„Und Morgen die Sufanna, 

„Der Lieb ift alles neu, 


„Das ift Soldatentreu ! 
„zalalalala, Juchhe!“ 


Bei den zwei andern Strophen wechſeln mur bie 
Namen der jevesmaligen zwei erften Zeilen, während ter 
Refrain bleibt. Die Melodie ift die befannte des Sol— 
datenliedes, welches heute noch an verſchiedenen Orten (in 
Weimar z.B.) vor dem Beginn von Wallenftein’s Lager 
hinter dem Vorhang gefungen wird. 

Ich gebe dieſe Thatſache einfach nad der Mitther- 
lung der Frau Belli-Gontard, in deren Haufe Leigring 
während des größten Theiles feines Frankfurter Aufent- 
baltes lebte und auch ſtarb. Da Leißring befanntlid 








Auguft Leißring. 51 


ein äußerft rechtlicher, die Lüge über Alles haſſender 
Mann war, fo dürfte an der Wahrheit des Erzählten 
nicht zu zweifeln fein*). Mehrere ver nun folgenden 
Notizen find auch theilmeife den Mittheilungen der Frau 
Belli-Gontard entnommen. — 

Leißring's Schulden, die fich nicht verringern woll- 
ten, machten ihm, troß allen Erfolgen, den fernern Auf- 
enthalt in Weimar unangenehm, ja unmöglich, und fo 
geihah denn zu Anfang des Jahres 1799, was eben 
nicht ausbleiben konnte. Er entfernte fich heimlich von 
Weimar und reifte nach Breslau, wo ihm eine bedeutend 
glänzendere Stellung gebeten worden war. Nach feiner 
Erzählung gefhah die Flucht unter folgenden Um— 
fanden : 

„Am Freitag den 1. Februar 1799 befuchte Leif- 
ring bis tief in die Nacht die Revoute. Den kommenden 
Tag fpielte er in „die Piccolomini“ und verließ, begleitet 
von dem Studenten Redlich um eilf Uhr Nachts zu 


*) Unzelmann, ber jpäter den erften Jäger jpielte, legte 
ih na der Heinen Zanffcene zwijchen den Jägern und den 
Dragonern, vor dem Auftritt der Prager und des Kapu: 
iiners, (Scene 8) folgende „Arie“ ein: 

„Vergeſſen! Ja Dich jelbft vergeflen, 
Das ift die Kunft, fo joll e8 fein. 
Mit Teufeln hab’ ich mich gemeffen, 
Nun leben die Mädchen! 
Es lebe der Wein!“ 

A* 


52 Auguft Leißring. 


Fuße Weimar, geräufchlos, wie fein Kommen gewefen, 
nur mit dem Unterjchiede, daß er vor dem Thore den 
Wagen des Herrn Blumer fand, ver ihn nad) Leipzig 
brachte, wo er Montags in der Früh um neun Uhr ein- 
traf. Den Abend ſah er dort „das neue Sonntagsfind“ 
und das Ballet „die drei Budligen“. Mittwoch Abent 
um neun Uhr ging es weiter nad) Breslau, wo er am 
11. Vebruar eintraf. 

Bor feinem Entweichen fchrieb er noch an Öoethe: 
„Es fchmerze ihn, fo tief in's Unglück gerathen zu jein, 
daß er einen Mann beleidigen müfje, ven er als Vater 
anfähe und der mit wahrer wäterlicher Liebe immer an 
ihn gehandelt habe. Er habe aber feinen andern Aus- 
weg finden können, wenn er nicht, wie der Plan tes 
Hoffammerrath Kirms fei, Leibeigener feiner Schuldleute 
werden jolle. Dean habe feine ſchwache Seite benutt, 
der Hoffammerrath wolle fein Glück zerftören, wer aber 
dies thue, zerftöre auch ihn, was der Herr Geheimerath 
Goethe gewiß nicht wolle: Er möge ihm deshalb verzei- 
hen. Was er bei dem Theater geworben, habe er 
Goethe'n zu verdanken. “ 

Die Weimarer Direktion verfolgte ihn nicht, beſon⸗ 
ders da fi) bald ein neuer Tenorift Namens Haltenhof 
fand, ber volljtändig genügte und das gewaltſam ver: 
waifte Fach zur Zufrievenheit ausfülltee Cr vebütirte 
am 13. April 1799 als Infant in „Lilla“ und verblieb 
in Weimar bis zu Oftern 1802. 








Auguft Leißring. 53 


Leißring bezahlte von Breslau nod) 363 Rthlr. 
23 Gr. 9 Pf. Weimarer Schulden und in ven Jahren 
1819 — 1822 fandte er von Frankfurt aus ebenfalls 
noch 168 Gld. 37 Kr. für „alte Schulden“ nad) 
Weimar. 

In Breslau ſcheint der bisher fo leichtfertige Künft- 
ler ſich doch in mancher Hinficht geändert zu haben. Ein 
dertiger Schaufpieler Namens Beltheim (von 1796— 
1797 in Weimar angeftellt),, fehrieb unterm 20. Auguft 
1800 dem Hoflammerrath Kirms unter anderm über 
Leißring Folgendes: 

„— Leißring ift nicht mehr der unftäte Menfch wie 
ih ihn in Weimar kannte, fondern gefetter, und lebt 
mehr feiner Geſundheit. Dies hat die gute Folge, daß 
er recht wohl ausfieht und jeine Stimme an Stärke 
gewinnt. Ich darf nicht entfcheiden in wie fern Leiß— 
ring undankbar an Weimar gehandelt hat oder nicht, fein 
eigenes Gefühl wird es ihm am beften auseinanderfegen. 
Es gereicht Ihrem Herzen und der Direktion zur Ehre 
nichts zum Nachtheil des jungen Menfchen unternommen . 
zu haben. — * 

Die nun folgende Periode von Leißring's Leben hat 
in der That etwas Romanhaftes. Er lernte in Bres- 
lau eine junge, fchöne Dame, die Gräfin A. M. aus 
einer altfchlefifchen Familie, kennen; Beide liebten ſich und 
die Folgen waren: heimliche Flucht der jungen Dame, 
heimlicher Aufenthalt in Dresden, Entbindung von einer 


54 Auguft Leißring. 


Tochter und ſodann Verheirathung des Paares , melde 
letere ebenfo geheim ausgeführt und gehalten wurde wie 
alles Uebrige. Im Jahre 1805 wurde Leißring burdı 
„einen eigenen Fall“ Herr eines bedeutenden Vermögens, 
welches ihn in ven Stand fette, ein Landgut in der Nähe 
von Wien zufaufen und nunmehr mit feiner hochgebornen 
Gattin öffentlich aufzutreten. Doch die Herrlichkeit dauerte 
nicht lange und man fonnte in Wahrheit fagen: „mie 
gewonnen, fo zerronnen!“ Die Bejegung Wiens durch 
die Franzoſen, Wetterfhäden, brachten ihn bald wieder 
um Alles und im folgenden Jahre fhon fah er fi aber- 
mals genöthigt, fein Heil, feinen Unterhalt bei der Bühne 
zu fuchen. Seine vornehme Gemahlin konnte ſich zu dem 
neuen vacirenden Leben nicht entfchließen und beide Gat 
ten trennten ſich wieder. | 

Im Jahre 1807 kam Leifring von Regensburg nad) 
Frankfurt am Main, debütirte dort mit größtem Glüd, 
entzücte durch feine herrliche Stimme derart, daß er nad 
Ablauf feines Regensburger Kontraftes mit bedeutenden 
Gehalt für Frankfurt engagirt wurde. Als er im darauf 
folgenden Yahre, 1808, das Frankfurter Engagement 
antrat, fand es fih, daß er feine Stimme vollftäntig 
verloren hatte, und anftatt als glänzender, prächtiger 
Held und Liebhaber, mußten die Trankfurter fich begnü⸗ 
gen, ihn als Buffo zu fehen und wahrlich! — fie ver- 
loren nichts: Leißring wurde Meifter im Wache der 
komiſchen Darftellungen. 





Auguft Leißring. 95 


Am letzten December 1839 wurde er nach 31jähriger 
Dienftzeit beim Yrankfurter Theater in wohlverbienten 
Rubeftand verfeßt und am 15. November 1852 ging er 
an in die ewige Ruhe, den Ruf eines tüchtigen Künft- 
td, und vor allen Dingen den eines wadern, rechtichaf- 
jenen Mannes binterlaffend. 


X. 
Sophie Ackermann. 1784—1815. 


Eine ver bedeutendſten Schaufpielerinnen der Bel- 
lomo'ſchen Epoche — überhaupt ihrer Zeit — war 
Sophie Adermann (nicht verwandt mit dem gleich 
namigen Stiefvater Schröder's und deſſen Yamilie). 
Enthufiaftifch gefeiert vom Weimarer Parterre, überhaupt 
von jevem PBublifum, vor dem fie ihr Talent entfalten 
durfte, einftimmig anerkannt und gewürdigt von gleichzei= 
tigen Theater⸗Journalen, ja felbft befungen von ven be= 
veutendften Dichtern ihrer Zeit, vurchlebte fie einige Jahre 
ungetrübten Glücks, um bald vem Kummer, ver Noth 
und Sorge anheimzufallen, und dann unbeachtet in fün- 
merlihen Verhältniſſen, ja im Elend von der Bühne des 
Lebens zu verfchwinden und — vergefjen zu werden! Das 
traurige Schickſal fo vieler Schaufpieler. — Wer fennt 
fie jet? Nicht einmal ihren Namen findet man in den 
neueren Quellenwerken für deutſche Theatergefchichte. In 
dunkle Nacht und Finſterniß verſunken ift ihr einft jo glän- 
zender Stern, vergeflen, daß er überhaupt geſtrahlt, und 
mit feinem Lichte jo Viele erwärmt und. entzüdt hat! 

Nach ven alten Reichardt'ſchen (jogenannten Gothai⸗ 
ſchen) Theater⸗Kalendern wurde Sophie Adermann zu Celle 


60 Sophie Adermann. 1784—1815. 


geboren (etwa um 1760). Ihr Mäpchenname war 
Tſchorn. — 1779 betrat fie die Bühne zum erften Male 
und verehelichte fi) bald darauf aus Neigung mit dem 
talentvollen,, doch leider leichtfertigen Schauspieler Ader- 
mann. Einige Jahre darauf find beide Gatten bei ver 
Bellomo'ſchen Gefellihaft engagirt, und ziehen mit der⸗ 
jelben zu Ende des Jahres 1783 nad) Weimar. Am 
1. Januar 1784 eröffnete Bellomo feine Borftellungen 
dafelbft mit dem breiaftigen bürgerlichen Trauerſpiele 
„Marianne * von Öotter, und Sophie Adermann debütirtte 
in der Titelrolle. Hiermit beginnt die eigentliche Glanz 
epoche ihres Lebens. Der Funftfinnige Hof, Goethe, 
Wieland bewunderten die vielfeitige Künftlerin. ALS fie 
am 1. April 1786 in ver Schmeizer’ichen „Alcefte“ die 
Titelrolle gefungen , richtete der Dichter der Oper, Wie 
land, folgende Berje an fie: 

„ALS wir auf Fittigen von Schweizers Harmonie, 

„Hinüber in Elyfium ſchweben 

„Dich fah'n, zog ein Gott von meiner Phantafie 

„Den Schleier weg, wohtit die Sinne fie ummeben: 

„Ich jah die Grazien Dir gegenüber jchweben; 

„Sie kamen nicht, Dir neuen Reiz zu geben, 

„Dich zu kopiren famen fie!“ 

Nach der Vorftelung des Trauerjpiels „Lina von 
Waller“, am 7. März 1786, worin Sophie Adermann 
ebenfalls die Titelrolle darftellte, beſang fie Vulpins, 
Goethe's nachheriger Schwager, in begeifterter Weife. Ein 
gleichzeitige Theater-Fournal (Ephemeriden der Litera⸗ 








Sophie Adermann. 1784— 1815. 61 


tur und des Theaters, Bo. 3. 1786, p. 408) jagt von 
ihr: „Mad. Adermann pielt erſte Liebhaberinnen im 
Trauer⸗ und Luftfpiel, auch in der Oper. Ich würde zu 
wenig jagen, und das Publikum, welches ihr jo oft den 
fauteften Beifall zuflatfchte, würde mir e8 nicht vergeben, 
wenn ich blos fagen wollte, fie fei eine gute Schaufpie- 
fern. Ihr Spiel bezaubert, reift hin. Man braucht 
fie mur als Ophelia im „Hamlet“ zu fehen, um ihr fogleid) 
einen Platz unter den bejjeren Schaufpielerinnen Deutjch- 
lands einzuräumen. Sie verfteht auch die eben nicht 
allzugewöhnliche Kumft, fich mit Geſchmack zu kleiden, und 
dem Auge fo gut als den übrigen Sinmen die vollfom- 
menfte Slufion zu gewähren. Sie hat noch nie gegen 
das Koſtüm geſündigt. Wir rechnen zu ihren vorzüg- 
lichſten Rollen: Agnes Bernauerin, Leonore in „Diego 
und Seonore”, Juliane von Pindorad, Amalie in den 
„Rändern“, Zaire, Andromeda, Marie von Beaumar- 
chais, Charlotte im, Strich durch die Rechnung“, Alcefte, 
Lina von Waller u. a. m.“ 

In Oper und Schaufpiel glänzte fie in erfter Reihe 
und empfing alle nur erdenklichen Huldigungen vom Hofe 
jowohl als auch vom Publikum Weimars und der übrigen 
Städte, die die Truppe im Sommer zu befuchen pflegte. 
Ihr Xeben war in jeder Hinficht ein glückliches. Da 
teübten ſich ihre Samilienverhältniffe, und der Kummer, 
ver Ernſt des Lebens trat an die bisher fo glückliche 
Künftlerin heran. Zwei Mädchen und zwei Knaben 


623 Sophie Adermann. 1784—1815, 


(letstere in Weimar geboren) hatte die junge Frau ihrem 
- Gatten geſchenkt. Diefer, anftatt dadurch ſich mehr und 
mehr an die Gefährtin feines Lebens zu feffeln, fuchte in 
leihtfertiger Weife das Glück anderswo, und dadurch her- 
beigeführte höchft unangenehme Vorfälle vernichteten bald 
das häusliche Glück, ven Seelenfrieven und zugleich aud 
bie bürgerliche Eriftenz der Künftlerin. — An dem Hof 
fammerrath Kirms, dem nachherigen Leiter des ökonomi⸗ 
ihen Theiles des Hoftheaters, fand Sophie Ackermann 
einen väterlichen und wahren Freund, doch konnte ber- 
jelbe nicht verhindern, als 1791 das Hoftheater ımter 
Goethe's Direftion gegründet wurde, daß der durch fein 
allzuleichtfertiges Leben mißliebig gewordene Adermann 
entlafjen wurde. Sophie wollte ven Gatten, ven Vater 
ihrer Kinder, nicht verlaffen, und jo ſchied fie denn mit 
ihm zu Oftern 1791 von der liebgemonnenen Stätte, 
wo fie über fieben Jahre fo glücklich gelebt, vie ihr eine 
zweite Heimat hätte werben fünnen, um mit ſchwerem, 
forgenvollem Herzen wieder ins ungewifje Yeben binaus- 
zuziehen, gewiß ahnend, daß ihres Lebens glücklichfte Zeit 
vorüber. Sie trog ſich nit, denn nun begannen ihre 
Prüfungsftunden, und während das Bublifun vie Künft- 
(erin jubelnd feierte, mußte vie Gattin, die Mutter den 
Kelch des Leidens langſam, doch bis auf die Hefe 
leeren. | 
Ihr Mann verließ fie, um in zügellofer Freiheit fen 
Leben zu genießen, und dann — unterzugehen. Bon 








Sophie Adermann. 1784—1815. 63 


Bühne zu Bühne z0g fie, gefeiert überall, doch auch be= 
neivet und angefeindet von vielen ihrer Kolleginnen, In 
Mannheim verlor fie raſch nad) einander ihre beiden 
Töchter; gewiß ein herber Schlag für die Mutter, vie 
dabei Komödie fpielen, vielleicht eine glüdliche Gattin und 
Mutter darftellen mußte! — 1798 und 1799 wirfte fie 
in Nürnberg. Bon dert aus machte fie einen Verſuch, 
wieder nach dem ihr unvergeglichen Weimar zu kom⸗ 
men. Sie fehreibt deßhalb an ihren alten Freund Kirms 
und fendet ihm zugleich ein gebrudtes Gediht, um ihm 
zu zeigen, daß fie noch immer die tüchtige Künftlerin von 
früher ſei. 

Brief und Gedicht liegen mir vor; erfterer lautet: 

„Scheuerfter Freund! 

So darf ih Sie ja noch nennen! — Doch bedarf 
diefes wohl einer Frage? Sie gaben mir während meines 
langen Aufenthaltes in Weimar fo viele überzeugende 
Beweiſe Fhrer mir theuren und ewig unvergeßlichen 
Freundſchaft, daß e8 undankbar von mir wäre, wenn id} 
glauben könnte, eines fo reellen und foliden Mannes 
Freundſchaft Könnte durch Zeit und Entfernung erfalten. 
Wenn doch mein firenges und umnerbittliches Schiefal, 
welches mic), feit ich) aus Weimar bin, unaufhörlich ver- 
folgt, mir noch einmal günftig wäre, und mir die Ausficht 
öfmete, eine anftändige Verſorgung beim weimarifchen 
Hoftheater zu erhalten. Doch werde ich wohl auf dieſe 


64 Sophie Adermann. 1784—1813. 


frohe Ausfiht vor der Hand noch Verzicht leiſten müflen, 
weil Diad. Teller, welche zum Theil mein jetziges Roll- 
fach fpielt, bei Ihrer Bühne engagirt if. Mad. Teller 
ift eine verdienftoolle Schauspielerin, und wahrſcheinlich 
wird ihr einftimmiger Beifall des dortigen Publikums zu 
Theil. — Zu meiner Freude hörte ih von Hrn. Keidler, 
daß er einen Ruf an das weimariſche Hoftheater hat. 
Sie machen eine ſehr gute Afquifition an ihm; er ift ein 
fehr vechtfchaffener und äußerſt thätiger Mann. Wollte 
Gott, auch ich hätte einen Ruf dorthin, jo könnten wir 
mit einander reifen. Ich habe bier (in Nürnberg) nur 
auf ein Jahr Kontraft, weldher am 1. Oftober jeinen 
Anfang genommen, doch bis jett habe ich noch nicht un- 
terfchrieben, und fünnte alfo, wenn fi mir eine befiere 
Ausficht zeigte, ohne Nachtheil zurücktreten, denn ich ge- 
ftehe e8 Ihnen offen, ich lebe hier jehr mißvergnügt! Ce 
ift nicht zu Jagen, wie ich bier verfolgt werde und blos 
darum, weil ich, ohne eitel zu ſcheinen, e8 fagen darf, ter 
fogenannte Liebling des Publitums bin. Zur Beftäti- 
gung dieſes ſchicke ich Ihnen ein Gedicht, mit welchem 
man mich im vorigen Jahr, als ich Nürnberg verlieh, 
beehrte. — Dürfte ich Sie, verehrungswürdiger Dann, 
wohl um eine Gefälligfeit bitten, welche darin befteht, 
mir die Tauffcheine meiner Knaben, von denen ver eine 
Joſeph, der andere Louis heißt, zu bejorgen, und mir ſolche 
fobald als möglich zu überfhiden. Die dafür zu bezab- 
lenden Gebühren haben Sie die Güte mir zu berechnen 


Sophie Adermann. 1784—1813. 65 


umd ich werde folhe, mit meinem berzlichften Dank be- 
gleitet, dem Hrn. Keidler zur Wiedererftattung bei jeiner 
Anfunft in Weimar ausbezahlen. Daß meine beiden 
hoffnungsvollen Mädchen in Mannheim geftorben find, 
wird Ihnen wohl befannt fein, und wie viel ich durch 
diefen Verluft gelitten habe und nody leide, wird Ihnen 
die liebe Jagemann jchilvern können. Jetzt habe ich 
noch die zwei Knaben, deren Erzieherin und Verforgerin 
ih ganz allein fein mug — — — e8 fällt mir freilich 
jehr jchwer, die Kinder wachjen heran und mit ihnen bie 
Bedürfniſſe. Sch ſchicke fie hier ins Knaben⸗Inſtitut, 
wo ich für jeden fiebzig Gulden jährlich bezahlen muß. — 
O, e8 ift graufam, wie man mit mir umgeht. Doc 
was will, was kann ich mit gefühllofen Menfchen anfan- 
gen? Der Vater lebt im Wohlleben, und mich werben, 
ver Kinder wegen, bald Nahrungsjorgen britden, und 
doch bin ich zu delikat und fühle zu fein, als daß ich die— 
jem Unmenſchen, ver feit zwei Jahren nichts mehr von 
fid) hören Taffen will, auch nur ein gutes Wort geben 
möchte. So lange ich lebe, und für die armen Kinder 
arbeiten kann, will ich als rechtichaffene Mutter ferner 
für fie jorgen, wie ic) es bisher gethan, und wenn ich 
einmaf nicht mehr bin, fo mag der Vater unfer Aller fich 
ihrer erbarmen. Die Thränen laffen mich nicht weiter 
ihreiben. Leben Sie wohl, verehrungsmürdiger Mann. 
Jh erfuche nochmals um Gewährung meiner Bitte und 


um Ihre gütige Verwendung, im alle eine Stelle bei 
Pasqué, Goethe's Theaterleitung. 11. & 


66 Sophie Adermann. 1784—1815. 


der dortigen Bühne offen werben follte. Erinnern Sie 
fih dann und wann Ihrer 
unglüdlihen Freundin 
Sophie Adermann.“ 

So der Brief, der ohne Datum ijt. Eine Bemer- 
fung von der Hand des Empfängers Kirms zeigt, daß er 
ihn am 16. Oftober 1799 beantwortete, und zwar — 
abfchlägig. 

Das Gedicht ift ein Nachruf, als tie Künftlerin am 
24.Auguft 1798 Nürnberg verließ. Es heit darin u.a. 
„Sieh — dir folgt unfer Blick — thränenvoll glänzet das Auge, 

Leife ftöhnet Die Bruft, lauter Doch pochet Das Herz. — 
Eins nur, ach! laſſe zurück — zeichne mit ewigem Griffel 

Uns deiner Seele Gemäld' in Das bewundernde Herz. 
Dann glänzt immer uns fanft der Spiegel reinerer Tugend, 

Zrunfen weilet das Aug — mweilt und erfennet bein Bild.” 

Welch ein Kontraft! Hier die gefeierte befungene 
Künftlerin und dort: „Ihre unglüdliche Freundin Sophie 
Adermann!“ 

Einige Jahre fpäter, 1803, follte ihr heißer Wunſch 
erfüllt werden, wieder in Weimar auftreten zu dürfen. 
Sie gaftirte dort vom 3. bis 15. Oktober als Eulalia in 
„Menfhenhaß und Reue“, Baroneffe in der „Läſter⸗ 
ſchule“ und als Klara von Hoheneichen. Doch ihre Kraft 
muß dahin gemwefen fein, denn fein Engagement folat 
dem Gaftfpiel und fie muß wieder wandern — wandern‘ 

1810 findet fie fidh bei einem Direftor Quandt m 
Naumburg in mißlichen, traurigen Berhältniffen,, und 


Sophie Adermann. 1784—1815. 67 


1811 fieht fie Weimar an Körper und Geift gebrochen, 
faft bettelnd wieder. 

Ihr legter Sohn — der eine war: unter der Zeit ge- 
ftorben — hatte Engagement in Weimar gefunden, doch 
faum daſelbſt angefommen , ftirbt er in ven Armen feiner 
unglüdlihen Mutter. Diefe wendet fich flehend an Karl 
Auguft und bittet um Unterftügung, um eine Anftellung, 
ſei fie nod) jo gering. Die traurige Rage der Armen 
rührte das Herz des edlen Fürften. Er fchrieb unterm 
25, März folgendes Billet an die Hoftheater-Direftions- 
Kommiſſion: 

„Das Unglück, welches die Schauſpielerin Ader- 
mann betroffen hat, ihren Sohn zu verlieren, der bei 
dem hieſigen Theater angeſtellt werden ſollte, iſt bekannt, 
wie auch, daß dieſe beklagenswerthe Frau alle Ausſicht zu 
einem beſſeren Fortkommen dadurch eingebüßt hat. Ihr 
Zuſtand erwecket Mitleiden und den Wunſch ihr zu helfen. 
Sollte die Hoftheater-Kaſſe etwas für ſie thun können, ſo 
würbe mir Dies lieb ſein; ich erwarte deßhalb Vorſchläge 
von der Hoftheater⸗Direktions-Kommiſſion. 

Karl Auguft.“ 

Die Vorſchläge diefer Kommiſſion Tauteten günftig 
für Die arme, vielgeprüfte Schaufpielerin. Der Abend 
ihres Lebens follte noch von einem rofigen Scheine des 
Ölüdes erhellt werden. Sie wurde engagirt. 

Am 24, April ſchon debütirte fie als neu angeftellt 
in „Reue und Erſatz“ als Frau v. Wiefen. Doc nit 

3* 


68 Sophie Ackermann. 1784—1815. 


lange erfreute fie fich des ſchützenden Afyls. Krank, ges 
lähmt an Körper und Geift, fiechte fie langſam hin, bis 
am 5. Juli 1815 der Tod die arme Dulderin von aller 
Ervenlaft und Qual erlöfte und fie jenfeits mit ihren Kin- 
dern wieder vereinigte. 


XI. 
Karl Krüger und Madam Veller. 


Rollenfreitigkeiten; „Don Carlos“ und „Maria Stuart“. 1792 
nnd 1800. 


Furl Arüger — „Bon Earlos.“ 


Eine der erften größern Aufgaben, die Goethe als Leiter 
des neuen Hoftheaters zu löſen fuchte, und die er ſelbſt eine 
bedeutende nannte, war die Aufführung von Schiller’ 8 Don 
Sarlos. Schröder hatte dies neue Werfdes Verfaſſers der 
Räuber am 30. Auguft 1787 zum erften Male in Ham: 
burg auf die Bretter gebracht und mit günjtigftem Erfolg. 
In Leipzig erſchien Don Carlos faft zu gleicher Zeit — 
am 14. September — unter Schiller's thätigiter Mit- 
wirkung und Reinecke's Regie. Andere Theater folgten. 
In Mannheim wurde das Werk am 6. (9.) April 1788 
aufgeführt und in Weimar, unter Goethe's Leitung und ' 
abermaliger direkter Betheiligung des Dichters, am 28. 
debruar 1792. 

Das neue Hoftheater hatte, wie fehon früher mit- 
getheilt, feine Vorftelungen am 7. Mat 1791 begonnen. 
Doch „nur wenige Vorftellungen zum Eintritt wurden 
in Weimar gegeben." Die Gefellichaft ging nach Lauch⸗ 
ftädt, dann nach Erfurt, worauf fie im Oftober wieder 


12 Karl Krüger und Diabamı Teller. 


„mit friſchem Muthe“ nad) Weimar zurüdfehrte. Schon 
in Erfurt wurde die Aufführung des Don Carlos in's 
Werk geſetzt und perſönlich von Schiller betrieben , ver 
venfelben einer abermaligen Redaktion unterworfen. 

Bei der Leipziger Aufführung hatte Schiller mande 
unangenehme Erfahrungen gemadt. ‘Der dortige Dar- 
fteller des Königs, Brüdl, ein Tyrann aus der Zeit 
der „Haupt und Staatsactionen”, an das Ertemporiren 
gewöhnt, hatte feine Rolle durchaus jchlecht wiedergegeben, 
fie mit allerlei Zufäten in feiner Manier gef hmitdt und 
verbefiert. Beſonders hatte er feine Reden durch viel- 
fach wieverholtes: „Merkt Euch das!“ befräftigt, von 
welchen Illuſtrationen der Dichter gewiß nicht fehr erbaut 
gewefen fein mag. — Der Darfteller des Domingo, den 
Schiller aus konfeſſionellen Gründen in einen Staats⸗ 
ſekretair Perdz umgewandelt hatte, war ſogar ausgelacht 
worden. Es mußte dem Dichter deshalb bei dieſem neuen 
Verſuch vor allen Dingen daran liegen, dieſe beiden Rol⸗ 
len ſo gut als möglich zu beſetzen. Weimar beſaß zur 
Zeit ven Schauſpieler Franz Fiſcher, zugleich Regiſ⸗ 
ſeur, den wir im zweiten Abſchnitt kennen lernten und 
welcher nach ſeiner Angabe den König ſchon geſpielt hatte. 
Sodann machte der ſpäter als Mitglied des Wiener 
Burgtheaters berühmt gewordene Karl Krüger (ſiehe 
ebenfalls Abſchnitt I) — ein talentooller, tüchtiger 
Schauſpieler, für deſſen Ausbildung ſich Goethe lebhaft 
intereffirte — Anfprud auf die Rolle. 





Kari Krüger und Mabam Teller. 73 


Ein nicht unintereffantes, charafteriftiiches Schreiben 
des Letztern in dieſer Angelegenheit an Kirms hat fid) 
erhalten; es lautet: 

„Erfurt, ven 14. September (1791). 

Meinen beiten herzlichiten Dank für die Eilfertigfeit 
mit der Sie meinen Bitten nachkommen in Anfehung des 
Haren Willms (fpäter als Souffleur engagirt). Ich 
habe geftern an ihn gejchrieben, und ich zweifle nicht, daß 
er das Engagement annehmen wird. 

Die Sade mit Don Carlos ift in vollem Gange. 
Öeftern wurde ich zu Herrn Hofrath Schiller gebeten, wo - 
kurz vorher Hr. Tifcher gewefen war, und annoneirte daß 
er den König ſchon im Don Carlos gefpielt hätte, — 
Sifher den König! — O Narrheit!! — 

Der Herr Hofrath Schiller entladeten ſich denn unter 
einem Schwall von Complimenten und Douceurs ver 
Bitte, Daß ich den Domingo übernehmen möchte — wor- 
auf ich antwortete daß es mir herzlich) leid thäte, ihmfeine . 
erſte Bitte abjchlagen zu müfjen, indem ich mit Bewil- 
ligung der Ober -Direction feine Spitzbuben mehr 
ipielte, zumal eine fo Heine unbedeutende Rolle wie diefe 
wäre. Ich würde jede andere Rolle mit Vergnügen 
übernehmen — ohnerachtet ich mit Recht Anfprud auf 
den König machen Könnte. 

Hierauf fagte der Herr Schiller daß es ihm fehr un- 
angenehm wäre, daß fih Hr. Fiſcher ſchon zum König 
angetragen hätte, weil er nicht die minvefte Figur noch 


TA Karl Krüger und Madam Teller. 


Anftand zu diefer Rolle hätte, daß er aber mit ihm bes- 
halb reden wollte, weil er doch als Regisseur zum Beſten 
des Ganzen jede andere Holle übernehmen müßte — und 
fo empfahl ich mid, ihm. 

In der Assemblee bey dem Coadjutor (von Tal- 
berg) ſprach ich den Hofrath Schiller wieder. Da ſagte 
er mir daß der Coadjutor ihm fo eben gejagt hätte,. daß 
er e8 fehr ungern fähe, wenn Hr. Heußer*) mitjpielte 
und daß er es ſich verbäte. Nun, fagte er, habe ich jebt 
den beiten Vorwand Herrn Fifcher zu jagen dap ich gleich 
das Stüd fo austheilen müßte, daß es könnte auch fe in 
Weimar bejett bleiben. 

Jetzt eben höre ich daß Herr Heußer zum Hofrath 
Schiller gejagt hat, er möchte den Carlos noch nicht an 
Herrn Domaratius **) geben, weil er erft noch den Coad- 
jutor nohmals um Erlaubniß bitten wollte. 

Viele Empfehlungen von meiner Schwefter und 
Schwager, nächſtens den gänzlihen Beſchluß der Ge 
fhichte des Don Carlos. Bis dahin verbleibe mit größ- 
ter Achtung 

Ew. Wohlgeboren ergebenfter Diener 
Carl Krüger. “ 





*) Ein Schaufpieler dieſes Namens war nie in Weimar 
engagirt; Herr von Dalberg wird wohl Schuld und Urſache 
geweien fein, daß ein etwa projeltirtes Engagement mit zu 
Stande kam. 

») Bom 28. März 1789 — Oftern 1793 in Weimar. 


Karl Krüger und Madam Teller. 75 


Der angeveutete nächfte Brief, der ven Abſchluß der 
Streitigfeiten melden jollte, ijt nicht mehr vorhanden ; 
wie foldhe indeſſen endeten, erfahren wir aus dem Theater⸗ 
Zettel der erften Aufführung des „Don Carlos“ in 
Weimar, am 28. Februar 1792. 

Derjelbe meldet folgende Bejetung : 

Bhilipp IL. — Hr. Fiſcher; Elifabeth von Valois 
— Mad. Mattftepnt; Don Carlos — Hr. Domara- 
tins; Infantin Clara Eugenia — Dem. Mattftedt; 
Herzogin von Olivarez — Mad. Amor; Marguifin 
von Mondecar — Dem. Malcolmi; Eboli — Mad. 
Satto; Bofa — Hr. Einer; Alba — Hr. Beder; 
Yerma — Hr. Senaft; Terra — Hr. Benda; 
Medina Sivonia — Hr. Amor; Raimond von Taris 
— Hr. Demmer; Antonio Perez (Domingo) — Hr. 
Krüger; Ein Grand — Hr. Mattſtedt; Gräfin 
Fuentes — Mad. Neumann; Zwei Pagen — Demi. 
Neumann und Demf. Malcolmi d. Jüngere. 


Alerander Farneſe, der Großinquifitor, Prior und 
Ludwig Mercado famen nicht vor; Domingo war Staats- 
jeretatr Antonio Perez geblieben, und — Herr Krüger 
jpielte ihn -troß allen Protejtationen. — 


Krüger verließ Weimar zu Oftern 1793 und ging 
nad) Amfterdam, wo er ſchon 1789 angeftellt gewefen. 
Von dort zog er nach Drespen, übernahm dann für kurze 
Zeit jelbftftändig die Leitung einer Truppe, bis er 1802 


76 Karl Krüger und Madam Teller. 


in Wien am Burgtheater als Schaufpieler und Regiffeur 
angeftellt wurde, wofelbft er bis zu feinem Tode, ber 
1828 erfolgte, blieb. 


Madam Celler — „Mar Stunt“. 


Um das dur den Tod der Dad. Malcolmi — 
erfolgt am 6. September 1798 zu Rudolſtadt — erledigte 
Fach der ferienfen Mütter und Anſtandsdamen (früher 
durch Dead. Amor — 1793; Mad. Porth — 1794; 
Mad. Malcolmi und Mad. Veltheim, lettere — 1797 
vertreten), wieder zu befeßen, hatte die Direftion nad 
längerm Suden eine Schaufpielerin Namens Tel: 
ler engagirt, welche invefjen, durch anderweitige Per 
pflichtungen verhindert, das verwaifte Fach nicht fofert 
übernehmen konnte, jondern erſt zu Anfang des folgenten 
Jahres eintraf und am 21. Januar 1799 als Orfina 
in „ Emilia Galotti“ debütirte. Durch dieſes ſpäte Ein- 
rüden der Mad. Zeller in den Verband der Mitgliever 
des Hoftheater8 waren Goethe, ſowie aud Schiller nit 
wenig in Berlegenheit gefett worden. Am 18. Ofteber 
1798 war zur Einweihung bes neu hergerichteten Thea- 
ter8 „Wallenfteins Lager“ zum erften Male aufgeführt 
worden, und „die Piccolomini * ſollten fo bald als nur 
möglid) folgen. Es fehlte aber an einer Vertreterin für 





| 


Karl Krüger und Madam Teller. 77 


die Rolle der Herzogin von Friedland, weil Mad. Malcolmi 
geſtorben war und deren Erſatz, Madam Teller, nicht 
rechtzeitig eintreffen konnte. Endlich kam fie, doch neue 
Berlegenheiten entftanden. Madam Teller, Neuling in 
dem Weimarer Künſtlerkreiſe, konnte fi) unmöglich ſo— 
gleich in die Anforderungen finden, die Goethe und Schiller 
an ihre Darſteller ſtellten. Langjährige Gewohnhei—⸗ 
ten und Unarten ließen ſich nicht ſo raſch ablegen, 
und ſo erregte das neue, doch ſonſt talentvolle Mitglied 
mancherlei Aergerniſſe bei den beiden Dichtern. Goethe 
ſchrieb ſogar nach einer der Leſeproben an Schiller: Mad. 
Teller las geſtern die Herzogin inſoweit gut, daß ſie 
nichts falſch las, aber zu matt und leſeprobenmäßig. Sie 
verſicherte auf dem Theater würde das alles ganz anders 
werden. Da dieſes faſt eine allgemeine Schauſpieler⸗ 
marotte iſt, ſo kann ich ſie ihr nicht beſonders zurechnen, 
obgleich dieſe Albernheit hauptſächlich Urſache iſt, daß 
keine bedeutende Rolle recht eingelernt wird und daß 
nachher vom Zufall ſo viel abhängt.“ 

Alles Einreden half nichts und Madam Teller wurde 
endlich — nachdem ſich Goethe und Schiller über eine 
andere Beſetzung der Rolle der Herzogin von Friedland 
geeinigt — als unbelehrbar bei Seite geſchoben. Die 
jüngſte Malcolmi, Amalie, ein Mädchen von etwa 
ſtark fünfzehn Jahren, bisher nur als zweite Liebhaberin, in 
Knabenrollen und meiftens in der Oper befchäftigt, war 
von den beiden Dichtern auserfehen worden, bie alte 


78 Karl Krüger und Madam Zeller. 


Herzogin von Friedland zu fpielen. Gie zeigte fid) geleh- 
rig, bildungsfähig und fpielte denn auch bei der eriten 
Aufführung der „Piccolomini”, am 30. Januar 1799, 
bie fraglihe Rolle und zwar mit gutem Glüd umd zur 
volfften Zufriedenheit Schiller’ und Goethes. 

Madam Teller hatte das Nachfehen, oder wielmehr 
Zufehen, und wird ſich mohl nicht wenig über Diele 
Zurückſetzung gefränft gefühlt haben, beſonders da ſie nach 
ihrem glücklich ausgefallenen Debüt das Fach der edlen 
Mütter und Anſtandsdamen vollſtändig übernommen hatte 
und ſich auch jederzeit als tüchtige Darſtellerin, als ein 
höchſt achtungswerther Charakter bethätigte. Es ſollten 
der armen Schauſpielerin aber aus dieſem Vorfall noch 
ganz andere und recht bittere Kränkungen erwachſen, ihr 
durch ihre gewiß nicht bösgemeinte Ungefügigfeit noch 
eine viel härtere Prüfung zu Theil werben. 

Etwa ein Jahr war nad) der Aufführung des Wal- 
Ienftein verfloffen, als Schiller's nächſtes großes Wal: 
‚Maria Stuart“ einftubirt werben follte. Hier 
hatte der Dichter in der Königin Elifabeth eine Kelle 
geihaffen, die ficher die Krone des Faches der „ebeln 
Mütter”, „ Königinnen ”, und „ Anftanpspamen * genannt 
werden durfte, und daß diefe Rolle von Jemand an 
derm gefpielt werben follte, als von ihr, ver Inhabern 
jenes Faches, fam Mad. Teller nicht im Entfernteften 
in den Sinn. Das Schidfal und — der Dichter aber 
hatten es anders beſchloſſen. Schiller wünſchte eme 


Karl Krüger und Madam Zeller. 79 


jüngere — vielleicht an die Herzogin von Friedland denkend, 
eine andere — Repräfentantin für dieſe Rolle als Map. 
Zeller, und ſomit war von vorne herein wenig Hoffnung 
für vie Schaufpielerin, daß ihre darauf bezüglichen kontrakt⸗ 
lichen Beftimmungen entjcheidend fein würden. Die Ma- 
ria hatte der Dichter urfprünglich für die Jagemann 
beftimmt, doch diefe trat die Rolle an Mad. Vohs ab, 
welhe damit ihren erften größern Verſuch im Gebiete der 
Tragödie machen follte, und übernahm dafür felbft vie 
anfcheinend undanfbare und fchmwierigere Rolle der Elifa- 
beth. Die junge Amalie Malcolmi hatte ſich mit Freu- 
den bereit erklärt, die Rolle der alten Hanna Kennedy zu 
iprelen, und fo war denn für die arme Madam Teller, 
die für das Fach der Königinnen und Anſtandsdamen 
engagirte Schaufpielerin, nichts — nichts mehr übrig 
geblieben ' — 

Und doch fand fih noch etwas für fie! — Es gab 
ja noch Hofdamen, allerlei Statiftenrollen in dem großen 
Schaufpiele! und eine folche ſtumme Parthie muthete die 
Direftion der fih zur Zeit fo tief und fo bitter getränft 
nd zurückgeſetzt fühlenden Künſtlerin zu. 

Mit folgendem Schreiben an den Hoftammerrath 
Kirmes beantwortete Madam Teller dieſe neue kränkende 
Zumuthung : 

(Etwa ven 12. oder 13. Juni 1800.) 

„Ich wollte die tiefe Kränkung die ic) in Maria 
Start durch anderweitige Bertheilung der Königin 


80 Karl Krüger und Madam Teller. 


Elifabeth erlitten habe nicht fühlen, weil ich e8 mit man- 
herley PVerhältnigen entſchuldigte. Obngeachtet das Tab 
der Königinnen in meinem Contraft ausdrücklich beſtimmt 
ift, und eine regierende Königin fein Kind zu ſeyn braudt 
um ſchön und liebenswürbig zu heißen. Doch ich ſchwieg 
mit dem innern Bewußtfein dieſe Zurückſetzung nicht ver- 
dient zu haben und hoffte die Direction würde mich durch 
ihre Gerechtigkeitsliebe gelegentlich ſchadlos zu halten 
fuchen. | 

Da mir aber heute fogar.eine Statiftin in bie 
ſem Stüd angefagt wurde, und man meine Demüthigung 
dadurch aufs äußerſte treibt, kann ich meine Empfinplid- 
feit nicht länger zurüdhalten, und den Herrn Hoffammer: 
Rath herzlich bitten mich won diefer zweiten Kränkung 
zu befreien. 

Hatten Sie in Weimar alle Fächer beſetzt, warum 
nahmen Sie mid) aus meiner ruhigen Tage um mid) alle 
Demüthigung und Kränkung fühlen zu laſſen, die em 
empfindliche Herz nur immer zu fühlen im Stande ill. 
Ih kann nicht ſchimpfen — und fchreien — — aber 
ih fan durch Mißhandlung fehr leiden. 

Beruhigen Sie Ihre gefräntte Freundin 

Teller." 

Es darf als beftimmt angenommen werben, daß 
dieſes Schreiben die gewünſchte Wirkung nicht hervor: 
brachte, daß Goethe, nad dem Prinzip, womit er Die 
Bühne leitete, bier feine Ausnahme machte, feine Rüd- 


Karl Krüger und Madam Teller. 81 


fiht auf die Gründe ver Madam Teller nahm, und dieſe, 
wie ihre übrigen nicht in Rollen befchäftigten Kollegin- 
nen und Kollegen , als Statiftin in irgend einem prädhti- 
gen Hoffleive bei der erften Aufführung der Maria 
Stuart mit figwiren, den Triumph ihrer jugendlichen 
Nebenbublerin, der Jagemann, auf ver Bühne, auf dem 
Schlachtfelde felbft mit anfehen, erleben mußte. 

Diefe erfte Vorftellung der Maria Stuart fand am 
14. Juni 1800 ftatt. Außer den drei genannten Per- 
fonen wirkten nody in den Hauptrollen mit: Hr. Vohs 
— Mortimer; Hr. Cordemann — Leceſter, und 
Hr. Graff — Shrewsbury. 

Ueber die beiden weiblichen Hauptrollen machten ſich 
nach der Vorſtellung etwa folgende Urtheile geltend. 
„Mad. Vohs, als Maria Stuart, verfehlte den Geiſt 
ihrer Rolle faſt ganz, ſie war nur die leidende Dulderin, 
nirgends die gekränkte Königin; ſie war viel zu wenig 
ſtolz, viel zu weich, und nur den Zug von ſchwärmeriſcher 
Frömmigkeit, der in der Rolle lag, gab fie treulich wie- 
der.“ Andere Kritifer meinten, „bei einer fo fchönen 
dran denfe man doch eher an weiblichen Reiz, als an 
feniglihe Würde, und da ſchade es fo viel nicht, wenn 
auch die Frau mehr als die Königin herwortrete; die 
herrlichen Augen, den anmuthsvollen Mund kleide bie 
Trauer, der Schmerz fo gut, wie fonft die Bröhlichkeit, 
fie ſei veizend im Weinen wie im Lachen und die ſchwär⸗ 
meriſche, für Liebe nicht unempfinpliche, ichetifhe Mo: 


Pasqué, Goethe's Ihenterleitung. I. 


82 Karl Krüger und Madam Teller. 


narchin könne recht wohl jo ausgefehen haben.” Doch 
auch diefe wieder mußten zugeben, daß „fie ber Thränen 
zu viel habe und die unvergleichliche begeifterte Scene 
beim Anfange des dritten Aftes mißgreife, indem fie, ftatt 
im bithyrambifchen Aufflug zu fprechen, weinerlid,, lang- 
jam, faft klagend fpradı. “ 

Demf. Jagemann feierte ihren Triumph als Elifa- 
beth. Kein Augenblid, wo fie nicht Königin gemefen 
wäre. Der Zufchauer konnte nit an ihrer Heuchelei 
zweifeln und doch artete dieſe nicht in Kleinlichkeit oder 
Gemeinheit aus; es fchien nur Nothwendigkeit, nicht nie- 
drige Geſinnung. Sie gab fie mit dem ganzen Stolze 
eine große Königin zu fein, den der Dichter vielleicht zu 
jehr der Schaufpielerin überließ und zu wenig in bie 
Worte der Rolle legte. 

Auf eine ganz eigene, Schillern felbft überrafchente 
Weife mißlang die vielbefprodhene Zank⸗Scene der beiden 
Königinnen, indem Maria als die gedemüthigte, Elifabeth 
als die triumphirende erfhien. Gemein wurde die Bobs 
nicht, „aber fie wimmerte entweder oder enthob fich nicht 
genug der Sphäre des bürgerliben Schaufpiels; fie 
flüfterte der Elifabeth die argen Schmähungen, worin fid) 
ein in feinen innerften Tiefen verwundetes, zur Leiden: 
Ichaft gefteigertes Herz ausfpricht, halb verftohlen zu, 
ohne alle tragifche Erhebung und großartigen Sinn.“ — 

Soweit die Urtheile von Zeitgenoflen ; kehren wir 
nun wieder zu Madam Teller zurüd. — Venen, höchſt 





Karl Krüger und Madam Zeller. 83 


wahrſcheinlich abfchlägigen Beſcheid auf ihr oben mit» 
getheiftes Schreiben hatte die Oberdirektion dadurch in 
etwas mildern und verfüßen wollen, daß fie ihr zugleid) 
gejagt, fie, Mad. Teller, folle die Rolle ver Elifabeth 
außerhalb Weimar, bei der bevorftehenden Sommer- 
Kampagne, entweder in Lauchſtädt, Rudolſtadt, Erfurt 
oder Halle fpielen, wogegen Herr Hofrath Schiller nichts 
habe. 

Hierdurch fühlte fih Mad. Teller abermals tief und 
bitter gefränft, und gleich am Tage nad) der erften Auf- 
führung der Maria Stuart machte fie ihrem Herzen Luft, 
indem fie dieje gewiß wohlgemeinte Mittheilung, von ihr 
aber al8 eine entehrende Zumuthung betrachtet, in fol= 
gender Weife beantwortete: 

„Weimar, den 15. Juni 1800. 

Haben mid denn der Herr Hof-Cammerrath fo 
erſchröcklich Rollen füchtig gefunden, daß Sie mir das 
Zugreifen auf eine fo unedle Art anrathen fünnen, und 
da der Herr Hofrath Schiller feine Eliſabeth fo kindlich 
jung und äußerft liebenswürdig geſchildert hat, daß ich) 
mn Weimar fie zu fpielen, gleich bey ver Austheilung 
nicht taugte, fo würde ich mich fehr lächerlich und Außerft 
eitel ankündigen, wenn ich mid) fo weit vergeffen könnte, 
eine fo junge Rolle auswärts zu übernehmen, zumahl da 
8 an jungen Liebhaberinnen beym hiefigen 
Theater nicht fehlt. 

Wenn Mademoifelle Sagemann einige Rollen los zu 

6* 


84 Karl Krüger und Madam Teller. 


fein wünſcht, fo will ich die nicht fein, der fie diefes 
Opfer bringt. Im Gegentheil will ich auch auf die 
Königinnen, bie ich bereit8 habe, gern und willig Ber- 
zicht thun, wenn biefelben befer als durch mich befekt 
werden fönnen. 

Db pas ein Compliment für mid) ift, daß der Her 
Hofrat) Schiller nichts dawider hat wenn ich die Rolle 
auswärts fpiele, weiß ich nicht. Ich will fo beſchei⸗ 
den feyn, von dieſer großmüthigen Verficherung feinen 
Gebrauch zu machen, und das hat der Herr Hofrath aud 
gewiß ſchon vorausgeſetzt. 

Ueberhaupt bitte ich die Direction mit voller Herz⸗ 
lichkeit, mich doch nicht fo tief zu erniebrigen, und mid 
nur zum Nothbehelf braucdyen zu wollen; wozu man mir 
die Fähigkeiten zutraut, das wünfchte ich gleich bey Aus— 
theilung eines Stüdes zu befommen, als Aushelferin mid 
brauchen zu laßen, widerfteht ganz meinem Ehrgefühl. 
Sie felbft als Mann von Ehre können — und werden 
— dieſe Dentungsart nicht mißbilligen. Nicht als ck 
ich nicht gerne gefällig fein wollte, o nein! ich habe ſchon 
Beweife gegeben, daß mir Rollen von wenigen Zeilen 
"nicht zu gering waren, fie mit aller Aufmerkſamkeit zu 
jpielen,, wenn nemlich feine Hauptrolle für mid im 
Stüde ift, und fie mir gleich anfangs gegeben wird. 

Ich möchte jo gerne ruhig und in Frieden leben, tra- 
gen Sie doch lieber Herr Hoffammer - Rath Das Ihrige 
dazu bey. Muthen Ste mir nicht Dinge zu, worüber 








Karl Krüger und Madam Teller. 85 


Sie felbft — wenn id mih dazu brauden 
ließe — mid, verachten müßten. 

Nehmen Sie meine Offenherzigkeit nicht ungütig auf, 
Sie als ein edler Mann werden meine Gefühle verftehen 
und gewiß nicht mißbilligen. 

Mit aller Achtung Ihre ergebene 

Teller.“ 


Mavanı Teller fpielte die Eftfabeth nit. Nach ver 
Sagemann übernahm Amalie Malcolmi, inzwifchen vie 
Gattin Pius Alexander Wolff's geworden, die Rolle und 
blieb im Beſitz derfelben, fo lange ihr Aufenthalt in 
Weimar dauerte. Mad. Teller, fonft eine tüchtige Künft- 
lerin und höchſt achtbare Frau, tröſtete ſich mit den übrigen 
guten Rollen ihres Faches. Sie gehörte dem Weimarer 
Huftheater an bis an ihren Tod, der am 27. Juni 1810 


erfolgte. 


XII. 


| Vulpius, 


der Verfaffer des „Rinaldo-Rinaldini”, als Weimarer Operntert- 
Dichter und -Bearbeiter. 


Chriftian Auguft Bulpius*) muß ein über- 
aus thätiger und fleigiger Dann geweſen fein, feine vie- 
[en, etwa fünfzig vielbändigen „Ritters, Räuber-, Geifter-, 
Klofter- und Zigeuner-Romane”, — unter denen fid) fein 
„Rinaldo-Rinaldini“ eine gewiſſe, wenn aud) etwas zwei⸗ 
deutige Berühmtheit errungen hat — feine „Yamtlien=, 
Abentheuerlihen, Zauber, Poſſen-, Schredens- und 
Scheuer-Gefchichten ”, feine Arbeiten, Forſchungen auf ver 
Bibliothef, in den Archiven, die vielen Ueberſetzungen, 
Ver und Bearbeitungen von Opern und Singfpielen, 
Prologe und anderen Gelegenheitsgevichte für das Wei- 
marer Theater, welche er lieferte, beredytigen vollkom— 
men zu folder Annahme. Uns berührt hier nur feine 
Thätigfeit al8 Weimarer Operntertdichter und einige 
wenige, mir vorliegende Briefe von ihm in ſolcher Ange- 


*) Geboren am 23. Januar 1762 in Weimar; 1797 Regi: 
firator an der dortigen Hofbibliothek; 1803 Doktor der Philo: 
jophie; 1805 Ober:Bibliothelar ; geftorben am 26. Juni 1827 
ebendaſelbſt. 


90 Bulpius. 


fegenheit, vermögen uns einen Einblid in feine derartige 
Wirkfamfeit zu gewähren. Schon unter Bellomo hatte 
er ähnliche Arbeiten für das Theater in Weimar auöge- 
führt, und Goethe als Leiter deſſelben ließ jede Oper, die 
er zur Aufführung brachte, gleichviel ob ein einheimiſches 
oder ansländifches Produft, von Bulpius entweder über: 
fegen oder neu bearbeiten, durd) ihn in eine „anftändige“ 
Form bringen. Die deutfehen Opernterte mußten, wie 
gefagt, ſich auch ſolche Bearbeitungen, doch wohl nur zu 
ihren Vortheil, gefallen laſſen, fo die Dittersporffcen, 
Mozart'ihen Opern und Singfpiele, die von Wenzel 
Müller, Kauer und andern Repertoir-Romponiften ; ver 
allen aber die Schikaneder'ſchen Texte. Das Buch, den 
Text der Zauberflöte überarbeitete Vulpius vollftändig + 
und haben ſich bis heute noch Einzelnheiten diefer „Neu 
Bearbeitung” bei den Weimarer Aufführungen obiger 
Oper erhalten, während das Hauptfächlichfte derfelben 
jedod) wieder verſchwunden ift und dem alten Schifaneber- 
[hen Text Plaß gemacht hat. Erinnere id) mich doch 
in einer alten Rolle des Mohren Monoſtratos als Stib- 
wort den Zert gelefen zu haben (von einem Veteranen 
des Weimarer Hoftheaters mir als von Vulpius ber: 
rührend bezeichnet): 
„Wohlan fo gebt dem faulen Gauch 
„Nur Neun und Neunzig auf den Bauch.” 
Dod die Vulpius'ſchen Bearbeitungen werten im 
Allgemeinen befjer als viefe „Verbefjerung * des Schifane: 


! 








Bulpius. 91 


ver’fchen Textes geweſen fein. 1794 erfolgte dieſe Be- 
arbeitung der Zauberflöte und deren erfte Aufführung in 
Weimar am 16. Januar deflelben Jahres. 1795 bear- 
beitete Bulpius an Opern: „Die neuen Arkadier“ (Wor: 
her: „Der Spiegel von Arkadien“). „Die Zauberzi- 
ther“, „das neue Sonntagsfind * von Wenzel Müller und 
„Oberon“ von Wranitzky, fämmtlich in obigem Jahre in 
Meimar neu aufgeführt. 1799 auf 1800 hatte er acht 
neue Opern zu bearbeiten. Ziemlich frei ging er bei 
ſolchen Arbeiten zu Werke und als Kauers, Donauweib- 
hen” mit feinen Fortſetzungen erfchien, deſſen Tert dem 
Bulpius’fshen Romane „vie Saalnire” entnommen war, 
warf er die ganze Handlung wieber in den urfprünglichen 
Kreis des Romans zurüd, in welcher Form jene Sing» 
ipiele fi bis heute auf der Weimarer Bühne erhalten 
haben. 

Welchen geringen Kohn Vulpius für feine derartigen 
Arbeiten vom Weimarer Hoftheater erhielt, gebt aus 
folgendem Schriftftüd hervor, welches er 1799 mit einer 
Rehnung der „Oberdirektion des Herzoglichen Hofthen- 
ters“ übermachte: 


„Weimar den 14. April 1799. 


Unterthäniges Pro Memoria. 
Da ich beikommenden Zettel (nicht mehr vorhanden) 
über Theaterarbeiten abgab, erhielt ich darauf beifolgenve 
Antwort (folgt zunächſt). Ich glaube mid, verbunven 


92 Bulpins. 


darüber etmas jagen zu müffen, damit ich nicht umbillig 
erſcheine. 

Sechs Jahre hindurch erhielt ich für die Bearbeitung 
jeder Oper nur 2 Karolin. Das zweite Jahr ſchon be 
anfprucdhte, fo nach und nad), ganz gegen den Sinn ber 
mit mir gemachten Bedingungen, ich weiß nicht auf melde 
Erlaubnig, der Konzert-Deeifter Kranz die Hälfte tes 
Geldes, welches ich von einer an andere Theater abge- 
laſſenen Oper erhielt. So ging mein befter Verdienſt 
verloren und ich bemühe mich gar nicht mehr Opern an 
andern Theatern unterzubringen; auch tft wirklich feit 
März vorigen Jahres nicht Eine verfauft worden. Nach 
Abzug der Abjchreibegebühren der Muſik, des Tertes, des 
Poftgelves, und der Hälfte an den Konzert-Meifter Kranz 
blieb mir gewöhnlich die Summe von 5, wenn's hoch 
fam, 7 Thalern. Dies war der große Ertrag bieles 
Privilegiums,. 

Darauf wurde vom Durdlaudtigften Herzog reſol⸗ 
virt, und von der Oberbireftion beftätigt, dag ich mehr 
für die Bearbeitungen der Opern erhalten follte. Darauf 
befam ich für jede (wie meine Zettel ausweisen können), 
4 Karolin. — Dabei beruhigte id mich, und hatte feine 
Gedanken meine Arbeiten für einen Preis anzufchlagen, 
den anderswo der geringfte Dichter bekömmt ver für, ein 
Theater arbeitet. 3 Rthlr. wöchentlidier Gage bat mir 
ſchon im Jahre 1788 der gewiß nicht überaus genereufe 
Bellomo. 








Zulpius. 93 


Es kann überhaupt nicht davon die Rede fein, ob 2 
oder A Rarolın hinreichend find eine Arbeit, Mühe, Wege, 
und verfäumte Stunden von A Wochen zu bezahlen, fon- 
dern davon, ob ich bei der Oper „La capriciosa corretta‘ 
nicht ebenfo gut als bei einer andern Oper 4 Karolin 
verdient habe, da mir dieſelbe weit mehr Mühe, als felbft 
ver Titus, und 6 Wochen Zeit gefoftet hat? 

Ueberhaupt wünfchte ich der Selbftbeftimmung des 
Preifes für meine Arbeiten, fowie überhaupt alles Zettel- 
machens überhoben zu feyn, und erjuche die Oberbireftion 
einen Kontrakt mit mir (verfteht jih ohnehin, auf die 
Dauer des Theaters), jo gut wie mit Jedem der etwas 
fürs Theater thut und arbeitet, auf ein jährliches 
drum zu jchließen. Dann gehört dem Theater der Ver- 
kauf aller Opern mit meiner Bearbeitung (mit Aus» 
nahme des Druckes verjelben), und vaflelbe kann, va 
doch immer 5 Louisd'or gezahlt werden (für eine Opern- 
Partitur), es feine eigenen Kopiſten und Schreiber hat, 
und nicht zu tbeilen braucht, dadurch viel gewinnen. 
Auch laßt fi) dann wieder ertaufchen und erhandeln, 
was bisher von Seiten ter Direftion gewiß nicht, und 
von mir gar nicht geſchehen ift. 

Sch thue alfo den gewiß billigen Vorſchlag, mir nad) 
ter Zahlung für die Arbeiten, welche auf dieſem Zettel 
ftehen, etwa vom 1. Mat an, jeve Woche zwey LTaubthaler 
als Bejoldung zu geben, wobei für mich gewiß feine Un- 
biligfeit obmaltet, und dem Theater durch den neuen Zu- 


94 Bulpius. 


wachs feiner Neveniten durdy den Opernverkauf fein 
Schaden erwachſen Tann. 

Id) bin Em. Hochwohl- und Wohlgeboren 

unterthänigfter Diener 
Auguft Bulpius.“ 

Die „ Antwort”, im Eingange obigen Schriftftüdes 
berührt, welche daflelbe hervorgerufen, fam vom Hofkam— 
merrath Kirms. Sie dient zur Erflärung des Mitge- 
theilten, des ganzen Berhältnifjes und lautet: 

(Wermar, etwa den 13, April 1799.) 

„Für, Balmyra * erhielten Sie Tiebfter Freund außer⸗ 
ordentlih A Carolin. Daffelbe verdienen Sie ben 
„Titus“. Für die Verbefferung der „Caprieiosa“ for- 
dern Sie zu viel. Das gehet nicht an, wir beftehen 
nicht. Sie befommen ja auch ven Berfauf der Open. 
Seyn Sie billig. Es grüntet fich diefe Erinnerung auf 
das, was der Herzog einmal über dieſe Dinge äußerte. 
Laſſen Sie es bey der „„Capriciosa‘‘ bey ? Carolin, und 
ändern Sie Ihren Zettel ab. Ich wünfchte daß man 
Sie recht reichlich belohnen könnte. — Bor 5 Uhr fünnen 
Sie Ihr Geld abhohlen laſſen. 

Der Ihrige 
K. 

Schaffen Sie mir den Tert zur Capriciosa ! * 

Kirms, welcher in vorftehendem Billet vem Dichter 
und Operntertbearbeiter recht freundſchaftlich gefchrieben, 
fand fid) verlegt durch da8 „Pro Memoria“ und ſprach 


Bulpius. 95 


feine Gefinnungen und Gefühle Vulpius gegenüber offen 
und unummunden aus. Letzterer vertheidigte ſich in fol- 
gendem Schreiben, welches als Schluß dieſer Angelegen- 
heit hier noch feine Stelle finden mag. 
(Weimar, etwa den 16. April 1799.) 
„Ew. Wohlgeboren 

fünnen mich des Aufbrau- 
ſens nicht beſchuldigen, als nur mit Unreht, wenn Sie 
bevenfen wollen, daß ich der Ober-Direltion ein unter- 
thänige8 Pro Memoria überreihte, in welchem id, bat, 
mich in Rückſicht eines Gehaltes vom Theater zu firiren, 
da es mir verdrüßlich falle durd) das Zettelmachen meine 
Arbeiten felbft zu tariren. Auch das Berklagen konnte 
mir nicht in den Sinn fommen, da ih Ihnen das 
P. M. felbft zufchidte, welches an die Ober-Direftion 
gerichtet war und man Niemand bey fid) felbft verklagt. 
Ich ging alſo bey einer Angelegenheit ganz offen zu 
Werfe in der ich doch wohl Empfindlichfeit zeigen durfte, 
da ich der Unbilligkeit befchulpigt wurde. 

Wie ich nun dazu fomme, felbft unbillig behandelt zır 
werben, begreife ich nicht. Ich ſoll Sekonda's Schuld 
büßen und bezahlen, um einen unbeveutenden Keft in 
einer Rechnung zu heben. Ich, der ich von eben dieſem 
Manne dem hiefigen Theater im Tauſche Opern ver- 
Ihaffte, die ſchon fo viel Geld eintrugen! 

Wenn Sie im künftigen Jahre acht neue Opern 
geben wollen , jo werden Sie finden, daß der Preis für 


96 Bulpins. 


die Bearbeitungen derjelben, andere Arbeiten ungerechnet, 
weit mein gefordertes Jahrgeld iiberfteigen wird. Auch 
in diefer Rüdjicht werden Ste mein geforbertes Jahrgelr 
nicht unbillig finden. 

Id) weiß was ich Ihnen zu verdanken habe, aber ic 
habe aud) geglaubt die Fortdauer Ihrer Güte und Grof- 
muth zu verdienen, was aber doch nicht ver Fall fein 
muß, weil Sie meine Arbeiten fo ſehr herabfegen. 

Daß ih am Donnerſtage nicht zu Ihnen kam, daran 
war blos der Zufall ſchuld, daß ich fehr früh ſchon auf 
die Bibliothef mußte, was biß jet noch alle Morgen ter 
Fall war. 

Id) bin Em. Wohlgeboren 

ergebenfter Diener 
A. Bulpius.“ 

Wie der Streit eigentlich endigte, in welcher Weile 
die Differenz beigelegt, für die Zufunft geordnet wurde, 
fann ich nicht angeben, da alle Anhaltspunkte dafür jeh: 
len. Ic glaube aber nach den obwaltennen Verhält⸗ 
niffen, den öfonomifchen Gefinnungen Kirms' annehmen 
zu dürfen, daß Vulpius nach wie vor Heine Honorare für 
jeine Operntert-Bearbeitungen bezog und nie in einen 
feften Gehalt bei der Hoftheaterkaſſe trat. 


Ueber Bulpius’ Berhältnig zu feinem oberften Borge: 
fetten beim Weimarer Goftheater, feinem nachherigen 


Bulpius. 97 


wirffichen Schwager Goethe, und deſſen Anfichten über 
die Vulpius'ſchen theatralifchen Arbeiten, giebt nadfol- 
gendes Billet einige Andeutungen. Daſſelbe ift an Kirms 
gerichtet, ohne Datum, während einer Abweſenheit Goethes, 
wahrfcheintich im Herbfte 1797 gefchrieben, und lautet: 
„Bon Ew. Wohlgeboren 

bitte ih, wenn Sie 
die ſchöne Müllerin (von Baifielo) nah ver alten 
Ueberfegung geben wollen, mir eine fchriftliche Yegitima- 
tion aus, daß Sie e& fo befohlen haben, damit id) tie- 
jelbe vem Herrn geheimen Rath geben kann, der mir vor 
feinem Abgange von hier ganz außerordentlich einfchärfte 
diefelbe ganz nad) dem italtenifchen Xert zu bearbei- 
ten. Da id ihm das erftere einmal vorſchlug, fagte er: 
„Lieber gar nicht, als fo elend wie fie jet ift. “ 

Ich kenne auch wirklich — felbft keine Schikaneder'ſche 
Arbeit — feine jo tief unter aller Kritif liegende, elenve 
Macherei al8 die Ueberſetzung diefer Oper, fo wie wir fie 
haben, und wie diefelbe auch Hunnius hat (oon 1797 — 
1799 in Weimar). Sie wird in Weimar ausgeziſcht, 
da man es hier befier gewohnt ift. 

Mir kann's einerlei feyn, denn ich gewinne auf ewig 
für alle meine Arbeiten dabei. Aber ich bitte mich nur, 
wegen des Geh. Raths ausdrücklichem Verlangen zu deden. 

Ih bin Ew. Wohlgeboren 

ergebenfter ‘Diener 
Bulpius.“ 


Pasqué, Goethe's Theaterleitung. 1. 7 


98 VBulpius. 


Vulpius' derartige Thätigkeit für die Weimarer 
Bühne dauerte hauptſächlich wohl nur bis zum Jahre 
1805, wo er Ober-Bibliothekar wurde. Seine neue Be 
Ihäftigung,, feine übrigen literarifhen Arbeiten nahmen 
feine Zeit nunmehr verart in Anfprud), daß er Opern 
Ueberfegungen und ähnliche Bearbeitungen Andern über: 
(affen mußte. Auch wurden vie Ueberfegungen allmäh-- 
(ig beſſer und bevurften feiner Korrekturen nicht mehr. 
Immerhin hat Bulpius das Verdienſt gehabt, die aus— 
ländiſchen muſikaliſch-dramatiſchen Werfe in anftänpiger 
Form, die etwas wilden einheimischen Opernprobufte in 
gereinigter Geſtalt, und Dies alles zuerft dem deutſchen 
Publikum vorgeführt zu haben. 





XII. | 
Vohs und feine Gaftin, nachherige Werd. 


Wallenfein, Maria Stuart. — Aünflerloos. — od. 


7* 


Eine hervorragende Erfcheinung im Kreife der Weis 
marer Künftler jener großen Epoche war unftreitig Vohs, 
der jugendliche Held und Liebhaber. Er muß ein jchöner 
Mann geweſen fein, voll Feuer und Leivenfchaft in fernen 
Darſtellungen. Rüdfihtslos gab er fih den Empfin- 
dungen hin, die darzuftellende Rollen in ihm hervorriefen, 
wodurch er oftmals ‚des Guten zu viel that und feiner 
Geſundheit ſchadete. Seine nähern Lebensumftände find 
wenig befannt. 1789 erfcheint er neben Spigeber beim 
Kurfürftlichen Nationaltheater in Bonn, und am 30. Mai 
1792 vebütirte er in Weimar al8 Eduard Ruhberg in 
„Verbrechen aus Ehrſucht“. Im darauffolgenden Som- 
mer 1793 verheirathete er ſich in Tauchftäbt mit der jun⸗ 
gen Hriederife Margarethe Porth (geb. 1777 
in Halberftabt) , welche im April veflelben Jahres mit 
ihren Eltern nach Weimar gefommen war, und die 
Öoethe „zur Gurli geſchaffen“ nannte. Sie debütirte, 
als Mille. Porth, am 18. April 1793, als Lina im 
„rothen Käppchen“ und am 10. Oktober befjelben Jah: 


102 Vohs und feine Gattin, nachherige Werby. 


res, als Frau Vohs, als Amor im „Baum der Diana“. 
Anfänglich meiftens nur in Soubrettenrollen befhäftigt, 
zeichnet fie fich fpäter aud, in ernften und tragifchen Rol- 
len aus, 

Vohs' eigentliher Auf als Darfteller beginnt mit der 
Borführung der jugenblichen Helden- und Liebhaberrollen 
der großen Schiller’fchen Dramen. Bei ver Eröffnung 
des neuhergerichteten Hoftheater8 1798 und ber erften 
Aufführung von Wallenftein’8 Lager. ſprach er den Pre- 
(og und fpielte dann den Küraffier ; in ben beiden andern 
Theilen jener großen Trilogie den Mar Piccolomint. 
Ein „Augenzeuge ” jener erften Aufführungen (,Weimard 
Album“) fagt über dieſe Leifturgen: „— Der Prolog 
fpannte bie Aufmerkſamkeit und fette die Zuhörer auf den 
richtigen Standpunkt. Wer aud die herrlichen, dichte⸗ 
riſchen Ideen darin, die Auffchlüffe, die er über drama⸗ 
tische Kunft und ihre hohe Bedeutung giebt, nicht voll: 
fommen verftand, der freute fi) tod an dem Wohlflang 
der Worte und fand, daß dem Prologſprecher Vohs, der 
mit Innigfeit, Würde und Anmuth die gehaltoolle Rebe 
vortrug, die fremde Kleidung (ale Wallenfteinifcher 
Küraſſier) und das dunkle Haar, fowie die bräunere Ge 
fihtsfarbe, welches beides er ſich fünftlich angeeignet, gar 
fehr gut laffe. — Vohs war hier gewiſſermaaßen ein 
Borläufer feiner felbft, indem er ſchon daſſelbe Koftüm 
angelegt hatte (in Wallenftein’8 Lager), worin er in ber 
Folge als Dear Piccolomini auftrat. * — Ueber vie Dar- 








Vohs und feine Gattin, nachherige Werdy. 103 


ftellung viefer Rolle (1799) heißt es: „— Vohſens 
ſchönem Naturel, das, wenn fleißiges Studium e8 kräftig 
unterjtüßt hätte, ihn zu einem der erften Schaufpieler fei- 
ner Zeit gemacht haben würde, war die Rolle des Mar 
vollkommen angemefien ; fie bot ihm feine Gelegenheit (?) 
fih zu überjchreien und in unfchöne Heftigfeit auszu- 
arten ; fein trefflihes Organ behielt den vollen Wohl- 
Hang, Geberde und Stellung zeigten Anftand und 
Mäßigung, nur etwas weniger weich hätte man ihn ge= 
wünſcht.“ 

Am 14. Juni des folgenden Jahres 1800 ſpielte 
Bobs den Mortimer in Schillers „Maria Stuart” und 
feine Oattin, an Stelle der Jagemann, die Titelrolle. 
Ein anderer Berichterftatter über diefe Borftellung (an 
obiger Stelle) jagt von ihm: „— Herr Vohs gab den 
Mortimer mit Teuer und Anjtand, er beflamirte vortreff- 
lich, überfchrie ſich jelten und war überhaupt tadellos, 
bis auf Die Scene mit ver Maria im Garten, die er all- 
zuleivenfchaftlich fpielte. Streng genommen hatte ber 
darftellende Künftler Recht, fie jo aufzufaflen, da ber 
Dichter fie fo angelegt; aber die Bühnen-Dezenz erheifcht 
bier eher unwahres Zurücktreten, al8 eine, wenn auch 
naturgetreue, Verlegung des Scidlihen. Im Leſen 
beleidigt die Scene nit, wohl aber beim Sehen; das 
Ohr ift nicht fo empfindlich, wie das Auge. Da Bohs 
dDiefe Scene mit feiner Frau fpielte, fo trug er um fo 
weniger Bedenken, fie zu umfaffen. “Diejenigen , welche 





104 Bobs und feine Gattin, nachherige Werby. 


dieſe Rolle fpäter fpielten, folgten nicht fo genau ver 
Vorſchrift des Dichters und thaten beſſer daran. ” 

Ohne auf diefe Aeußerungen ein allzugroßes Gewidt 
zu legen, erhellt aus ihnen Doch, daß die Hauptoorzüge 
des Darftellers in Feuer und Yeidenfchaftlichkeit beftan- 
ven, und, ba er fich keineswegs bezähmte und fchonte, 
feine Gefunpheit in der Folge unter folchem Gebahren 
fetven mußte. So war es aud, und bald nad jener 
legten Vorjtellung, nad Schluß der Saiſon in Weimar, 
erfranfte er. Ein mir vorliegender Brief des Schau⸗ 
ipielers Beltheim, eines frühern Kollegen. von Bobs, 
vom 20. Auguft 1800, von Breslau aus an Kirms gerich⸗ 
tet, beantivortet eine hierauf bezügliche Mittheilung des 
Letztern aljo: 

„— Die Nahridht von der Krankheit des Herrn 
Vohs, ift mir nicht ganz unerwartet, ungeachtet Ihr 
gütiger Bericht der erfte if. Zur Zeit als ich noch Mit- 
glied der (Weimarer) Gefelihaft war (von 1796— 
1797) babe ich oft im Stillen Betrachtungen über Herm 
Vohs gemacht: wie fehr er ſich in heftigen Rollen von 
jeinem heißen Blute hinreißen ließ und dadurch feiner 
Geſundheit fo unendlich ſchadete. Seine überaus jtar- 
fen Anjtrengungen brachten dann meiſt in den letzten 
Akten Heiferfeit hervor, und das war ſchon fein gutes 
Zeichen für die Bruft. Bei gemäßigterm Temperament 
hätte er den Lohn feines glüdlihen Talentes und ben 
Triumph der Kunft länger genießen fönnen, und ter 





Vohs und feine Gattin, nachherige Werby. 105 


Schmälerung des anerkannten Talentes unbeſchadet, Tas 
fente neben ſich entftehen ſehen, welche ihm feinen Beruf 
leihter und das Leben geniegbarer hätten machen können. 
Es Sollte mir fehr leid thun, wenn Herr Vohs würklich 
für's Theater verlohren wäre, da er al8 venfender Künft- 
fer alle Achtung verdient. Ich kann mir vorjtellen daß 
die Direction wegen biefer gänzlichen Hinwerfung im 
Beſetzen der Rollen jehr gehemmt feyn mag; und Wei- 
mar bet in jeder Art zu Hagen, wenn es einen feiner 
Lieblinge in der Kraft ver beften Jahre verliert. Ich 
wünfche mit Ihnen das Befte! — Das Weimarer Bubli- 
kum bängt mit Dankbarkeit und Enthuſiasmus an ven 
Gliedern feines Theaters, und vergißt bey einer neuen 
Erſcheinung nicht des alten Guten was es ſchon beſitzt. 
Dies iſt rühmlich, denn nicht allenthalben iſt dieſe Stim- 
mung. Hat denn der gute Schall (Schauſpieler und- 
Wöchner) vie Reife nach Lauchſtädt unternehmen fünnen ? 
Denn unlängft fchrieb mir Herr Genaft, daß er ein 
ftarfer Kandidat ver Lungenſucht ſey. Ey, da wäre viel 
Berluft auf einmal! — " 

Noch vollftändiger fchildert uns dieſen Zuftand ber 
folgende kurze Briefwechjel zwifchen Vohs und der Diref- 
tion. Er läßt uns zugleich einen tiefen Blid in das 
wenig beneivenswerthe Leben eines Bühnenfünftlers 
tbun , erwedt Mitgefühl mit dem, turd feinen Beruf 
iherm Tode entgegengeführten Manne, als aud) Achtung 
vor der edlen, echt menfchenfreundlihen Denfungsart 


106 Bobs und feine Sattin, nachherige Werby. 


Goethes als Theaterleiter — uns indeflen zugleich das 
2008 eines Mitglredes des Weimarer Hoftheaters als fein 
allzuglüdliches zeigend. 

Dieſe Kleine Korrefpondenz entftand in Folge eines 
von Vohs gewünſchten neuen Vorſchuſſes und einer 
mündlichen Unterredung beffelben mit Kirms, wobei er 
letztern den ſchon mehrfah ausgefprodenen Wunſch, 
Weimar zu verlaffen, wiederholte. Auf ein Billet von 
Bobs, ven Vorſchuß betreffend, antwortete Kirmes: 

„ (Weimar) Mittwoch den 22. October 1800. 

Ich habe ver (Hoftheater-) Commiſſion Ihr Billet 
vom 20. d. M. mitgetheilt und ven Auftrag erhalten 
Ihnen zu erwiedern: Man würde Ihnen den verlangten 
Vorſchuß von A Carolin zu geftatten feinen Anjtand ge- 
nommen haben, wenn Ihre neuern Vorſchüſſe feit Oftern 
nicht zu beträchtlich angemwachfen wären. Das Capital 
hätten Sie und Ihre Frau gemeinfchaftlich unterfchrie: 
ben: wenn Ihre Frau wegen den andern Vorſchüſſen 
auch in Solidum mit unterfchreiben würde, fo fünnte ver 
Commiſſion feine Nachläſſigkeit Schuld gegeben werben, 
als habe fie debetam diligentiam nidyt angewentet. 
Will nun Ihre Frau für Sie, und wollen Sie gleicher⸗ 
maaßen für Ihre Frau ſich unterfchreiben, auch die Vor⸗ 
ſchüſſe nicht höher wachfen laffen, fo jollen Ihnen aud 
die verlangten A Carolin recht gerne zugeftanden 
werden. 

‚ Weber das was Sie mir geftern mündlich zu eröffnen 





Bobs und feine Gattin, nachherige Werby. 107 


beliebten, erklärten jich der Herr Geheime Rath von 
Goethe folgendermaaßen : 

Alles was Sie vorgefchlagen hätten, nehmlicd daß 
Sie Ihres Contraftes entlaffen werden möchten und daß 
Sie vor Ihrem Abgange das Capital und die Vorſchüſſe 
baar abftoßen wollten, fähe er als üble Laune und Folge 
Ihrer kränklichen Schwäche an. Er würde fi) nicht ver- 
geben können, wenn er zugeben würbe, daß Sie ſich dem 
Tode vorfäglid in die Arme würfen, und das müſſen 
Sie, wenn Cie bey Ihrer ſchwächlichen Dispofition eine 
Keife unternehmen und durch ein paar Debütrollen Ihre 
Kräfte gänzlich erihöpfen wollen. 

Wenn man Ihnen endlid) auch nachgeben wollte, 
was würde die Welt jagen! Jedermann würde glauben, 
man handle an Ihnen unevel und habe es Ihnen fo 
nahe gelegt, das hiefige Theater zu verlaffen,, weil man 
befürchte, Sie würden künftig gar nicht, oder felten, over 
doch in Ihrem zeitherigen Fach nicht wieder auftreten 
fönnen. Hätten Sie die Petersburger Reife mit Wey— 
rauchs gemacht, fo hätten Sie Weyrauchs Schickſal ge- 
habt, und — lebten vielleicht nicht mehr. Es könne 
jett noch weniger Ihr Ernft jeyn, das Weimarifche Thea⸗ 
ter zu verlafien: Indeſſen möchten Sie alles noch einmal 
überlegen; möchten, wenn Sie geprüft hätten, Ihr Ent- 
laſſungs⸗Geſuch fchriftlic, anbringen, worauf man Bericht 
ad Ser. erftatten und ſich Verhaltungs-Befehle erbitten 
würbe, ob Ihrem Geſuche, um ver Vorwürfe einmal 


108 Bobs und feine Gattin, nachherige Werby. 


überhoben zu werben, al8 wolle man Site von Ihrem 
Glück abhalten, deferirt, oder ob Sie an Ihren Contract 
gebunden und dadurch Sich, Ihrer Familie und dem 
Theater vielleicht noch länger erhalten werben follten, 
welches nicht gefchehen könne, fobald Ste mit Ihrer 
jetzigen Schwäche an ein anderes Theater gehen und, wie 
gejagt, Sich dadurch zu Grunde richten würden. 
Greifen Sie in Ihren Buſen, ziehen Ste aber einen 
Freund zu Rathe, der ed mit Ihnen ehrlich meint. 
ꝛe. 2. 
K(irms). * 
Auf diefe, ihm duch Kirms übermittelte Anficht 
Goethe's beſchloß Vohs zu antworten, in folder Ant 
wort alles das, was er auf dem Herzen trug, ver 
Direktion vorzulegen und jo vielleicht eine Aenderung ſei⸗ 
ner Lage, feines Schidjals zu bewirken. Er fchrieb fofert 
der Hoftheater-Rommifjion : 
„Weimar ven 23. October 1800. 
Gehorfamftes Pro Memoria. 
Ic habe bereits erffärt und wiederhole es nochmals: 
daß ich bereit bin alle in meinem und meiner 
Grauen Vermögen ftehende Sicherheit zu leie 
ften; daß ich um feine Beforgniffe zu mehren 
auf diefen und alle Vorſchüſſe Verzicht thue. 
Die geäuferten Gründe Einer Hochlöbl. Theater 
Commiffion, womit mein Vorſchlag: durch Annahme 
eines andern Engagements, meine Schulden auf einmal 


Vohs und feine Gattin, nachherige Werbn.. 109 


abzuftoßen, abgewiefen worden, fordern meine Verehrung 
und ich wiederhole denfelben auch nur mit der fehon ges 
thanen Einfchränfung, „daß, nur um eine hodhlöbliche 
Theater - Commiffion meiner Schulden wegen zu fichern, 
meine Delifatefle dies Opfer heifchte. * 

Diefes meine Erflärung auf den mir von Herrn Hof- 
kammerrath Kirms eröffneten Beſchluß Einer Hochlöbt. 
Theater-Commiffion ; jet noch eine Bitte, um ein wenig 
Raum für eine Bemerkung über mid) und meine Zufunft. 

Ich bin nun bereits acht Jahre und fünf Monathe 
bier. Gefund, und ohne eine Krankheit zu kennen fam 
ich her; jest bin ich mit allen Gefunpheit zerftörenden 
Uebeln vertraut. Mein Geift ift von Schulden und 
Nahrungsforgen gebeugt und mehr noch durch die Aus- 
fiht meine Familie nad) meinem Tode der barmherzigen 
Wohlthätigkeit überlaffen zu müffen. — Kein leifer Vor⸗ 
wurf trifft mich, daß ich felbit Schöpfer meines Schickſals 
fen. Ich habe fo frugal gelebt und drey und ein halbes 
Jahr des Abends nichts Warmes gegeflen ich habe die 
firengfte Gewiſſenhaftigkeit in allen meinen Ausgaben 
außer dem Theater beobachtet; habe meine Gefunpheit 
weder durch Schwärmen noch Schwelgen vergeudet und 
ſtehe, in meinen beften Jahren, ein fiecher, entneroter und 
von Schulden gebeugter Menſch da, ohne die tröftenve 
Ausſicht meine Lage je verbeffern zu fünnen. Ein Ber- 
langen meiner Seit8, dieſes drückende Verhältniß plöß- 
lih von mir zu nehmen, wäre fo unbeſcheiden als ver- 


110 Vohs und feine Gattin, nachherige Werdy. 


zeiblich die herzliche Bitte ift: Eine Hochlöbl. Theater: 
Commiſſion wolle es ſich gütigft gefallen laſſen, auf dieſe 
meine Bemerkung einen geneigten Blick zu werfen und 
dabey gnädigſt zu erwägen: daß ich nicht unmittelbarer 
Urheber meiner Lage bin, daß bey dem hieſigen Theater- 
Verhältniß des fteten Studirens und häufigen Auswärts- 
Spielen 2c. ꝛc. die ftärfite Geſundheit zu Grunde gehen 
muß, daß bey der, feit vier Jahren eingeriffenen Theu- 
rung, faft alle Preife fih nun einmal erhöht haben, daß 
e8 endlich hart ift, wenn — doch nur ein relativer Be- 
griff, man dem Künftler, ver feine Kräfte für feines 
Herrn Bergnügen opfert, eine lebenslängliche BVerjer- 
gung, die der Gefhäftsmann erhält, verfagt. 

Der ich übrigens mit aller Hochachtung bin 

Einer Hochlöblichen Theater-Sommiffion 
gehorfamfter Diener 
Vohs.“ 

Welchen direkten Erfolg dieſes Schreiben hatte, ver⸗ 
mag ich leider nicht anzugeben. Dan muß dem Künſt⸗ 
ler indeſſen doch Ronceffionen gemacht haben, denn er ver: 
blieb vor der Hand in feiner Stellung in Weimar. 

Es liegt mir nun nod) ein merkwürdiges Schreiben 
von Kirms an Vohs vor, etwa einen Monat nad) obigem 
Briefwechfel gefchrieben, welches vorläufige Beilegung 
der Differenzen, Zufrievenftellung des Künftlers ahnen 
läßt, und zugleidy zeigt, daß Goethe ſich mit allen Details 
der Anfführungen, fogar mit Anjchaffung und Herrid- 





Vohs und feine Gattin, nachherige Werby. 111 


tung der Garderobe, befaßte, und wie er feine desfallſigen 
Anordnungen durch Kirms zur Ausführung bringen ließ: 
Veranlaſſung diefes Schreibens war die Rolle des Eifer, 
die Vohs zu fpielen wünſchte. Kirms fehrieb ihm: 
„Weceimar) den 13. November 1800. 

Der Herr Geheime Rath von Goethe haben nichts 
dagegen, wenn Graf Effer einmal wieder gegeben wird, 
ſehen e8 jogar gerne, wenn Sie, jedoch ohne Nachtheil 
Ihrer GOeſundheit und mit vollfommener Webereinftim- 
mung Des Arztes, ven Eifer felbft fpielen wollen, nur 
meinen fie, müffe auf deſſen Vorftellung fein großer Auf- 
wand gemacht werben, weil bey diefem alten Stüde außer 
den Abonnenten auf feine Einnahme von Fremden zu 
rechnen ſey. Wenn unter den vorräthigen Mänteln fei- 
ner brauchbar ſey (welches jedoch zu wünjchen wäre), jo 
tolle für Madame Vohs einer gefauft werden: ein neues 
Kleid aber auch zu kaufen, komme zu hoch. Vielleicht 
fönne fie fi) tes weiß atlaſſenen Kleives von Maria 
Stuart bevienen, oder ih fol das in der Garderobe 
befinvliche weißatlajjene Kleid, wovon Dem. Jagemann 
neulich als Elifabeth ven Rock angehabt, zu rechte machen 
laflen. Laſſen Sie das Ihre liebe Frau überlegen und 
geben mir gelegentlic, davon Nachricht. 

K(irms). “ 

Vohs ſcheint fi) doch nicht mehr glücklich und zufrie- 
den in Weimar gefühlt zu haben und er benußte bie erfte 
günstige Gelegenheit, die fi) ihm darbot um, unbefümmert 


112 Bobs und feine Gattin, nachherige Werdy. 


um allen Widerſpruch und jedes freunpfchaftliche Abmah— 
nen, fein Weimarer Verhältniß zu löſen. 1801 hatte Her: 
zog Friedrich von Württemberg den Stuttgarter Theater: 
Pachtvertrag aufgehoben und das Theater wieder der 
Hofverwaltung übergeben. Das Haus wurde neu einge 
richtet, alles mit fürſtlichem Glanze, königlicher Freigebig- 
feit ausgeftattet und die innere Organifation nach Ifflands 
Rath und Anweifung begonnen *). 

Bor allen Dingen bedurfte man eines Tünftlerifchen 
Leiters und richtete die Blide — wohl durch Iffland ge 
lenkt — nad) Weimar und auf Vohs, trat mit ibm ın 
Unterhandlungen und engagirte ihn endlich als Direkter 
des neuen Hoftheaters. 

Am 19. September 1802 ſchieden denn bie beiden 
Gatten von Weimar, von der Bühne, wo fie fo viele 
Jahre gewirkt, jo ſchöne Erfolge erzielt hatten, und zogen 
nad ihrem neuen Beftimmungsorte Stuttgart. Gie 
follten fi) aber, befunders Vohs, ihrer neuen, und Wei- 
mar gegenüber gewiß glänzenden Stellung nicht lange 
erfreuen. Vohs' gebrochener Körper vermochte die Laften 
einer Direktion nicht niehr zu tragen und nad) kaum zwei⸗ 
jähriger Wirkfamfeit, 1804, unterlag er. — In Weimar 
hätte er fein Yeben vielleicht länger gefriftet ! 

Seine Wittwe verließ Stuttgart und ging nad) Frank⸗ 
furt, wo fie bis zum Jahre 1817 verblieb. 


*) Eduard Devrient. 





Bohs und feine Gattin, nachherige Werby. 113 


18114 war fie auf dem Punkte in Weimar zu gaftiren. 
Ein hierauf bezüglihes Schreiben Goethe's an Kirms 
lautet: 

„Durchlaucht der Herzog haben die Abficht eine 
Demoifelle Frank von Mannheim, zu Anfang März, 
und Madam Vohs zu Anfang May bier in einigen 
Gaftrolfen zu fehen, und gedenken felbige zu honoriren. 
Das erfte ift durch Frau von Heygendorf nad) Mannheim 
gemeldet worten und id) werde von dem letztern Madam 
Vohs benachrichtigen. 

Weimar den 12. Februar 1811. 

G.“ 

Demſ. Frank gaſtirte am 27. und 30. März als 
Fanchon und als Emmeline in ver „Schweizerfamilie“, 
doch das Gaſtſpiel der Madam Vohs verwirklichte ſich 
nicht. 

Als 1817 Frau Vohs Frankfurt verließ, gaſtirte fie 
mit dem Schaufpieler Werdy in München, Stuttgart, 
Mannheim, Leipzig, Dresden und, wahrfcheinlich noch 
von Goethe eingeladen, vom 29. September bis 11. 
Oktober dreimal in Weimar. Sie fpielte in der „Braut 
von Meſſina“ die Iſabella (Werdy den Don Manuel); 
in „Graf Eifer“ die Königin Elifabeth (Werby die 
Titelrolle), und dann als letzte Rolle die Schiller’fche 
Saat von Orleans. 

Im folgenden Jahre, 1818, verheirathete fie ſich zu 


Drespen mit Werdy, wo Beide angenehme lünſtleriſche 
Pasque, Goethe's Theaterleitung. II. 8 


114 Bobs und feine Gattin, nachherige Werby. 


Stellungen gefunden. Eines ihrer Kinder, eine Tochter 
aus der Ehe mit Vohs, war zum Theater gegangen und 
befand fih von 1820 bis 1822 in Breslau angeftellt. 
Das junge Mädchen wünfchte dieſe Bühne zu verlaflen 
und die Mutter wendete ſich nad Weimar an ihren alten 
Freund Kirmes. Ihr eigenes Gaſtſpiel vom Jahre 1817 
berührend fchreibt fie ihm: 
Ä „Dresven den 24. Juny 1822. 
Mein vielmerther alter Freund und Gönner! 

Erlauben Sie mir dieſe trauliche Benennung, fie ver- 
jest mic) in die fchöne Zeit meiner frohen Jugend und 
ruft mir zugleid) jenen herzlichen Empfang vor fünf Jab- 
ren zurüd, der mir die Beftätigung gab, daß feine Zeit 
mein Andenken in Ihrem Gedächtniß verbrängt, und mir 
aufs neue Das Recht, Das ſchöne Recht gab, Sie meinen 
Vreund zu nennen. Darum wende ich mich mit einer 
Angelegenheit an Sie, mit einem Wunfche, der, wenn 
er auch nicht realifirt werben follte, meine treue Anhäng- 
(ichfeit an Sie, auch nicht um einen Grad vermindern 
würde. 

Mein Wunsch ft namlich: daß meine Tochter Augufte 
Boh8 in ihrer Vaterſtadt eine Anftellung finden möchte. 
Schon einmal, als meine Augufte ihr 17te8 Jahr ange 
getreten hatte, hegte ich dieſen Wunſch, den ich jet vor 
ihrem 22ten wiederhole. Sie ift gegenwärtig bald zwey 
Jahre in Breslau in ver abgegangenen Madam Ehlers 
ihrem Fach engagirt, wünſcht aber das bortige Theater 





Vohs und feine Gattin, nachherige Werby. 115 


zu verlafien, da eine der größten Unannehmlichfeiten der 
bortigen Bühne der ewige Wechjel ver Direktion ift und 
fie dieſen Wechfel nun fchon drey Mal erlebt hat. Was 
dies bey kaufmännischen Entreprifen jagen will, weiß id) 
und mein Mann von Frankfurt aus am beften. Auch 
hat der Schaufpieler bey folhen Bühnen nie etwas für 
jein Alter zu hoffen, und feine aufgeopferten Kräfte für 
das Vergnügen des Publitums glauben ſolche Leute mit 
ber Gage bezahlt zu haben *). 

Durch unfern Hofrath Winkler weiß ih, daß Ihr 
Theater eine Liebhaberin für Trauer und Luftfpiel fucht 
und glaube feft daß meine Augufte den Forderungen Ihrer 
Bühne entfprehen würde. — Ich habe nun mein An- 
liegen an meines alten Gönners Herz gelegt und hoffe 
mit Zuverficht auf baldige Antwort. 

Mein guter Werdy läßt fi) Ihnen ergebenft empfeh- 
fen. Wir leben bier geachtet, glüdlic und zufrieden, 
und haben reihen Erfat gefunden für Alles was wir 
von ber Frankfurter Direktion erlitten. 





*) Eigenthümliche Webereinftimmung mit dem zweiund⸗ 
zwanzig Sabre ältern Briefe ihres verftorbenen erften Oatten, 
vom 23. Oftober 1800, nur mit dem Unterſchiede, daß derfelbe 
bamals dem Fürſten den gleihen Borwurf machte. Doc 
die Zeiten hatten fi) geändert; ber Weimarer Hof forgte nun: 
mebr für den Xebensabend des Schaujpielers und mas Vohs 
damals nicht hatte erftreben fönnen, war bald Darauf den mei: 
ften feiner Kollegen zu Theil geworden. 

8* 


116 Bobs und feine Sattin, nachherige Werby. 


Leben Sie wohl verehrter Freund! Ich hoffe daß 
biefer Brief Sie gefund und heiter antreffe, und verharre 
ich mit der innigften Hochachtung 

Ihre ergebene Freundin und Dienerin 
Ir. Werdy, gewefene Vohs.“ 

Das Schreiben hatte feinen Erfolg; Kirms antwor- 
tete ihr: 

„Weimar den 12. July 1822. 
Meine fhägbare Freundin ! 

Ihr geehrter Brief vom 24. Juni d. J. bat mir viel 
Freude gemacht, da ich dadurch gejehen, wie Sie fidy ftetd 
wohl befinden und meiner noch immer in Freundſchaft 
gedenken. Zugleich aber auch muß id) bedauern ihn nicht 
14 Tage früher erhalten zu haben, da fich zu jener Zeit 
leicht eine Anftelung für Ihre Tochter hätte finden kön⸗ 
nen, indem bis dahin das ach der abgegangenen Madam 
Schulte nod nicht wieder beſetzt war. 

Bielleiht findet fi in der Yolge einmal wieder Ge- 
legenheit Ihre liebe Tochter für das hiefige Theater zu 
gewinnen und den, allen Weimaranern fo werthen Namen 
Vohs bey und wieder einzuführen. 

ꝛc. 
F. K(irms). * 

Es muß Kirms mit diefen Verficherungen doch nicht 
fo recht ernft gewefen fein, denn als im Dezember deſſel⸗ 
ben Jahres Fräulein Vohs felbft nach Weimar kam, per⸗ 
fönfih mit ihm verkehrte, ihr Anliegen zur Sprade 


Vohs und feine Gattin, nachherige Werdy. 117 


brachte, empfing fie als Beſcheid eine fehr kalte, gefchäfts- 
mäßige Antwort, die id) ebenfalls als Beleg für den Ge- 
Ihäftsgang des Weimarer Hoftheaters hier mittheilen 
will. 

„Bey der hiefigen Bühne befteht vie Einrichtung, daß 
nur dann Gaftrollen gejtattet werden wenn ein Engage- 
ment dabey beabfichtigt wird. 

Da nun diefes bey Demoifel Vohs nicht ver Yall 
ift, fo fann den von ihr mündlich vorgebrachten Wünfchen 
auch nicht entſprochen werben. 

Weimar den 14. Dezember 1822. 

Großhl. S. Hoftheater-Intendanz. ” 


Diefes Schreiben war von Kirms, dem Freunde der 
Mutter, diktirt, gutgeheigen worden. 

Frau Werdy jcheint überhaupt wenig Glück mehr mit 
Weimar gehabt zu haben. 1832 machte fie nod) einen 
Verſuch, dafelbft zu gaftiren, doch vergebens. Sie fchrieb 
unterm 3. Yebruar den Schaufpieler Ra Rohe: 


„— Während Ihres hiefigen Aufenthaltes Auferte 
ih Ihnen den Wunfh wo möglih noch einmal in 
meinem lieben Weimar auftreten zu fünnen. Ein Urlaub 
von ſechs Wochen, welder mit dem 14. May beginnt, 
bietet mir dazu Zeit und Gelegenheit. Eingedenk Ihrer 
freundlihen Zufage diefen meinen Wunfd bey Ihrem 
Herrn Intendanten nad) Möglichkeit unterftüten zu wol- 
len, erfuche idy Sie hierdurch, demfelben meine Bitte vor- 


118 Bobs und feine Sattin, nachherige Werby. 


zutragen und mir gefälligit feine Entſcheidung möglichſt 
bald wiflen zu laffen. 

Mein Alter empfiehlt fi Ihrem freundlichen An- 
denken. — Die drey oder vier Rollen welche ich gehen 
möchte, find in: „Die Fäger * (Oberförfterin); „Her: 
mann und Dorothea” (Frau Feldern); Romeo 
und Julie (die Amme). 

xc. 
Vriederife Werdy.“ 

Graf von Spiegel, damals Intendant, fertigte 
die Bittende furz ab, indem er ihr ſchrieb: 

„Ihr Wunſch auf dem hiefigen Hoftheater Gaftrollen 
zu geben, ift mir von dem Regiſſeur Herrn La Roche 
mitgetheilt worben , ich bebaure aber fehr, daß ich mid 
außer Stande befinde denfelben im Laufe dieſes Jahres 
gewähren zu können. 

Weimar den 10. Februar 1832. 

2.“ 

1839 feierte fie zugleich mit ihrem Manne ihr fünf- 
zigjähriges Schaufpieler-Fubiläum zu Dresden, wo fie 
auch fpäter ihre Thätigfeit als Darftellerin beſchloß. 

Im Sommer des Jahres 1860 murde ich hier in 
Darmftadt durch die Nachricht überrafcht, daß Frau 
Werdy, ehemalige Bohs, am 9. Juni in dem benachbar⸗ 
ten Frankfurt und als 83jährige Matrone geftorben fe. 
Ich bedauerte fehr, nicht früher in Erfahrung gebracht zu 
haben, daß ein Hauptmitglied jener großen Weimarer 


Vohs und feine Gattin, nachherige Werby. 119 


Zeit mix fo nahe gelebt; ich würde die ehrwürbige Grei- 
fin aufgefucht, wielleicht noch manches, jene Zeit Betreffende 
von ihr erfahren haben. Doch es war zu fpät; fie war 
tobt! — Ich fchrieb fogleidy einem dortigen Freunde, 
Herrn Earl Gollmid, und bat ihn nachzuforſchen, ob in 
dem Nachla der Berblichenen ſich feine, auf ihre Jugend, 
ihren Aufenthalt in Weimar bezüglihe Schriften vorfän- 
den. Als Antwort fandte diefer mir bald darauf einen 
Brief des Sohnes der Berftorbenen, an ven er ſich in ver 
berührten Angelegenheit gewendet und welcher ven Schluß 
biefer Heinen Abhandlung bilden mag. Derfelbe ſchrieb 
ihm: | 
„Frankfurt am Main, 27. Juni 1860. 
Lieber Freund! 

Unter Rüdfendung des Briefes des Herrn Pasque 
in Darmftabt erfuche ich Dich dem Genannten gefälligft 
mitzutheilen daß der Nachlaß meiner Mutter, die ich lei- 
der am 9. d. Monats verlor, nichts von alleden enthält 
was aus der Zeit ihres Aufenthalts in Weimar, die aud) 
bie Zeit ihres künſtleriſchen Aufblühens war, dem Herrn 
P. von Intereſſe feyn könnte. 

Seit dem Tode meines Gtiefvaters Werdy hatte 
meine Mutter nirgends Ruhe, fie lebte einige Jahre in 
Hamburg, war auch hier, zog dann nad) Dresven, und 
überfiedelte vor drei Jahren hieher, wo fie au, nicht 
lange geblieben wäre, wenn ihr Siehthum in der Zeit 
nicht begonnen hätte, das fie denn auch, nad) unbefchreib- 


120 Bobs und feine Gattin, nachherige Werby. 


lichen Leiden ihrem Ziele zuführte. Ich glaube nicht daß 
fie Schriftliche Zeugen aus Weimar befaß, vielleicht einiges 
von meinem feligen Bater Vohs, der mit Goethe, vorzüg- 
(ih aber mit Schiller auf intimem Fuß ftand; aber ge 
wiß ift dasjenige was vorhanden, längft in andere Hände 
übergegangen und idy erinnere mid) nicht jemals etwas 
gefehen zu haben. 
Mit berzlihem Gruß 
Hch. Vohs.* 








XIV. 
Friedrich Haide. 





Aißhelligkeiten und Schlichtung derſelben durch Kirms und Goethe. 
1799—1805. 


Friedrich Haide, geboren um 1770 in Mainz, 
betrat, nachdem er angefangen Mebicin zu ftudiren, etwa 
1790 die Bühne und debütirte 1793 am 18. Mai als 
Peter im „Herbfttag“ in Weimar, mofelbft er vierzig 
Jahre, bis an’8 Ende feiner Künjtlerlaufbahn, blieb und 
wirkte. Urtheile von Zeitgenoffen nennen ihn einen aus- 
gezeichneten Künftler, obſchon nicht frei von Manier. 
Heldenrollen fpielte er vorzüglih. Goethe und auch 
Schiller Tiebten und fchäßten ihn fehr und war er bern- 
fen, des Letztem Wilhelm Tell zum erften: Male dem 
Publikum vorzuführen. Er fcheint etwas unruhig, auf 
braujend und hitig gemwefen zu fein, mas zu mancdherlei 
Zwiefpalt zwifchen ihm und Goethe, als Oberleiter des 
Hofthenters, Anlaß gab, auch wohl die Urſache war, daß 
er Oftern 1807 Weimar verließ, um eine Stellung in 
Bien am Burgtheater einzunehmen. Er gefiel indeſſen 
in feinen Leiftungen dort nicht in dem Grave, als wie 
er und die Direktion erwartet hatten ; fehrte deshalb auch 
gar bald wieder nad) Weimar zurüd. Als wieder gewon⸗ 


124 Friedrich Haibe. 


nenes Mitglied debütirte er daſelbſt aufs neue am 
12. März 1808, als Wilhelm Tell, feiner Glanzrolle, 
und blieb nun aktiv bis zum 1. Januar 1818. Goethe 
hatte ihn fo lange gehalten; als Letzterer aber im April 
1817 von der Intendanz zurüdgetreten, mußte Haide 
bald darauf, der neuen Direktion vielleicht mißliebig, aud 
weihen. Bald fühlte viefe inveffen den Verluſt, ven 
Bühne und Geſchäft durch Haide's Rücktritt erlitten und 
neue Unterhandlungen wurden mit dem Penfionär ange 
fnüpft. Die Folge davon war, daß Haide am A. April 
deſſelben Jahres zum britten Male debütirte und zwar 
als Harrifon in „Bartheien-Wuth“ von Ziegler. Seine 
definitive Penflonirung erfolgte nad) Goethe's, feines ver- 
ehrten Gönners und Meifters Tod, Michaeli 1832. — 

Durch einige mir vorliegende Briefe vermag ich zwei 
fleine Zerwürfniffe, Streitigkeiten zwifchen Haide und der 
Adminiftration, und wie fie gefchlichtet wurden, mitzuthei- 
len. Die erfte derfelben fällt in das Yahr 1799 und 
wurde durch den damaligen Hoftheater-Kaffier, ven fürft- 
lichen Regiftrator Lindenzweig, der allerdings ein etwas 
harter und auch brutaler Mann gewefen fein muß, ver: 
anlaßt. Die zweite diefer Mißhelligkeiten hatte Haite 
mit Goethe jelbft, und höchſt intereffant ift die Entfchei- 
dung des Letztern ſowohl, als auch die Art und Weife, 
wie der leicht erregbare Künftler ſich der Anficht, dem 
Ausſpruch des Mieifters fügte. Beide Heine Epifoven, 
beſonders die leßtere, werfen ein helles Ticht auf Weimarer 











Friedrich Haide. 125 


TIheater-Berhältniffe und beſonders auf die Stellung 
der Mitglieder zu ihrem oberften fünftlerifchen Chef. 

Im Sommer 1799 ging die Gefellfhaft, wie alljäh- 
rig, nach Lauchſtädt. Auf der Reiſe, dann in Lauchſtädt, 
fam ein fchon lange beſtehendes Zerwürfniß zwifchen 
Haide und dem Kaffier Yindenzweig zum Ausbruch. Haide 

ſchreibt an Kirms: 
| „Lauchſtädt, den 14. July 1799. 
Hochzuverehrender Herr! 

Für den Bemeiß Ihrer Güte, mir meine nachgeblie- 
benen Sachen mit der Poft zufommen zu laffen, fage ich 
Ihnen bier den verbindlichſten Dank, und bitte zugleich, 
dem Hrn. Caſſier Auftrag zu remittiren daß das Porto 
für den Transport aus der Kaffe gemacht werde, welches 
ich einftweilen mir durd die Poftverwaltung notiren und 
ein Pafet als Unterpfand zuriidlaffen mußte. Ich würde 
es nicht wagen, Ihnen in dieſer Sache befchmerlich zu 
werden, wenn mir mein gegenwärtige Verhältniß zu 
Herrn Pindenzweig und die erneuten, gegen Herrn Sey— 
farth geäußerten Drohungen, mid) zu prügeln, melche 
mid) ihm vis & vis zu Heftigfeiten verleiten könnten, vie 
ich vermeide, erlaubten, diefen Mann mit Ihrer gütigen 
Berfügung und Abficht, die Mebereinfunft meiner Sachen 
angehend, mündlich befannt zu machen. 

Ihnen lege ich, als Folge ver angezeigten Drohun- 
gen nohmals ven Wunfh und die Bitte vor, mir auf 
meine, Ihrem Befehl gemäß bei der Obervirection ge- 


126 ' Friedrich Haide. 


machte mündliche Anzeige, baldige Hülfe zu gemähren, 
welche mic, und jedes Mitglied des Theater gegen Bru- 
talität und Infulten diefes Mannes fichert. 

In Rückſicht Ihres, mir in Weimar übergebenen 
Billets ift es meine Pflicht, Sie künftig, meinem Feinde 
ohngeachtet zu überzeugen, daß ic) Ihre angeregten Be- 
merfungen nie ganz aus ven Augen verlohr, nody in Zu- 
funft verlieren werde, und unterziehe mich den Verfügun- 
gen der hohen Oberdirection. 

Die durch Iffland's in Leipzig und Sr. M. ve 
Königs Anmefenheit in Deffau bewürkte Erfchöpfung ver 
Studentenbörfen, verfpricht ung, wie Sie bereit8 aus den 
Einnahmen-Liften erfehen, leere Bänfe im Schaufpielhaus 
und folglich feinen angenehmen Sommeraufenthalt — 
dazu kommt nod die Gewifjenfofigfeit der Gaſtwirthe, 
die den Preis jeder Mahlzeit um einen baaren Groſchen 
erhöht haben, mas zunächſt der Härte, womit der Caſſier 
ven bisher üblichen, und nach Hrn. Seyfarth’s äftern 
Inftruction autorifirten Vorſchuß der laufenden Wochen- 
gage verweigert, fo ganz geeignet ift, dem ver fleinere 
Sage hat, das tägliche Brod zu verfauern. Des mei: 
tern incaminirt Hrn. Lindenzweig’8 Rache einen müchent- 
lichen Abzug an meinen fünf Thalern, bis ver legte Hel- 
ler jener zwölf Thaler, vie ich) in Naumburg aufnehmen 
und halb zum Anfauf eines neuen Koffers verwenten 
mußte, bezahlt fey. Ich Bin gezwungen, einige verderb⸗ 
liche Grundſätze des merfantilifhen Finanzſyſtems auf 





Friedrich Haibe. 127 


meine Hausverwaltung anzuwenden, wenn Sie mit Ihrer 
gefannten Güte ſich meiner nicht annehmen, und dadurch 
neuerdings zur wärmſten Dankbarkeit und unbegrenzten 
Hochachtung verbinden 
Ihren ergebenften Diener 
Frd. Haide.“ 


Die Antwort Kirms' auf dieſes Schreiben lautete: 


„Weimar den 19. July 1799. 
An Herrn Haide in Lauchſtädt. 

Bon dem zwiſchen Ihnen und Hrn. Lindenzweig in 
Dfber) Wleimar) gehabten Wortwechfel weiß ich nichts 
mehr, um daraus mit Grund etwas verfügen zu können. 
Ich riet) Ihnen damals, Ihre Klage bey der Commif- 
fion fohriftlih anzubringen und rathe e8 Ihnen wieber- 
holt, wenn Sie Ihrerſeits die allenfallßigen Injurien 
nidyt retorguirt haben und alſo feine Satisfaction ver- 
fangen fünnen, als in welchem Falle beyde etwas abfrie- 
gen fünnten, denn der Herr geheime Rath liebt fo etwas 
nit. Haben Sie im Gegentheil ſich gar nicht vergan- 
gen, fo wird Ihnen Geredhtigfeit wiederfahren. 

Ich hatte nicht Zeit felbft Ihr Paquet zu beförbern, 
es ift alfo aus Verfehen daſſelbe hier nicht franfirt wor⸗ 
ben. Hr. Senfarth hat indeſſen Auftrag es auszulöfen. 

Es iſt nit vet von Herrn Seyfarth, daß er Ihnen 
Nachrichten von Lindenzweig bringt, die Sie aufbringen 
müſſen. Der Herr geheime Rath würde gewiß eine derbe 





128 Friedrich Haide. 


Beitrafung ergehen laffen, wenn er Sie prügeln wollte, 
Sie müßen aber ſich nicht weiter mit ihm einlaflen. 

Ih kann für Sie weiter nichts thun, Ihre Oecono- 
mica betreffend, als Hrn. Lindenzweig fein Vergehen, 
ohne Erlaubniß vorgefchoflen zu haben, dadurch büßen 
zu laffen, daß er diefen Vorſchuß Ihnen jegt nicht an- 
rechne; fündigen Ste aber nicht mehr. 

Erhalten Sie womöglich Ruhe und Einigfeit umd 
befördern die gute Sache. 

Leben Sie wohl ꝛc.“ 


Haide mag ſich diefen mohlgemeinten Rathſchlägen, 
diefem Ausſpruch wohl gefügt haben, befonders da nidt 
zu bezweifeln ift, daß der etwas allzuderbe Kaffier aud 
von Seiten feiner Behörde einen ftillen, doch ernften Ver⸗ 
weis und gleiche Rathſchläge, wie er fi in Folge gegen 
die Mitglieder des Hoftheaters zu benehmen habe, erhal 
ten haben mag. 


Anderer Natur war ber zweite Konflikt. 

In einer Vorftellung der „Höhen“ von Iffland, in 
den erjten Tagen des Monats März 1805, hatte jih 
Haide den Fehler zu Schulden kommen laſſen, einen Auf 
tritt zu verfäumen, wodurch auf ver Scene eine Paufe, 
eine Heine Störung entftanden war. Trotzdem daß Haibe 
ein tüchtiger, beliebter Künftler, ein verftändiges, gewiſſen⸗ 
haftes Mitglied war, wurbe diefer Fehler von feinem 


Friedrich Haide. 129 


Borgefesten mit einer Kleinen Geldbuße beftraft und bie 
Summe dem Künftler bei der nächſten Wohengage in 
Abzug gebracht. Hierüber verlegt, gekränkt, jchrieb der 
empfindliche Künftler der fürftlihen Hoftheater-Direftion 
und demnac Goethe: 

„Der fürftlihen Hoftheater-Commiffion 

Befehl zu Folge ift mir am Freitag wegen kurzer Ver⸗ 
fpätung ein Thaler von der Gage innebehalten worden! 

Zwar in den älteften, aber in feiner jpätern Rollen- 
abſchrift ift die Szenenfolge der auftretenden Perſonen, 
viefe fo nothwendige Richtſchnur des rechten Auftretens, 
verzeichnet, über welchen Anlaß zu Irrungen id) oft ge- 
ſprochen, und unfere ſchöne, zur Einficht des hiſtoriſchen 
Fortſchreitens der Stüde unentbehrlihe, alte Sitte eines 
Szenariums auf der Bühne hat feit mehreren Jahren 
gänzlich aufgehört. Im diefem Mangel eines Maas— 
ftabes für die zwifchen meiner Partie befindlichen Zwi- 
ihenfzenen, und nicht in meiner Nachläffigfeit, ift der mir 
imputirte Fehler begründet. Das Stichwort zum Ein- 
tritt ift oft zu kurz, kömmt oft fchon früher vor, wieder: 
holt fich 2c. 

Bei der Borftellung der Höhen habe ich überdies, 
weil der Soufleur feit geraumer Zeit unthätlih und un⸗ 
verſtändlich ft, durch Nachſoufliren mehr verwurt 
als unterftügt, meine Rolle, ob ich fie gleich fehr gut 
memorirt, nicht aus der Hand legen dürfen, theils um in 


den fchnellen Iffland'ſchen Lauf⸗ und alapy ſzenen mit 
Pasqus, Goethe's Theaterleitung. II. 


130 Friedrich Haide. 


gebröfeltem Dialog, felbft Gedächtnißfehler zu vermei- 
ben ; — auch ven Nebenfpielenden nothdürftig unterftüten 
zu können, und war fo weniger feft mid) des hiftorifchen 
Vortgangs ohne Beihülfe eines Szenen = Berzeichnifies 
deutlich zu erinnern. 

Mit viefen Grunde hoffe ich dem Einwurfe, daß ich 
bie Rolle öfter gefpielt und probirt habe, zu entgegnen, 
und erfuche mir meinen erften Fehler derart feit 12 Jah—⸗ 
ren nicht zu zurechnen, auch die ungefchmälerte Auszah- 
lung meiner Gage zu gewähren. 

Mit ſchuldiger Hochachtung 

Ihr ergebenſter Diener 
Fr. Haide. 
Weimar den 5. März 1805.“ 


Goethe beantwortete dieſe Eingabe faſt ſogleich durch 
folgendes Schreiben an Kirms: 


„Weimar, den 7. März 1805. 

Möchten Ew. Wohlgeboren dody Herrn Haide |pre 
hen und ihn von der Unmöglichkeit überzeugen, in ber 
wir uns befinden feinen Wunfc zu gewähren. Sie kön⸗ 
nen ihm alsdann manches jagen, was man in eine com- 
mifjarifhe Refolution nicht aufnehmen Tann. 

Der Zufhauer vom erften bis zum lebten kann fors 
dern, daß eine Vorftellung ununterbrochen fortgehe. Es 
ift das das erfte Erforberniß, und wenn irgend eine Art 
von Illuſion beym Zuſchauer ftattfindet, jo wird fie durch 





Friebrich Haibe. 131 


das Auffenbleiben eines Acteurs auf das graufamfte 
unterbrohen. Die Direction hat alfo zu ſorgen daß ſie 
nicht vorfalle. 

Herr Haide hat ſelbſt ſich in der Verlegenheit geſehen 
nad) einem geendigten Monolog den folgenden Schau—⸗ 
ſpieler eine Zeitlang zu erwarten. Jener Fall iſt beſtraft 
worden, fo wie alle, die bisher bemerklich geworben find. 

Kennt man nun nod, überdieß Die eiferfüchtige Auf- 
merffamfeit der Schaufpieler, daß feine Ausnahme ge= 
macht, daß einem wie dem andern begegnet werbe, fo 
folgt unausweichlich, daß fürftlicher Commiſſion in dieſer 
Sache, die ihr ohnehin fein Vergnügen macht, die Hände 
gebunden feyen. 

Wie viel läßt ſich nicht noch hinzufügen, was unmit- 
telbar aus dem Verhältniffe folgt. © 

Kirms entledigte fich des ihm gewordenen Auftrags 
dadurch, daß er Haide fommen ließ und ihm einfach den 
Goethe'ſchen Brief vortrug. Das Refultat diefer Zu- 
fammentunft, dieſes Schrittes Tegte Kirms auf der andern 
Seite des Schreibens fchriftlich nieder. Es lautete: 


„Weimar ven 15. März 1805. 

H. Haide äußerte nad) Vorleſung drüberſtehenden 
Aufſatzes: 

Die darinnen aufgeſtellten Gründe wären jo hervor- 
leuchtend, und die Art, mit welcher fie ihm mitgetheilt 
worden, wäre fo edel, daß er eine Unhöflichkeit begehen 

9* 


132 Friedrich Haide. 


würde, wenn er weitere Umftände machen wollte, ob er 
gleich fich entfchulnigen könne und es ihm wehe thue, nad 
fo langen Beftreben feiner Seits auch endlich Strafe 
gezahlt haben zu müßen. 

Nachrichtlich P. Kirms. * 


Daß folche Unterwerfung des Künftlers unter Recht 
und Geſetz, diefem fomohl als dem Theater, dem er ange 
hörte, zur Ehre gereichte, bedarf wohl feiner Frage; zur 
Nahahmung könnte fie noch heute Dringend empfohlen 
werden. 





XV. 
8. B. Spitzeder in Weimar und Wien. 


1799. 1804. 


Einer der beveutendften Baſſiſten des erften Viertels 
unferes Jahrhunderts war Joſeph Spiteder; bejon- 
vers als Buffo ercellirend, wirkte er vorzugsweiſe in Ber⸗ 
lin und dann in Münden, wo er, leider für feine Kımft 
und feine Familie zu frühzeitig, 1832, etwa 36 Jahre alt, 
ftarb. Sein Name hat in der Theater- und Muſikge⸗ 
Ihichte guten Klang, feiner Zeit wurde er allgemein ge 
feiert, wodurd) das Andenken an ven Mann, ver vor 
ibm, unter gleichem Namen, in der Theaterwelt als 
Baflıft, und nicht unrühmlich und unverbienftlich gewirkt, 
an feinen Pater, vollitändig verdrängt wurde. Yindet 
man auch heute in Werfen mufil- und theatergefchicht- 
lihen, befonders Biographifhen Inhalts, den Namen 
Joſeph Spiteber,, fein Leben und Wirken, ſowie das fei- 
ner beiden Gattinnen und Nachkommen, mehr oder minder 
ausführlich erwähnt und beſprochen, fo ift dagegen faſt 
feine Spur mehr aufzufinden von dem Vater Spiteber, _ 
der doch auch wieder feiner Zeit zu den beflern, ja bedeu⸗ 
tendften Bafliften gezählt Haben muß. 


136 J. B. Spiteber in Weimar und Wien. 


Derjelbe dürfte etwa um 1769 geboren fein. 1789 
wird er als Mitglied des Churfürftlichen Nationaltheaters 
in Bonn erwähnt; fpäter wirkte er als Baflift in Caſſel 
— „in erften, ernfthaften Baßrollen in der Oper” — 
dann als folder in Weimar. 1799, am 27. Min, 
debütirte er an letzterm Orte ald Osmin in ber Entfüh- 
rung aus dem Serail und blieb dafelbft bis zum 22. 
Januar 1804, wo er ein Engagement in Wien annahm. 
Freiwillig verließ er Weimar, doch follte er diefen Schritt 
jpäter bitter bereuen. Ein vorhandenes, bier folgendes 
Schreiben von ihm an Kirms macht uns mit feiner da⸗ 
maligen Lage, feinen Anfichten, Wünfchen und Hoffnuns 
gen befannt. 


„Weimar den 30. Oftober 18093. 
MWohlgeborner Hochzuehrenver 
- Herr Hof-Kammer⸗Rath Kirms! 

Wie ein Schiff, das mit gutem Wind ans dem Hafen 
mit vollen Segeln das Weltmeer durchſtreicht, kam ich 
von Caſſel hieher nad Weimar. Glüdlih kam ich in 
einen Hafen, wo Künfte und Wiſſenſchaften ihren Sik 
aufgefchlagen, wo der Ehrgeiz Nahrung findet, wo Talente 
gefhätt werden: doch mit ungebeuren Stürmen muß ih 
fümpfen, um hier in dieſer Freyſtätte mic) länger erhalten 
zu können, follten Sie mid), al8 mein Steuermann nicht 
aufrecht erhalten, und mein Schiff vom gänzlichen Unter 
gang erretten ; noch immer braufen die Winde, toben die 








3.8. Spikeber in Weimar und Wien. 4137 


Wellen, und drohen mich zu verfchlingen, fein Anker faßt, 
alle Segel find zerrifien, fo hören aljo Sie mein Angft- 
Geſchrey, ich bitte retten Sie mich! 

Bey vierhundert Thaler, die ich Ihnen ſchuldig bin, 
find Beweiſe meiner Noth und Ihrer Güte, nur war es 
der Hall, daß die Rettung immer nur im äußerften Fall 
der Noth kam, und aljo bey aller Hilfe von Ihrer Seite 
mir fein anderer Troft übrig blieb, als ven Zeitpunft ab- 
zuwarten, wo ich meinen Schaden ganz ausbefjern, und 
zugleih das mir von Ihnen erborgte mit vielem Dant 
wieder erftatten werde können. Ich mache alfo Anfpruch 
auf Ihre Menſchlichkeit, da ich Har einfehe, daß ich bey⸗ 
nahe als das fünfte Rad am Wagen bier mich betrachten 
muß, und mein weniges Talent bey diefer zeitherigen Un⸗ 
thätigfeit ohnehin verroften müſſe, jo bitte ich Sie unter- 
thänigft mir erlauben zu wollen, daß ich mich um einen 
Drt umſehen darf, wo id im Stande fein werbe, meine 
Schuld bey Ihnen und der fürftlichen Oberdirektion ab- 
tragen zu können, und dadurch meine Umſtände fo zu ver- 
bejlern, daß ih dann nad) einigen Jahren in beflern 
Umſtänden bier wieder. erfcheinen dürfte. Over wollten 
Sie noch einen Berfuch Ihrer Güte an mir ausüben, fo 
bleibt Ihnen nichts übrig, mid) meinem unvermeiblichem 
Untergang zu entziehen, als mir nody 100 Thaler vorzu- 
hießen, mir wöchentlich 1 Thaler abzubalten und mir in 
meinem Fache fo viel zuzuſchießen, daß ich auch dabey 
etwas erlerne und nicht den Krebsgang zu gehen brauche. 


138 J. B. Spiteber in Weimar und Wien. 


Sollte freylich hier mein Schiff auf eine Sandbanf ge 
rathen ſeyn, fo heit es bey mir, wer nicht ſchwimmen fann 
geht unter, und den Heinften Ballen zur Rettung zu er- 
greifen heifcht dann meine Pflicht. Im der ſüßen Hoff: 
nung mich der Rettung und Ausbeflerung meines leden 
Schiffes bey einem fo guten Steuermann erfreuen zu 
dürfen, verharre ih mit vollkommener Hochachtung und 
Ergebenbeit | 

Ä J. Spitzeder.* 


Kirms theilte diefen lamentabeln, verzweiflungsvollen 
Brief Goethe mit; derjelbe antwortete feinem Direftione- 
Kollegen ſogleich ſchriftlich: 

„Am 31. Oftober 1803. 

Ich hätte gar nichts Dagegen, wenn der Bittende 
irgend auswärts ein beſſeres Schidfal finden könnte. 
Em. Wohlgeboren überlegen ja wohl in meiner Abweſen⸗ 
heit was allenfalls zu thun feyn möchte. Der ich indeflen 
wohl zu leben wünſche. 

G.“ 


Kirms erledigte die Angelegenheit im Sinne Spitz⸗ 
eders und derſelbe, der unter der Zeit — wohl auch ſchon 
früher — eine anſcheinend gute Anſtellung in Wien, bei 
dem neuen von Schikaneder gebauten Theater an der 
Wien, dem zur Zeit noch der Kaufmann Zitterbarth vor⸗ 
ſtand, gefunden, verließ mit ſeiner ziemlich zahlreichen 
Familie — unter der ſich ſein Sohn Joſeph, der ſpäter 


J. B. Spiteder in Weimar und Wien. 139 


jo berühmt gewordene Baflıft, befand — am 22. Januar 
1804 Weimar. Kaum in Wien eingezogen, fand ber 
alte Spitzeder fich ſchrecklich enttäufht und vollftändig 
außer Lage feine ältern Weimarer Verbindlichkeiten zu 
erfüllen, wie er verfprodhen und thun zu fönnen ges 
hofft. Abermals fchreibt er an Kirms folgenden recht 
kläglich lautenden Brief, der zugleich einige nicht unin⸗ 
terefiante Mittheilungen über das damalige Wien ent- 
hält: 
„Wien den 29. Tebruar 1804. 
Hochwohlgeborner Hochzuehrender Herr Hof- 
Kammer⸗Rath Kirms! 

Ihre gütigen Gefinnungen die Sie jederzeit an und 
ausübten, und die Erlaubniß die Sie mir felbft perfönlich 
ertheilten, Ihnen berichten zu dürfen, mie e8 mir in 
Wien ergeht, wird mich bey Ihnen rechtfertigen daß ich 
jo frey bin Sie mit dieſen Zeilen zu beläftigen. 

Den 22. Januar hatte ich mit einem ſchwermüthigen 
Gefühl einen Ort verlaffen, mo ich beynahe 5 Jahre das 
Glück hatte, mit meiner Familie unter fo manchen Freund⸗ 
ſchaftsbezeugungen und genofjenen Wohlthaten zu leben und 
der Schaufpieltunft edlern Werth kennen zu lernen; nur 
der Wunſch meine Schulden tilgen zu fünnen, war Ur⸗ 
ſache mich in das jegige Engagement in Wien einzulaffen, 
aber Gott! wie fehr bereue ich jett ſchon meinen über- 
eilten Schritt; ich bitte hören Sie weiter und dann ur- 
theilen Sie, was aus und werden wird. 


140 J. 83. Spiteder in Weimar und Wien. 


Meine Reife will ih nur erwähnen, lief fo gut ab, 
als es nur möglich war, aber — welch eine fchredlice 
Thenerung — 78 Thaler die ich nod in baarem Gelve 
aus Weimar nahm, waren bis auf 30 Gulden in Regens⸗ 
burg ſchon alle, ich brauchte alfo auf alle Fälle noch mehr 
Geld, um meine Keife bis Wien fortfegen zu können, und 
ließ mir in Regensburg noch 150 Gulden auszahlen bie 
auch bey aller Vorſicht, bis auf 22 Gulden bis wir in 
Wien ankamen, aufgezehrt waren. 

Als ich mih Hrn. v. Zitterbarth vorftellen ließ, 
theil8 ihm mein Compliment zu machen, theil® um meine 
Keifefoften zu beziehen, wollte der weiter nichts bezahlen, 
als was die Reife für mich allein auf der ordinären Poft 
austragen würbe, und bezahlte auch nicht viel mehr. Ich 
mußte alſo gleich von Bontius zu Pilatus mit Hrn. Mändl 
zwey ganzer Tage herumlaufen, Jemand zu ſuchen der mir 
zur Bezahlung meiner Reife 125 GOld. vorſchießen und gegen 
wöchentliche Bezahlung von 10 Gld. in ununterbrochenen 
Raten nebft einem Douceur von 20 Gld. leihen würbe, 
ben ich denn endlic mit vielen Bitten und Flehen auf 
fand, doch mit dem Beding, daß, wenn ich Die 10 Gld. zur 
Zurücdbezahlung einen Sonn-Abend übergehen würde, id 
mid) verpflichten mußte, vie geliehene Summa nebit 
Interefien auf den Fleck zurüdzugeben. — Was wollt 
ih machen, ba bey Herrn v. Zitterbarth nichts mehr 
zu erpreffen war, mußte ich in dieſen fauern Apfel 
beißen. 


J. B. Spiteber in Weimar und Wien. 141 


Bierzgehn Tage war ich bereits ſchon in Wien und 
feinen Heller Gage hatte ich noch befonmen. Herr Mändl 
ſchoß mir alfo das Nothdürftigſte jo lange vor, und wie 
ich meine age bezog mußte ich Hrn. Mändl auf ver 
Stelle 50 Gulden und 32 Kreuzer zurückbezahlen. Nun 
kamen enblich meine Betten nebſt andern Kleidungsſtücken 
an, die mir auch wieder 32 GEld. wegnahmen, das übrige 
ging vor die Miiethe des Hauszinfes und der gelehnten 
Möbels faft reine auf, fo daß ich beynahe mit Weib und 
Kind Hunger leiven muß, denn bier ift die fatale Mode, 
alles was man miethet, vorausbezahlen zu müſſen. 
Meme Möbeln vie in zwey Bettftellen, ſechs Stühlen, 
zwey Tiſchen und einer Commode beftehen, Toften monat⸗ 
Ih 12 Gld. Die Hausmiethe ebenfalls monatlich 12 
Gld. Ein Klafter hartes Holz 18 Gl. Ein ſchwarzes 
Brod, welches elend gegen das Brod in Weimar ift 9 
Kreuzer ; ein Pfund Fleiſch 11 Kreuzer, Butter 30 Kreu⸗ 
zer. Kurz, alles ift jehr thener, nebft dieſem will mir 
auch die Direktion noch wöchentlich 8 Gld. abziehen, alfo 
hätte ich alle Wochen wenigjtens bis Iohanni, 18 Gr. 
von meinen 28 Gld. Abzug. Die Kinder hat feines 
feinen ganzen Schuh am Fuß, nun das Wochenbett meiner 
armen Frauen vor der Thüre, wie foll ich leben. Es ift 
wirklich eine fchredliche Tage, und wenn ich alles jo ge⸗ 
wußt hätte, wie ich es jeßt weiß, fo würde mich feine 
Seele haben bereden können, Weimar zu quittiren. 

Nebftvem kömmt noch das unangenehme hinzu, daß 





142 %. 3. Spiteder in Weimar und Wien. 


bie Kabale hier gemiß zu Haufe if. Man läßt mid 
weder im Arur, nod in ber Zauberflöte, noch in ver 
Camille, dem Barbier von Sevilla auftreten, ſondern mit 
dem Apotheker (Doktor und Apothefer von Dittersporf) 
fol ich mich begnügen, man fagte mir der Kaiſer ſähe 
diefe Oper fo gerne. Auch der Don Juan ftände mir 
zu Dienften, aber ich müßte mich bequemen einen weıt 
ſchlechtern Text umzulernen, welches ich aber unmöglich 
über mein Herz bringen kann. Ich werde alſo auf alle 
Fälle ein Opfer ihrer Spielſucht werden, oder ich muß ſo 
lange warten, bis es ihnen gelegen ſeyn wird, mir eine 
Rolle in einer ganz neuen Oper zuzutheilen und da wird 
man mir ſchon einen ſolchen Quark geben, wo weder 
Ehre einzulegen noch Glück zu machen iſt. 

Ueberhaupt kam ich in einer fatalen Epoche nach 
Wien, denn ich war keine zwey Tage angekommen, ſo 
mußte ich hören daß Herr von Zitterbarth das Theater 
an Herrn Baron von Braun für eine Million Wiener 
Gulden verkauft hat. Ein gewiſſer Herr Meier, 
Baſſiſt, hat die Regie der Oper, und iſt ein wahrer 
Schurke, er läßt Keinen aufkommen und hat ſchon das 
ſeinige zu meinem Nachtheil geſprochen, ehe ich noch Wien 
geſehen, kurz, ein lachender Böſewicht der ſich ſo in Vor⸗ 
theil zu ſetzen wußte, daß nichts ohne ihn geſchehen kann. 
Er und noch ein paar Kreaturen liegen täglich auf dem 
Theater, fonſt kömmt bey dieſem ſtarken Perſonal keine 
Seele zum Vorſchein, alſo iſt vor der Hand für mid 





3. B. Spigeber in Weimar und Wien. 143 


nichts zu machen, als zu warten, bis das Publikum 
wie der Hof ihr ewiges Kabalifiren: müde werben 
wird. 

Herr Schikaneder ift ganz von ber Bühne abge- 
treten und zieht mit nächſtem auf das Yand. Cr befam 
bey dem Verkauf des Theaters noch 25000 Gulden von 
Hrn. Zitterbarth heraus, und lebt fo lange e8 gehenwird 
‚von feinem Gelde. 


Und nun noch ein Wort an Ihr Herz, Da id 
Ihnen vor der Hand meine Tage gefchilvert, fo muß ich 
Sie unterthänigft bitten, Ihre Güte mir auch in ber 
Entfernung nicht zu entziehen. Es fteht nun freylich bei 
Ihnen mir helfen, mid, in der äußerſten Noth retten zu 
fönnen, ich bitte Ste daher mit meiner Schuld die ich 
noch in Weimar hätte bezahlen jollen, mir nur fo lange 
Ausftand zu geben, bis ich hier den doppelten Abzug von 
Halfe habe, und der dauert bis Johanni, dann aber will 
ich ja gerne als ein rechtfchaffener Mann mein Wort hal- 
ten, und wöchentlich 6 Gld. aparte, ununterbroden bey 
meinem biefigen dreyjährigen Aufenthalt zur Bezahlung 
meiner Schuld zurücklegen. Das wären dann monatlid, 
24 Gld. wo ich dann im Stande feyn würde einem be- 
ftimmten Manne diefe Summa fo lange abzutragen , bis 
meine Schuld ganz getilgt wäre. 


Sollte mic, aber das Schickſal fo ganz zur Verzweif⸗ 
fung bringen, und meine Bitten fruchtlos ſeyn, jo müßte 


144 3.3. Spitseber in Weimar und Wien. 


ich wahrfcheinlich die Muskette mit der Palme der fchönen 
Künfte vertaufchen, denn leben mit 9 Menſchen von 
4 Gulden die Woche ift bier in Wien fo viel als einen 
Tropfen Waſſer in ein brennendes Magazin fchleubern, 
um damit löfchen zu wollen. 


Doch ich kenne Ihre vortreffliche Denfungsart, Sie 
werben gewiß mit meiner jegigen Tage Mitleid haben, 
denn Sie fehen ja das Unglüd fit mir unerbittlich auf 
dem Naden, wenn Sie fidy nicht meiner in dieſer trau- 
rigen Tage annehmen. 


Meine Adelheit hat auch) viel, viel verloren, denn 
in Weimar wäre doch eher eine Ausficht gewefen, als 
hier, wo der Neid feine Pfeile auch auf die abfchießt die 
nur von weiten ein Berlangen tragen, fich dem Tempel 
der Mufen nähern zu wollen. Sch babe fie vor ber 
Hand als Figurantin beym Ballet anzuftellen gefucht, und 
fobald ih nur ein Inftrument gelehnt bekomme, denn 
kaufen kann ic) mir jett vor der Hand nicht s, fo will 
ih mir alle Mühe geben, fie in ver Muſik zu unterrid> 
ten, benn fie befommt auf alle Fälle eine gute Stimme, 
folte mir's damit glüden, fo hoffe ich von der Geite 
wenigftens Troft zu haben. 


Und nun bitte ich taufenpmal um Vergebung daß id) 
fo weitläufig in meinem Schreiben geworden bin, und 
noch nichts tröftlichered von mir habe berichten können, 
als es in der That ift, und fobalo ich nur meine Debits 


J. 8. Spitzeder in Weimar und Wien. „3135 


vorbey babe, fo werde ich fo freu fein, Sie näher mit 
meiner Tage befannt zu machen. 
Bin mit ftetS aufrichtigem Herzen und der vollfom- 
mendſten Hochachtung 
Dero ergebenſter Diener 


J. B. Spitzeder. 


Meine Frau und Rinder empfehlen ſich befonders in 
Dero Huld und Gewogenheit. ” 


Es Sollte für den armen Spiteber bald noch fchlim- 
mer fommen. Er debütirte — wahrfcheinlich in komifchen 
Rollen, die ihm nicht zufagten, denn aus Allem geht her⸗ 
vor, daß er nur ein ferienfer Baß war — und gefiel nicht. 
Er fühlte fih höchſt unglüdlih und die Direktion des 
Theaters an der Wien muß auch wohl bevauernd an das 
breijährige Engagement gedacht Haben. Keine zwei 
Monate vergingen nad) dem obigen Briefe, als Spitzeder 
ihon als einziges Heil, einzige Rettung ein Weggehen 
von Wien, aus Oefterreich betrachtete, und was er in 
feinem langen Schreiben an Kirms durchſchimmern ließ, 
eine Rückkehr nad) Weimar, offen ausfprach und zu er= 
ftreben fuchte. Gleichſam gezwungen feinen mehrjährigen 
Kontrakt zu Löfen, zu opfern, verfuchte er ſich eine andere 
Stellung zu fihern, und als dieſes zweifelhaft geworben, 
wendete er fich in feiner Herzensangſt, feiner Verzweif⸗ 


lung direft an Goethe. Er fchrieb demfelben : 
Basque, Goethe's Theaterleitung. II. 10 


146 %. B. Spiteder in Weimar und Wien. 


„Wien den 22. Mai 1804. 
Hohmwohlgeborner Hochzuehrender 
Herr Geheimer Rath ! 

Ueberzeugt von Ihrer Güte und erhabenen menjden- 
freundlichen Gefinnungen, wage ich e8 mit diefen Zeilen 
Sie zu beläftigen, die meine jegige Lage ſchildern, und 
Ihnen mit meiner dringenden Bitte beſchwerlich zu fallen. 

“ Unbelannt mit der nieverträchtigften Kabale, die bey 
dem Theater hier in Wien herrſcht, wurde ich Leicht ein 
Dpfer derfelben, denn überzeugt, daß weit fchlechtere 
Subjekte hier angeftellt find, als man mich dafür hier 
halten will, und denen das Publikum doch Weyrauch 
freut, war mein erfter Gedanke, mid) mit der Direktion 
hier in Rüdficht meiner Schuld abzufinden, und Oeſtereich 
je eher je lieber ven Rüden zuzuwenden, und es ift mir 
in jo weit gelungen. Nach langem bin und ber handeln, 
wurde mir auf mein Begehren mein ganzer Vorſchuß, 
der fih auf 1150 Gld. belief, erlaffen, und 400 Gld. 
baar zu meinem fernern Gebrauch in diefer Tage ausbe 
zahlt, wofür ich der Direction meinen dreyjährigen Con⸗ 
traft auslieferte, und gerne und willig darauf Verzicht 
that, um von diefen Judasbrüdern loszulommen. 

Ehe ich zwar diefen Schritt wagte, fuchte ich mid 
durch ein Engagement bey Herrn Walther, ver auf 
den September die Divection des Theaters in Regens⸗ 
burg übernimmt, und noch jet in Bremen die Direction 
hat, zu deden, da aber bis September noch ein gutes 





J. B. Spiteber in Weimar und Wien. 147 


Bierteljahr Hin ift, und ich mit dem Gelbe nicht fo lange 
in dem theuren Wien mich binhalten kann, auch Herr 
Walther mir weder Contralt noch Vorſchuß, auch ſonſt 
kein Schreiben mehr zukommen ließ, um auf gewiſſe An⸗ 
nahme meines Antrags rechnen zu können, jo fängt es 
mir an, in biefer zweifelhaften Tage, bange zu werben, 
mit meiner Samilie an den Betteljtab gerathen zu können, 
benn alle Theater hier herum find befeßt. Tag und 
Nacht durch diefen Kunmer gequält, flehe ih Em. Excel- 
lenz Gnade und Großmuth an, mich wieder bey Ihrer 
Bühne, bey dem berzoglichen Theater als ein Mitglied 
aufnehmen zu wollen, ich würde mich nicht nur allein be- 
ſtreben, dieſe große Gnade mit allem nur möglichem 
Fleiße zu verdienen fuchen, ſondern es als ein unfchäg- 
bares Glück betrachten, wegen meinen armen Kindern, 
deren Bildung’ mir in ihrer hoffnungsooliften Zeit fehr 
am Herzen liegt, und die durch mein Unglüd, unverfchul- 
bet ins Verderben geftürzt würden. 

Sollte ich aber fo unglüdlich feyn, auf die Wieber- 
Annahme des Herzoglichen Theaters in Weimar nicht 
mehr rechnen zu dürfen, fo bitte ich unterthänigft und 
empfehlen mid) Excellenz bey dem Theater in Öotha, wo, 
wie man mir fagt, jett eine neue Bühne errichtet follte 
werden. Stets eingedenf Ihrer Huld und empfangenen 
Wohlthaten am Herzoglihen Hofe in Weimar, verharre 
ih mit fefter Zuverfiht auf die Güte des Herrn im 
Himmel und Goethe's auf der Erven, einer gnädigen 

10* 


148 3.8. Spiteder in Weimar und Wien. 


Antwort und bin mit der tiefften Hochachtung und Er- 
gebenheit Dero 
unterthänigfter Diener 
J. Spitzeder.“ 

Am folgenden 4. Juni ging die Antwort Goethes, 
durch Kirms, an Spigever ab; fie lautete abfchlägig. — 
Ob die Hoftheater-Kaſſe in Weimar den bebeutenven 
Vorſchuß zurüderhalten, oder nicht, was ferner ans 
Spiteder dem Vater geworden, vermag ich nicht anzu 
geben. Erftere Angelegenheit dürfte indeffen mit einem 
Berluft für die fürftlihe Kaffe ihr Ende gefunden haben; 
auch ift es wahrfcheinlih, Daß Spitzeder in Wien geblie 
ben — vielleicht hat er bei einem andern dortigen ‘Chen 
ter, in einer andern Sphäre Beſchäftigung und Unterhalt 
gefunden —, denn fein Sohn Yofeph empfing bekanntlich 
feinen erften Gefangsunterricht vom bortigen Hoffapell- 
meifter Weigl. 











XVI. 


Goethe's „Wöhner“ Wecker und die 
Ssallenfer Studenten. 1799. 


— — — 


Der förriſche Kaſſirer; die Kirſchkernkanonade; das neue Hof- 
theater in Deſſau und der Theaterſaal in Kanchſtädt; Becker und 
Genaf; des Erfiern Ende. 


Einige Lebensihidjale Becker's (von Blumen- 
thal) haben wir in den Epiſoden II und IV bereits 
fennen gelernt; folche zu ergänzen, uns einen Einblid in 
die fünftlerifche Thätigleit Becker's zu geben, Jon in vor⸗ 
liegender Epiſode verfucht werden. 

Nach Abgang des Regiſſeurs Fiſcher, 1793, hatte 
Goethe die Hegiegefchäfte unter mehrere Schanfpieler ver- 
teilt, welche unter der Bezeichnung „Wöchner * folche 
abwechjelnd zu beforgen hatten, durch welche Einrichtung 
e8 dem Dichter bedeutend leichter werden mußte, feinen 
beſtimmenden Einfluß zu allen Zeiten geltend zu machen. 
Beer war mit einem ſolchen Wöchner⸗Poſten betraut 
worden und verfah ihn mit Luſt und Eifer und zur Zus 
friedenheit Goethe's. Ein intereffantes Moment diefer 
feiner Thätigkeit als Wöchner ift unter andern in nach⸗ 
folgendem Briefe Beder'd an Kirms und vom Jahre 
1799 enthalten. 

Die Gefellfehaft war im Sommer 1799 nad) Lauch—⸗ 
ſtädt gezogen und hatte dort ihre Vorftellungen begonnen. 
Außer den anmwejenden wenigen Badegäften waren es 


152 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


hauptſächlich die Hallenjer Studenten, die die Borftellun- 
gen befuchten, ſich vor allen Herren des Parterres dünkten 
und dabei nicht wenig Unfug verübten. Der Sommer 
jenes Jahres war daran beſonders reih und ein Haupt: 
vergnügen ver lebensluftigen und hoffnungsvollen Diufen- 
jünger beftand varin, während der Vorftellung Kirchen 
zu effen und die Blätter auf die Bühne zu werfen, mit 
den Kernen fogar die Goethe'ſchen Zöglinge zu traktiren 
und zu maltraitiren. Becker als Wöchner trat biefem 
allzuburſchikoſen Treiben einftmals fireng entgegen , wor: 
auf es unterblieb. Diefen Borfall behandelt der Beder'- 
Ihe Brief, doch fchildert er im Eingang aud das Ver⸗ 
hältniß der Mitglieder zu dem mißliebigen und jtreitfüd- 
tigen Kaſſier Lindenzweig, welde Stelle zugleich die 
in der Epifode XIV mitgetheilten Streitigfeiten zwiſchen 
demſelben und Sr. Haide zu ergänzen vermag. Halbe 
beklagt ſich bei Kirms über Lindenzweig unterm 14. Juli 
1799, der Brief Beder’s ift vom 28. vefielben Monats 
datirt, demnach aus ein und verjelben Zeit. Schließ⸗ 
lich Liefert ver Becker ſche Brief — unwillfürlich als Gegen- 
fat zu dem Weimarer Verhältniß — noch ein redit 
interefjantes Bild des damals nenorganifirten Hoftheaterd 
zu Deflau. 

Dieſes inhaltreihe Dokument lautet vollftändig: 

„Lauchſtädt, den 28. July 1799. 
Lieber Herr Hoffammerrath ! 
Ich bin fo frey Ihnen mit gegenwärtigem Schreiben 





die Hallenfer Studenten. 153 


befchwerlich zu fallen; nur thut es mir leid daß der In⸗ 
halt deſſelben Ihnen nicht ganz angenehm fein wird, 
weil ich von einer Handlung fprehen muß, an vie ich 
nody mit Aerger denke. — 

Es iſt Ihnen aus dem Rapport bekannt, was zwi— 
ſchen mir und dem Herrn Lindenzweig wegen einer Col⸗ 
lekte vorgefallen. Ic glaube daß ich wohl die rechte 
Manier gewählt von Herrn Lindenzweig die Collekte zum 
Auszahlen zu begehren, wenn ic, ihm eine Empfehlung 
von mir, durch Bleßen machen laße, mit den Worten 
„er möchte doch fo gut ſeyn und die Collefte auszahlen”. 
Ich glaube nicht daß das die rechte Antwort war, die er 
mir wieder fagen ließ: „(für) die Herrn die ihre Gage 
nach der Ordnung im Theater ausgezahlt haben wollten, 
braucht er feine Collefte auszuzahlen.” Nachdem ich ihn 
nochmals fragen ließ „ob er denn von der Ordnung ab— 
weichen wollte und fie nicht wie bisher auszahlen?” er 
mir ein großes brutales „Nein!“ jagen ließ. Als ich 
ihn den andern Tag fragte warum er denn fo etwas 
thue, und Die Collefte nicht hätte ausgezahlt, er mir mit 
einem höhniſchen Weſen 3mal dicht ins Geſicht fagte: 
„weil ich feine Zaune hatte,” daß ich alle Faſſung 
nöthig hatte dieſe Worte, welche mit einem höchſt befeidi- 
gendem Ton und fchlecht gezogenen Geſichtsmuskeln 
gefprohen wurben, nicht nad) ihrem Inhalt zu beant- 
worten. = 

Diefes Mannes größter Aerger ift, daß er die Gage 


154 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


nach Vorſchrift der Direction im Theater und nicht in 
feinem Haufe, wo er im Schlafrod mit der Pfeife und 
nad) groben beißenden Reven, al8 ob er die Gage aus 
feinem Beutel auszahlte, auszahlen muß. 

Ob nun gleidy Herr Lindenzweig nad) feinem Con- 
trakt nicht verbunden ift, eine Collefte für einen reifenden 
Schaufpieler auszuzahlen, jo ift e8 doch durchaus noth- 
wendig daß es gefchehe, und er es in feinen Contraft 
nachgetragen Triegt. Jeder vernünftige Menſch wuͤrde 
fih fehr wundern müffen, wenn ein Regiſſeur, -ober 
Jemand dem diefe Geſchäfte übertragen find, fich weigern 
wollte, wenn ihm ein Schanfpieler feines Theaters, eine 
Eollefte für einen reifenden Freund bringt, fie anzuneh⸗ 
men und zur Antwort zu geben, „ic, bin in meinem Con- 
traft nicht darauf angewiefen.* Soll ich alfo für bie 
Zukunft (da mid) leider das Loos am meiften trifft Col 
leften einzufammeln, indem meine Mitfchaufpieler am Thea⸗ 
ter willen, daß es mir auf A—8 gr. nicht anlommt, einen 
Armen damit zu unterſtützen, und auch noch dieſe Mühe 
zu übernehmen), dieſe Collekten aus meinem Beutel zah⸗ 
len? Go viel Gage hab ich nicht und kann unter fol- 
hen Umftänven für arme Reiſende, und wenn fie aud) 
die beiten Yreunde von einem oder dem andern unferer 
Schaufpieler find, nichts thun, und es möge audı daraus 
entfiehen was da wolle, ich kann mic) ja auch anf meinen 
Contraft berufen der mich dazu nicht zwingt. Sollte ſich 
dergleichen einfinden die der Ehre wegen gar nicht abzu⸗ 


die Hallenfer Studenten. ' 155 


weifen find (wie uns denn fhon Iffland viele geſchickt 
bat), fo bin ich verfichert, daß die Direction ihnen eine 
Unterjtügung wird zufommen laſſen. | 

Ich begreife nicht wie e8 möglich fein kann daß ich, 
und meine Collegen, gegen Hrn. Lindenzweig mit unferer 
Forderung, daß er die Colleften auszahlen müſſe, und 
wenn er e8 nicht thun will, ihm von der Ober-Direction 
anbefohlen wird, durchfallen können? Es iſt ein altes 
Herkommen, welches bei allen Theatern Sitte und Brauch 
ift, und ich wollte e8 an andern Theatern feinem Caffier 
rathen, welcher fi weigern wollte eine Collekte auszu- 
zahlen. Indeß kann das auch nur Herr Lindenzweig 
am Weimarifchen Theater probiren und noch diefe Wei- 
gerung feinen VBorgefetten mit Grobheit fund geben. — 

Nach Ihrem Brief an Herrn Genaft, ſcheinen bie 
Nachrichten und Beſchwerden der Wöchner kein richtiges 
„PBoftament”, wie Sie fagen zu haben. Ich müßte 
wahrlich nicht wie wir richtiger zu Werke gehen follten, 
al8 wir immer gegangen. Doc können wir auch ganz 
ohne alle Befchwerben für die Zukunft fein, wenn wir es 
fortgehen laſſen wie e8 geht, und möge fich ein jever jelbft 
beſchweren, und um Abſchaffung folder Mißbräuche bey 
der Direction anhalten. 

Partheiiſch find wir nicht, auch lafien wir uns von 
Niemanden hegen, denn wir können ſchon durchſehen 
wo ber Grund des Hetzens herfonmt. 

Wir müffen freylich vergleichen Leute als Wöchner 





1506 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


hüten, wir müſſen aber auch deß Acht haben Grobhei⸗ 
ten zu beftrafen. Ich bin überzeugt, daß Herr Linden⸗ 
zweig ein brauchbarer nüßliher Mann ift, aber es giebt 
and) ebenſowohl brauchbare und nügliche Schaufpieler, 
und ift das in meinen Augen ein fehr alltäglicher Menfch, 
der wie Herr Lindenzweig auf feine 6000 Rthlr. gewon- 
nenes Dermögen, wie er jelbit jagt, ftolz thut. 

Ich danke Ihnen für den Beyfall wegen meiner ge- 
habten Kirſchkernkanonade. Schon feit mehreren Bor: 
ftefungen hatten andere Schaufpieler die Erfahrung 
gemacht, daß Kirfchförner auf das Theater geworfen wur⸗ 
den, ja von einem fagt man, daß er durch Das ganze 
Stüd ſoll wirklich getroffen worden fein — und er hat 
e8 ertragen! Auch wurden während ven Alten (in ven 
Zwiſchenakten) alle grünen Blätter, welche in ven Kirſch⸗ 
körbchen Liegen, über das DOrchefter weg auf's Theater 
geworfen, jo daß man, wenn ver Vorhang aufging, wie 
in einem grünen arten war. Daß diefes fo eine Weile 
hingegangen, hatte die Herren fühn gemacht und fo made 
ten fie denn vor Anfang ver „Räuber“ fol einen Laärm, 
wie ich ihn Zeit meines Lebens noch nicht in einem 
Schaufpielhaus erlebt. Sp arg war's, daß fi Niemand 
von den Badegäften in den Logen durfte fehen Laflen, 
denn fie wurden ausgepfiffen und mußten 'runter. Die 
Wache, welche Ruhe gebot, wurde ausgelacht und fo fort. 
E8 war der Auswurf ver Univerfität hier, und da konnte 
es nicht anders fommen. Mad. Schlanzowsty wurde 


die Hallenfer Studenten. 157 


im erften Alt nad, jevesmaligem Abgehen jo geziſcht, wie 
man in Halle Freudenmädchen zu locken pflegt. Wie der 
zweite Alt anging und ich meinen Monolog (als Yranz 
Moor) hielt, kam mir ein Kirfchlern auf den Tiſch, an 
welchem ich faß, geflogen. Ich ftant auf und trat vor 
und fagte zu einem Trupp, der vorn am Orchefter ſaß 
und Kirfchen aß: „Was foll das? Kirfchlerne auf das 
Theater zu werfen!“ in einem feften und befehlenven 
Zon, melden ich jo ganz in meiner Rolle als Franz 
Moor inne hatte. Sie fingen an zu pochen, aber alles 
ziichte: „Stille! * — Wie es ftille war, ging ich in mei« 
ner Rolle weiter umd durch das ganze Stüd herrfchte 
Ruhe und Stille, wie niemals. Nach der Vorftellung 
brachten mir die Studenten, weldye jelbft höchſt unzufrie- 
den über den Auswurf unter ihnen find, ein Vivat vor 
meiner Thür, und bat fich bis jeßt Keiner wieder ımter- 
ftanden, Kirjchferne oder Blätter auf das Theater zu 
werfen. Es war nothwendig in ver Sache etwas zu 
thun, denn die Bed und die Teller hatten fehon einige 
Tage vorher erklärt, daß, wenn fie mit einem Kirfchfern 
geworfen, fie nicht einen Schritt mehr auf das Theater 
thun würden. Diele von unferer Geſellſchaft glaubten, 
die Studenten würden mir mein Haus ftürmen, aber 
folche ungezogene Burſche haben dazu feine Courage, und 
muß man foldhe Dinge und folhe Mißhandlungen nicht 
ungeftraft hingehen laſſen. Sollte e8 aber noch einmal 
gefchehen, was ich aber nicht glaube, fo laſſe ic) aufhören 


158 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


und bie Garbine herumter und halte eine Rede, wo ich 
pie Gutgefinnten gegen biefe gemeinen Burfche anfenern 
will, daß fie höchft beſchämt werben follen. 

Ich habe vorige Woche, von Dienftag bis Sonn- 
abend, eine Reife nad Deſſau gemacht und Das dortige 
Theater befucht. Es ift wirklich ein ſehr ſchönes Haus, und 
vorzüglich das Theater und die Einrichtung defjelben. Die 
Tlügel » Seitentouliffen find nicht auf Rahmen, ſondern 
werden alle zehn, ſo tief iſt es, mit einem Strick (Zug) 
gezogen. Die Gardinen hängen im Gewichte; das Flug⸗ 
werk iſt äußerſt leicht und fchnell zu regieren; auch bie 
Dekorationen find ſchön und fehr geſchmackvoll von 
Duaglio aus Dresden gemalt. Das Theater ift fo 
groß, daß fie in der neuen Oper, welche Hr. von Lichten⸗ 
ftein fomponirt bat und welche bei der Anwefenheit des 
Königs zum erften Dial gegeben worden, mit Pferden ihr 
Wejen getrieben haben. Auch die Garverobe, melde 
meift ganz neu gemacht worden, ift fehr ſchön. Nur will 
mir der Aufenthalt ver Zufchauer nicht gefallen. Er ift 
nach Art der Amphitheater gebaut, und hat der erfte Plas 
am Orcheſter eine folhe hohe Ruückwand, daß die Zu- 
Ihauer auf vemfelben im ganzen Haufe nur ven zweiten 
und dritten Rogenrang fehen können. Auch find vie Logen 
fo auffallend bunt bemalt, daß das Theater verlieren 
muß, wenn e8 nicht immer prächtige Dekorationen hat, 
worauf fie dann auch viel halten. Die nächften vier 
Logen auf jeder Seite des Theaters find blind. Der 


die Hallenfer Stubenten. 159 


Herr von Erdmannsdorf hat dadurch eiwas für bie 
Stimme thun wollen, welche ſich nicht fo leicht verſchla⸗ 
gen foll, hat aber das Gegentheil erfahren, denn bei 
feuchter Witterung fol man in den Logen ſehr wenig 
hören können. Boſſan fteht fich fehr gut. Er bat, fo 
lange er lebt, einen Gehalt von 800 Rthlr. und eine 
freie Wohnung im Schaufpielhaufe ſehr nobel eingeridy 
tet. Der Fürft hat ihm alles, und auch die Gefellichaft 
abgefauft und man ſchätzt ihn als einen Mann von 
15,000 Rthlr. Vermögen. Der Herr von Tichtenftein 
bat die Intendanz und fpielt mit feiner Frau alle guten 
Rollen in ber Oper: fo in der „Lilla“ den Zitta und 
fie die Bertha; ven Papageno und fie die Papagena. 
Beide follen ganz leidlicd, fingen und fpielen. ‘Die Oper 
ift gut befeßt, das Schaufpiel aber ſchlecht. Acht Mufi 
ter find von Dresden engagirt worden und ift ein ftarfes 
Orchefter beifammen. Sie haben jetzt noch die Ehler’s (?) 
gefriegt. Beide haben 26 Rthlr. Gage wöchentlich. 
Ueberhaupt find die Gagen dort beinahe noch einmal 
jo ftar! wie bei ung und können wir uns gratuliven, 
eine ganz leibliche Geſellſchaft für fo geringe Gage zu 
haben. Schulden können inveflen die Herren doch machen. 
Für den Hübſch (Baffift) bat der Fürft ſchon gegen 
1000 Rthlr. Schulden, und für ven Frey gegen 600 
bezahlt. Im Sommer fpielen fie nur alle Wochen ein⸗ 
mal, des Sonntags, und werben nur Opern gegeben. 
Viele Schaufpieler haben von Zeit zu Zeit Erlaubniß, 





160 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


vier bis ſechs Wochen zu reifen. Zwei find jet in Ber- 
lin, und drei im Bade zu Ronneburg. Der Her von 
Lichtenftein hat jährlich 16,000 Rthlr. Einkünfte, vie 
außer dem, was der Fürſt giebt, wohl auch mit prauf- 
gehen mögen, denn er tft fehr gut und die Schaufpieler 
loben ihn außerorventlih. ‘Der Fürft und der Erbprinz 
find enthufiaftifch für's Theater eingenommen. Witten: 
berg ift für das Deſſauer Theater, was Halle für uns 
ft. Auch haben fie Zerbft und Dranienbaum in ver 
Nähe, und das Theater ift, wie Alle fagen, von Fremden 
immer befett. ‘Der höchſte Platz ift 12 gr. Bon Halle 
aus kommen Caravanen von zwanzig bis dreißig Perſo⸗ 
nen, doch thut es im Ganzen nichts, denn es ift Doch zu 
weit und gefchieht fomit nicht oft. Die Schaufpieler find 
ganz wie Bürger dort aufgenommen. Der Fürft hat ver 
©. einen Garten geſchenkt, jest baut er ihr auch Häuſer. 
Unfer Theater bier in Lauchſtädt ift fo übel beſchaf⸗ 
fen, daß es, ſowohl auf dem Theater, als auf dem Platz 
der Zuſchauer einregnet, und in unferer Mannsgar⸗ 
berobe können wir gar nicht mehr bleiben, wenn es reg- 
net. Wenn fein neues Haus gebaut werden wird, fo 
wird zum fünftigen Jahr dieſes neu gededt werben müffen. 
Die Studenten nennen e8 nur eme Schafhütte, drum 
fallt auch die Achtung weg, auf die wir Anfpruch machen 
fünnen, weil wir in einem fo elenden Haufe fpielen, 
in dem fi nichts gut ausnimmt. Uebrigens beweifen 
uns doch andere Theater, daß wir nicht alltäglid fein 


die Hallenfer Studenten. 161 


müſſen, denn es kommen Engagementöbriefe von allen 
Eden bier angeflogen. Berzeihen Ste mir mein langes 
Gefchreibjel. Ich bin mit vieler Achtung 
Ihr ergebenfter Diener 
Becker.“ 


Welche Gegenſätze! Hier ein Häuflein Schauſpieler, 
denen es wahrhaft ernſt um ihre Kunſt war; die unter 
Goethe's Leitung und Schiller's Einfluß ein gewiß ſelte— 
nes Enfemble bildeten und deren Leiftungen im Einzelnen 
wie im Ganzen gewiß ftreng-fünftlerifchen Anforderungen 
entjprachen ; die zugleich berufen waren, die Meiſterwerke 
Schiller's auf der deutſchen Bühne einzuführen. Sie 
mußten in einem Raume agiren, ber ihnen fowohl wie 
den Zuſchauern nicht einmal binlänglihen Schuß vor 
dem Wetter gewährte, und der darum gewiß nicht unpaf- 
jend eine „Schafhütte* genannt wurde. — “Dort ein 
Hoftheater in vollſter Ueppigkeit, deſſen artiftifcher Leiter 
fogar fein eigenes Vermögen dabei zuſetzte. Prachtvoller 
Aufenthalt, Wohlleben, volle Freiheit, Gunftbezeigungen, 
mit denen ſich die der Weimarer Geſellſchaft nicht im 
Entfernteften meſſen durften! Dafür aber nur furzes 
und unfruchtbares Dafein, während auf der andern Seite 
gefundes, Fräftige8 und andauerndes Leben und Blühen 
bie Schönen Kefultate bildeten. 


Goethe nahm fi) doch bald des vefeften Lauchſtädter 


Haufes an. Im Frühjahr 1802 ward “ wecmãßis 
Pasqué, Goethe's Theaterleitung. II. 


162 Goethe's „Wöchner“ Beder und 


erneuert und im Sommer beffelben Jahres mit Feierlich⸗ 
feit eingeweiht. — | 

Ein weiterer ähnlicher Bericht des Wöchners Beder, 
mit einer Nachfchrift feines Regie-Kollegen Genaft aus 
Lauchſtädt und vom Jahr 1806, Liegt nod) vor. 


Beer fchreibt Diesmal an Kirms: 

„Lauchſtädt, ven 17. Yuly 1806. 
Lieber Herr Hoflammerrath ! 

Wir danken herzlich, daß Sie fo gütig find, ſich unfer 
immer beftens zu erinnern, aber aud) wir lafjen es nicht 
fehlen und freuen ung, wenn wir hören, daß es Ihnen 
recht wohl geht. — 

Mit unfern theatralifhen Gefchäften hat es noch 
immer einen guten Sortgang, auch hoffe id) ſoll nach dem, 
wie wir unjere Einrichtung getroffen, das Publikum bis 
zum Schluß gereizt und befriedigt werden. — 

Mademoiſell Jagemann will uns ſchon Freytag 
über 8 Tage wieder verlaffen, wenn uns das nur nicht 
ganz nieverichlägt, daß wir mit dem alten Stauffader 
im Wilhelm Tell ausrufen müſſen: 

„Mit ihre gebt unfer ganzes Glück und Wohl 
dahin !“ 

Sie iſt jebt doch von der großen Eigenliebe zurüd- 
gefommen, daß auh ohne fie, ein Theater zuweilen 
mehr als mit ihr einnehmen kann. Bis jet ift nod 
alles ruhig an unferm Theater verblieben. Wir haben 


bie Hallenfer Studenten. 163 


heute Mad. Strohmeyer einige Worte gefehrieben, 
weil fie über Mademoiſell Jagemann diefer Tage herfah- 
ren wollte, und unter ihrem Fenſter vorbengegangen und 
loſe Reden hat ergehen laffen. Ich glaube es wird von 
Wirkung jeyn. — 

Den Doctor Luther können wir nicht geben, er ift fo 
langweilig, daß die Menjchen herauslaufen müffen. Was 
ih von Ambroſch gehört, fo ift der Berliner (von 
Zacharias Werner) wenigftens zwanzig Mal befier. 
Doch ift e8 nicht möglich felbigen noch hier zu geben, 
denn ba müfjen nothwendig einige neue Decorationen 
und Kleider gemacht werben, und dazu iſt hier feine Zeit. 
Auch glaube ich faum daß man es uns erlauben würbe. 
Dann thut uns auch mit diefem Stück Iffland in 
Halle Schaden, welcher e8 den 5ten Auguft dort Iefen 
wirb. | 

Herr und Mademoifel Ambrofc laffen fi Ihnen 
beftens empfehlen, rfterer wird mit nächſtem fo frey 
jein Sie mit ein paar Zeilen zu beläftigen und Ihnen zu 
danken für die Güte, daß Sie ihm erlaubt ein paar Gaft- 
rollen zu fpielen. Letztere hat ſchon oft fehreiben wollen, 
doch ift fie immer ein bischen fehr bejchäftigt geweſen, 
wie fie fi) ausgebrüdt, und laßt deshalb um Verzeihung 
bitten ; fie wollte e8 ſchon einbringen. 

Leben Sie recht wohl! und erhalten Sie Ihre fehr 
werthe Freundſchaft, Ihrem 

ergebenjten Beder.“ 
11* 


164 Goethe's „Wöchner“ Becker und 


Die Nachſchrift des Wöchners Genaft lautet: 


„So eben komme id) aus Egmont, er hat gut ge- 
fallen, aber nicht jo jehr wie in Weimar, wir haben 
210 Thle. darauf eingenommen, Me. Jagemann 
will fünftigen Donnerftag zum Lettenmale fpielen, im 
DOpferfeft, glüdliche Reife! Nun wird Hafe auf einmal 
geſund, nachdem er und mehrere Koften vergeblich gemacht 
hat, mündlich ein Mehreres, es ift abſcheulich! Schicken 
Sie mit Durfhmidt die Rollen aus den Rändern 
von Cordemann, Ehlers und Benda, und behal- 
ten lieb | 

Ihren ergebenften Diener 
Genast. “ 


Beder hatte fih am 7. Dftober 1803 mit Mad. 
Amalie Miller, ver jüngiten Tochter Malcolmts, 
verhetrathet (feine erfte Oattin Chriftiane Neu: 
mann-Becker war wie wir willen am 22. September 
1797 geftorben). Diefe trennte fich indefjen bald wie 
der von ihm und heirathete am 26. Dezember 1805 ven 
Schauspieler Pius Alerander Wolff. Am31. März 
1807 vermählte fid) Beder zum britten Male mit Made 
moiſell Ambrofch, die ſeit dem 30. März 1805 dem Wei- 
marer Hoftheater, hauptjächlicy als Sängerin, angehörte. 
Zu Oftern 1809 ging er mit feiner Gattin von Weimar 
ab, wirfte eine Zeitlang in Hamburg, dann in Breslau, 
und fehrte enblih — wahrſcheinlich als Wittwer — wie 


die Hallenfer Studenten. 165 


ber nad) Weimar zurüd, wo er im Frühjahr des Jahres 
1822, etwa 55 Jahre alt, ftarb. 

Sein 1791 dem Hoftheater gegebenes Verſprechen, 
feinen wahren Namen von Blumenthal nie wieder 
anzunehmen und zu führen, hat er getreulich bis an fein 
Ende gehalten. 


XVII. 


Caroline Jagemann, 
nachherige Frau von Heygendorf. 





Ihr Eintritt in den Weimarer Künſtlerkreis. — TheaterKRevolu⸗ 

tionen 1797, 1799 und 1801. — Ignaz Dirzka; Opern, und Schil⸗ 

lers Todtenfeier in Wien, 1808. — Strohmeyers Tod, 1844. Bild 
und Wappen. 


Nur wenig Material fteht mir zu Gebote, um über 
Caroline Jagemann und ihre Stellung bei ber 
Weimarer Hofbühne etwas Näheres zu berichten, doch 
da dies Wenige immerhin einen kleinen Beitrag zur 
Kenntnif des Lebens und Wirkens dieſer beveutungs- 
vollen Perfönlichkeit jener Epoche bildet, will ich bie 
Mittheilung an dieſer Stelle nicht unterlaffen. 

Caroline Jagemann war die Tochter des Bibliothe- 
fars der Herzogin Anna Amalia und geboren zu Weimar 
1780 (1778 bürfte richtiger fein). In ihrem fteben- 
zehnten Jahre wurde fie, wegen ihres bemerkbar hervor⸗ 
tretenden Zalentes für Mufif, Gefang und Darftellung, 
von der Herzogin nad) Mannheim geſendet, um bei ber 
dortigen Bühne, unter Iffland und Bed, ihr Talent her- 
anzubilden. Mit Iffland verließ fie Mannheim und 
fehrte nad) Weimar zurüd, wo fie am 8. Februar 1797 
als Dberon in ber gleichnamigen Oper von Wranitzky 
bebütirte. Ihre jeltene Körperfchönheit, Talente, Stimme 
und Darftellungsgabe machten fie bald zu einer ber 
größten Zierden des Hoftheaters, zum Lieblinge des Bubli- 


170 Caroline Jagemann, 


fums und vor allen Dingen des Herzogs, der in ihr 
„eine Gefelihafterin feiner Exrholungsftunden“ fand. 
Diefes raſch entjtandene Berhältnig mußte natürlich von 
Einfluß auf ihre Stellung beim Hoftheater und ihren 
Kollegen gegenüber fein. Sie mäßigte ſich auch feines- 
wegs und fo mußten denn bald allerlei Reibungen und 
Unannehmlichkeiten erfolgen. 

Im Jahre ihres Debüts, 1797, machte die Fage- 
mann ihren erften Ausflug mit ver Gefellihaft nad 
Lauchſtädt und Rudolſtadt. Hier entftand der erfte Kon- 
flift zwifchen ihr und den übrigen Mitgliedern des Hef- 
theaters. Eine im Beſitz ter Sängern Weyrauch be 
findliche Holle wurde verjelben ohne weitere und übliche 
Yormalitäten abgeforbdert und von der Jagemann gefun- 
gen. Hierdurch wurde nicht allein das Weyrauch'ſche 
Ehepaar ſehr unmwillig, fondern auch Die übrigen Mitglie- 
der fanden fih in ihnen verlegt. Weyrauch dachte fo- 
gleich daran, feinen und feiner Frau Kontrakt zu Töten 
und ſchrieb der Oberdirektion: 


„Rudolſtadt ven 7. September 1797. 
Hohe Oberdirection. 

Die dur neue Engagements geänderten Verhält- 
niffe verfprehen mir und meiner Frau für jegt und für 
bie Zukunft eine fo zweideutige Tage, daß ich gezwungen 
bin zur Beförderung meiner Ruhe um eine genaue Be 
fiimmung unferer Rollenfächer, und Schuß gegen jede 


nachherige Frau von Heygendorf. 171 


Beeinträchtigung, deren wir bereit8 manche erfahren, zu 
bitten. 

Ihnen ift aus Altern Beifpielen befannt meine Bes 
reitwilligkeit den hohen Wünfchen gefällig zu feyn, wie 
auch die Fügſamkeit, womit ich auch manche harte Be- 
handlung ertrug; allein der Borfall in Lauchſtädt, bie 
Demüthigung meiner Frau hat mich und fie gefränkt, 
was kann id mir von der Zukunft verſprechen? — 

Daraus wird nun Kar daß ich gezwungen bin eine 
hohe Oberbirection unterthänigft zu erfuchen dieſen Be— 
ſchwerden abzuhelfen, oder mich des neuen Eontraftes der 
zu Michaeli angehen fol, zur überheben, da er nur dazu 
bienen würbe mir wie bisher bey Kränfungen ein quälen- 
des Stillſchweigen aufzulegen. In Erwartung einer 
günftigen Entſcheidung verharret, Einer hohen Ober- 
birection 

ergebenfter Diener 


Weyraud.” 


Diefem Schreiben fügte er noch privatim einige Zei⸗ 
en an Kirms bei, diefen bitten, fein Gefuh um Ente 
lafſung zu unterftägen und er hofft, daß „durch bie gute 
Aquifition der Mile. Jagemann“ fein „ Borhaben leicht 
gedeihen“ könne. Die Oberbireltion und Kirms fcheinen 
diefen Grund aber durchaus nicht ftihhaltig gefunden 
zu haben; fie dachten nicht daran, das thätige und nüß- 
liche Ehepaar ihres neugefchloffenen Kontraktes zu ent- 


172 Caroline Jagemann, 


binden. Weyrauchs wurben beruhigt und blieben. Die 
Berhältnifie änderten fich aber nicht zu ihren Gunften, 
denn bie Haupturfache ihrer Unzufriedenheit, die Tages 
mann und ihr Einfluß, blieben. Letzterer fowohl als 
auch ihre Fünftlerifche Bedeutung wurden immer größer, 
gewichtiger, und jo konnten neue Zerwürfniffe, grade 
mit den empfinpfamen, im „Punkte des Ehrgeizes kitz⸗ 
lichen“ Weyrauchs, nicht ausbleiben. 

Im Sommer des Jahres 1799 befand fidh die Ge— 
jelfchaft abermals in Rudolſtadt. Wieder wurben ber 
Sängerin Weyrauch Rollen abgenommen und durch die 
Jagemann dargeſtellt. Anderes kam hinzu, ſchroffes 
Auftreten der bevorzugten Künſtlerin ihren Kollegen 
gegenüber, außergewöhnliche Aufmerkſamkeit des regieren⸗ 
den Fürſten von Schwarzburg-NRubolftabt für den erklär⸗ 
ten Liebling Carl Auguft’s, um die Jagemann beim gan⸗ 
zen übrigen Perjonal fo ziemlich verhaßt zu machen, und 
e8 bedurfte der vollen Autorität der Direktion, um etwaige 
Ausbrüche des Unwillens zurüdzuhalten. Die meiften 
der Mitglieder fügten fi) bald, die Unabhängigen aber 
dachten daran, ihr beftehenbes Verhältniß zu löfen, und 
unter biefen waren bie beiden Weyrauch, die denn and) 
zu Oſtern des folgenden Jahres 1800 Weimar für im⸗ 
mer verließen. 

Zwei Briefe des „Wöchners“ Schall aus biefer 
Zeit geben uns Andeutungen über diefe Vorgänge und 
bie Gährung, die unter dem Hoftheater-Berfonal herrſchte. 


nachherige Frau von Heygenborf. 173 


Sie enthalten zwar auch noch einige andere Bühnen- 
Details, doch will ich fie vollſtändig hier mittheilen. 

Schall hatte ven Eindruck, den die Wegnahme einer 
Weyrauch'ſchen Rolle bei der Geſellſchaft gemacht, offen 
Kirms berichtet. Die Antwort des Letztern hierauf muß 
nicht ſo ganz Schall's Erwartungen entſprochen haben, 
denn in ſeinem folgenden Schreiben verſucht er das Mit⸗ 
getheilte zu erläutern, feine etwa ausgeſprochenen Anfich- 
ten und Meinungen feiner Behörde gegenüber zu begrün- 
den. Er ſchrieb an Kirmes: 


„(Rudolſtadt) ven 24. Auguft 1799. 
Wohlgeborner 
Hochzwerehrender Herr Hoffammerrath ! 

In Anfehen der Weyrauchiſchen Anlegenheit glaube 
ich noch folgendes beifügen zu müffen. Ich glaube näm- 
lich daß ihr wirflich ein wenig zu nahe getreten worden 
ift. Sie ſchmerzte e8 fo wie ihn — fie weinte — und 
ihm war e8 aud nicht viel befler. — Er fagte: Es 
Ihmerzt mid) daß meine Frau gar jo wenig geachtet wird 
— und daß man fie fo wenig als Künftlerin behandelt! 
— Ich weiß nicht wie die Verhältniffe find, ob das alter- 
niren wirklih, und wie es beftimmt if. Aber ich denke 
die Demf. Jagemann hätte ihr doc ein gutes Wort 
gönnen können, und dann wäre alles gut gewejen. Aber 
biefe Mademoiselle ſieht auf Alle von Dben herab, 
und wird ſich ohne Urſache die ganze Geſellſchaft zu Feinde 


174 Caroline Iagemann , 


maden. Sie benahm fich geftern gegen Alle mit einem 
gewifjen air hautain ber natürlich auch wieder mit Kälte 
vergolten wurbe. 

Malcolm hat mid) erfucht Euer Wohlgeboren zu 
bitten ihm, wenn es möglich, die Holms, in den erften 
beiden Theilen der „Ringe“ abzunehmen, vermuthlid, hat 
fi) der gute Mann den alten Klingsberg verhofft. — 
Ich verſprach ihm zu ſchreiben und bitte Euer Wohlge- 
boren nun, wenn Sie die Güte haben wollen, beiden 
Theilen gelegentlich felbft zu ſchreiben: Weyrauchs ein 
.Pflafter auf ihre Wunde aufzulegen, und Malcolm etwas 
zu jagen, wo er dann gerne feine Rollen wieder behalten 
wird. 

Nun will ih Euer Wohlgeboren nod) etwas erzählen. 

Der Fürſt kam vor ein paar Tagen vor dem Komoe⸗ 
bienhaufe zu mir und fagte: Lieber Schall, ich weiß wahr⸗ 
[ich nicht wie ich mich gegen Demf. Jagemann beneh- 
men fol, fie ift vo Kammerfängerin des Herzogs, 
und da fie nicht zur Keifetruppe gehört, fondern es 
eine bloſe efälligfeit von ihr ift, daß fie hier fingen will, 
fo weiß ih niht — — Ich fagte: ich wäre zu wenig ihm 
hierin zu rathen, und kann nicht läugnen daß ich über 
den Ausdruck „Reifetruppe” doch ein wenig choquirt 
war. Er bat fie num wie ich von meinen Collegen höre, 
und wie bie angefeßten Opern zeigen, dahin gebracht daß 
fie viermal fpielen wird. Er hat fie im Schloffe 
fogirt, nur wußte man nicht, wie ich höre, ob man fie 


nachherige Frau von Heygendorf. 175 


zur Marſchalls-Tafel ziehen, oder auf ihrem 
Zimmer fpeifen laffen ſolle. Ich weiß nicht mo fie jeßt 
ſpeißt, denn ich bekümmere mich felbft um vergleichen 
Dinge nicht und höre fie nur, wenn man will Daß ich fie 
hören muß. — Es ift doch etwas Komifches um bie 
Welt ! 
Mit innigfter Hochachtung Euer Wohlgeboren 
ergebenfter Diener 
Schall.” 


Die Direktion, Kirms, feinen den, bie Jagemann 
betreffenden Theil des Briefes ziemlich übel vermerft zu 
haben, denn die Schall gewordene Antwort muß etwas 
von „Neid der Kollegen” ꝛc. enthalten haben. Schall 
fucht fi) in feinem folgenden Schreiben zu entfchulbigen ; 
er beugte fi), wie die meiften ber Uebrigen, ver bereits 
gewaltigen Macht der jungen ſchönen Künftlerin. Dieſer, 
jein zweiter Brief lautet: 


„(Rudolftadt) ven 2. September 1799. 
Wohlgeborner! 

Die der Demf. Jagemann von Seiten des Hofes 
zu Theil gewordene gute Behanblung, ermedt hier bey 
der Gefellfehaft feinen Neid — als etwa nur bei Wey- 
rauch's, die zwar wieber beruhigt find. Doch war er 
geftern bei mir und ſprach, vermuthlich aus Abficht, daß 
er mit der Gage nicht mehr leben fünne, daß es ihm leid 
thäte, wenn er Weimar verlaffen müſſe und vergleichen 


’ 


176 Caroline Sagemann, 


mehr, wovon ich Euer Wohlgeboren sub rosa einjtweilen 
Nachricht gebe. 

Uebrigens war meine Meinung auch nicht, daß ich 
etwa glaube der Demf. Jagemann gefchehe zu viel 
Ehre, dafür glaube ich wohl dag mid, Euer Wohlge- 
boren kennen. Nur fiel mir der Ausprud des Fürften: 
„Reifetruppe” auf. 

Malcolmi hab ich noch nichts gefagt, ich will nur das 
heutige Stüd vorbeigehen laffen, ba er fi ſchon aufhielt 
ein fo lang gelegenes Stüd in dem hiefigen Trouble 
wieder vornehmen zu müſſen. Uebermorgen aber werde 
ich ihm davon ſprechen. Uebrigens wollte ich wohl bitten 
dag Euer Wohlgeboren in der nächſten Reſolution auf 
meinen heutigen Rapport der Klingsberge, wenn fie wie 
ich glaube, hier noch einftubirt werben follen, etwas er- 
wähnten, denn Mehrere fragten mid) ob die Klingsberge 
hier noch daran müßten. Ich fagte, Ja. Aber befier 
ift doch wenn noch eine Kleine Erinnerung von Seiten der 
Direction nachkommt. 

Mit wahrer Hohadtung Euer Wohlgeboren 
gehorfamfter Diener 
Schall. 


N. Scht. Vohs hat eben in der Garberobe zu mir 
gefagt, wenn vie Klingsberge gegeben würden, müßte er 
ein neues Kleid, und eine Tour oder Perüde dazu 
haben, fonft fünne er vie Rolle nicht fpielen, weil bie 


nachherige Frau von Heygendorf. 177 


Rede davon wäre daß er did fein müfje, und dazu fein 
Kleid das ihm paſſe, in der Garderobe wäre. “ 

Aus den die Jagemann betreffenden Theilen dieſer 
Briefe geht zur Genüge hervor, wie die Künftlerin, gleich 
nad ihrem Eintritt in den Weimarer Kreis, verleitet 
durch ihre fünftlerifchen, doch mehr noch durch ihre perſön⸗ 
lichen Vorzüge, ihre dadurch erzielten Erfolge, ſowie ihre 
ganz exceptionelle Stellung, Oppoſition machte, die ihr 
Widerſtrebenden zu entfernen ſuchte, um bald Alleinherr⸗ 
ſcherin nach jeder Richtung hin zu werden. Mit den 
Mitgliedern begann fie, dann kamen ihre nächſten Büh- 
nensBorgefette, Regiſſeur und Rapellmeifter, an die Reihe, 
und endlich brachte fie es durch ihr Gebahren dahin, daß 
der Schöpfer, die Seele des ganzen Weimarer Theater: 
wejens, Goethe, voll Ueberdruß feine Stellung bei ver 
Bühne aufgab, wodurch fie ihr fo lange erjehntes Ziel, 
völlige Alleinherrſchaft bei dem Hoftheater, erreichte. 
Freilich brauchte fie zu letzterm Refultate genau zwanzig 
volle Jahre, von 1797 bis 1817, aber fie erreichte es, 
und Goethe muß während biefer Zeit des geheimen 
Ranıpfes mohl manches Bittere, Unangenehme erfahren 
und erbulvet haben, wovon der Welt nichts befannt ge- 
worden ift. 

Ein ſolches erfolgreiches und bis jeßt ziemlich unbe- 
fannt gebliebenes Anfämpfen der Künftlerin gegen ven 
Konzertmeifter Kranz vermag ich noch anzudeuten. Die 


„geheimen KanzleysAften der fürftlihen Kapelle” im 
Pasque. Goethe's Theaterleitung. I. 13 


178 Saroline Jagemann, 


Großhl. Weimarifchen Geheimen Staats⸗Archiv; teren 
ausführliche Benutzung mir leider nicht geftattet war, ent- 
halten die genauern Schriftftüde über jenen Konflikt, ver 
im Wefentlihen in Folgendem beitand. 

1801, im März, wurde Mozarts Don Juan aufge 
führt, die Jagemann fang die Donna Anne. Schon 
auf der Probe hatten ſich Differenzen zwifchen ihr und 
dem die Oper birigirenden Konzertmeifter Kranz ergeben, 
wegen Meinungsverfchievenheiten über die Tempi einzel- 
ner Mufifftüde der Oper. Bei der Borftellung aber 
fette Kranz feine Anficht, feinen Willen derart durch, daß 
die Künftlerin effektiv nicht weiter zu fingen vermochte. 
Der Zorn der fo ſchwer beleivigten Jagemann läßt ſich 
leicht ermeflen und die nächſte Folge diefes in ver That 
ſtandalöſen Vorfall war, daß Konzertmeiſter Kranz 
unterm 19. März deſſelben Jahres durch die „Hoftheater- 
Kommiffion“ von feinen Dienftleiftungen. als Konzert- 
meifter und Dirigent fuspendirt wurde. Zwar wurde 
er in ber Folge wieder zum Dienft zugelaffen, doch durfte 
er von nun an feine Oper mehr birigiren, in welcher vie 
Jagemann eine Rolle zu fingen hatte. SKonzertmeifter 
Destoudhes trat an feine Stelle, und als Kranz 1803, 
ber ewigen Unannehmlichkeiten müde, feinen langjährigen 
Aufenthalt in Weimar aufgab und als Kapellmeifter an 
das neuerrichtete Hoftheater nad) Stuttgart zog, wurde 
Erfterer, der gefügige Diener der Jagemann, Kapell- 
meifter. 


nachherige Frau von Heygendorf. 179 


Es bildet diefer Vorfall, wohl der erfte, glücklich er- 
ochtene Sieg der Künftlerin über ihre nächſten Bühnen- 
Vorgeſetzten, die Eröffnung der Feindſeligkeiten gegen ihre 
oberfte fünftlerifche Behörde, die 1817 ebenfalls ein für 
fie erfolgreiches Ende fanden. 

In jenem Jahre 1801, am 18. April, betrat auch 
eine jüngere Schwefter und Schülerin von ihr, als Demf. 
Jagemann H., und als Dortchen in „Zöffel und Dort- 
hen“ vie Bühne zum erften Male. Sie fpielte inveflen 
nicht wieder und verheirathete fich fpäter mit einem 
Herrn von D. — 


Es liegt mir nody ein Brief vor von Seiten der 
Direftion an den Sänger Dirzla in Wien, ſowie ein 
Schreiben des Letztern an Kirms, beide Schriftftüde aus 
dem Jahre 1808, aus welden hervorgeht, daß Fräulein 
Jagemann ſchon damals das Dpernwefen der Weimarer 
"Bühne vollftändig in Händen hatte. Aufs eifrigite un- 
terſtützt wurde fie dabei von ihrem langjährigen Freunde, 
dem befannten und berühmten Bafliften Strohmeyer. 
Derfelbe hatte 1806, am 10. März, als Saraftro in 
ber „ Zauberflöte” mit größtem Beifall gaftirt und war 
ſodann engagirt worden, und ſeit der Zeit nicht allein 
eine Zierde der Oper, ſondern auch ber einflußreiche 
Freund der Künftlerin. 


Ignaz Dirzla war als Baflift vom 21. April 1804 
12* 


180 Caroline Iagemann, 


bis Oftern 1808 bei der Weimarer Bühne thätig gewe- 
fen und hatte endlich Strohmeyer weichen müffen. Doch 
als guter Freund war er von feinem Rivalen und deſſen 
allgewaltiger Beſchützerin gefchieden ; er beforgte fogar für 
Lettere fortan in Wien verfchiedene Kommifjionen, wie 
aus den beiden folgenden Briefen hervorgeht. Das 
zweite biefer Schreiben enthält noch eine nicht uninteref- 
fante Notiz über Schiller’8 Todtenfeier in Wien und 
werde ich e8 deshalb hier vollftändig mittheilen. 

Bon Seiten der Direktion in Weimar wird dem 
Wiener Sänger geſchrieben: 

„Weimar, ven 8. Juli 1808. 

Demoijelle Jagemann, die eiligft nach Lauchſtädt 
abgereist iſt, beauftragt mich, da ihre Zeit zu furz ift, 
Ihnen befter Herr Dirzfa über die von Ihnen gefäl- 
figft ausgerichteten Kommiſſionen weitere Nachricht zu 
ertheilen. 

Site waren nemlich fo gütig ihr das Weiglſche Sing- 
fpiel, betitelt: „Adrian von Oſtade“ zu fehiden, 
welches nicht mit ihrem Verlangen übereinftimmt, da fie 
bie größere Oper „Hadrian“ wünſchte. “Die Picard- 
Ihe Oper: „bie wandernden Comoedianten“, 
fei ferner nicht die von Signor Galouchi, „i virtuosi 
ambulanti‘ betitelt, denn erftere welche Sie nemlich über- 
fhidten, habe Muſik von Devienne, lettere aber von 
Fioravanti. Tert und Mufil, Autor und Compofiteur 
wären aljo gänzlich verſchieden. 


nachherige Frau von Heygenborf. 181 


Sie ſchickt Ihnen daher Beyde mit dem verbinblich- 
ften Dank wieder zurüd und erfudht Sie ihr doch gefäl- 
ligft die größere Oper „Hadrian“ abfchreiben und 
zufommen zu laffen. ꝛc.“ 

Dirzka muß die Angelegenheit doch nicht allzuernſt 
betrieben haben, denn einige Monate ſpäter ſchreibt er 
noch an Kirms: 

„Wien, den 17. Dezember 1808. 
Hochedelgeborner Herr! 

Ende October habe ich Ihnen geſchrieben, wegen den 
noch bier liegenden Opern (wahrſcheinlich ven oben zu- 
rückgeſendeten), theifte Ihnen auch die Nachricht mit, daß 
ich die Sache ausmittelte durch den Betrag von fl. 26, 
das war bis Ende Noveniber gerechnet, jet ift ſchon 
wieder ein Monat um und noch habe ich weder Antwort 
nod Geld. Kommt e8 nicht bald, fo werde ich die Sache 
fahren laſſen, wen dann der Berluft trifft, geht mid) 
nichts an. 

Heute ift Schiller’8 Todtenfeier, wie Sie 
aus beyliegendem Zettel fehen (fehlt), und man verfpricht 
den Schiller'ſchen Erben eine reichlihe Einnahme. Jede 
Loge Toftet 100 Gld. ein gefperrter Sit 25 Gld.; fie 
fönnen immer 10,000 Gld. befommen, das macht bey= 
nahe 5000 Gld. Conventionsgeld. Die Wiener laſſen 
ſich nicht fpotten! Auch geht es jet um 3, auf 1 Uhr 
bey dem Theater ſchon laut zu. Jeder will den erften 
Plot haben. Es wird heute zugehen als ob ſich die 


182 Caroline Jagemann, 


Leute morden wollten. Ich habe zum größten Unglüd 
im andern Theater „Fanchon“ und kann nicht da⸗ 
bey fein. Fanchon hat hier fehr gefallen, und es ift 
nicht einmal gut befegt. Mir wurde das zweyte Mal 
der ſchwarze Anzug von der Polizey verboten. 
Ich mache aber mit dieſer Rolle ebenfoviel wie im Aus- 
land. Bitte um baldige Nachricht. Bin mit aller Ach⸗ 
tung Ihr ergebenfter Diener 
Igz. Dirzka 9.“ 


Ich übergehe den Antheil der talentvollen, geiftrei= 
hen, doch gefährlichen Künftlerin an der Entfernung 
Goethe's von feinem Poften als oberfter künſtleriſcher Lei- 
ter des Hoftheater8 im Jahre 1817, ebenſo ihre ſchon 
früher durch Karl Auguft erfolgte Erhebung in den Adels⸗ 
jtand, als Frau von Heygendorf, ihre Belehnung 
mit dem Rittergute, nach weldyem fie obigen Namen 
annahın, als bekannte Thatfachen, zu denen ich feine 


*) Das fragliche Geld ging erft, laut Quittung, am 
31. März; 1809 von Weimar ein. — Dirzla muß e8 aber 
durch Diefe Angelegenheit mit jeiner frühern Gönnerin Caroline 
Jagemann vollftändig verborben haben, denn als er 1813 
ohne Stellung war und fi wieder bittend nad Weimar 
wendete, wurde fein Geſuch um Engagement furzweg abge: 
ſchlagen. 


nachberige Frau von Heygendorf. 183. 


nähern Details hinzuzufügen vermag, und will ſchließ⸗ 
lich nur noch eine Aeußerung aus ihren jpätern, legten 
Lebensjahren mittheilen. 

Bon 1817 bis 1828, dem Todesjahre Karl Augufts, 
lenkte fie, durd, Vermittlung ihres treuen Yreundes und 
Kollegen Strohmeyer's, die Schidjale ber Weimarer 
Bühne fo ziemlih allein und felbftändig und zog fid) 
dann von den Brettern und in's Privatleben zurüd. 
Strohmeyer wurde am 1. December deſſelben Jahres 
(1828) penfionixt und ftarb zu Weimar 1844. Der 
Tod ihres alten, treuen Freundes und Kollegen erjchüt- 
terte fie tief. In einem mir vorliegenden Briefe fpricht 
fie fih unter anderm folgendermaßen darüber aus: 

„— Die unerwartete Todesnachricht (denn ich hatte 
alle Hoffnung er werde gerettet werben), hat mich fo tief 
erfchüttert und ſchmerzt mich jo fehr, daß ich mich auch 
förperlich höchft angegriffen fühle. Geiftig werde ich wohl 
immer ben traurigen Einprud von dem Berluft des täg- 
lihen Gefährten ver frühften, dem theilnehmenten 
Freunde der fpätern Zeit empfinden. Eine neue Yeere 
entfteht nun in meinem Innern und thut mir unenblid) 
wehe! —“ 

Am 10. Yuli 1848, mitten im Geräuſch und Toben 
einer gährenden neuen Zeit, ftarb auch fie und mit ihr 
unftreitig die talentvollfte, bedeutendſte Perſönlichkeit aus 
dem SKünftlerfreife jener großen Epoche. Ihr Thun und 
Laſſen hat zu vielfachen, verfchiedenartigen Urtheilen An- 


184 Caroline Iagemann, 


laß gegeben, Doch in einem Punkte ftimmen alle überein : 
Sie war eine geiftoolle, große Künftlerin ! 


Das „Kunſtkabinet“ der Großherzoglichen Hofbiblio- 
thef zu Weimar bewahrt ein Portrait der Caroline 
Jagemann als Sappho, gemalt von Kolbe; es zeigt 
ein ausdrucksvolles, ſchönes Antlitz, doch dürfte die Künft- 
lerin bier wohl in reifern Jahren dargeftellt fein. Daſſelbe 
hängt in dem dritten der Zimmer und in der Geſellſchaft 
der Bilpniffe von Mad. ve Lavallière als Karmeli- 
terin und der Margquife von Fontanges. Es ift das 
einzige Bild, welches meines Wiffens von ihr in ber 
Deffentlichkeit exiftirt und erinnert in etwas an ein ähn- 
liches Koſtümportrait ihrer großen Kunftgenoffin Schrö- 
der-Devrient. 

Das von ihr geführte, von Karl Auguſt verliehene 
Wappen, ſo viel ich es aus einem ziemlich verwiſchten 
Abdruck eines Siegels auf einem Briefcouvert von ihr 
entziffern kann, beſteht in einem geſpaltenen deutſchen 
Schilde, deſſen rechte Hälfte im blauen Felde eine kaum 
zu enträthſelnde Figur zeigt, die indeſſen (nach dem 
Diplom) rothe Flammen mit gelben Blitzſtrahlen darſtel⸗ 
len ſoll. (Es war dies das eigentliche ihr von Karl 
Auguſt verliehene Wappen des Ritterſitzes Heygendorf, 
wozu noch auf dem Helme die Schildfigur und blau und 


nachherige Frau von Heygenborf. 185 


goldene Deden gehörten.) Die Iinfe Hälfte ift quers 
getheilt, enthält im obern goldnen Felde einen geftürzten 
rothen Anker, im untern filbernen Felde ein Schwarzes 
Hifthorn mit geldenen Spangen und fchwarzer Schnur, 
innerhalb berfelben einen goldenen fechsedigen Stern. 
Der gefrönte Helm trägt als Kleinod vier Federn (roth, 
grün, ſchwarz und filbern). Diefes Wappen war das 
eigentliche Wappen der Familie Jagemann. 1595 wurde 
es einem ihrer Vorfahren, dem. Braunſchweigiſchen geb. 
Kath und Kanzler Dr. Jagemann, vom Kaiſer Rudolph IL. 
verliehen. Die Deden diefes Wappens (auf dem Siegel 
fehlend) find, rechts: ſchwarz und filbern, links: roth 
und golden. 





XVII. 
Graff und fein geheimer Kontrakt. 


Johann Jacob Graff, obgleih als vortreff- 
licher Künftler befannt und anerkannt, hat doch feinen 
Ruf in weitern Kreifen vor allen Dingen der Uebernahme 
und Durchführung des Schillerihen Wallenftein’S zu 
verbanfen. — Nach eigener Mittheilung wurde er 1769 
zu Köln geboren, ſtudirte Theologie in Straßburg und 
lebte dann, durch die franzöfifchen Unruhen aus Iegterer 
Stabt vertrieben, in Holland , bis er endlich wieder nad 
Köln zurückehrte und fi der Bühne widmete. Sein 
Debüt, erftes Auftreten, fällt auf den 9. April 1789 und 
fand ale Caſſio in „Othello“ ſtatt. Er fpielte dann 
in Mainz, Kafjel, Trier und andern Orten mehr, und 
fam 1793 nad) Weimar. In jenem Jahre fanden die 
erften bedeutenden Perjonal= Veränderungen bei dem 
neuen Hoftheater ftatt: Amor, Einer, Fiſcher, Gatto, 
Krüger, Mattſtedt und Andere mehr gingen zu Oftern 
ab. Graff vebütirte am darauffolgenden 5. Juni ale 
Hofrath Reinhold in den „Hageftolgen” von Iffland, 
gefiel und wurde fofort und befonders für das Fach der 
Helden und Helvenväter engagirt, während Malcolmi das 


190 Graff und fein geheimer Kontraft. 


ber humoriftifchen Alten ausfüllte. Ein reges, echt fünft- 
leriſches Streben, Fleiß und achtungswerthes Betragen 
fiherten ihm die Gunft feiner Vorgefegten, des Publi- 
kums, zugleich feine Stellung und den Ruf eines wadern 
Künftlers. Doch troß all diefen guten Eigenschaften 
zauderte Schiller, ihm die Rolle des Wallenftein zu über- 
tragen. Schon ein Jahr vor der Aufführung (1798) 
hatte er fein Augenmerk auf Schröder gerichtet und Unter- 
handlungen mit diefem, bezüglich ver Uebernahme biefer 
Rolle, angeknüpft. Erſt als Schröber, nach vielfachen 
Schwanken, definitiv abgelehnt, wendeten Schiller und 
Goethe fid) an Graff, übertrugen ihm bie bebeutende 
Rolle und unterjtügten ihn beim Studium derfelben mit 
Rath und That. Daß Graff dieſe gewaltige Aufgabe 
zur Zufriedenheit der beiden Dichter glüdlich durchführte, 
daß Schiller ihm nad) der zweiten Aufführung der „Pic- 
colomini“, unterm 8. Februar 1799 von Vena aus, in 
einem eigenhändigen Briefe auf das herzlichite dankte, 
ihn beglückwünſchte, ift hinlänglich bekannt. 

Graff hatte ſich durch dieſe glückliche Leiftung mit 
einem Male zu einem Darfteller erften Ranges empor⸗ 
geſchwungen und war, fo zu fagen, von nun an ein unent- 
behrliches Mitglied ver Weimarer Hofbühne geworben. 
Solches mußte natürlich auch auf feine pekuniären Ver⸗ 
hältniffe von bedeutendem Einfluß fein. Er befam eine 
Zulage zu feiner wöchentlichen Gage und |päter, da man, 
der übrigen Mitglieder Halber, feine Gage nicht mehr zu 


| 


Graff und jein geheimer Kontraft. 191 


fteigern wagte, von 1802 an.einen jährlichen „gehei- 
men Zufhuß“ von 104 Thlen., ſodann im folgenden 
Sabre noch die Berechtigung zu einer Penſion von 200 
refp. 300 Thlen. für den Wall eines nöthig werdenden 
Rücktritt von der Bühne*). Ganz im Stillen wurde 
in leßterem Jahre ein geheimer Vertrag mit ihm abge- 
ſchloſſen, der ihm dieſe und noch einige andere Vortheile 
fiherte. Diefes Dokument aus dem Nachlaß Graff’s Liegt 
im Original vor mir, Nachdem der frühere, alte Kon- 
traft beftätigt und erneuert worden, heißt es: 
„Dorftehender bis Oſtern des nächſten Jahres 
dauernder Contraft wird von den Contrahenten auf zwey 
Jahre, bis Oftern 1806 hiemit verlängert. Dabey ver- 
ſpricht die Fürftl. Hoftheater - Commiffion dem Herrn 
Staff: 
. 4 
Den im vorigen Jahre bereitS verwilligten geheimen 
Zuſchuß von Einhundert und vier Thaler jährlich), fer- 
nerhin bis Oftern 1806 auszahlen zu laſſen. 
2, 
Mit Höchfter Genehmigung und in Gemäßheit eines 
unterm 3ten Jänner d. I. an die Fürftl. Commiſſion 
ergangenen gnädigften Nefcriptes, wird Herrn Graff, im 


) Malcolmi hatte ähnliche Zufiherungen, und er und 
Graff waren demnad die erften „Lebenslänglich” mit Benfion 


engagirten Mitglieder der Weimarer Hofbühne. 


nn — 


192 Graff und ſein geheimer Kontrakt. 


Fall derſelbe durch Alter oder Krankheit in den Fall kom⸗ 
men follte, die Obliegenheiten eines Schauspielers nicht 
weiter erfüllen zu können, hiermit gleich Herrn Malcolm, 
eine jährliche Benfion von Zweyhundert Thaler und nad 
Berlauf von ſechs Jahren, von Dreyhundert Thaler 
jährlich zugefichert. 


Da Herr Graff anjett eines Kapitals zur Bezahlung 
verfchievener Rüdftände von Zweyhundert und Fünfzig 
Thaler benöthigt ift, fo verſpricht die Commiſſion die 
Berbürgung für diefes Capital zu übernehmen. 

4. 

Mit dem Duartal Johannis d. J. hört der Abzug 
von Herren Graff'8 Gage auf, und werden, zur Abſtoßung 
des aus Fürftl. Hofkaſſe gefchehenen Vorſchuſſes an Ein- 
hundert Dreyundadıtzig Thaler, fo wie zur fucceffiven 
Abzahlung ermelveten Capitals von Oftern d. I. an, 
aus Serenissimi Scatoulle jährlih Einhundert Thaler 
Courant abgezahlt. 


Sollte zu Oftern 1806 Herr Graff auf längere Zeit 
wieder zu contrahiren geneigt fein, jo dauert die Zahlung 
ver jährlihen Einhundert Thaler aus Serenissimi Sca- 
toulle fo lange fort, bis der Reſt des Kapitals gänzlich 
abgezahlt jeyn wird. Im entgegenfegten Falle aber 
bezahlt Herr Graff vor feinem Abgange, den Reſt in 
ungertrennter Summe zurüd. 








Graff und fein geheimer Kontraft: 193 


Urkundlich ift dieſe Contrafts-Verlängerung in zwei 
gleichlautenden Eremplaren abgefaßt, von den Eontrahen- 
ten unterjchrieben und jedem Theile ein Exemplar davon 
eingehändigt worden. 

So gejhehen Weimar, ven 4. Juni 1803. 

Fürftl. Sächſ. Hof-Theater-Commiffion 
J. W. Goethe F. Kirms.“ 

Dieſer Kontrakt gewährte Graff nicht unbedeutende 
Vortheile, doch mag er wohl auch mit ein Band geweſen 
fein, welches den gewiß oftbegehrten Künſtler an Wei- 
mar feflelte. 

Graff verblieb noch lange Jahre in Weimar und in 
Thätigfeit. Er erlebte Goethe's Rüdtritt von der Bühne, 
das Regiment des Grafen Edling, des Baffiften Stroh: 
meyer, Karl Augufts und dann Goethe's Tod, fowie bie 
Intendanz des Grafen Spiegel. Am 9. April 1839 
war ihm vergönnt, fein 5Ojähriges Künftler - Jubiläum 
zu feiern, wobei ihm von allen Seiten, vom Hofe, von 
feiner Behörde, feinen Kollegen und dem Publikum, die 
ſchönſte und ehrendfte Anerkennung zu Theil wurbe. 
Eine hübſche Gabe hatte ihm fein Kollege und alter 
Freund Lorking dargebracht. “Derfelbe, zugleich ein vor- 
trefflicher Zeichner, zeichnete Graff, als bleibende Erin- 
nerung an jenen jeltenen feftlihen Tag, auf Stein 
und überlieferte uns fomit das Bild, die Züge des 
wadern Künftlers. Eine behäbige Geftalt mit noch fräf- 


tigen gutmüthigen Zügen tritt ung in dem Bilde ent- 
Pasqué, Goethe's Theaterleitung. II. 43° 


194 Graff und fein geheimer Kontraft. 


gegen, geziert mit einer „Ehrenbufennavel“ und in der 
Hand die Rolle des Dallner mit dem Spruch: „Wahr- 
heit gelobe ich Ihnen und Fleiß bis an das Ende meines 
Lebens. * 

Für al diefe Beweiſe ver Liebe und Theilnahme 
dankte Graff in einem Gericht von neun Strophen. Eine 
berfelben lautet: 

„— Es fiel mir anfangs ſchwer jo wieder das zu geben 

Getreu und recht nach unfrer Dichter Sinn. 

In meinem Innern war ein Wiberftreben, 

Ich wünſchte mir oft andre Schlüffe hin. 

Dem Mar hätt’ ich Die Thekla gleich gegeben 

Und Egmont ließ ich Klärchen wegen leben. —“ 

Es war dies Gedicht gleichfam fein Abſchiedsgruß 
an das Publikum, denn feine PBenfionirung war aus 
geſprochen worden und erfolgte auch am 1. April des fol⸗ 
genden Jahres 1840. Noch einmal ließ er ſich herbei, 
die Bühne zu betreten und wohl bei einer befondern Ge— 
legenheit. Es war am 12. Mai 1842 und dieſe feine 
letzte Rolle, fein wirklicher Abfchied von der Bretterwelt, 
ver eigentlihen Welt des Schaufpielers, war der Abbe 
de !Epee. — Sein Name wird in den Annalen des 
Theaters fortleben, er it unzertrennlid) von unſeres 
Schiller's Meifterwert Wallenftein. 


XIX. 
Pins Alexander und Amalia Wolff. 





Keider Abgang von Weimar 1816; peinlihe Mißhelligkeiten; 
Wolff's Tod. 


13* 


Eine der [hmerzlichften Erfahrungen, die Goethe in 
feiner theatraliſchen Wirkſamkeit zu machen hatte und bie 
feinen Entſchluß, von der Leitung der Weimarer Bühne 
zurüdzutreten, mit vorbereitete und ihm in der Ausführung 
erleichterte, war der Abgang ver beiven Wolff von 
Weimar, Goethe's bedeutendſte und liebſte Schüler, wel- 
cher zu Oſtern des Jahres 1816 erfolgte. Indeſſen 
war ihm damals ſchon durch mancherlei Intriguen das 
Theaterweſen ziemlich verleidet worden; wäre das nicht 
geweſen, ſo hätte er dieſes ſich von ihm Abwenden ſeiner 
beiden Lieblinge noch tiefer und ſchmerzlicher empfunden 
und auch wohl lauter geäußert, als es unter den obwal- 
tenden Berhältnifien der Fall fein konnte und auch war. 

Pins Alerander Wolff war der Sohn eines 
Buhhandlers zu Augsburg und geboren dafelbft am 
3. Mai 1783. Er wurde von feinen Eltern anfänglid) 
zum geiftlichen Stande beftinmt, dann aber, als er feine 
Neigung zu den theologifchen Studien zeigte, als Hand» 
Iungslehrling nad) Berlin gethan. Nach überftandener 


198 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


Lehrzeit machte er eine Reife nad) Frankreich und trat zu 
Straßburg mehrmals mit Erfolg auf einer Liebhaber⸗ 
bühne auf, was ihn beftimmte, fich ganz dem Theater zu 
widmen. Cr wendete ſich an Goethe, und von diefem 
freundlich aufgemuntert, fam Wolff im Sommer des Iahe 
res 1803 nad) Weimar, genoß den belehrenvden Umgang 
Goethe's und vebätirte endlich, zugleich mit dem jungen 
talentoollen Grüner, am 1. Oftober 1803 in Julius 
Cäſar, Wolff ale Cinna und Marcellus, Grü— 
ner als Lucilius. Kurz nachher ſchon fpielte Wolff 
den Seide in dem von Goethe bearbeiteten Voltaire ſchen 
Mahomet und rafch errang er ſich die volle Gunft des 
Meifters jowohl als auch des Hofes und des Publikums, 
Goethe würdigte ihn befonderer Unterweifung und eine 
glänzende Reihe herrlicher Leiftungen war die Folge da— 
von. Goethe's Taſſo wurde durch Wolff auf vie 
Bühne gebracht und dargeftellt, ebenfo Hamlet, nad 
Schlegels Ueberfegung und Wolffs Einrihtung, Romeo 
und Julie nad Goethe's Bearbeitung, Calderons Dra⸗ 
men, darunter vor allen der ſſandhafte Prinz. In 
all feinen Darſtellungen erwarb ſich Wolff Goethe's Bei— 
fall und Letzterer nannte ihn mit Freude und Stolz ſeinen 
Zögling. Später noch, nachdem Wolff längſt Weimar 
verlaffen, fagt Goethe bei Erwähnung feiner eignen 
Bühnenthätigfeit über ihn: „So viel ich auch ins Ganze 
gewirkt habe, und fo manches durdy mich angeregt worden 
iſt, jo kann ich doch nur einen Menſchen, der ſich ganz 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 199 


nad meinem Sinne von Grund auf gebilvet hat, nen⸗ 
nen: das war der Shaufpieler Wolff.“ 
Amalia Wolff, feine Gattin, war eine Tochter 
des Schaufpielers Malcolmi, und zwar veflen jüngfte 
(er hatte deren drei, ſodann noch zwei Stieftöchter, die 
fanmtlih, mehr oder minder lange, auf der Weimarer 
Bühne befchäftigt waren). Geboren am 11. Dezember 
1783 zu Leipzig, kam fie mit ihrem Bater, ihrer Familie 
1788 nad Weimar und betrat dafelbft das Theater zum 
erften Male 1791 am 15. Dezember als Juſtel im 
Alchymiſt und wurde dann fort und fort in Finder: 
rollen, zweiten Liebhaberinnen, jowie auch zweiten und 
britten Rollen in ver Oper beihäftig. Im Sommer 
1802 heirathete fie einen Herrn Miller, und trat 
als Madam Miller am 25. September 1802 wieder in 
. Weimar auf. Diefer ihr erfter Mann muß bald darauf 
geftorben fein, denn am 7. Oftober 1803 heirathete fie 
den Schaufpieler und Regiſſeur Beder (von Blumen= 
thal), ven Wittwer der 1797 verftorbenen Chriftiane 
Neumann=Beder Al Madam Becker trat fie am 
8. Oft. ale Bortia in Julius Cäſar auf und zwar 
neben ihrem fünftigen Manne Wolff, welcder an jenem 
Abende wahrfcheinlich feinen zweiten Verſuch machte. Im 
Jahre 1805 wurde fie von Beder geſchieden und heirathete 
nun am 26. September deſſelben Jahres ihren dritten 
Mann Pins Alerander Wolff. Als Madam Wolff 
figurirte fie zum erften Male auf vem Zettel am 30. Dezem⸗ 


200 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


ber 1805 und zwar als Johanna im Portrait ber 
Mutter. 

Dies ihre äußern Lebens⸗Umſtände bis dahin. Ihre 
künftlerifche Entwidlung war eine gar eigenthümliche. 
Anfänglich nur in untergeorbneten Rollen beichäftigt, 
mußte das junge Mädchen ſogar Alte fpielen, wie bie 
Herzogin von Friedland im Wallenftein und 
die Kennedy m Maria Stuart. Doch fie ent- 
ledigte fich diefer Aufgaben in jo gelungener Weife, daß 
Schiller felbft ihr das ſchönſte Prognoftilon als tragifche 
Schaufpielerin jtellte.e Nach dem Abgang der Madam 
Vohs von Weimar erft trat fie wirklid in das tragifche 
Fach über und die Erbſchaft der gefchievenen Künftlerin 
an. Cie fpielte nun die Sphigenia und das Clär= 
hen, die Eboli und Maria Stuart und glänzte 
ipäter als Ifabella in der Braut von Meffina 
und als Jungfrau von Orleans, welde letztern 
Rollen fie in Weimar (die erfte verfelben überhaupt) zum 
erften Male darſtellte. 

Ihre Verheirathung mit Wolff konnte für bie 
Künftlerin nur anregend und fürbernd fein, und Bei- 
der Zuſammenwirken in Taſſo (Prinzeffin und Titel» 
role), Romeo und Julie und in fo vielen andern 
bedeutenden Erzeugniffen deutſcher und ausländischer 
bramatifcher Literatur Lieferte ebenfo viele Beweife für 
das eifrige, echt Fünftlerifche und erfolggefrönte Streben 
beider Künftler. Auch auf fie war die Einwirkung 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 201 


Goethe's von bebeutendften Einfluß und berjelbe ließ es 
daran, an Belehrung, Anregung und Aufmunterung, nicht 
fehlen. Diefes und die dadurch erzielten großen und 
fhönen Refultate machten fie ſowohl, als auch ihren 
Gatten, dem Meifter Yieb und werth. — Um fo pein- 
ficher mußte es für ihn fein, als beide Künftler plöglich 
Anftalten machten ihn und fein Theater zu verlaffen. Sie, 
bie er vollitändig herangebilvet, die er als die Einzigen 
anerfannte, die ganz in feine Grundſätze eingedrungen, 
ftet8 nur in feinem Sinne gehandelt hatten, die ſchon feit 
längerer Zeit die Hauptftüten feines Inftituts waren, 
gaben ihn und ven Kreis ihrer bisherigen Wirkfamteit, dem 
er noch unmer vorftand, auf, riſſen gewaltfam eine faft 
nicht auszufüllende Rüde in die von ihm gefchaffene Bret- 
terwelt! Wahrlich Urfache genug, um dem, ohnehin durch 
die vielen „Avancen” und Intriguen der Schaufpieler, 
die er zu erdulden hatte, des Theaters fattjam überbrüffig 
gewordenen Goethe daſſelbe mehr und mehr zu verleiven! 

Wenden wir nun dem Abgang der beiden Künſtler 
von Weimar einige nähere Aufmerkfamfeit zu. 

Nah Iffland's Tode hatte pas Berliner Hof- 
theater mandye Veränderungen erlitten. Graf Brühl 
war zum oberften Chef des Theaters ernannt worden und 
gedachte dafjelbe neu und glänzend zu organifiren. Lud— 
wig Devrient hatte die ihn noch von Iffland bereitete 
Stellung angetreten; ba ftarb am 16. Auguft 1815 
Madam Bethmann (früher Unzelmann), wodurch 


202 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


das Perfonal der Hofbühne einen anfcheinend unerfes- 
lichen Berluft, die Neu-Organifirung deſſelben eine em- 
pfindliche Störung erlitt. Ein Erſatz mußte geſucht und 
gefunden werben, und Graf Brühl dachte fogleih an 
Madam Wolff, die von ihrem Gaftfpiel auf der Berliner 
Hofbühne im Jahre 1811 noch im allerbeften Andenken 
ftand. Wolff felbft war eine höchft erwünſchte Bereiche- 
rung bes Perfonals, und fo machte man denn Anftalt zur 
Gewinnung der beiden Künftler, vorfichtig und geheim- 
nißvoll, hinter dem Rücken Goethe's*). 


) Diefe Handlungsweife des General-Intenbanten Gra- 
fen Brühl Eontraftirte in etwas mit den, in dem bier folgenden 
Briefe deilelben an Goethe ausgefprochenen Gefinnungenn. 
Wenige Jahre vorher, 1812, empfahl nämlich Graf Brühl den 
jungen Dürand mit folgenden Zeilen nah Weimar und an 
Goethe. 
„Seifersdorf den 23. September 1812. 

Da bie frohe Hoffnung Ew. Excellenz noch in Töplitz zu 
treffen mir leider vereitelt worden, jo muß ich — felbft auf Die 
Gefahr Ihnen beſchwerlich zu fallen — die Feder ergreifen. Sie 
waren ja fonft jo gütig, fo nachſichtsvoll, fo freundlich gegen 
den kleinen Lolo, gaben ihm auch noch fpäterhin jo mandhe 
Beweiſe Ihrer Freundſchaft und Ihres Wohlwollens, daß er 
glaubt es mit Zuverficht wagen zu bürfen, Ihnen werther Herr 
Geheimerrath eine recht dringende Bitte zur Beherzigung vor: 
zutragen. 

Ein junger Menſch aus Berlin, rechtlich und gut, der mir 
dort öfters zum Abfchreiben dient, weil er eine ſchöne Hand 
und orthographiſch richtig ſchreibt, auch recht artige Schulfennt- 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 203 


Etwa zur felben Zeit, im Juli 1815, befand fich 
Wolff mit feiner Gattin im Bade zu Pyrmont. Seine 
ſchwache Geſundheit hatte ihn genöthigt feinen biesjäh- 
rigen Urlaub von drei Wochen zu einer Badekur zu bes 
nugen, und fo war er denn Anfangs Juli 1815 in Be- 
gleitung feiner Frau nach Pyrmont gezogen. Goethe 
hoffte ven Künftler neugelräftigt und geftärkt an Körper 
und Geift zum bevorftehenden Beginn der Saifon am 
1. Auguft wiederzufehen. Doc ftatt feiner langte das 


niffe beſitzt; wünſcht — und zwar mit einer allen VBorftellungen 
wiberftebenden Leidenſchaftlichkeit — Schaufpieler zu werden, 
und bat die fefte Meberzgeugung, daß man nur auf dem Wei: 
marifchen Theater — unter der Leitung eines Mannes, der wie 
Sie verebrter Herr Geheimerratb alles umfaßt was die Kunft 
in allen Fächern, Hohes und Vortreffliches liefert, zum eigent- 
lichen Künftler gebildet werden kann. Natürlich konnte ich ihn 
in diefer Meinung nur beftätigen, ihm auch nicht rathen feine 
Laufbahn auf dem Berliner Theater anzufangen, ba e8 leider 
durch Iffland's Einſeitigkeit, zunehmende phyſiſche umd 
vorzüglich moralifde Schwäche und fehr proſaiſche 
Leitung für das eigentliche Stubium der Kunft von Jahr zu 
Jahr ſchlechter wird. 

Das Organ meines Schützlings kann man eher angenehm, 
als das Gegentheil nennen; ſeine Geſtalt und ſein Geſicht ſind 
empfehlend und werden ſich auf der Bühne gut ausnehmen! 
Zwar hat er noch — was man im Franzöſiſchen, un air un peu 
niais nennt, aber gewiß würde ſich das bald verlieren. — Erift 
bereits mit Beyfall auf mehreren gefellichaftlichen Theatern auf: 
getreten und wird es gewiß an anhaltendem Fleiß und Beftre- 


204 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


folgende, wenig tröſtlich lautende Schreiben in Weimar 
und bei Goethe an, welches Kirms als unterm 26. Juli 
1815 eingegangen notirte. 
» Pyrmont den 20. July 1815. 
Em. Excellenz Hoch⸗ und Wohlgeboren 

werben verzeihen daß ich meinem Berfprechen gemäß 
nicht den 29ten dieſes mit meiner Frau in Weimar ein- 
treffen fann. Wir find nun in der ten Woche hier und 
hatten nod) feinen Tag ohne Regen, dies, und daß mid) 


ben fich zu bilden nicht fehlen Yafjen um ſich Ew. Ercellenz 
Protektion wärbig zu machen. Er glaubt fi) durchaus zum 
Schaufpieler berufen, und bat freylich in ber Laufbahn in wel⸗ 
cher er jet fteht, fein Glück zu erwarten! 

Ganz unendlich fehne ich mich, mein geliebtes Weimar und 
meine Freunde und Gönner — deren Andenken mir jo theuer 
und werth ift, wieder zu jehen. Wenu ich fage, daß Sie ver- 
ehrter Herr Geheimerrath hierbey oben an ftehen, fo fage ich 
mir felbft Dadurch nur eine Schmeicheley, daß ich glaube, Ihren 
ganzen Werth zu fühlen, und die Güte und Xiebe, bie Sie mir 
von jeher bewiejfen haben, fo zu würdigen wie fie e8 
verdient. Meine Verehrung ift ber treuen unerjchütterlichen 
Anhänglichkeit gleich, mit welcher ich unveränderlich bin 

Em. Ercellenz gehorfamft ergebenfter 
Carl Brühl. ‘‘ 


Goethe engagirte den fo warm empfohlenen Dürand; 
was er aus ihm, troß feinem ‚‚air un peu niais‘‘, gemacht, 
was Dürand fpäter dem Weimarer Hoftheater geworden, tft 
zur Genüge befannt. 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 205 


bie Kur fo außerordentlich angreift, find Die Urſache mei- 
ner Berfpätung. Ich glaubte nur 24 Bäder nehmen zu 
bürfen, ver Arzt bat mir zum allerwenigften 30 verorb- 
net, ja er ſprach foger von 50 bie zur Herftellung meiner 
zerrütteten Geſundheit nöthig wären. Sch werde es aber 
bei 30 bewenden lafjen, und bitte Hochdieſelben zu ver- 
zeihen, wenn ih 8—10 Tage fpäter in Weimar ein- 
treffen ſollte. Eine zweite Bitte, deren Gewährung mir 
ſehr am Herzen liegt, ift folgende: Der Arzt hat mir 
ausdrücklich unterfagt die erfte Zeit nach der Kur zu fpie- 
Ien, und mir verorbnet in der Yandluft und der größten 
Ruhe eine Nachkur zu gebrauchen, ich bin alſo gezwungen 
Hochdieſelben für meine Berfon noh um 5 Wochen 
Urlaub zu bitten, ich habe dies ſchon vorher geahnt, und 
Ihro Königl. Hoheit unfern gnäbdigften Großherzog darum 
gebeten, und Höchft Dero Erlaubniß dazu erhalten. 

Mit der vollkommendſten Hochachtung verharret 


Em. Ercellenz Hod und Wohlgeboren 
gehorjamfter Diener 
Wolf.“ 


So unangenehm e8 Goethe auch gemwejen fein muß, 
über den Darfteller Wolff, anftatt wie er verhofft am 
erften Auguft, nunmehr erft Mitte, oder gar gegen Ende 
des September disponiren zu fünnen, fo bewilligte er 
doch großherzig das Geſuch des Fränflichen Künftlers — 
der ſchon mit Umgehung Goethe's ſich die Zufage des 


206 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


Großherzogs zu verfchaffen gewußt hatte; auch ein Punkt, 
der Goethe gewiß empfindlich berührt haben muß, erhielt 
das ganze Urlaubs⸗Geſuch dadurch doch mehr ven Charak⸗ 
ter einer Notifizirung, denn einer Bitte. Indeſſen 
war Goethe gewiß edel genug, diefes Umgehen dem Künft- 
ler nicht nachzutragen, es fcheinbar vollftändig zu igno= 
riren. Um fo peinlider muß es berühren, wenn man 
annimmt, daß grade biefer fo großmüthig zugeftandene 
weitere bedeutende Urlaub von Wolff dazu benutt wurde, 
insgeheim mit Berlin: zu korrefpondiren, einen Kontrakt 
für fi) und feine Frau mit dem Grafen Brühl und hin⸗ 
ter dem Rüden Goethe's definitiv, bindend abzufchließen. 

Der vorfichtige Kirms, der Derartiges geahnt haben 
mag —, der plöglich erfolgte Tod der Bethmann hatte 
hauptfächlich folde Gedanken bei ihm wach gerufen — 
fand es demnach für gut, ein vertrauliches und Außerft 
biplomatifches Schreiben in dieſer Angelegenheit nad) 
Berlin und an den damaligen Sekretair des bortigen 
Hoftheaters Esperſtedt zu richten. Daſſelbe, ein 
- äußerft harafteriftifches Dokument, Tiegt in dem eigen- 
händigen Koncept Kirms’ vor und lautet: 

„Weimar ven 3. September 1815. 

Durch Herrn Dunter erfuhr ich vor kurzem daß 
Ste meiner freundlich gedacht hatten: e8 war mir fehr er⸗ 
freulih. Rechnen Sie immer auf mich, ich werde, wo 
ih Tann, Ihnen jeberzeit gerne etwas Angenehmes er⸗ 
zeigen. 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 207 


Unferm Fremd Iffland, dem Sie fo gerne ein 
Monument fegen wollen, ift Madam Bethmann balo 
— plöglich nachgefolgt. Sie erleiden wieder einen großen 
Berluft. Es werben fich zu ihrer Stelle viele melden, 
allein Sie werben feine Bethmann wieder bekommen, in 
welcher ſich alles vereinigte. 

Bor einigen Tagen war Madam Renner mit ihrem 
Freund Holbein hier, und weil fie von Carlsruhe war, 
befam fie die Erlaubniß hier eine Darftellung zu geben. 
Sie ift fehr routiniet und auch Herr Holbein fein übler 
Schaufpieler. Ich glaube fie werben fich bei dem Grafen 
Brühl melven. 

Herr und Madam Wolff waren in Pyrmont, bey: 
den, zumal ihm, ift aber das Bad nicht gut befommen, fo 
daß er um auf das Land zu Herrn Schröpfer zu gehen, 
um noch fünf Wochen Urlaub gebeten hat. 

Sollten dieje Leute fi) bey dem Herrn Grafen Brühl 
nicht gemeldet haben, da jett zu Michaelis ihre Contracts⸗ 
Berlängerung wieder eintritt? 

Es kann hier niemand gehalten werben, wenn ber 
Contract zu Ende ift, wir fchiden aber auch nicht leicht 
Jemand weg, ber zumal wie Wolffs hier herangezogen 
worden und fo lange hier engagirt waren. 


Sie können überzeugt feyn daß fie Das hiefige Then- 
ter, bey feiner Schwäche und Kränklichkeit mit einem 
größern im Ernſte nicht vertaufchen mögen, ſondern nur 


208 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


die Abficht haben mit vergleichen Anträgen groß zu thun 
und ihre Bedingungen hinauf zu treiben. 

Wenn man den Vortheil der Theater⸗Caſſe berüd- 
fichtigen wellte, jo würde e8 wohlgethan feyn wenn man 
fie gehen ließe, da der Mann vielleicht bald gar nicht, 
bie Frau aber als Liebhaberin nicht lange mehr zu 
brauchen fein wird. Der Hof fiehet beyde aber gerne 
und daher muß man bei dergleichen Angelegenheiten im⸗ 
mer Rüdficht nehmen. 

Ihnen kann es an guten Schaufpielern nicht fehlen, 
uns aber, die wir die Rente nicht kennen, weil gewöhnlid) 
feine Gaſtrollen geftattet werden, fallt e8 immer jchwerer. 
Auf alle Fälle Tiegt mir fehr daran zu erfahren — Sie 
fönnen, wenn Sie es für nöthig finden, es dem Herrn 
Graf Brühl nebft meiner Empfehlung allenfalls eröffnen 
— 05 Wolff s fi) gemeldet und ob fie Hoffnungen und 
Anerbietungen zu einem Engagement in Berlin erhalten 
haben, over erhalten werden, weil man fich doch nicht 
gerne prellen läßt. 

Ich werde Sie nicht compromittiren und ftehe zu 
allen Gegengefälligleiten bereit. 

ꝛc. K.* 

Diejes Schreiben, welches deutlich zeigt, daß man im 
Weimar in Wahrheit nicht an einen Abgang ber beiden 
Wolff glaubte, hatte aber feinerlei Erfolg. Weder das 
harmlofe, verfhämte Anpreifen ver Madam Renner und 
ihres Freundes Holbein, noch das merfliche Herabjegen 


Pins Alerander und Amalia Wolff. 209 


ver beiden Wolff, noch jonftige Allerhächfte Andeutungen 
vermodten einen gewünjchten Erfolg herborzurufen. 
Gelbft die Heine Anfpielung auf das Gleichniß vom rei- 
hen Manne mit den vielen Schafen prallte am Grafen 
Brühl wirkungslos ab: der Königlich Preußiſche General- 
Intendant Graf Brühl vom Jahre 1815 war eben 
Goethe gegenüber ein ganz anderer geworben als ver 
„Lolo“ des (al8 Anmerkung mitgetheilten) Briefes von 
Anno 1812! — Die Unterhandlungen mit ven beiden 
Künftlern wurden vielleicht nur noch raſcher fortgeſetzt 
und zu Ende gebradit. 

Nachdem Wolff fih auf dem Lande bei Herrn 
„Schröpfer“ wieder recht erholt, in der zweiten Hälfte 
des Septembers in Weimar eingezogen, empfing Goethe 
denn aud pünktlich, zur Eontraftlich beftimmten Zeit, und 
fiher zu feiner nicht geringen Ueberraſchung, die formelle 
Kündigung des Ehepaars, freilich jo viel als möglich ein- 
gefleivet in Bedauern und Bethenerungen — welche letz⸗ 
tere inbeffen ganz ficher aus dem Herzen ber beiden 
Künſtler famen. 

Dieſer inhaltfchwere Kündigungsbrief der beiden 
Wolff an Goethe lautete: 


„Weimar den 28. September 1815. 
Em. Excellenz Hoch- und Wohlgeboren ! 
Mit ſchwerem Herzen fehreibe ich dieſe Zeilen nieder, 


bie von einem Tage zum andern verſchoben num nicht 
Pasque, Goethe's Theaterleitung. II. 414 


210 Pins Alerander und Amalia Wolff. 


länger verzögert werden dürfen, und mit einen wahrhaft 
wehmüthigen Gefühl ſehen wir uns gezwungen eines 
Scrittes zu erwähnen, ven wir nun bald zu thun ge= 
nöthigt find. 

Es iſt in den letzten Jahren unferer beinahe ver- 
ſtrichenen Kontraftzeit fo manches eingetreten, was ung 
zwang uns mit einem Gedanken befannt zu machen, ber 
uns früher ganz entfernt lag, ja, der und nie würde bei- 
gekommen fein, wenn ung bie Ueberzeugung geworben 
wäre, daß man es der Mühe werth gehalten unferen Be— 
ſchwerden abzubelfen, ja, wenn uns nicht felbft die Uns 
möglichfeit Davon wahrfcheinlic geworden wäre, indem 
man unfere Klagen ohne ihnen abzubelfen, nicht miß- 
billigte. So hat fi denn nad) und nach bei ung ein 
Entſchluß gebilvet , der, wir fagen e8 gerne, und manche 
Ueberwindung koſtete, zu beffen Ausführung wir noch 
manchem Kampf entgegenfehen, und von dem wir gegen- 
wärtig pflichtfchulbigft Anzeige thun, nämlich: fünftige 
DOftern als dem Ende unferer Kontraftzeit die Großher- 
zoglihe Bühne und Weimar zu verlaffen. 

Möchten wir die Ueberzeugung mit uns nehmen bür- 
fen, daß wir nidt al8 Undankbare angefehen werben! 
Mit dem tiefften Dantgefühl erkennen wir die Nachficht 
und den unſchätzbaren Beifall der Höchften Herrfchaften, 
bie Gewährung mandyer Gunft von Em. Excellenz Hoch 
und Wohlgeboren; und mit geredhtem Stolz empfinden 
wir das Glück, daß unfere Anlagen fid) dazu eigneten, 


.. Pius Alerander und Amalia Wolff. 911 


baß unfer großer und ewig verehrter Meifter und Lehrer 
feine höhern Anfichten und Erfahrungen über unfere 
Kunft vorzugsweife in uns nieberzulegen ſich veranlaft 
fühlte, und uns einer höhern, nähern und liebevollen 
Ausbildung würdigte. | 

Wir bewahren diefen aufmerffam gefammelten Schaß 
als ein heiliges Eigenthum; möge fein gefeiertes Genie 
barin einige Freude finden, daß Deutſchland, jo meit wir 
ihm befannt find, uns ftets mit würbiger Anerkennung 
als feine Schüler auszeichnete; möge unfere Dankbarkeit 
fi) darin ausfprechen, daß wir nad jeder gelungenen 
Leiftung die Blüthen des Beifalls an feinem Altare nie- 
verlegen ; möge felbft die Empfindlichfeit mit ber wir jede 
Geringſchätzung in ben hiefigen Berhältniffen unerträglich 
fanden, als ein Beweis gelten, wie jehr wir ihn hoch— 
ſchätzten. 

Trauernd ſcheiden wir von der Weimar'ſchen Bühne, 
der Wiege, der Schule, dem Ehrenfelde unſeres Strebens, 
ihr Andenken wird uns ewig theuer, jede Rückerinnerung 
heilig fein. Gönnen Ew. Excellenz Hoch und Wohlge- 
boren uns nod) während unferes Hierſeins gnädigen 
Schuß, und genehmigen Hochdiefelben die Berficherung daß 
wir Zeitlebens mit tiefer Hochachtung verharren werben 

Em. Excellenz Hoch und Wohlgeboren 
gehorjamfte 
Wolff, 
Amalie Wolff.“ 
14* 





212 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


Was mag der Meifter empfunden haben beim Lefen 
dieſes Briefes? Gewiß überfam ihn ein bitteres Gefühl 
über den Undank der Menfchen im Allgemeinen und der 
Schaufpieler insbefondere, und die „eifernen Reifen”, 
womit fein Herz eingefaßt war, (mie er fehon lange, lange 
Sahre vorher der Frau von Stein gefchrieben) trieben 
ſich wohl fefter und feſter an, nur Unmuth und Bitterkeit 
durchlaſſend. 

Doch noch weitere Unannehmlichkeiten ſollten ihm 
dadurch, wie dieſe Angelegenheit vom Hofe aufgefaßt 
wurde, bereitet werden. Man muthete ihm von dorther 
zu, Wolff's zu „ſondiren“, unter welchen Bedingungen 
ſie etwa zu bleiben Willens ſeien. Doch dieſes Geſchäft 
wies Goethe ſtolz zurück und das mit vollem Recht: es 
bieße ja, im Fall eines Gelingens, feine, ven beiven Künit- 
lern zugewendete perfünliche Gunft und Freundſchaft un- 
ter ein paar Thaler wöchentliche Zulage ftellen! Der Hof 
fühlte wohl das Verlegenve diefer Zumuthung nicht, Goethe 
aber fiher um fo tiefer, wodurch die ganze Angelegenheit 
ihm nur unleidlicher, peinlicher werben mußte. 

Ein auf den Wunfc des Hofes bezügliches Billet 
des damaligen Erbgroßherzogg Carl Friedrich an 
Goethe lautet: 

(Weimar den 10. October 1815.) 

„Ich kann nicht glauben lieber Geheimer Rath, daß 
Sie ſich compromittiren, wenn Sie in Ihrem eigenen 
werthen Namen Wolff's ſondiren, um zu wiſſen was ſie 


Pins Alerander und Amalia Wolff. 213 


benn eigentlich für Bedingungen mahen? Da es dod) 
gewiß jehr zu wünſchen wäre jolche Künftler, wenn 
fie auch vielleicht nicht ganz Recht haben, hier zu 
behalten. 

Karl) F(riedrich) E. G. v. S. W.“ 


Die von Goethe abgelehnten Unterhandlungen wur- 
den nun vom Hofe ſelbſt geführt, doch ohne Erfolg, denn 
Wolff's waren eben ſchon in Berlin feit gebunven. End— 
(ih, als feines der angewendeten Mittel helfen wollte, 
erhielt die Hoftheater-Kommilftion ven Allerhöchiten Be— 
fehl, der Sache nunmehr ihren Yauf zu laffen, und fo dik— 
tirte denn erjt am 27. Oktober Goethe feinem damaligen 
Sekretair Kräuter -Die offizielle Antwort auf den Kün— 
bigungsbrief der beiden Wolff, ohne DBitterfeit, im 
Öegentheil, recht liebevollen Ausdrucks, fpäter fogar nod) 
einen ihm zu kalt-geſchäftlich klingenden Paſſus eigen- 
händig ändernd und mildernd. 


Hier diefe offizielle Goethe'ſche Antwort: 


„Weimar den 27. Oftober 1815. 
An die hiefigen Hoffhaufpieler Herr und Madam 
Wolff. 

Als die hieſigen Hofſchauſpieler, Herr und Madam 
Wolff unterm 28. September, den bisher beſtandenen 
Contrakt auflündigten, war die erſte Pflicht der Com- 
mission hiervon Serenissimo unterthänigiten Vortrag zu 


914 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


thun. Da auch derſelben nicht unbekannt geblieben daß 
höhern Orts gewiſſe Einleitungen getroffen worden, deren 
Reſultate abzuwarten Schuldigkeit war; ſo hat ſie einen 
Erlaß auf jene Eingabe bisher verzögert. Da ihr nun 
aber bekannt geworden daß es bey jener eingereichten 
Aufkündigung fein Bewenden babe, fo ſäumt dieſelbe 
nicht Herrn und Madam Wolff auch ihrerſeits (von den 
frühern Verbindlichkeiten los und ledig) zu erklären, daß 
ſie deren Abgang zu Oſtern nicht hinderlich 
ſeyn könne*), mit dem Wunſche daß ihre ſchönen 
Talente, welche ſo lange die Zierde der Weimarer Bühne 
geweſen, auch auswärts gebührend anerkannt und belohnt 
werden mögen. | 
Commissio 
©. F. K.“ 


Kirms, der obige Antwort am 28ten erpebiren ließ, 
muß derjelben indeffen nod eine Nachſchrift beigefügt 
haben, worin der, der Defonomie des Hoftheaters vor- 
ftehenne Geſchäftsmann noch Verſchiedenes über vorher 
noch zu berichtigende Vorſchüſſe und abzuliefernde Gar- 
verobeftüce niedergelegt. Wolff muß dieſes befremdend 
vorgefemmen fein, denn er richtete ſogleich das folgende 
Schreiben an Goethe. 


*) Die eingeflammerte Stelle war die urjprünglid von 
Goethe diftirte; fpäter ftrich er fie und fette dafür eigenhändig 
bie mit gefperrter Schrift gebrudte hinzu. 


Pins Aerander und Amalia Wolff. 215 


„Weimar, ven 2. November 1815. 
Ew. Excellenz Hod und Wohlgeboren 
danfen wir für die freundlichen und ſchmei⸗ 
helhaften Aeußerungen womit unjere Entlaffung vom 
27. Dctober begleitet ift. 

Wie wir nicht anders willen, ftehen wir bei der Fürftl. 
Hofthenter » Caffe in feinem Vorſchuß mehr, da wir feit 
mehreren Jahren unjern Gehalt abzugsfrei erhielten und 
alle früheren Geldvorſchüſſe theils durch wöchentliche Ab⸗ 
zahlung theils durch die Liberalität von: Em. Excellenz 
Hoch und Wohlgeboren getilgt ſind. Sollte indeſſen 
etwas uns Unbekanntes noch zu berichtigen ſein, ſo bitten 
wir es uns gnädigſt jetzt anzuzeigen, damit wir deshalb 
unſere Einrichtungen treffen können; ſo wie wir auch um 
das Verzeichniß der Garderobeſtücke erſuchen, welche wir 
abzugeben haben, weil meine Schwägerin die unſere 
Garderobe in Aufſicht hat, früher abreist, und im Falle 
daß wir etwas zu erjeßen hätten, foldyes noch in diefer 
Vrift gefchehen könnte, wodurch bei unferer Abreife von 
beiden Theilen jede Unannehmlichfeit in dieſer Hinficht 
vermieden wird. 

Mit ver volllommenften Hochachtung verharrt, Em. 
Ereellenz Hoch und Wohlgeboren 

gehorfamjter Diener 
Wolff.‘ 

Erft nad) einigen Monaten verfuchte Wolff diefe An« 

gelegenheiten zu ortnen. Die von ihm und feiner Yrau 


216 Pins Alerander und Amalia Wolff. 


benusten, dem Hoftheater zugehörigen Öarberobeftüde lie— 
ferte er ab und bezüglich des fraglichen Heinen Vorſchuſ⸗ 
jes juchte er auch einen Vergleich herbeizuführen. Er 
fchrieb im Januar 1816 an Goethe: 
„Weimar ven 18. Januar 1816. 
Em. Excellenz Hoch und Wohlgeboren ! 

Bergangene Woche haben wir die dem Großhl. Hof⸗ 
theater gehörigen Garberobeftüde an Die dazu Beorderten 
abgeliefert, es fehlt nur Weniges, welches wir leicht 
erfegen können; beſonders wenn Em. Excellenz Hoc und 
Wohlgeboren geneigt wären einige Koftüme die uns ges 
hören dagegen anzunehmen. Nicht gerechnet ven bebeu= 
tenden Stider- und Macherlohn, welchen meine rau in 
ver langen Reihe von Jahren jelbft berichtigt hat. 

Bon dem Herrn Hoftheater » Eafjier ift mir angezeigt 
worden, daß ich weiter in feinem Rüditand bin, außer 
20 Thlr. Vorſchuß datirt vom 21. Auguft 1813 Halle, 
laut Ouittung. Dieje Heine Summe wurde ung damals 
mit den Worten erlaflen: Da wir beftens dazu beigetra= 
gen, daß das Theater mit den wenigen Mitgliedern eine 
anfehnlihe Folge von Darftellungen geben fonnte (e8 
war nämlich in biefem Jahre nur das Schaufpiel in 
Halle), fo ſollte dieſes VBorfchuffes nicht weiter gedacht 
werben, daher kommt e8 aud) daß er mir in den vergan= 
genen 3 Jahren nicht abgezogen wurde. Indeſſen einſehend, 
daß wir bei unferm Abgange weiter feinen Anfprnd) auf 
irgend eine Vergünftigung zu machen berechtigt find, thue 


Pins Alerander und Amalia Wolff. 27 


ich hiermit den Borjchlag, wenn Em. Excellenz Hoch und 
Wohlgeboren auf ver Rückzahlung beftehen, einige Arbei- 
ten zu denen ich beauftragt war, al: Die Bearbei- 
tung des Hamlet; die Einrihtung des ſtand— 
haften Prinzen zc. ⁊c. aud mehrere Bücher 3. B. 
vie Partitur des Pygmalion, wofür ichy’in Berlin 3 Du: 
faten bezahlt habe, das Kamaeleon zc. 2c. dagegen 
anzunehmen. 


Wir würden e8 dankbar erkennen wenn Ew. Ers 
cellenz Hoc und Wohlgeboren ung die Gnade erzeigten 
über obige beide Angelegenheiten bald eine gnädige Reſo— 
Intion zu ertheilen, da es unfere Abficht ift Alles eheftens 
zu bejeitigen, woraus uns nod eine Unannehmlichkeit 
entjpringen Fönnte, um mit freundlihen Einprüden von 
ber hiefigen theuren Bühne zu fcheiven. 


Bon unferm kontraftlichen Urlaub haben wir Anno 
1814 zwei Wochen in Leipzig zugebracht, e8 bleiben ung 
alfo no 4 Wochen, wenn Em. Excellenz Hod und 
Wohlgeboren nicht die Woche rechnen welche wir vergan- 
genes Jahr in Gotha Vorftellungen gaben, und wir fra= 
gen hiermit an, ob e8 und demnach den 17ten oder 2Aten 
März erlaubt ift von hier abzureifen. 


Mit ver vollkommenſten Hochachtung verharret 
Em. Ercellenz Hoch und Wohlgeboren 
gehorfamster Diener 
Wolff. “ 


218 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


Goethe wollte mit der weiteren Regulirung dieſer 
Angelegenheiten nichts mehr zu thun haben; es war auch 
eine etwas ftarfe Zumuthung, die Wolff dem Dichter 
ftellte, fich mit feiner alten Garderobe, eine Art von 
Trödlergefhäft, befaffen zu wollen! — Goethe 
überließ feinem Mitpireftor Kirms, den proponirten Aus⸗ 
gleich des Vorſchuſſes, jo wie Die Garderobe » Angelegen- 
heit allein und endgültig zu reguliren. Diefer ging denn 
auch der Sache fofort und ohne Schonung zu Leibe und 
verlangte von Wolffs auf das Bejtimmtefte noch verfchie- 
dene Garderobeftüde, als dem Hoftheater angehörend, 
zurüd. Wolff, vem diefes jo pofitiv und nicht allzuhöflich 
geftellte Verlangen gewiß unerwartet kam, indem er wohl 
ber feften Meinung gewejen fein mag, alles, was nicht 
fein Eigen, dem Hoftheater bereits abgeliefert zu haben, 
gerieth außer fi und fandte als Antwort folgenven ful= 
minanten Brief an Kirms: 

(Weimar, etwa Ende Januar 1816.) 
„Em. Wohlgeboren ! 

werden die Güte haben mir beftimmt 
jagen zit laffen, was für Kleider meine Frau noch abzu= 
liefern hat; von dem Theater hat fie feines 
mehr in ven Händen, verlangen Sie aber die Ge- 
ſchenke Ihrer Kaiferlichen Hoheit an meine Frau, fo zei= 
gen Sie mir an mit welchem Recht Sie foldhe fordern 
fönnen. Sie beleidigen uns auf'8 gröblichfte indem 
Sie duch Ihr Verlangen uns den Schein geben als 


Pins Alerander und Amalia Wolff. 919 


behielten wir Sachen in Händen, die und nicht gehören. 
Ich fordere von Shnen eine bejtimmte Ehrenerflä- 
rung, oder ic gehe zu Seiner Königlichen Hoheit dem 
Großherzog und werde mir Recht zu verfchaffen willen. 
Sie haben es mit einem Manne von Ehre zu thun, 
betenfen Sie, daß Sie uns nichts meniger als des 
Diebftahls befhuldigen. Bringen Sie mid 
nicht aufs äußerſte! 

Ich verlange heute noch Antwort, oder werde ſie 
durch die Regierung verlangen. 

Wolff.“ 


Die Sache drohte verwidelt und vor allen Dingen 
höchſt unangenehm zu werden, und da man von beiden 
Seiten fih im vollften Rechte glaubte, fuchte jede Partei 
bei dem nun einmal ausgebrochenen Krieg fid) paſſende 
Waffen und Berbündete zu ſichern. Kirms hatte vor 
allen Dingen ven Grafen Edling, Oberhofmarſchall 
und Mitglied der Intendanz, auf feiner Seite. Diefer 
wandte fih nun um Auskunft in der Kleiderangelegen- 
heit an die Oberhofmeifterin Gräfin Henkel, erhielt 
auch foldye und fandte nun dem Geheimen Hofrath Kirms 
das folgende darauf bezügliche Billet: 

.„ (Weimar), den 3. Februar (1816). 

Nur jene Kleider die Gräfin Henkel Euer Wohl- 
geboren jelbft eingehänvigt hat, gehören dem Theater. 
Alle übrigen waren als Geſchenk für Madam Wolff 


220 Pins Alerander und Amalia Wolff. 


_ beftimmt. Die Frau Obrifthofmeifterin hat mir dieſes 
jo eben gejagt und tft erbötig es jchriftlich zu bejchei- 
nigen. 

E(dling). ” 


Goethe, welcher über ven aufgeregten, die Schranfen 
der Wohlanftändigkeit nur zu fehr verlegenvden Brief 
Wolff's wohl ebenfo verlett als aufgebracht worden war, 
ſandte nun nady Eingang obigen Billets und nad) vor- 
heriger Rückſprache mit Kirms dem gereizten,, fid) offen= 
bar im Unrecht befindenden Künftler als Antwort furzer 
Hand das folgende von ihm diktirte Billet ohne gewöhn— 
lichen Eingang und Unterſchrift, durch diefe Form ſattſam 
andeutend, wie fehr er Wolff's rüdfichtslofes Vorgehen 
mißbillige. 

„Don Kleidern, welhe Madam Wolff unmittel- 
bar von Ihrer Kaiferlichen Hoheit erhalten, ift nicht Die 
Rede, fondern von 2 reichen Kleidern, melde I. K. H. 
an Großherzogl. (Theater) Commiffion gegeben und 
welhe Madam Wolff, Eines vor ihrer Reife nad) Leip⸗ 
zig und Berlin (alfo 1811), das andere zur Jenobia 
auf dem Hof-Amte aus den Händen des Herrn Geheimen 
Hofrath Kirms ſelbſt erhalten.“ 

Wolff, der ſich unter andern Perſonen Goethe's 
Sohn, den Kammerrath Auguſt von Goethe, als 
Beihülfe erſehen, übermachte dieſem das obige Billet, fol— 
gende Erläuterungen und Vorſchläge brieflich beifügend: 


{ 


Pins Alerander und Amalia Wolff. 2321 


„Weimar, den 15. Tebruar 1816. 
Theuerfter Freund! 

Unfern beften Danf daß Sie fi der Sache mit 
unterziehen; da8 Ganze ſcheint ein Mißverftänpni zu 
fein, was mündlich leicht zu löfen wäre. 

Das Kleid wovon in inneliegendem Billet die Rede 
ift und vor der Abreife nad) Leipzig und Berlin an meine 
Frau gefommen, hat fie zur Zenobia ald Mantel 
eingerichtet, nad vorhergegangener Erlaubnif des 
Großhl. Geh. Hofrath Kirms, aber von ihm felbft auf dem 
Hofamte fein zweites erhalten. Dieſes erwähnte 
Kleid ift aud) richtig mit den andern Koftüms abgegeben. 
Unter den abgelieferten Sachen ift, wie uns eben einfällt, 
noch ein Kleid von der Hoheit; beide erwähnte ftehen auf 
unſerm Verzeihniß non der Commiſſion. | 

Die Sache wäre leiht Har zu machen, wenn Herr 
Senaft, meine Frau und der Öarberobier darüber im 
Theater bei den abgelieferten Koftümen ſich deshalb 
bejprechen würden. 

Nochmals unfern Dank und gejegnete Mahlzeit ! 

Der Ührige 
Wolff. * 

Letzteren Vorſchlag fcheint Kammerherr von Goethe 
indeffen nicht -vurchgejett zu haben. Dafür aber ver- 
langte nunmehr der Großherzog Carl Auguft felbft, 
bi8 zu welchen ver leidige Kleiverftreit gevrungen, von 
Goethe Auffchluß über diefe Angelegenheit. Goethe legte 


232 Pins Alerander und Amalia Wolff. 


nun ven ganzen Streit in vier Tragen flar dar, forverte 
Kirms zur Shriftlihen, gewiſſenhaften Beantwortung der⸗ 
felben auf und nachdem dies gejchehen, fandte er das Ak— 
tenftüf an Carl Auguft mit der fchriftlichen Bemerkung : 

„Aus Inneliegendem ift zu erfehen, wie ich verfucht 
bie bewußte unangenehme Sache aufzuklären. Möge 
fie dadurd, ihrer Erledigung näher fommen ! 


Weimar, den 16. Februar 1816.” 


Das „Ünneliegende”, die vier von Goethe aufge- 
ftellten Fragen, lauteten: 

„Man fordert von Wolff's zwey Kleider, man giebt 
die Umſtände an unter welchen Madam Wolff ſolche 
erhalten habe. 


Wolff behauptet: daß ſie von dem Theater 
keines mehr in Händen habe. Dieſen entſchie— 
denen Widerſpruch aufzuklären, thue folgende Fragen: 


1. 
Hat Madam Wolff bezeichnete Kleiver aus den Hän- 
den Großherzoglicher Theater-Commiffion erhalten? 
2. 
Wenn fie diefes laugnet, wie kann man es ihr be— 
meijen ? 
3. 
Hat man e8 ihr ohne Ouittung abgegeben, jo fieht 
e8 gar wie ein Geſchenk aus. 


Pius Alerander und Amalia Wolff. 223 


4. 
Hat fie aber ſolche von der Großfürftin unmittelbar 
erhalten, jo haben wir gar feine Anfprüche darauf. 
Weimar, den 13. Februar 1816. 
G. u 
Kirms hatte diefe Fragen alfo beantwortet: 
ad 1. 
„sa! mit Ew. Ercellenz Borwiffen aus meinen 
Händen auf dem Hofamt. 
ad 2. 
Sie kann es nicht läugnen. 
ad 3. 
Was fie von der Hoheit erhielte, das wurde ihr ins 
Haus geihidt. 
ad 4. 
Benliegendes Billet (vom Grafen Edling und vom 
3. Februar, oben mitgetheilt) zeugt wider fie. * 


Der Großherzog muß die Forderung Goethe's, der 
Hoftheater - Kommiffion gerecht gefunden und der Sache 
ihren freien Lauf gelaffen haben. Doch auch Wolff’s 
müſſen von ihrer Auffaffung verfelben nicht abgemichen 
fein, denn Ende Februar ftand die ganze Angelegenheit 
nod) genau auf demſelben Punkte. 8 Tiegt noch ein 
Schreiben Wolffs an Goethe (das letzte der vorhan- 





2394 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


denen) vor, das foldhes kündet und deſſen Ton merklich 
verfchieden ift von dem ber frühern Briefe. Es mag bie 
Reihe der Urkunden über den Abgang der beiden Künft- 
ler von Weimar bier Schließen. 
„Weimar, ven 29. Tebruar 1816. 
Em. Excellenz Hoch und Wohlgeboren ! 

Unfere Bitte um Abſchluß der Garderobe-Kleider und 
des Vorſchuſſes, und um Beftimmung unferer Abreife, 
welche ich feit A Monaten zum fünftenmale wiederhole, 
fönnte leicht ungeftüm erjcheinen, wenn mid nicht bie 
Abſendung meiner Habe, melde künftige Woche ftattfin- 
det, entfchuldigte, fo daß wir nachher außer Stande find 
eine Forderung zu befriedigen. 

Was die Groffürftlihen Kleider betrifft, wenn noch 
ein Zweifel deshalb fein follte, fo ift meine Frau bereit 
auf der hiefigen Regierung einen Schwur abzulegen, daß 
fie feines befige, worauf die Großherzogliche Commiſſion 
Anfprüde hat. 

Mit der vollfommenften Hochachtung verharret 

Em. Ercellenz Hoch und Wohlgeboren 
gehorfamfter Diener 
Wolff.“ 

Aller Wahrſcheinlichkeit nach berührte Goethe Die ganze 
Angelegenheit nicht wieder: er ignorirte fie wahrfcheinlich 
in ber Folge gänzlich, fie dadurch ſtolz und ruhig befei- 
tigend. Ebenſo wird auch wohl fein Abfchied won 
den beiden Wolff geweſen fein, die, feinen „weitern 


Pins Alerander. und Amalia Wolff. 295 


Urlaub * erlangt habend, pünftlic am 1.April 1816 Wei- 
mar verließen und nad) ihrem neuen Beitimmungsorte 
Berlin zogen. 


Hatte Wolff aud) freimillig, wohl etwas trogig und 
unmuthig, das freundliche Weimar, feinen großen Lehrer 
und Meifter, dem er fo viel verbanfte, verlaffen, fo war 
ihm doch vom Schickſal vorbehalten, noch einmal mit dem, 
von ihm in Gedanken für immer aufgegebenen fchönen 
Fleckchen Erde und feinen Bewohnern in Berührung zu 
fommen und zwar ın den erniteiten Augenbliden feines 
Lebens. 

Wolff's ſchwächliche Geſundheit hatte durch fein Ber- 
liner Wirken immer mehr gelitten, und mande Reiſen 
in verſchiedene Bäder, in milderes, ſüdlicheres Klima 
mußte er unternehmen, um neue Xebenskräfte zu juchen, 
zu gewinnen. 1828 befand er fi im Bade zu Ems. 
Noch reht ſchwach, doch voller Hoffnung trat er die Rüd- 
reife nad) Berlin an. Sein Weg führte ihn über Wei- 
mar und hier nöthigte ihn die wieberfehrende Krankheit, 
einen Halt in feiner Reife zu machen, ber leider für ihn 
ein jehr langer — ewiger — werben follte. 

Der Großherzog Earl Auguft, Wolff's Tangjähriger 
gnädigfter Gebieter und Gönner, war am 14. Juni in 
Torgau geftorben, nadı Weimar gebracht und daſelbſt am 


9. Juli feierlihft in der Yürftengruft auf dem dortigen 
Paaque, Goethe's Ihenterleitung. II. 415 


226 Pins Alerander und Amalia Wolff. 


neuen Friedhofe beigefet worden. Diefes große Begräb: 
niß, welches Stadt und Land in gewaltigfte und gered- 
tefte Aufregung verfetst hatte, erlebte Wolff in Weimar mit, 
und die dadurch empfangenen Einprüde und hervorgeru⸗ 
jenen Aufregungen trugen wohl nicht zur Linderung feiner 
Leiden, feines Uebels bei. Er erkrankte ernftlich, doch 
ohne e8 felbft nur im Entfernteften zu ahnen. Während 
bie ihn unbarmherzig gefeffelt haltende tödtlidye Krank 
beit, bie Luftröhrenſchwindſucht, immer ftärfere und erfolg- 
reichere Angriffe auf fein armes Leben machte, Dachte 
Wolff durchaus nicht an fein Ende; er gefiel ſich in dem 
Studium der Rolle eines Stummen, die er für fich ge- 
fchrieben und bei feiner Rückkehr nad Berlin zu ſpielen 
gedachte. Als er endlich die Gewißheit feines nahen 
unvermeiblichen Todes erlangte, war er ftarf genug, feine 
Freude darüber zu äußern, an dem Orte, wo er feine 
Künftlerlaufbahn begonnen, fein Leben enden zu können. 


Und alfo fam es! — Am 28, Auguft (1828) ftarb 
er nach ſchwerem Leiden, und alte Freunde und Kollegen 
trugen ihn trauernd zu Örabe, während ein früherer Hoher 
Gönner, der Kanzler von Müller, fein Andenken durch 
eine trefflihe „Dentrede” feierte. 


MWeimars Haffifher Boden, auf dem Wolff fo lange 
Jahre thätig und künftlerifch wirkend und fchaffend ge— 
wandelt, den er wohl etwas ftolz aufgegeben und ver=- 
laſſen, hatte ihn wieder liebend und verzeihend — und 


Pius Alerander und Amalia Wofff. 9937 


für immer — aufgenommen, ihm die legte irdiſche Ruhe⸗ 
jtätte gewährt! — 

Und nicht weit von ihm, auf demſelben Gottesgar- 
ten, ruht nunmehr — zwar in ftolgerer Gruft und an der 
Geite feines fürftlihen Sreundes Carl Auguſt — fein 
großer Meifter Goethe; neben viefem Schiller, deſſen 
jugendlich poetifche Geftalten Wolff ebenfalls fo vortreff- 
lich vorzuführen verftanvden. Auch viele feiner alten Kols 
legen, im Gebiete der darftellenden Kunſt gleich beveutend 
wie er, haben fich mit der Zeit neben und um ihn gebet- 
tet. Da liegen und ruhen ver hochberühmte Kapellmei- 
fter des Weimarer Hoftheaters Hummel (m. 1837), 
Ludwig Dels, ver bedeutende Helvenfpieler und Nach— 
folger Vohs' (m. 1833), Erneftine Dürand, 
geborne Engels, die Gattin des befannten Darftellers 
(m. 1845), ver Kammerfänger Moltke, ebenfalls aus 
Goethe's Schule (m. 1831) und viele, viele andere Kol⸗ 
legen und Kolleginnen im Reiche der Kunft mehr! 

Mögen fie Alle — Alle fanft ruhen! — 


Ein alter Weimarer Freund und Kollege Wolff's, ver 
Schaufpieler Rorting (der Onfel des befannten gleich- 
namigen Komponiften), zugleich ein tüchtiger Zeichner und 
Maler, fertigte des gefchiedenen Freundes Portrait noch 

15° 


228 Pius Alerander und Amalia Wolff. 


nach dem Tode. Diefe Kreide- Zeichnung, vortrefflich aus⸗ 
geführt, zeigt Wolff's Todtenmaske in natürlicher Größe, 
zugleich mit Macht an die Vergänglichkeit alles Irdiſchen 
mahnend. 

Die Zeichnung ſelbſt iſt im Beſitz des Schreibers die— 
ſer Zeilen. 


sa. 


SQ za WW TO mb 


0 


XX. 
Verſchiedenes. 


. Aalcolmi'ſche Samiliengeſchichten. 

. Der Baſſiſt hübſch. 

. Goethe und Ernſt Wagner. 

. Weimar und Wien, umd ihre Dichter. 

. Eine Wocenthätigkeit des Weimarer Hoftheaters und Probe 


des Geſchäftsgangs zwiſchen Goethe und Kirms. 


.Schußt gegen reifende Pirtuofen. 
. Graf Edling, Goethe's Nachfolger, fudht einen Dramaturgen. 


1. 
Malcolmt'sche familiengeschichten. 


Malcolmi, der vortrefflihe humoriftiihe Alte, ven 
Goethe „ven Unvergeßlichen“ genannt, war zu 
Bellomo's Zeit mit feiner Familie in Weimar eingezogen. 
Er hatte vafelbft am 2. Februar 1788 als Oberförfter, 
eine feiner beften Rollen, vebütirt und ſich gleich in der 
Gunft des Hofes, Goethe's und des PVarterres feftgefegt. 
Gleich nah ihm debütirten feine beiden älteften Töchter 
und zwar am 4. Februar (1788), die eine als Roſine 
in Yurift und Bauer, die andere als Andreas im Herzog 
Michael. Beide Mädchen verblieben gleih dem Vater 
1791 dem neugegründeten SHoftheater, gingen jedoch 
1793 von Weimar ab. Die dritte, jüngfte Tochter 
Amalie vebütirte am 15. December 1791, acht Jahre 
alt, als Juſtel im Alchymiften. Es war die nachherige 
Wolff. (Siehe XIX.) 

Im Frühjahr 1793 beirathete der Wittwer Mal 
colmi die Schaufpielerin Kloppmann, Helene 


% 


232 Berfchiebenes. 


Elifabeth, geborne Schmahlfeld. Sie war 1761 
zu Petersburg geboren und als das Kind eines Künftler- 
paars von Jugend auf bei ver Bühne thätig gemefen. 
Zuerſt war fie mit dem Schaufpieler Baranius verhei- 
ratbet, von dem fie aber 1782 gefchieven wurde; dann 
heirathete fie einen Herrn von Kloppmann, warb aber 
bald von diefem verlaffen, worauf ihre zweite Ehe 1791 
ebenfall8 getrennt wurde. Sie fam nun nad Weimar 
und gaftirte dort am 27. Oftober 1791 als Juliane von 
Tindorad in dem Schaufpiel gleichen Namens. Hierauf 
privatifirte fie einige Zeit in obiger Stadt und verheira- 
thete fi denn im März 1793 mit Malcolmi. Am 
3. März 1793 bebütirte fie ald Madam Malcolmi und 
engagirt als Wilhelmine in der Entführung und blieb 
nun in Weimar bis zu ihrem Tode, der am 6. Septem⸗ 
ber 1798 zu Rubolftabt erfolgte. Ste war eine tüchtige, 
ja bedeutende Schaufpielerin, die in ihrer Jugend außer- 
gewöhnliche Körperliche Reize befeflen haben muß. Da— 
malige Theaterfchriften (u. a. die Literatur⸗ und Theater⸗ 
Zeitung von 1781 und 82) willen viel Rühmliches von 
ihr zu jagen. Ihre Silhouette findet man vor dem Kö— 
nigsberger Theater⸗Journal von 1782. 

Bon ihrem erften Manne Baranius hatte fie zwei 
Mädchen, welche ebenfall8 in Weimar, und anfänglich 
unter dem Namen ihres Stiefoaters, debütirten; die eine 
am 17. Oftober 1795 (Demf. Malcolmi IV) als Lifil- 
li8 in der Zauberzither, die andere (Demf. Malcolmi V) 


Malcolmi'ſche Familiengefchichten. 233 


am 24. Oftober vefjelben Jahres als Ernft in ber 
Dienftpflicht. Letstere ging 1800 ganz vom Theater ab. 
Erftere aber, die fhon 1796 ihren rechten Namen Bara- 
nius angenommen, blieb bis Oftern 1801, trat dann 
am 22. December 1802 wieder ein und ging endlich 
definitiv ab von der Weimarer Bühne Mitte Septem- 
ber 1806. 


Malcolmi felbft blieb bei dem neuen Hoftheater big 
Dftern 1817; zugleich mit feinem Kollegen Genaft wurde 
er penfionirt und faft zugleich mit Goethe trat er von dem 
Schauplatz zurüd, auf dem er fo lange Jahre derart tüch- 
tig und würdig gewirkt, daß Goethe ihn, in dankbarer 
Anerkennung des von ihm Öeleifteten, „ven Unver- 
geßlichen“ nannte. 

Dies in kurzen Umriſſen die etwas verwidelte Fami- 
liengeſchichte Malcolmi's. 


Nur ein kleines Dokument, ihn und ſeine Familie 
angehend, vermag id) mitzutheilen. Es iſt eine Kontraft- 
verlängerung, ihn, ſeine zweite Frau und jüngſte Toch— 
ter erſter Ehe, Amalie, ſpätere Wolff, betreffend. Es 
lautet: 

„Von Seiten fürſtl. Theater⸗Direction wird Herrn 
Malcolmi und ſeiner Frauen ein dreyjähriger Contrakt 
von Oſtern 1795 zugeſtanden, und zwar unter den bis⸗ 
herigen Bedingungen. Zugleich wird deſſen älteſten, 
gegenwärtig hier befindlichen Tochter, auf gleichmäßige 


234 Berfchiebenes. 


Zeit, eine wöchentliche Gage von 2 Thlr. fage Zwey 
Thaler vermwilligt. 

Weimar am 30. Dezember 1794. 

J. W. Goethe.“ 


Alſo mit 2 Thaler wöchentlicher Gage begann die 


nachherige, ſo berühmt gewordene Amalie Wolff ihre 
theatraliſche Karriere! Für 2 Thaler pro Woche ſpielte 
das junge Mädchen bie alte Herzogin von Friedland, Die 
jugendlichen Rollen aus dem Nepertoir der verftorbenen 
Deder, fang noch obendrein, und mit dem glänzendſten 
Erfolg, eine Elvira in Mozart's Don Iuan und ähnlicye 
Parthien. Wahrlich, Goethe und fein Mitdirektor Kirms 
verftanben e8 in jeder Hinfiht mit Wenigem Viel und 
Bedeutendes zu erreichen ! 


2, 
Der Bassist Hübsd. 


Zu Anfang des Januars 1800 empfahl der früher 
erwähnte Schaufpieleer Carl Krüger (fiehe I und XD) 
Goethe von Leipzig aus den Baffiften Hübſch, einen 
damals durch feine fchöne Stimme Auffehen erregenven 
Sänger, welcher Gaftrollen fingend durch Deutfchland 
zog. Krüger fagte in feinem Schreiben unter Anderm: 
„— Ich halte es für Pflicht Ihnen dieſen auferorbent= 








Der Baffift Hübich. 235 


lich talentwollen Mann als eine der beiten Kafjen-Specu- 
lationen anzuempfehlen, fo oft er fingt wird Ihr Haus 
fo voll fein, wie bey Iffland, fobald er dort gehört fein 
wird. —“ 

Goethe fand den Antrag prüfenswerth und forderte 
Kirms auf, ihm feine Anfiht darüber mitzutheilen. 

Kirms ſchrieb: 

„Herr Hübſch ſoll ein braver Sänger aber kein ſon⸗ 
derlicher Acteur ſeyn. Wollte man ihm Gaſtrollen zu⸗ 
geſtehen, ſo würde das Theater keinen Vortheil davon 
haben, weil die Abonnenten weiter nichts contribuiren, und 
da er ſchön ſingt, würde er nur unſere Baßſtimmen in 
den Schatten ſtellen, da man bey ſeiner Gage, und weil 
er kein komiſcher Sänger iſt, ihn hier nicht engagiren 
kann. Nur wenn die Herrſchaften ihn hören wollten, 
müßte man es ſich gefallen laſſen. K.“ 


Hierauf reſolvirte Goethe bezeichnend: 

„Iſt Herr Hübſch kein komiſcher Sänger, ſo wird er 
hier ſein Glück nicht machen, denn das hieſige Publikum 
ſiehet mehr auf die Poſſen als auf den Geſang. 
Sollte er auf der andern Seite gefallen und er ſuchte 
wirklich kein Engagement, ſo urtheilt doch das Publikum 
immer nachtheilig für die Direktion als wenn alle guten 
deutſchen (Sänger) abgewieſen würden. Meine Stimme 
wäre ihn abzuweiſen wenn er kein komiſcher Sänger iſt. 

Weimar den 7. Januar 1800. 6 








236 Berfchiebenes. 


1810 wandte ſich der Sänger Hübfch, zehn Jahre 
älter geworden und meiftens noch immer „gaftreifend * 
durch Deutjchland ziehend, von Frankfurt am Main aus 
abermal8 und direkt nady Weimar mit dem Erfuchen, 
einige Male als Saft daſelbſt auftreten zu dürfen. Doch 
auch diesmal wurde es ihm abgefchlagen. Im folgenden 
Jahre 1811 erneuerte er fein Geſuch, daſſelbe aber nun 
mehr perfünlid, anbringend, indem er mit Sad und Pad, 
feiner ganzen Familie, einer rau und fünf Kindern, in 
Weimar einzog. Goethe, der hierin wohl mit Recht ven 
Anfang von mandyerlei Unannehmlidhfeiten und PBlade- 
reiten erblidte, bewilligte dem zubringlicyen Baffiften, um 
ihn los zu werden, eine Art von Gaftrolle, welde am 
23. Februar (1811) ſtatthatte. Hübſch fang einige 
Arien, welche indeffen durchaus nicht den eriwarteten Ein 
drud machten; er erhielt ein paffendes „Douceur“ und 
die Weifung — abzureifen. Doc der Sänger war 
weit davon entfernt, feine auf Weimar gejegten Hoffnun 
gen fo leichten Kaufs aufzugeben. Er beftürnte Kirms 
und Goethe mit Bittgefuchen und da dieſe nichts fruchte- 
ten, wandte er fich endlich direkt und fohriftlih an Carl 
Auguft. Im diefem Schreiben fagt er unter Anderm 
über fich felbft: „— Die Hoftheater-Commiffion beden⸗ 
fet nicht daß nur A gute Baffiften eriftiren, worunter ich 
ber einzige bin, der Buffo-Parthien ebenfogut wie jerieufe 
ipielen Tann ; den Vortheil davon bat Iffland nad) mei— 
nem Abgang von Berlin nad) Rußland merklich erfahren. 








Soethe und Ernft Wagner. 237 


Ich bin Euer Durchlaucht in Frankfurt von denen Krö⸗ 
nungen und von Berlin befannt, deshalb regt ſich ein 
herzhaftes Gefühl in mir dies Pro Memoria Euer Durch⸗ 
laucht einzureichen. — " 

Carl Auguft, der fich über die Schrift des Baffiften 
hatte Bericht erftatten laſſen, refolvirte kurz und in feiner 
etwas derben Manier: 

„Hübſch ift anzumeifen, daß er fich fort begebe, meil 
bier für ihn weiter nichts zu finden ift. 

C. Agſt.“ 

Alſo wurde Weimar den bedrängten und brängen- 
den Bapfänger los, welcher nunmehr nad) München z0g, 
um die dortige Intendanz ebenfalls mit feiner Gegenwart, 
feinen Leijtungen und Zudringlichkeiten zu beglüden. 


3. 
Goethe und Emst Wagner. 


Ernft Wagner, der Dichter von „Willibald's 
Anfichten des Lebens“ (1803), übermachte Goethe 
ein Schaufpiel „ner Wald von Myra”, ‚mit folgen- 
vem Schreiben: 

Meiningen, ven 23. Dezember 1808. 
Hochverehrteſter Herr Geheimerath 

Möchten Em. Ercellenz jene großmüthige Duldung, 

die Schon fo manchen Anfänger freundlich emporhob, und 


238 Berfchiedenes. 


welche die poetifche und ſchönfühlende Welt fo laut und 
innig an Dem bewundert, weldem nur ihre Liebe und 
Berehrung gebührt — auch jetst gütig walten Iaffen, wo 
ich e8 wage Ew. Excellenz mein erſtes — und vermuth- 
lich auch letztes — dramatifches Produkt zu einer gnäbi- 
gen Durchſicht und Prüfung vertrauensvoll zu: über- 
reichen ! 0 

Ich habe baffelbe zu einer Beilage zum 2ten Bande 
meiner „Reifen aus ber Fremde in die Heimath“ be= 
ſtimmt; und, follten Hocdh=Diefelben meine unterthänige 
Bitte huldvoll gewähren, und vielleicht diefen Verſuch 
einigermaaßen zur Vorftellung jelbft geeignet finven, fo 
würde ich e8 dann wagen, ihn an einige Theater zu fen- 
ben, ehe er gebrudt würde. 

Indem ich um gnädige Berzeihung für biefes zu= 
pringliche Geſuch bitte, beharre ich mit innigfter Vereh- 
rung Em. Ercellenz unterthänigfter Diener und ewig 
dankbarer Verehrer 

J. E. Wagner.“ 

Goethe las, prüfte das Stück und ließ daſſelbe dann 
mit folgendem Begleitſchreiben wieder an den talentvollen 
Dichter zurückgehen. 

„Weimar, am 12. Januar 1809. 
Ew. Wohlgeboren 
überſandten Sr. Ercellenz 
tem Herrn geheimen Rath von Goethe, am 23. Dezem- 
ber v. J. Ihre dramatiſche Dichtung: „ver Wald von 


Goethe und Ernft Wagner. 239 


Myra“, als Beilage zum 2ten Band Ihrer Reifen aus 
der Fremde in die Heimath, mit der Bitte zu prüfen, ob 
fie fi) vor dem Drud zu einer Vorftellung auf einigen 
Theatern eigen würbe. 

Se. Ercellenz gerubten das Stüd zu durchleſen, fan- 
ben mehrere brave Stellen, die wirklich bramatifches Ta⸗ 
lent verriethen und wünfchten deswegen daß nicht ſogleich 
biefer erſte Verſuch Ihrer Muſe der Bühne übergeben 
werben möchte. 

Ein nicht allgemeiner Beyfall würde die Mühe des 
Autors und den erforderlichen Aufwand an Decorationen 
und Coſtümen von Seiten des Theaters vielleicht nicht 
nad) Erwartung belohnen und beyden daher diefen erſten 
Schritt verleiden. 

Inden ih Ihnen dem erhaltenen Auftrag zufolge, 
das überfandte Manufeript mit verbindlichſtem Danfe 
zurüd jende, füge ich zugleich den Wunſch für die glüd- 
liche Fortfegung diefer erjten Probe hinzu und verharre 
mit aller Hochachtung Ew. Wohlgeboren 2c. 2c. “ 

Das vorliegende, mitgetheilte Koncept der Antwort 
ift mit dem fanktionirenden „G.“ verfehen und vielleicht 
wohl von Goethe jelbft diftirt worden. Der Dichter 
unterwarf fi) dem belehrenden Ausſpruch Goethe's, doch 
des Letztern Aufmunterung, auf dem Gebiete des Drama’s 
fi weiter zu verfuchen, kam er nicht nach: etwa brei 
Jahre nachher entriß ihn der Tod allem fernern irdifchen 
Wirken und Schaffen. 


240 | Verſchiedenes. 


4. 
Weimar und Wien, und ihre Dichter. 


Der unternehmende Wiener Buchhändler Wallis- 
hbauffer hatte feiner Zeit nach und nad) die meiften und 
beften Probufte von faft jämmtlichen öſterreichiſchen 
Schriftftellern, vorzüglich die des damals fehr beliebten 
Ziegler, an ſich gebracht, und verfuchte ſolche nun 
auch im übrigen Deutſchland, im „Reich ”, anzubringen, 
zu verwerthen. Unter andern wandte er ſich auch an die 
Direktion des Weimarer Hoftheaters, derjelben folgenve 
Propofition machen: 

„Wien, den 18ten März 1800. 
Wohlevelgeborner Herr! 

Bermöge einer mit Herrn Ziegler Ef. Hofſchau⸗ 
fpieler getroffenen Convention, bin ich für dermalen und 
die Zukunft der alleinige rechtliche Befiter und Eigen- 
thümer feiner für das k. k. Hoftheater beftimmten neuen 
Schaufpiel-Manufcripte. 

Da aber bie hiefige E. k. Hoftheater- Direction aus⸗ 
brüdlich verbietet feines derlei neuern Stüde von Jahr 
und Tag der eriten Aufführung an, vruden zu lafjen, fo 
habe ich die Einrichtung getroffen, jedes neue von dem 
t. k. Hoftheater zur Aufführung angenommene Dlanu- 
feript fogleih an auswärtige Theater zu verkaufen. 

Ich biete Ihnen daher auch diefe Manufcripte unter 
nadjftehenden Bedingniſſen an: . 








Weimar und Wien, und ihre Dichter. 941 


Erftens: Sie zahlen mir für jedes Stüd von A bie 
5 Aften 6 Kaifer- Ducaten, oder 30 f. Katfergeld ; von 
2—3 Aufzügen, 3 Kaifer-Ducaten, von einem Aufzug 
2 Kaiſer-Ducaten. So zwar daß Sie gleich nach Em⸗ 
pfang des Manuſeripts wenn ich nicht auf Sie eine An- 
weilung trafirt habe, den Betrag mir durch Poftwagen 
an mich, oder durch andern Weg fogleidy auf ein hiefiges 
gutes Haus anweifen. 

Zweitens: Berbürgen Sie fi jeden Schaden, 
welcher durch eine Abſchrift von Ihren von mir erhaltenen 
Manuſcripten, entweder an andere Theater, oder gar 
zum Drud geſchehen Fünnte, für mid) entftünde, mir zu 
erſetzen. 

Dagegen verbinde ich mich Ihnen von jedem Stück, 
ſobald es vom hieſigen k. k. Hoftheater angenommen iſt, 
ein reines und correctes Manuſcript zu übergeben, und 
daß keines derſelben mit meinem Wiſſen und Willen vor 
einem Jahr gedruckt wird. 

Dermahlen iſt nachſtehendes Stück, von ber k.k. 
Hoftheatral. Direction angenommen, und wird bis fünf- 
tigen Monat aufgeführt: 

Das große Geheimniß, ein fürſtliches Fami⸗ 
lien⸗Gemälde in 4 Aufzügen von F. W. Ziegler. 

Nach meiner Beurtheilung glaube ich daß dieſes 
Stück von allen ſeinen vorigen eines der beſten iſt, und 
auf den Theatern eine gute Senſation machen wird. 

Pasqué, Goethe's Theaterleitung. IT. 16 


242 Verſchiedenes. 


Dann habe ich noch ein Manuſcript an mich gekauft, 
welches auch vor Ende dieſes Jahres nicht gedruckt wird, 
und im verfloſſenen Jahr mit gutem Beyfall auf hieſigem 
Hoftheater iſt gegeben worden. Nämlich: 


Die Hausehre, ein Schauſpiel in 5 Aufzügen 
von Octavian Auguft Hannamann Criminal - Zuftizrath 
in Wien. Diefes Stüd biete ih Ihnen an für 3 Ducaten. 
Und id) glaube, da e8 gewiß aesthetisch gut ift, und zu 
biefem wenig Perjonale hat, daß Sie werben guten Ge— 
braud) damit machen. 


‚In Erwartung baldiger Antwort verbleibe mit größ- 
ter Hochachtung 
J. B. Wallishausser. 
Buchhändler und Buchdruder. * 


An Sr. Wohlgeboren Herrn 
Herrn N. N. Theater » Director 


in 
Weimar. " 


(Man hatte zuerft gefchrieben: „Senna“, dann 
aber, wahrjcheinlich eines Beſſern belehrt, letztern Ort mit 
„Weimar“ vertaufcht.) 


Dieſem Schreiben Wallishauffers folgte bald darauf, 
am 24. März deſſelben Jahres, ein zweites und fiher mit 
ähnlihem Inhalt. Goethe ließ beive Briefe durch Kirms 
folgendermaßen beantworten : 








Eine Wochenichrift des Weimarer Hoftheaters u. f. w. 243 


„Weimar, ven 8. April 1800. 
An den bürgerl. Buchhändler 
Herren Joh. Paptift Walishauffer zu 
Wien. 

Auf die unterm 18. und 24. März an bie Direction 
des hiefigen Theaters erlaffene Zufchriften, habe ich die 
Ehre zu erwiedern: daß, da man mit Manuferipten von 
dem Herrn Hofrath Schiller, dem Herrn Geheimen 
Kath von Goethe, den Herren von Kotebue und 
Herrn Iffland bier vergeftalt verfehen wer- 
de, daß zu deren Einftudirung die Zeit 
fehlt, man von Ihren Anerbietungen vor der Hand 
Gebrauch zu machen nicht im Stande fey. 

Der ich mic) mit aller Achtung unterzeichne 

F. R.“ 

MWahrlich eine Antwort, wie fie nur Weimar geben 
fonnte und die „Die goldne Zeit” feiner Bühne aufs 
Treffendſte charafterifirte ! 


5. 


Eine Wocenthätigkeit des Weimarer Hofthenters und Probe 
des Geschäftsgunges zwischen Goethe und Firme. 


Als Probe der laufenden Thätigfeit der Weimarer 
Bühne und ihrer Mitglieder während einer Woche, mag 


folgendes Dofument dienen: 
16* 


244 Verſchiedenes. 


Beſchäftigung. 
Montag, den 13ten März 1815. 
Frühe um 10 Uhr Probe von dem Luſtſpiel: 
Die beyden Örenadiere. 
Am Abend die Vorſtellung von 
die beyden Grenadiere 
und 
die Roſen des Malesherbes. 


Dienſtag, den 14ten März. 
Frühe um 10 Uhr und Nachmittag um 4 Uhr Cla— 
vierprobe von 
Johann von Paris. 
Mittwoch, den 15ten März. 
Frühe um 10 Uhr Probe; 
Am Abend die Vorſtellung des Schauſpiels: 
der Herbſttag. 
Donnerſtag, den 16ten März. 
Frühe um 10 Uhr Vorprobe vom 
Rehbock. 
Nachmittag um 4 Uhr Quartettprobe von 
Johann von Paris. 
Freitag, den 17ten März. 
Frühe um 10 Uhr Clavierprobe von 
Adrian von Oſtade. 
Nachmittag um A Uhr Hauptprobe von dem 
Rehbock. 


Eine Wochenſchrift des Weimarer Hoftheaters u. |. w. 245 


Sonnabend, den 18ten März. 
Frühe um 10 Uhr Probe von 
Adrian von Oftade, 


Am Abend die Vorftellung von 
dem Rehbock 
und 
Adrianvon Oſtade. 
Weimar, den Iten März 1815. 
Commissio. 


Goethe. 


Als weitere Probe der Art und Weiſe, wie für ge— 
wöhnlich die laufenden Geſchäfte zwiſchen Goethe und 
Kirms beſorgt und abgemacht wurden, dienen folgende von 
Kirms aufgeſetzte Tragen, Notizen und die darauf erfolg- 
ten Antworten und Refolutionen Goethe's. 


Kirms fchreibt: 

September 1791. 
1. 

Hier ift der Bendaiſche Contraft, den ich zu approbis 
ren oder abzuändern bitte. Es muß derſelbe heute 
abgehen. 

2. 

In Erfurth find geftern 97 Thlr. 12 gr. einge 

gangen. 


246 Verſchiedenes. 


3. 


Anbei der Brief des Souffleur Wilms. Ich dächte 
wenn derſelbe ſich verbindet, die Rollen und resp. die 
Muſik von denen von Zeit zu Zeit gegeben werdenden 
Stücken und Opern auszuſchreiben, ſo könnte man ſich 
füglich mit ihm einigen. 


Goethe ſetzte folgende Antworten darunter: 


„Wollten Sie in den Bendai'ſchen Contrakt nicht 
etwas von dem Auffündigungs- Termin fegen? (Etwa 
Bierteljährig). Wie die andern auf Wennachten. “ 


„Dem Souffleur fönnte mit jener Bedingung zuge— 
fohrieben werden. Nur fiele das Drudenlaffen der Arien 
bücher weg, das nicht ftatuirt werben fann. * 


Solcher Fragen und Antworten zwifchen Goethe und 
Kirms mögen wohl eine gewaltige Menge nad) und nad) 
zu Papier gebracht worden fein. Doch fo flüdhtig wie 
fie entftanden verſchwanden fie wohl auch wieder. Obiges 
Blatt ift das einzige, welches ich mitzutheilen im Stande bin. 


Schutz gegen reifende Virtuofen. 947 


6. 
Schutz gegen reisende Birtuosen. 


Meimar wurde ftarf heimgefucht von reifenden Bir- 
tuofen, die ver Theater » Direktion wie dem Hofe nicht 
wenig zur Laft fielen, wodurch mandyes Unangenehme 
und Widerwärtige entftehen mußte. Carl Auguft befahl 
1816 der damaligen Hoftheater-Intendanz Mittel und 
Wege zu finden, neben dem hierfür fchon beſtehenden 
Reglement, weitere Verfügungen zu treffen, vie ſolchen 
Uebelftänven für die Folge abzuhelfen im Stande wären. 
Bald darauf legte die Hoftheater » Intendanz dem Groß- 
herzog folgendes Schriftjtüd vor: 


„Unterthänigſter Vortrag. 


Da die Concurrenz der zu öffentlichen Concerten ſich 
gemeldeten Muſiker zeither ſehr groß und dergleichen 
Concerte für den Hof, für die Theatergeſchäfte, und für 
das Publikum ſehr überhäuft geweſen; ſo haben Ew. 
Königl. Hoheit zu befehlen geruhet daß 

1. 


e8 dabey im mejentlihen nach dem zeitherigen in Ab- 
Schrift beyliegenden Reglement verbleibe. 

2. . 
daß aber der Hof in der Regel nicht mehr von denen fi) 
Meldenden behelligt, vielmehr an Die Hoftheater-Inten- 
dance fammt denen etwaigen Empfehlungsjchreiben mit 


248 Verſchiedenes. 


dem Vermelden daß derſelben zu dergleichen Depensen 
eine gewiße Summe beſtimmt ſey, gewieſen, und 
3. 
daß die Intendance unter geziemenden Ausflüchten dergl. 
Anträge von gewöhnlichen Künſtlern abwenden, dagegen aber 
4, 
den Antrag eines berühmten Birtuofen in der Stille den 
höchſten Behörden zu melden habe, worauf — um ders 
gleichen Leute hier nicht vergeblid in den Gafthäufern 
zehren zu laſſen — fchnelle Reſolution ertheilt wer- 
den fol. 
Em. Königl. Hoheit fhriftlihen höchſten Sanction 
biejerhalb ſehen wir num devoteft entgegen. 
Weimar, den 6ten Dezember 1816. 
Em. Königl. Hoheit 
unterthänigft treu gehorfamite 
Intendance des Theaters. 
J. W. v. Goethe Graf Edling. 
F. Kirms. H. Kruſe.“ 


Carl Auguſt ſchrieb fein: „eodem, genehmigt, 

Carl Auguſt G. v. S.“ darunter; die Verfügung 

. trat in Kraft und ihr gemäß wurde es für die Folge mit 
ben reifenden Konzertiften in Weimar gehalten. 








Graf Edling ſucht einen Dramaturgen. 349 - 


7. 


Grak Edling, Goethe's Hucfolger, sucht einen 
Sramaturgen. 


Goethe war abgetreten von der Oberleitung des 
Weimarer Hoftheaters (am 13. April 1817); die Ur- 
ſache ift befannt: er hatte einem Pudel weichen müfjen, 
und in den Händen bes Grafen Edling, Staatsmini- 
jter und Oberhofmarfhall, ruhte nunmehr das Scepter 
über den Heinen, dod, beveutungsnollen Weimarer Theater- 
ftaat, welches der große Dichter fo. lange Jahre zum Heile 
der Kunft mit Fräftiger Hand gehalten und geführt. Doch 
wie groß war die Lücke, die der ausgefchievene Meifter 
binterlafien! Wo fand fich unter den nunmehrigen Lei⸗ 
tern des Hoftheaters eine Kapacität, die gleich Goethe 
mit raſchem, ſichern Blid über den Werth oder Unmwerth 
der eingehenden neuen dramatifchen Werke zu entjchei= 
den, ein beftimmenves Urtheil über bebütirende, neu 
zu engagirende Künftler zu fällen vermochte? — Die 
Hülfslofigkeit des neuen Chefs, des Grafen Edling, im 
erftern Punkte geht Mar und deutlih aus dem hier fol- 
genden Schreiben hervor, von bemfelben an einen Re= 
gierungsrath (2) gerichtet, der zugleich pramatifcher Dich= 
ter war, und faum zwei Monate nach Goethes Rüdtritt 
gefchrieben. 

Dafjelbe lautet: 





250 Verſchiedenes. 


„Weimar, den 11. Juny 1817. 
Wohlgeborner Herr 
Hochgeehrteſter Herr Regierungs⸗Rath. 

Nah dem Abgange Sr. Excellenz des Herrn gehei- 
men Raths von Goethe von der Hoftheater- Jutendanz 
jtehe ich zwar an der Spite der Gefchäfte bey derſelben: 
allein zu ven einzelnen mic, herzugeben erlauben mir 
andere Geſchäfte nicht. 

Die Prüfung neuer hier aufzuführenden Stüde, ob 
folche zu dem Gefchmad des Hofes, fo wie des Publikums 
fih eignen, ingleihen ob fie für die Beſchränktheit des 
hiefigen Perfonals und zu ven Fähigkeiten Einzelner pafs 
fen, wird fünftig das Öefhäfteinesbefon- 
bern Mannesfeyn, der wohl jchwerlidh früher als 
gegen den Herbft dazu ernannt werden dürfte, baher ich 
mid außer Stand befinde Em. Wohl. Anträgen vom 
24ten des vergangenen Monats befriedigend beantworten 
zu können. 

Mit volllommenfter Hochachtung mic, unterzeichnend 

Edlg.“ 

Der Herbſt kam und der , beſondere Mann“ für das 
Prüfen der Stücke war noch nicht ernannt — weil eben 
noch nicht gefunden — worden. Graf Edling ſuchte 
fort, und wie er ſuchte zeigt uns der nunmehr folgende 
Brief der Intendanz an ven Weimarer Ober⸗Konſiſtorial⸗ 
Direktor Peucer. Bon demſelben war nämlih amı 
13. December 1817 ein Trauerfpiel „Semiramiß*, 


Graf Edling fucht einen Dramaturgen. 951 


auf der Weimarer Bühne aufgeführt worden, welches 
prächtig ausgeftattet, tüchtig bargeftellt, rechten Erfolg 
. gehabt hatte. In dieſem heimifchen Dichter glaubte Graf 
Edling den fo nothwenbigen, urtheilsfähigen Mann ge 
funden zu haben und ließ ihm daraufhin nach der Auf⸗ 
führung ‚befagten Stüdes folgendes Schreiben zugehen: 
„Weimar, ven 15ten Dezember 1817. 
An den Herrn Ober-Confiftorial-Director Beucer. 
Hochwohlgeboren. 

Die am vergangenen Sonnabend auf dem hieſigen 
Hoftheater zum erſten Male ſtattgefundene Vorſtellung 
des von Ew. Hochwohlgeboren für die deutſche Bühne 
bearbeiteten Trauerſpiels: Semiramis hat ſo allges 
meinen Beifall erhalten, daß die Großherzogliche Hof⸗ 
theatersIntendanz für die gefällige Mittheilung veffelben, 
Denenfelben hiermit den verbinblichften Dank abzuftatten 
fih bewogen fieht. 

Sollten Em. Hochwohlgeboren vielen Gefchäfte es 
veritatten, jo würde e8 großherzogl. Hoftheater-Intendanz 
fehr angenehm fein, wenn Diefelben erlauben wollten, 
Ihnen die dann und wann eingehenden Manuferipte und 
neuen Stüde zu gefälliger Durchficht überreichen zu dür- - 
fen, da das Urtheil eines jo rühmlichft bekannten Aefthe- 
tifer8 für Diefelbe ftetS von großem Gewicht fein wird. 

Empfangen Em. Hochwohlgeboren noch die Verfiches 
rung der ausgezeichnetften Hochachtung. 

Großherzogl. ©. Hoftheater-Intendanz. “ 





252 Verſchiedenes. 


Ob ſich Peucer zu dieſem Amte, in dieſer Form, her⸗ 
gegeben, weiß ich nicht. Jedenfalls aber war es eine 
Strafe für das Weimarer Hoftheater, welches die beſte, 
die größte kritiſche Autorität ihrer Zeit, den Dichter 
Goethe, freiwillig aufgegeben, nunmehr rechts und links 
anklopfen zu müſſen, um von minder Befähigten eine 
Hülfe zu erbitten, die Goethe ihm zu feinem Heile und 
Ruhm wohl noch lange Jahre hätte leiften Können. 





XXI. 
Die 
Derfreter der Muſik am Hofe zu Weimar 
von Ernſt Auguſt Conſtantin 


bis zu Goethe's Tode, in kurzen biographiſchen Notizen. 
1756— 1832. 


As Ernft Auguft Eonftantin und Anna Amalia 
1756 ihren fürftlihen Wohnfig in Weimar aufjchlugen, 
“fanden fie den feit 8 Jahren vermwaiften Hofftaat befon- 
ders in muſikaliſcher Hinficht ziemlich verödet. Ernft 
Auguſt (geft. 1748), obgleich ſelbſt ein tüchtiger Muſiker 
(er jpielte Die Gambe und die Raute vortrefflich und hatte 
zwei der berühmteften Tauteniften, Baron und Falken— 
hagen, in feinen Dienften), hatte während ver legten Zeit 
feines Lebens wenig mehr für die Muſik gethan und als 
paffionirter Liebhaber der Jagd und des Militärs nur 
eine jogenannte „Iagd= und Bodpfeifer-Bande“ unter- 
halten, die nach feinem Tode aufgelöft wurde. — Ernft 
Auguft Conſtantin empfing feinen mufifalifchen Unterricht 
während feiner Minverjährigfeit und feines Aufenthaltes 
in Gotha von dem Eifenacher Stadt-Organiften 

1) Johann Ernft Bad (geb. 28. uni 1722 zu 
Eiſenach), welcher dem jungen, jelbftftändig gewordenen 
Fürſten 1756 als Kapellmeifter nad) Weimar folgte, wo⸗ 
felbft er und Georg Benda (Kapellmeifter in Gotha) Auf- 
träge erhielten, Vorſchläge zur Bildung einer möglichft 


256 Die Bertreter der Mufif 


vollftändigen Hoflapelle zu machen, veren Ausführung 
aber des allzu beveutenden Koftenpunktes halber unter- 
blieb. Bach gründete darauf mit vorhandenen Kräften 
eine Kleine, aber ganz tüchtige Kapelle von ungefähr 20 
Mitgliedern, unter denen noch befonderd zu erwä'ınen 
wäre ber Hof-Organift, Geiger und Bürgermeifter von 
Weimar, Johann Kafpar Bogler, Schüler von Joh. 
Seb. Bad) und, nach deſſen eigener Ausfage, fein befter. 
Nach dem Tode Ernft Auguft Eonftantin’s, 1758, zerfiel 
das junge Inftitut theilweiſe — um indeſſen bald blühen- 
der als zuvor wieder zu erftehen — und Bad zog fid 
nad) Eiſenach zurüd, wofelbft er fortan mit dem Titel 
eines herzogl. Kapellmeiſters lebte und 1781 ftarb. 
Bach's Nachfolger war: 

2) Ernft Wilhelm Wolf (geb. 1735 zu Großen⸗ 
Behringen bei Gotha). Er ftupirte in Jena und über- 
nahm 1755 die Direltion der dortigen mufifalifchen Ge- 
ſellſchaft, trat 1761 als fürftlicher Konzertmeifter in bie 
Dienfte der Herzogin Anna Amalia, deren Lehrer im Kla⸗ 
vierfpiel und in «ver Kompofition er bald darauf wurde; 
1772 am 31. Suli warb er Hoffapellmeijter, welche 
Stelle er bis at feinen Tod, der am 7. Dezember 1792 
erfolgte, ausfüllte. Wolf war von großer Bedeutung 
für die Entwidlung der Oper, nicht allein am Weima- 
rer Hofe, fondern in Deutfchland überhaupt. Zugleich 
mit Joh. Adam Hiller fomponirte er die erften deutſchen 
Dperetten, die auf allen damaligen Bühnen mit größtem 





am Hofe zu Weimar ıc. 257 


Beifall aufgenommen wurden. Er fchrieb an 20 der- 
gleichen Werke, unter denen „ Das Rojenfeft“, „ Die treuen 
Köhler“ von Heermann; „Das Gärtnermädchen“ von 
Muſaäus; „Superba* von Sedenporf, „Erwin und 
Elmira“ von Goethe befonders hervorzuheben wären. 
Auch lieferte er die Muſik zu vielen andern Sachen, die 
fowohl auf dem fürftlichen Liebhabertheater als auf der 
Hofbühne zur Aufführung kamen („Die Vögel“ von 
Goethe, „Der Eremit von Formentera“ von Kogebue 
u.a. m.) und komponirte nach Schweiger ein zweites Dial 
bie „ Wcefte* von Wieland, welches Werk fich jedoch kei⸗ 
nes befonderen Beifall8 erfreute und Manuſtript blieb. 
Aus dem Mitgetheilten geht feine große Betheiligung an 
jener merkwürdigen künftlerifchen Epoche genugſam hervor. 
Noch machte er ſich fpeciell um die Hoffapelle felbft ver- 
dient, die fich unter ihm beveutend an Zahl und Gehalt 
hob. Auch als Schriftfteller verfuchte er fich und nicht 
ohne Glück: feine „ Mufitalifche Reife” giebt ein treues 
und intereffantes Bild der. mufifalifchen Zuftände und 
Berhältnifie in verfchievenen bedeutenden deutjchen Städten 
und machte ihrer Zeit Aufjehen. Ihm zur Seite ſtand 
als Konzertmeifter:: - 

3) Carl Gottlieb Gäpfert (geb. 1733 zu Wafun- 
gen, nach Schilling zu Weejenftein bei Dresven). An- 
fänglich Kapellſchüler der Kreuzjchule zu Dresden, ging 
er jpüter nach Leipzig als Vorgeiger beim bortigen großen 
Konzert und 1764 nad) Frankfurt am Main als Solo- 

Basque, Goethe's Theaterleitung. II. 47 


258 Die Vertreter der Muſik 


Geiger. 1769 zog er nad) Berlin und wollte-1770 eine 
Runftreife nach London machen, als er auf der Reife vor 
dem Weimarer Hofe -fpielte und von dieſem dauernd 
gefeffelt wurde, zuerft al8 Kammermufiflus und vom 
31. Yuli 1772 an als Konzertmeifter. Er war ein 
genialer und zu feiner Zeit hochberühmter Künftler, ein 
eben fo tüchtiger Solo⸗ als DOrchefter-Geiger und ſomit 
eine Hauptftüge der Kapelle und mannichfaltiger Auffüh- 
rungen bei Hofe. Göpfert verlieh Weimar nie wieder 
und ftarb daſelbſt am 3. Oktober 1798. Zu diefen 
Muſikern gejellte ſich bald noch eine dritte bedeutende 
mufifaliiche Größe: 

4) Anton Schweißer (geb. 1737 zu Koburg). 
Bon 1772 an als Kapellmeifter der Seyler'ſchen Truppe 
in Weimar thätig, fchuf er dort im Verein mit Wieland 
bie erfte deutſche Oper: „Alcefte* (aufgeflihrt zum erften 
Mal auf dem Scloßtheater zu Weimar am 28. Mai 
1773), mit weldem Werfe unfere jegige deutſche Oper 
thatfächlic) beginnt. Noch wäre von feinen bortigen 
Kompofitionen das Monopdram „Polyrena“ zu nennen, 
das feiner Zeit eine große Berühmtheit erlangte und fpä- 
ter im Drud (bei Bertuch) erfohien. 1774, nad dem 
Schloßbrande (4. Mai) verlieg Schweiger Weimar umd 
zog mit der Seyler'ſchen Geſellſchaft nach Gotha, woſelbſt 
er noch Wieland's zweite Oper: „Rofamunde* kom⸗ 
ponirte. Er ftarb als Hoffapellmeifter zu Gotha am 
23. November 1787. 








am Hofe zu Weimar ꝛc. 259 


Nach dem Schloßbrande beginnt vie jo merkwürdige 
und folgenwichtige Epoche der Hoflonzerte und des fürft- 
lichen Liebhabertheaters, die von 1774 bis 1784, dem 
Einzug der Bellomo'ſchen Geſellſchaft, dauerte. Die 
Hoftapelle beftand in Allem aus 37 Perfonen, unter 
denen die vokalen Kräfte die inftrumentalen indeß beveu- 
tend überragten. Außer ven beiden Leitern E. W. Wolf 
und Göpfert, die oben genannt wurden, und zu welchen 
1778 noch eine britte bedeutende Perfünlichkeit (Kranz), 
bie weiter unten ihre Stelle finden fol, trat, enthielt vie 
Hofkapelle folgende Namen : 

5) Kammermufifer: Joh. Friedr. Steinhardt, erfter 
und tüchtiger Flötiſt und Gatte ter fpäter zu nennenden Hof- 
fängerin. Geb. um 1735, ftubirte er anfänglich Cheologie 
und widmete fi) dann aus Neigung der Muſik. Zuerſt 
Mitglied der ftuttgarter Hoflapelle, finden wir ihn von 
1774 an in Weimar als herzogl. Kammermufilus. Er 
fohrieb viel und Tüchtiges für fein Inftrument. — Joh. 
Auguft Wagner und Joh. Gottf. Werner, Hofmuſiker: 
Joh. Chriſt. Hoffmann; Georg Auguft Zahn; oh. 
Benjamin Weiſe; Joh. Georg Kellner; Joh. Mic. 
Wiener; Joh. Aug. Werner; Heinr. Seiler; Job. Georg. 
Wiener; Fried. Chrift. Stodmar; Joh. Wilh. Zahn; 
Joh. Kafp. Langenberg; Auguft Wilh. Heinrich Muscat; 
Joh. Nicl. Ambrofius ; Joh. Ad. Zipfel; Joh. Ebeling ; 
Joh. Heinridy Grobe, Ernſt Joh. Karl Heinrih Götze; 
Joh. Ant. Gottfr. Unrein; Joh. Jacob Hey (bedeutender 

17* 


260 Die Vertreter der Mufit 


Hornift) ; Ich. Heinrich Peterfilie (Vater der Sängerin 
— nachherigen Unzelmann — der Goethe den „Beter“ 
ftrid) und fie dann in „Silie* umtaufte). Hierzu famen 
noch A Trompeter und 1 Pauker. 


Dies war der inftrumentale Perfonal-Beltand ver 
fürftl. Hoffapelle. Nun zur vofalen Abtheilung. Obenan 
muß genannt werden: 


6) Corona Elifabeth Wilhelmine Schrö- 
ter, die berühmte, von Goethe in feinem herrlichen Ge— 
dichte: „Auf Mieding’8 Tod“ fo hoch befungene Künft- 
ferin, Sängerin, Darftellerin und Komponiftin. Geboren 
1748 zu Guben in der Nieverlaufig, machte fie ihre 
Haupt-Studien unter Joh. Ad. Hiller zu Leipzig und 
ſchon 1763 fang fie im dortigen großen Konzert neben 
ver berühmten Mara mit beveutendem Erfolg. Goethe 
lernte fie dort kennen und ſchätzen und veranlaßte 1778 
ihre Ueberfiedlung nach Weimar, wo fie von nun an, als 
ein heller jeltner Stern, bei allen Konzerten, muſikaliſchen 
und fonftigen Aufführungen des fürftl. Liebhabertheaters 
glänzte. Ihre fpeziellen Leiftungen — als: Lebendige 
Braut in der „Geflickten Braut“; Tyrolerin im „Sahr- 
marftöfeft zu Plundersweilen“; Sophie in den „Mkit- 
ſchuldigen“; Sprecherin in den „Vögeln“; Iphigenia 
u. ſ. w. find befannt; näher darauf einzugehen, würde 
die geftellte Aufgabe überfchreiten. — Auch als Rom: 
poniftin errang fie Erfolge (, Die Fiſcherin“ von Goethe, 








am Hofe zu Weimar ıc. 61 


1782; 25 Lieder, 1786; Lieder, zweite Sammlung, 
1794 u.a.m.). Nach Gründung des Hoftheaters wirkte 
fie noch durch Heranbildung junger Talente (Chriftiane 
Neumann, nachherige Beder, Goethe's, Euphroſyne,“ 
u. a. m.) und nachdem fie mehrere Jahre, aller fünft- 
leriſchen Thätigkeit entſagend, in ftiler Zurückgezogenheit 
zu Ilmenau verlebt, ſtarb fie daſelbſt am 23. Auguſt 
1802 in den Armen ihrer fehwefterlihen Freundin Wil- 
heimine Probſt. (Siehe XXIV:) Neben der Schröter 
wirkten noch al8 Sängerinnen: 

7) Caroline Wolf (geb. um 1748), Tochter des 
berühmten Tönigl. preuß. Konzertmeifters Franz Benda 
und Gattin des obengenannten Kapellmeifters E. W. 
Wolf, nach namaligen Verhältnifien zugleich Rammerfrau 
ber Herzogin Anna Anialia. Seit etwa 1765 in herzogl. 
Dienften , verheirathet 1770, zog fie fi) nach Auflöfung 
des fürftl. Riebhabertheaters in das Privatleben zurüd. Für 
ihre Vortrefflichkeit al8 Sängerin bürgt der Name ihres 
Bater® und Lehrers, des Königs der damaligen Geiger 
und Bildner bedeutender Gefangsgrößen, al8 feiner zwei- 
ten Tochter, nachherigen Gattin tes Kapellmeifters 
Reichardt, des berühmten Kaftraten am Hofe Friebrid) 
des Großen Paoline u. a. m. 

8) Maria Salome Bhilippine Neuhans; 
geboren um 1755, heirathete fie 1784 den fürftl. Stall- 
meifter Böhme. Sie wirkte befonder8 in jugendlich- 
muntern Rollen und muß eine leichtsanfprechende, beweg- 


262 Die Vertreter der Muſik 


liche Stimme befeffen haben. Ein Heines Kunftblättchen, 
rabirt von Kraus, zeigt fie als Röschen in der Operette: 
„Das Milchmädchen und die beiden Jäger;“ als Unter- 
Schrift ven Vers der Ariette: „Hier ift das Heine, das 
Heine Milchmädchen.“ Eine graziöfe Figur mit lieblicyem 
runden Geſichtchen. Sie muß aus einer Künftler-Familie 
ftammen, denn ein älterer Bruder von ihr, Chriftian 
Ludwig N., geb. 1749 zu Wermar, ftarb als tüchtiger 
Schaufpieler 1798 zu Preußiſch Minden ımb ein zweiter 
Bruder wirfte als Muſiker: Dirigent und Geiger bei der 
Großmann'ſchen Geſellſchaft. 

9) Friederike Steinhardt, Gattin des ge— 
nannten Flötiſten und tüchtige Sängerin (Frau des Bän⸗ 
felfängers im „ Sahrmarktsfeft zu Plundersmweilen "u. |.w.). 
Ihre künſtleriſche Haupt-Wirkſamkeit dauerte indeſſen nur 
ſo lange wie das fürſtl. Liebhabertheater und beſchränkte 
ſich nach dem Einzug der Bellomo'ſchen Geſellſchaft auf 
einige wenige Hofkonzerte, bis ſie in den Ner Jahren 
ganz vom Schauplatz verſchwand. 

Als Sänger find zu nennen: 

10) Johann Adam Aulhorn, fürftl. Hoftanz« 
meifter und Baſſiſt; bei allen Feftlichkeiten und Auffüh- 
rungen vielfeitig und oft beſchäftigt, befonders im Fache 
der fomifchen Alten (Bater in ver „Fiſcherin“; Dans 
wurft und Schattenfpielmann im „Jahrmarktsfeſt zu 
Plundersmeilen“ u. ſ. w.). Er war 1757 als junger 
Burfche mit der Döbbelin'ſchen Geſellſchaft nah Weimar 





am Hofe zu Weimar zc. 2363 


gelommen und nach Abzug derſelben dort geblieben, eine 
Heine Stelle bei Hof befleivend. Später figurirt er als 
fürftl. Hoftanzmeifter und Baflift bei der Hoflapelle und 
dem Liebhabertheater, für welche letzteren Dienftleiftungen 
er einen Extragehalt von 72 Reichsthalern erhielt. Kraus 
rabirte ihn in einer Rolle (Cafpar im „ Mildhmäbchen *) 
in höchſt komiſcher Stellung mit verwirrtem Haar und ver: 
zweiflungsooll ausgeftredten Armen, in einer Situation, 
in welcher er gerade ven Ausruf thut: „Hölliſcher Bär!“ 
Ueber feine fonftigen Yebensumftände ift leider nichts auf- 
zufinden gewefen. Noch wäre zu bemerfen, daß er der 
Stammvater der jest in Weimar lebenden zahlreichen 
Tamilien gleichen Namens ift. 

11) Heinrich Seidler, berzogl. Ober⸗Konſi⸗ 
ſtorial⸗Sekretaͤr und als Tenoriſt mit kleiner Zulage bei 
der Kapelle angeſtellt. Ihm begegnen wir ſehr oft bei 
den Konzerten und theatraliſchen Aufführungen (Niclas 
in der, Fiſcherin“; Zigeunerburſch im, Jahrmarktsfeſt 
zu Plundersweilen“; Arcas in der, Iphigenia “u. |. w.), 
denn wo die hohen Liebhaber mit ihren Tenorſtimmen nicht 
ausreichten, mußte Seidler einſpringen und aushelfen. 

Weiter war das muſilaliſche Perſonal während jener 
Epoche — wie ſchon oben bemerkt — nod, vermehrt wor⸗ 
ben durch den fpäter in die weimarer Theater-Berhältnifie 
fo bedeutend eingreifenden Künftler: 

12) Johann Friedrich Kranz (geb. 1754 zu 
Weimar). Schüler Göpfert's, fpielte er 1778 zum erften 





264 Die Vertreter der Muflt 


Male öffentlich und zwar eine eigene Kompofition für bie 
Bratfhe, worauf er als fürftlicher Hofmufikus angeſtellt 
wurde. 1781 ſchickte ihn Carl Auguft zur weitern Aus⸗ 
bildung nad Italien (er erhielt, aufer feinem Gehalte 
von 200 Reihsthalern, noch 25 Karolin quartaliter und 
200 Reichsthaler Zufhuß von der Herzogin Anna 
Amalia). In Italien lag er fleißig feinen mufilalifchen 
Studien ob und machte allenthalben großes Auffehen als 
Geiger. 1789 erſt kehrte er nach Weimar zurüd, wo er 
an Göpfert's Seite zum zweiten Konzertmeifter ernannt 
wurde und an Stelle des nun abgehenven und fpäter zu 
nennenden Krauß, Kapellmeifters der Bellomo’fhen Ge⸗ 
jellfchaft , tie Direktion der Opern übernahm (1799 am 
24. April wurde er zum Kapellmeifter ernannt), die er 
bis zum Jahre 1803 fortführte. Außer feiner Thätig⸗ 
feit zur Hebung der Kapelle feldft Iieferte er eine Menge 
Kompofitionen für das damalige Hoftheater (Ouvertüre 
und Mufif zum „Groß-Eophta* von Goethe, zu Den 
„Theatraliſchen Abentheuern“ n.a.m.). 1801 entipann 
fi) ein Streit zwifchen ihm und der Sängerin Sagemann, 
nachherigen Frau von Heygendorf. Bet der Aufführung 
bes „Don Juan“ wollten Kapellmeifter und Sängerin 
jedes ihre eigenen Tempi durchſetzen, welcher Wettkampf 
bamit endete, daß Donna Anna — Jagemann die Scene 
verließ. Kranz durfte von nun an feine Oper mehr 
birigiren, in weldyer die Sagemann zu thun hatte. (Siehe 
&.178.) Diefe und andere Unannehmlichleiten bewogen 


am Hofe zu Weimar ıc. 265 | 


ihn, Weimar 1803 zu verlafien. Er übernahm bie Stelle 
eines Hoflapellmeifters in Stuttgart, wofelbft er zu An⸗ 
fang des Jahres 1807 ſtarb. 

Der oben erwähnte Kapellmeifter ber Bellomo’schen 
Geſellſchaft war: 

13) Benedict Kranf (geb. um 1730 im Salz- 
burgiichen). Früher Rapellmeifter beim Herzog Clemens 
in Bayern, war er in gleicher Eigenfchaft mit dem Direl⸗ 
tor Bellomo 1784 nah Weimar gezogen, wofelbft er, 
ſehr geachtet als Muſiker und Dirigent, wirkte, bis Kranz, 
von feinen Reifen zurückkehrend, bie Direktion übernahm. 
Krauß verließ Weimar und ftarb zu Anfang des jeßigen 
Jahrhunderts und in bilrftigen Umftänden in Bayern. 
Derjelbe war ein tüchtiger und feiner Zeit hoch gefchätter 
Komponift. Opern („Amor’s Zufälle“, Arten für Mao. 
Bellomo u. |.w., für Weimar), befonderd Oratorien und 
Kantaten Tieferte er in Menge. Unter letztern befinvet 
fih eine „Schöpfung * nach Hochbaum's Poefie, in Wei⸗ 
mar fomponirt, mit ver er neben I. Haydn's Wert glei- 
hen Namens recht glüdlic, beftanb. 

Kranzens Nachfolger am Direltionspulte war: 

14) Franz Destouches (geb. 1774 am 14. Okto⸗ 
ber zu Münden). Schüler von J. Haydn 1787, kom⸗ 
ponirte er 1791 die von feinem Bruder gedichtete Oper: 
„Die Thomas-Nachıt, * die ihrer Zeit Glüd machte. Als 
bedentender Klavier-Birtuofe durch Deutſchland reifen, 
warb er in Erlangen als Muſildirektor angeſtellt und 


966 Die Vertreter ber Mufil 


trat 1799 am 24. April mit einem Gehalt von 400 Tha⸗ 
lern als erfter Konzertmeiſter in herzoglich weimarifche 
Dienfte an bie Stelle des verftorbenen Göpfert. Ihm 
war e8 vorbehalten, die Mufiten zu den meiften Schil- 
ler ſchen Tragödien zu liefern, die nad) und nad; in Wei⸗ 
mar entftanden und daſelbſt aufgeführt wurden. So 
fhrieb er Ouvertüren und Zwiſchenakts⸗Mufilen zur 
„Braut von Meffina“, „Jungfrau von Orleans“, „Wil 
helm Tel”, „ Wallenftein “, „ Zurandot * und zu andern 
auf dem Hoftheater targeftellten Stüden‘, als: Chöre 
zu den „Huffiten“, zum Trauerſpiel, Wanda” u. a. m. 
Auch fomponirte er Opern („Das Mifverftändniß “) und 
eine große Anzahl von Sachen für das Klavier. 1810 
mußte er dem Folgenden weichen ; e8 war bie$ eine deli⸗ 
fate Angelegenheit, vie Goethe perfünlich unter großen 
Schwierigkeiten, doch glücklich zu Ende führte. Destouches 
zog ſich nach München zurück, wo er am 9. Dez. 1844 
ſtarb. Sein Nachfolger war: 

15) Johann Eberhard Müller (geb. 1767 
am 13. Dez. zu Northeim im Hannover'ſchen), Schüler 
von Joh. Chr. Friedr. Bach, Kapellmeiſter zu Bückeburg, 
und neuntem Sohn von Joh. Seb. Bach. 1789 erhielt 
er die Stelle des verftorbenen Rabert zu Magvebürg und 
verheirathete ſich daſelbſt mit deſſen nachgelafjener Toch⸗ 
ter. 1794 kam er als Organiſt an die Nicolaikirche nach 
Leipzig und wurde 1800 dem alternden Hiller beigeſellt, 
deſſen Nachfolger er 1804 als Kantor der Thomas⸗ 





am Hofe zu Weimar ıc. 267 


Schule und Organift der beiden Hauptlirchen wurde. 
Bon 1807 — 1809 gab er der damaligen Exbprinzeffin- 
Großfürſtin Maria Baulomna von S.-Weimar Unterricht 
im Klavier and in der Kompofition, was die Beranlafjung 
der Entfernung Destouches' (fiehe oben) und der Berufung 
Müller’ als: Hoffapellmeifter nad Weimar war. Er 
ftarb zu Weimar am 3. Dez. 1817. Müller war ein 
vorzüglicher und gejchätter Muſiker, Tiheoretifer, Kom: 
ponift und Schriftfteller, und zahlreich find die Werfe von 
allen Gattungen, die von ihm im Drud erſchienen, worun⸗ 

“ter befonders die Bianoforte-Rompofitionen hervorragend 
zu nennen find. Neben Müller und ihn nad) feinem 
Tode eine Zeit lang erſetzend fungirte noch: 

16) Auguft Riemann (geb. am 12. Aug. 1772 
zu Dlanfenhain bei Weimar). Sohn des dortigen Or⸗ 
ganiften, genoß er anfänglich des Vaters Unterricht und 
fam 1788 zur weitern Fortbildung nad) Weimar zum 
dortigen Stadtmufifus Eberwein. 1790 warb er durch 
Verwendung des Konzertmeifters Kranz als erfter Geiger 
bei der Hoffapelle angeftellt und wurde 1806 Korrepeti⸗ 
tor der Oper, und 1817, nah Müller's Tode, Muſik⸗ 
direftor. Er ftarb zu Weimar mit dem wohlbegründeten 
Rufe eines tüchtigen LXehrers und Komponiften im Augujt 
des Jahres 1826. 

Noch muß bier feine Stelle finden: 

17) Karl Ebermwein (geb. am 10. Nov. 1786 
zu Weimar), jüngfter Sohn des dortigen Stadtmuſikus. 





968 Die Bertreter ber Mufit 


Anfanglih Schüler feines Vaters, trat er am 3. Dftober 
1803 in die weimarer Hoffapelle und ging dam, von 
Goethe empfohlen, nad Berlin zu Zelter, deſſen Unter- 
riht er genoß. Nach feiner Rückkehr wurde er, von 
1807 an, Direktor der Goethe'ſchen Hauskapelle, 1818 
Muſikdirektor bei ver Stadtkirche und Gefanglehrer beim 
Seminar, 1828 großherzogl. Muſildirektor und Dirigent 
der Oper, welche Stelle er biß zu feiner ehrenvollen Pens 
fionirung im Oftober 1853 ausübte. Er fchrieb viele 
Kirchenmuſiken, Opern, Kantaten und Lieder, unter_an« 
dern aud die fo populär gemworbene Muſik zu Holtei's " 
„Lenore“. Goethe'ſche Sachen komponirte er auch eine 
Menge und zur vollfommenften Zufriedenheit des Mei- 
fters, u. a. Muſik zu, Fauſt“ I. und IL. Theil, letzterer 
nah Edermann’8 Bearbeitung und zum erften Mal 
(Akt I) aufgeführt anı 24. Juni 1855, Goethe's Mono⸗ 
bram „Proferpina ”, Lieber des „Weftöftfichen Divan“ 
u. ſ. w. Letztere beſonders wurden oft in den Goethe ſchen 
Geſellſchaften zur Aufführung gebracht. Eberwein's älte⸗ 
ſter Bruder 

18) Traugott Maximilian Eberwein darf 
hier füglich auch eingereiht werden. Geb. am 27. Okt. 
1775 zu Weimar, ſtudirte er von 1792 an bei Kunze in 
Frankfurt a. M. und bei Schick in Mainz. 1797 kam 
er als Hofmuſikus nach Rudolſtadt und machte von dort 
aus 1803 und 1804 als Violin⸗Virtuoſe eine größere 
Reiſe nad) Italien. 1809 übernahm er die Leitung ber 


[4 


am Hofe zu Weimar ꝛc. 269 


Rudolſtädter Hoffapelle, doch erhielt er den Titel als Hof- 
fapellmeifter erft 1817. Er ftarb in der Stabt, die feine 
zweite Heimath geworben, am 2. Dez. 1831. Auch er 
Tieferte eine erftaunliche Dienge Kompofitionen (über 200), 
nad einem forgfältig und chronologisch aufgeftellten Ver⸗ 
zeichniffe, Das fich in meinem Beſitz befindet, 27 gedruckte 
Werke, worunter eine ganz beveutende Anzahl nad) 
Goethe'ſchen Poeſien, die ebenfalls in Weimar oft und 
gern gehört wurden. 

Bevor ih ven lebten Seiter ver meimarer Hof⸗ 
“ Tapelle zu Goethe's Lebzeiten vorführe, muß ich noch 
einige Muſiker nennen, die, ebenfalls ver Zeit an⸗ 
gehörend, bier am beften placirt fein bürften. Es 
find dies: 

19) Johann Heinrih Chriftian Remde 
(geb. um 1780 zu Berta an ver Ilm). Er befuchte an- 
fänglich das Gymnaſium zu Weimar, wo er ſich im Sing- 
chor hervorthat, in Folge deſſen er nach Halle als Präfelt 
der dortigen Singfchule berufen wurde. Dort ftubixte 
er unter Türk und Reicharbt die Kompofition,, ging dann 
nad) Berlin, jpäter nach Hamburg als Mufiklehrer und 
fehrte gegen 1812 nad) Weimar zurüd, woſelbſt er einen 
Singhor und auf Goethe's Rath und Veranlafjung ven 
erften ſtehenden Theaterchor errichtete. Er febte eine 
Menge Opern und Kantaten („PBygmalion ”, „Die Lufti- 
gen Stubenten “, „ Die Pfirfichbiebe*, „Der Zauberfee“, 
„Die entwaffnete Rache "u. |. w.), die ſämmtlich in Wei- 








270 Die Vertreter der Mufif 


mar zur Aufführung famen, Remde ftarb etwa zu An- 
fang der 1850er Jahre zu Weimar. 

20) Earl Theodor Theuf (geb. um 1785 zu 
Weimar). Schüler von Destouches und von 1818 an 
geoßherzogl. Militär⸗Muſikdirektor. Als Komponiſt be= 
fonnt dur feinen Trauermarſch zu Carl Auguft's 
Leihenbegängnif am 9. Juli 1828 und viele volfsthüm- 
lihe Sachen. 

21) Gottlieb Töpfer, Profeflor der Muſik und 
Drganift der Stabtfirhe zu Weimar. Geb. 1792 zu 
Niederroßla , erhielt er feinen erften Unterricht vom bor- 
tigen Kantor. Die Jagemann wurde auf ben talent- 
vollen Knaben aufmerkſam und nahm ihn mit nach Wei⸗ 
mar, wo er ſich bei Destouches und Riemann und fpäter 
bei Müller ausbilvete. 1817 wurbe er Profeflor der 
Muſik am Schullehrerfeminar und 1830 Organiſt 
bei der Stadtkirche. Er iſt einer der berühmteften 
Orgelipieler und ein durch und durch wiſſenſchaftlich 
gebildeter Mufifer, wovon befonvers fein als einzig 
baftehendes Werk über die Orgelbaufunft Zeugniß 
ablegt. 

In innigerm Zufammenhange mit dem Hoftheater 
ſtand der wohlbefannte Mufiter und Chordirektor 

22)-Auguft Gerbinand Häfer (geb. 15. Oft. 
1779 zu Leipzig). : Anfänglich ftudirte er Theologie, 
wandte ſich dann aber aus Neigung zur Muſik und wurde 
Kantor und Lehrer am Gymnaſium zu Lemgo. Bon 





am Hofe zu Weimar ꝛec. 271 


1806— 1813 machte er mit feiner Frau und berühmten 
Schweſter Charlotte Kunftreifen nach Italien, nad der 
Rückkehr privatifirte er in Lemgo und wurde 1815 zum 
Cubtonreltor am dortigen Gymnaſium ernannt: Zu 
Dftern 1817 wurde er nad) Weimar berufen, um ven 
neuen Hoftheaterchor in’8 Leben zu rufen. 1829 wurbe 
er Mufifoireltor bei der Stabtlirhe und ftarb 1844. 
Häfer mar bedeutend als Schriftfteller (Auffäte in ver- 
fchiedenen muſikaliſchen und wiflenfchaftlihen Sournalen ; 
Geſangſchule; Chor-Geſangſchule u. f. w.), Komponift 
(Oratorium: „Kraft des Glaubens“; Klopftod’8 „Bater 
Unfer *; mehrere Opern, Kammermufilen u. f. w.) und 
Lehrer (Schüler und Schillerinnen von ihm waren u. a.: 
bie PBrinzeffinnen Marie und Augufte, bie Prinzen Karl 
und Wilhelm von Preußen und die Großberzogin-Örup- 
fürftin Maria Paulowna) und unftreitig einer der am 
vielfeitigften gebildeten Muſiker Weimar's. 

Der lebte und bedeutendſte weimarer Muſiker ber 
Goethe'ſchen Lebens⸗Epoche war 

23) Johann Nepomuk Hummel (geb. 14. Nov. 
1778 zu Preßburg), weltberühmt als Virtuoſe und Kom⸗ 
poniſt, der einzige Schüler Mozart's im Klavierſpiel. In 
der Kompoſition erhielt er Unterricht von Albrechtsberger 
und Salieri. Bon 1795 — 1811 in Dienſten des Für⸗ 
ſten Eſterhazy, trat er dann ſeine Kunſtreiſen an, wurde 
1816 Hof-Kapellmeiſter in Stuttgart und kam 1820 in 
gleicher Eigenfhaft, durch die damalige Erbgroßherzogin- 


272 Die Vertreter der Mufit 


Groffürftin Maria Paulowna veranlaft, nach Weimar. 
Er ſchrieb eine Menge Meflen und Kantaten, 9 Opern, 
Bantomimen und Ballete ; doch am bebeutendften an Zahl 
und Gehalt find feine Kompofitionen und Lehrbücher für 
das Pianoforte, deren Werth längſt feft begründet und 
allgemein: befannt if. Hummel ftarb am 17. Oftober 
1837 zu Weimar. 


Dies wären die Vertreter der Muſik am Hofe zu 
Weimar während jenes bedeutungsvollen und folgemwidy- 
tigen Zeitraums, und ihr furz angeveutetes Wirken wird 
hinlänglich beweifen, daß, wie Weimar die Wiege deut⸗ 
[her Dichtkunft gewefen, es nicht minder von größter 
Bedeutung für die Entwidlung deutfher Muſik, d. h. ver 
Oper, war. Nicht allein die deutfche Operette, fonvern 
auch die ernfte, wirkliche beutfche Oper (im Gegenfatz zu 
den aus ttalifchem Boden und Berhältniffen entfprunge- 
nen mufilalifchen Werfen) gingen aus Weimar hervor. 
Dort ftanden ihre Wiegen, dort wurben fie von wahrhaft 
funftfinnigen Händen gewartet und gepflegt, bis fie lebens⸗ 
kräftig fich über das ganze Deutfchland verbreiteten. Die 
Genannten haben demnach wohl doppelte Berechtigung 
auf Beachtung und dürften jomit dein weimarer Sreife 
gewiß in jeder Hinficht zur Zierde gereihen. In obiger 
Reihenfolge vermögen fie wohl ein Bild der Entwicklung 


am Hofe zu Weimar ıc. 273 


der Mufif und ihrer Zufammenwirkung mit der Dicht- 
funft zu geben, und werben gewiß dazu beitragen, jenen 
bebeutungsvollen großen Kreis um ein Beträchtliches zu 
ergänzen, abzurunden und feine Umriffe, nad) obiger 
Richtung hin, fefter und beftimmter hinzuftellen. 





Pasque, Goethe's Theaterleitung. II. 418 


XXI. 
Perfonal-Befland und Gäfle 
des Weimarer Hoftheaters;; 
erfierer vom 1. Jannar 1784 bis zu Goethe’s Tode 1832; lehtere 


vom felben Beitpunkte an bis zu Goethe’s Rücktritt von der Lei- 
tung des Hoftheaters, 12. (13.) April 1817. 


18* 


As im Laufe der neunziger Jahre ber befannte 
Romanſchriftſteller und Schwager Goethe's Dr. Chriftian 
Auguft Vulpius feinen bleibenden Wohnfig in Weimar 
aufichlug, legte er, die Bedeutung Goethe's als Leiter des 
Hoftheaters wohl erfennend, ein Verzeichniß an, welches 
unter andern alle dortigen Debüts und Gaftfpiele ent- 
hielt, und das er bis zum Jahre 1814 fortführte. Nach 
dieſem Verzeichniß ließ Goethe ein zweites, und aller 
Wahrfcheinlichleit nach, zu feinem Handgebrauch anfer- 
tigen und fortführen bis zu feinem Rüdtritt von der Lei⸗ 
tung des Hoftheaters (13. April 1817), denn bie Ein- 
tragungen ber Jahre 1816 und 1817 find von ber Hand 
feines damaligen Sekretärs Kräuter. Diefes Verzeichniß 
führt nicht allein die Namen, Debüts und Abgänge 
fämmtlicher Angehörigen des Hoftheaters zu Weimar in 
großer und genaueſter Bollitändigfeit vor, fondern giebt 
auch noch kurze, doch wichtige biographifche Notizen und 
andere Details. Es Liefert demnach zugleich einen höchſt 
wichtigen Beitrag zur PBerfonal-Gefchichte Des deutſchen 
Theaters überhaupt und dürfte fomit nicht allein dem fich 


278 Berfonal:Beftand und Gäfte 


für Weimar's Künftler jener großen Epoche Intereffiren- 
den, fondern jedem Freunde des Theaters und feiner 
Geſchichte willfommen fein und in vielen vorlommenden 
Fällen als treuer Wegweifer dienen und ſich bemähren. 
Hier folgt e8 num in feiner ganzen Vollftändigfeit, wohl— 
geordnet und mit einigen Heinen Zufäßen vermehrt und 
zwar von Bellomo’8 Einzug in Weimar (1784) bis zu 
Goethe's Tode (1832). Ich glaubte, vie Epoche von 
1817— 1832 nicht ausschließen zu dürfen, denn wenn 
auch Goethe während berjelben feinen vireften Einfluß 
mehr auf die Leitung des ‘Theaters ausübte, jo famen die 
meiften Künftler body fortwährend mit ihm in Berührung 
und die Einwirkung. feines großen Geiftes auf diefe war 
unverfennbar. 

Gern hätte ich die wenigen Zuſätze reicher auöge- 
ftattet, allein die höchſt unzureichenden Hülfsquellen 
zur Berfonal-Gefhhichte des deutfchen Theaters verhinder⸗ 
ten dies theilmeife, und fo muß fi) denn ber Lefer mit 
dem Dargebotenen begnügen. 

Die Ordnung des erften Verzeichniſſes (A. En- 
gagirte Mitglieder) ift die alphabetifche und in dieſer wie- 
der die chronologiſche. Die laufenden Nummern gehen 
durch bis an das Ende deſſelben, um das Auffinden ver bes 
treffenden Namen bei oftmals vorkommenden Verweiſun⸗ 
gen zu erleichtern. Das zweite Verzeichniß (B. Säfte) 
ift chronologiſch zufammengeftellt. Die Abkürzungen: 
bbt. — debütirt; abg. — abgegangen ; geb. — geboren; 





bes Weimarer Hoftheaters. 2379 


geft. — gejtorben; geb. — geboren u. f. w. erflären fid) 
wohl von felbit. 


A. 


Derfonal-Befland des Hoftheaters zu Weimar unter Bello- 
mo’s Direktion, vom 1. Iamuar 1784 bis 5. April 1791, 
unter Sochhe’s Direktion, vom 7. Mai 1791 bis 12. April 
1817 (Hund bes Aubry) und ferner bis zu Goethes Tode 


1832. 
Hr. Adermann (ottfried, geb. um 1755 zu Leip⸗ 
zig), dbt. 3. Januar 1784 in „Die eingebilveten 
Philofophen " — Petronio; abg. Oftern 1791. 
Mad. Adermann (Sophie, geb. Tſchorn, geb. 
1760 zu Celle, Gattin des Obigen), bbt. 1. Ian. 
1784 in „ Marianne” — Titelrolle; abg. Oftern 
1791. Siehe 7. 
Hr. Antouſch (Joh. Lud., geb. 1755 zu Danzig), 
dbt. 6. Nov. 1790 in „Curt von Spartau“ — 
Stab8: Chirurg Pilof; abg. Oftern 1791. 


. Hr. Amor (Peter), pbt. 7. Mat 1791 in „Die 


Jäger“ — Amtmann ; abg. Oftern 1793 (geft. als 
Univerfitäts-Tanzlehrer zu Greifswald). 


. Mad. Amor (Caroline, geb. Ambroſch; zuerſt ver- 


heirathet mit dem Hofrath Ungnade zu Stralfund ; 
geſchieden von dieſem heirathete fie den Obigen), 
dbt. 7, Mai 1791 in „Die Jäger" — Oberför: 
fterin ; abg. Oftern 1793. 

Mie Ambroſch, dbt. 30. März 1805 in 








280 


10. 


11. 


12, 


13. 


14. 


Perfonal:Beftand und Säfte 


„Oberon“ — Oberon; verheirathete fih am 31. 
März 1807 mit Hrn. Beder. Siehe Mad. Beder 
32, jodann 15. 


. Mad. Adermann (die Obige unter 2), bbt. 


24. April 1811 in „Reue und Erſatz“ — Fr. 
von Wiefen; geft. Weimar ven 5. Juli 1815. 
Hr. Agricola, dbt. 8. Febr. 1813 in „Die 
Radicalkur“ — Unteroffizier ; abg. im De. 1819. 
Hr. Adolphi, dbt. 2. März 1821 in „Der leicht: 
finnige Lügner” — Felix Wahr; abg. Ende Auguft 
1821. 

Hr. Adermann, pbt. 27. Oft. 1823 in „Die 
Schachmaſchine“ — Frei; verließ bald darauf pas 
Theater wieder. 

Hr. Bellomo (Bofeph, Direktor), bbt. 1. Januar 
1784 in „Marianne * — Baron; abg. Oftern 1791. 
Mad. Bellomo (vorzüglide Sängerin, Gattin 
bes Obigen), dbt. 3. Januar 1784 in „Die ein- 
gebildeten Philofophen * — Clariſſe; abg. Oftern 
1791. 

Hr. Bedert, pbt. 5. Oftober 1784 in „Verbre- 
hen aus Ehrſucht“ — Sekretär Ahlden; abg. Ende 
November 1784. 

Hr. Burgmüller (Mitpireftor der Bellomo'ſchen 
Entreprife), dbt. 3. September 1785 in „Agnes 
Bernauerin” — Hans Preifinger; abg. Oftern 
1786. 


15. 


16. 


17. 


18. 


19. 


des Weimarer Hoftheaters. | 281 


Hr. Beder (Heinrich) v. Blumenthal), dbt. 7. Mai 
1791 in „ Die Säger "Rudolph; abg. Oftern 1809. 
Heirathete die Folgende. Bon Weimar abgegangen 
wirfte er furze Zeit in Breslau, dann bei. L. Schrö- 
der in Hamburg, Tehrte gegen 1818 nad) Weimar 
zurück, wofelbft er im Frühjahr 1822 ftarb. Siehe 
in der Reihe 39, fodann 6. 28. 31. 32. 156. 170 
und 260. 

Mad. Beder (Chriftiane Amalie Luiſe Neumann; 
geb. 15. Dezember 1778. Goethe's Euphrofyne), 
pbt. als Chriftiane Neumann am 2. Febr. 1787 
in „Der Edelknabe“ — Titelrolle; abg. Oftern 
1791. Dit. von Neuem am 7. Mat 1791 in 
„Die Jäger“ — Bärbel. Heirathete im Sommer 
1793 zu Lauchſtädt Hrn. Beder, den Borigen. 


Dbt. als Mad. Beer am 15. Oftober 1793 in 


„Der Krieg” — Florida, und ftarb zu Weimar 
am 22. September 1797. Siehe 31 und in ber 
Reihe 183. 

Hr. Benda (Chriftian), dbt. 13. Oftober 1791 
in „ Die Entführung aus dem Serail * — Belmont; 
ftarb zu Weimar am 29. (30.) November 1805. 
Hr. Bed (nit der Mannheimer), dbt. 9. April 
1793 in „Der argwöhnifche Ehemann * — Ficentiat 
Frank; abg. Oftern 1800. 

Mad. Bed (Gattin des Obigen), obt. 29. April 
1894 in „Die Jäger * — Oberförfterin; penfionirt 


282 


20. 


21. 


22. 


23. 


24, 


Perjonal:Beitand und Gäfte 


Michaelis 1823 mit 300 Thalern, von Oftern 
1824 an mit 600 Thalern. 

Hr. Berling, odbt. 24. April 1794 in „Die 
Mündel“ — Hofrath Feſſel; abg. Ende Mai 1794. 
Mad. Burgdorf, dbt. 7. Nov. 1798 in „ Graf 
Benjowsky“ — Afanafia; abg. zu Neujahr 1799. 
Sie galt als die Gattin eines Hrn. von Webell, ver 
zum Theater gegangen war und den Namen Burg- 
dorf angenommen hatte. Goethe engagirte fie als 
Erfat für die verftorbene Neumann-Bederr. Mit 
außergewöhnlichen körperlichen Reizen und beveu- 
tender Anlage zur Intrigue begabt, ließ fie Goethe 
während der kurzen Dauer ihres Aufenthaltes in 
Meimar bie „Leiden eines Theater⸗Direktors“ im 
volften Maße koften. 

Dem). Baranıus (glei mit 164), pbt. 2. Tebr. 
1796 unter diefem ihrem rechten Namen in „Die 
neuen Arkadier“ — Lykoris; abg. Oftern 1801. 
Siehe 27 und 164. 

Hr. Berger, obt. 4. Oft. 1800 in , Bayard“ — 
Boltegio und am 29. Nov. d. 3. in „ Doltor unt 
Apotheker * — Krautmann Sohn; abg. Frühjahr 
1801. 

Hr. Bernardi (Franz, geb. 1767 in Unteröfter- 
reih), dbt. A. DOftober 1800 in „Bayard* — 
Rochefort; abg. Oſtern 1801 ; ftarb als Mitgliev 
bes k. k. Hofburgtheaters zu Wien 1805. 


25. 


26, 


27. 


28. 


29. 


30. 


31, 


des Weimarer Hoftheaters. 283 


Hr. Behling, Souffleur und El. Rollen ; ange- 
ftellt am 6. Juni 1800, abg. im Sommer 1805. 
Hr. Brand, obt. 26. Februar 1803 in „Das 
unterbrodhene Opferfeſt· — Murney; abg. Juni 
1804. 

Demſ. Baranius (Mr. 22), obt. neuengagirt 
22, Dezember 1802 in „Die Schachmaſchine“ — 
Marie; abg. Mitte Sept. 1806. Siehe noch 164. 
Mad. Beder (Amalia, geb. Malcolmi IIL, ges 
ſchiedene Miller ; zweite Gattin von 15; nachherige 
Wolff), dbt. als Map. Beder 8, Oftober 1803 in 
„Julius Cäfar* — Portia; heirathete am 26. 
Dezember 1805 (nachdem fie von Beder gejchie- 
den) Pius Alerander Wolff. Eine der beveutend- 
ften Künftlerinnen der Goethe-Epoche. 156. 170 
und 260. 

Demf. Brand, bbt. 17. Oftober 1803 in „Die 
Corfen * — Röschen; abg. Oftern 1807. 

Frl. von Blumau, obt. 27. Oftober 1804 in 
„Turandot“ — Titelrolle; abg. Oftern 1807. 
Demi. Beder, Corona, einzige Tochter der Neu⸗ 
mann-Beder (ihre Bathin war die berühmte Corona 
Schröter), dbt. 14. Yan. 1804 in „ Camilla” — 
Adolpho, nur ein Verfuh, dann als feit engagirt 
am 11. November 1805 in „Die Geſchwiſter“ — 
Marianne; ging ab 1806 und heirathete im Som⸗ 
mer 1808 Hrn. Werner. Siehe 261. 


284 


32, 


33, 


34. 


35. 


36. 


37. 


38. 


39. 


40, 


Perfonal-Beftand und Gäfte 


Mad. Beder, geb. Ambroſch, pbt. als Mad. 2. 
25. April 1807 in „Don Carlos" — Monvelar ; 
abg. mit ihrem Gatten Oftern 1809. Giehe 6. 
Demf. Bed, Luife, dbt. 23. Sept. 1812 in „Die 
Deutiche Hausfrau * — Julie; heirathete 1821 den 
Zonfünftler Hartknoch. Siehe 110. 

Mad. Beuther (Gattin des befannten Defora- 
tionsmalers B., zugleich mit ihr thätig beim Hof- 
theater zu W.), dbt. 3. Mai 1815 in „Das Epi- 
gramm“ — Caroline; abg. Auguft 1818. 

Dem‘. Berviffon, obt. 21. Februar 1816 in 
„Rudolph von Habsburg " — Agnes; abg. Johan⸗ 
nis 1816. 

Hr. Blumauer (Carl, geb. um 1785), pbt. 30. 
Auguft 1817 in „ Das Kamäleon " — Baron v. Brei⸗ 
tenfeld ; abg. Oftern 1818. Giehe Gaftrollen 
1817. 3. verfuchte mit Dels eine Unterſtützungs⸗ 
Kaffe, eine „Perfeverantia" für Schaufpieler zu 
gründen. | 

Hr. Berling (wahrſcheinlich Sohn von 20), dbt. 
20. Dezember 1817 in „Der Wirrwarr * — Seli- 
cour; abg. Oftern 1818. 

Diad. Brede, dbt. 15. April 1818 in „Die 
Kreuzfahrer” — Emma von F.; abg. Oftern 1820. 
Hr. Beder (15) trat 1818 neuengagirt wieder 
ein ; geft. im Frühjahr 1822 zu Weimar. 

Demf. Blumauer (Tochter von 36), dbt. 30. 





41. 


42. 


43. 


44. 


45. 


46. 


47. 


48. 


49, 


des Weimarer Hoftheaters. 285 


Sept. 1822 in „Die Heimkehr” — Marie; abg. 
Sept. 1823. 

Dem). Breul, obt. 26. Dezbr. 1826 in „Die 
Zauberflöte” — Pamina; heirathete im Mai 1830 
Hrn. Hofmufifus Stromeyer. Siehe 233, 

Hr. Cordemann der Xeltere, dbt. 15. Oftober 
1798 in „Der Fähndrich“ — Wilhelm von Vizar; 
abg. Oftern 1805. Siehe 46, und Gaftrollen 
1798. 

Hr. Cyliax, pbt. 12. Dftbr. 1798 in „Wallen- 
ſtein's Lager" — Rekrut; abg. Juni 1799; ging 
unter die Jäger. 

Demſ. Caſpers die Xeltere, dbt. 10. Tebr. 1800 
in „Die Jäger * — Friederike; abg. Oftern 1802, 
Demf. Caſpers die Jüngere, pbt.5. März 1800 
in „Das Räuſchchen“ — Yulden; abg. Dftern 
1802. | 

Hr. Cord emann ber Jüngere, obt. 22. Sept. 
1804 in „Götz von Berlihingen“ — Wirth; abg. 
(contraftbrüchig) im Sommer 1805. | 

Hr. Duni, dbt. 1. Ian. 1784 in „ Marianne " — 
Bediente Philipp ; abg. Oftern 1784, 

Mad. Duni, obt. 1. Jan. 1784 in „ Marianne“ 
— Präfidentin; abg. Oftern 1784. 

Hr. Demmer der Xeltere obt. 7. Oktober 1786 
in „Die Italienerin in London * — Summers; 
abg. Oftern 1787. 


286 | Berfonal:Beftand und Gäfte 


50. Hr. Domaratius, bbt. 28. März 1789 in „ Daß 
und Liebe * — %eutenant Carl; abg. Oftern 1791. 
Ward wieder engagirt und dbt. 10. Mai 1791 in 
„Verſtand und Leichtſinn“ — St. Yambert; abg. 
Oſtern 1793. 

51. Hr. Dengel (Frievrih Wilhelm, geb. 1741 zu 
Dresden, bebeutender Schaufpieler unter Schröder 
und Großmann), dbt. 9. November 1790 in „ Das 
Portrait der Mutter“ — Gebhard; abg. Oftern 
1791. (Ging mit Bellomo nach Grat.) 

52, Hr. Demmer ber Jüngere, Bruder von 49 und 
Bater der bekannten KRünftler-Familie gleichen 
Namens, dbt. 7. Mai 1791 in „Die Jäger“ — 
Mathe; 19. Maid. I. in „Lila“ — Infant; 
abg. Oftern 1794, 

53. Mad. Demmer, Gattin des Obigen, geb. Krüger, 
(fiehe 122), obt. ale Mad. D. 17. Mat 1791 in 
„Die Indianer in England * — Liddy; abg. Oftern 
1794. 

54. Hr. Dirzka, dbt. 21. April 1804 in „Soli- 
man II. oder die 3 Sultaninnen“ — Soliman; 
abg. Oftern 1808. 

55. Hr. Deny, bbt. 3. Yuli 1805 in „Die Corſen“ 
— Felir; 31. Auguft 1805 in „Lille“ — Lubino; 
geft. nach vierzehntägigem Wahnfinn im Irrenhaufe 
zu Jena den 26. Januar 1822. 

56, Mad. Denny, obt. 18. Tebruar 1811 in „Das 


57. 


59, 


60. 


61. 


62. 


bes Weimarer Hoftheaters. 287 


Geſtändniß“ (die Beichte) — Baronin; abg. und 
penfionirt am 11. November 1821. 

Hr. Dürand, dbt. 13. Januar 1812*) in- „Die 
Eheſcheuen“ — Auguft. Goethe's bedeutender Zög⸗ 
{ing und langjähriger Regiffeur ver weimarer Hof⸗ 
bühne; geft. 12. Yebruar 1852. 


. Mad. Dürand, dbt. 4. Mat 1812 in „Yurift 


und Bauer“ — Roſina; abg. Michaelis 1816. 
Dad. Dirand (Oattin von 57, geb. Engel8, 
fiehe ferner 64), dbt. al8 Mad. D. 9. Mat 1818 
in „ Wilhelm Zell * — Gertrud; geft. 24. Juni 1845. 
Hr. Einer (eigentlih Andreas Dietrich Krako), 
pbt. 21. März 1786 in „Agnes Bernauerin” — 
Herzog Albredht; verließ die Bellomo'ſche Gejell- 
Ihaft heimlih am 30. Dezbr. 1790 (nicht 1789). 
Bon Goethe wieder nach Weimar berufen, bbt. er 
dafelbft auf's Neue am 7. Mat 1791 in „Die 
Jäger” — Anton; ging ganz vom Theater ab 
13. Dftober 1792. Tüchtiger Künftler, geehrt und 
geachtet auf der Bühne wie im bürgerlichen Leben. 
Hr. Enlenftein, pbt. 8. Oftober 1795 in „Be- 
trug durch Aberglauben“ — Hans Schnad; geit. 
9. April 1818. 

Hr. Ehlers (Wilhelm, geb. 1774 zu Weimar), 
betrat 1796 zum eriten Dial das Theater und bbt. 


*) Hiernach dürfte das Datum des Briefes S. 203 zu 
berichtigen fein. 





63. 


64. 


65. 


66. 


67. 


68, 


Perſonal⸗Beſtand und Gäfte 


in Weimar am 21. Januar 1801 in „Doltor und 
Apotheker“ — Sichel; abg. Oftern 1805. Ein 
bedeutender und von Goethe hochgeſchätzter Künſtler, 
Sänger (Tenorift) und Darfteller; er ftarb vor 
einigen Jahren in Mainz, wo er die legten Jahre 
feines Lebens zugebradtt. 

Mad. Ehlers, Gattin des Obigen, bbt. 6. Mai 
1801 in „Der alte Leibkutſcher Peter IH. * — 
Annchen; abg. Oftern 1805. 

Demf. Engels, vbt. 28. Aug. 1805 in, Oberon“ 
— Titania; verheirathete ih am 5. Mai 1818 
mit Hrn. Dürand. Siehe 59. 

Demf. Elfermann (Beate, geb. 1787 in Berlin), 
bt. 21. September 1805 in „Die Corfen * — 
Natalis; heirathete am 22. Oktober 1809 Herrn 
Lortzing. Siehe 139, 

Mad. Eberwein (Henriette, geb. Häßler, fiehe 
106), vbt. als Mad. E. 19. September 1812 in 
„Figaro's Hochzeit“ — Cherubin; penfionirt am 
31. Dez. 13838. Xüchtige, von Goethe gefchätste 
Sängerin und fleißige Mitwirkende in feiner Haus— 
fapelle, die unter Direktion ihres Gatten Karl Eber- 
wein ſtand. | 

Mad. Ehlers, vbt. 26. Dez. 1817 in, Der Walp 
bei Hermannftabt * — Eliſene; abg. Michaelis 1818. 
Hr. von Engft (Rouis; geb. um 1800 in Tien- 
land), dbt. 14. Dezember 1825 in „Armuth und 





69. 
70. 


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72. 


73. 
74. 
75. 


76. 


des Weimarer Hoftheaters. 289 


Edelſinn“ — von der Hufen ; penfionirt am 1. Okt. 


. 1855, geft. zu Anfang des Jahres 1856 zu 


Weimar. 

Hr. Selfer (Carl Johann, geb. um 1760 zu 
Ansbach), dbt. 1. Januar 1784 in „Marianne“ 
— Geiftlicher ; abg. November 1784. . 
Hr. Frühbach, pt. 3. Januar 1784 in „Die 
eingebildeten Philofophen * — Phocion; abg. Oftern 
1784. 

Hr. Franfenberger (Franz, geb. 1759 zu 
Mattighofen in Defterreich) , pbt. 9. Oftober 1784 
in „ Zemire und Azor“ — Azor; abg. Ende März 
1785. F. war einer der bedeutendſten Baſſiſten 
jeiner Zeit; er ftarb in Berlin 1789. 

Mad. Frankenberger (Gattin des Obigen ; geb. 
Caſtelli), dbt. 5. Oft. 1784 in „Das Verbrechen 
aus Ehrſucht“ — Henriette; abg. Ende März 
1785. 

Hr. Fiſcher (Regiffeur), dbt. 7. Mai 1791 in 
„Die Jäger" — Paſtor; abg. Oftern 1793. 
Mad. Fiſcher, dbt. 14. Mai 1791 in „Das 
Kind der Liebe" — Wilhelmine; abg. Oftern 1793. 
Hr. Frey, dbt. 7. April 1310 in „Der Wafler- 
träger“ — Titelrolle; abg. Oftern 1813. 

Hr. Sranfe (Heinrih, geb. 1807 zu Baireuth), 
bbt. 9. Mai 1818 in „Wilhelm Tell“ — Seppi; 
4. San. 1819 in „Sohanna von Monfaucon * — 


Pasque, Goethe's Theaterleitung. IT. 19 


290 


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80. 


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84. 


Perfonal-Beftand und Gäfte 


Reinhardt; . tüchtiger Schaufpieler und Buffo und 
noch heute ein beliebtes und nützliches Mitglied der 
Weim. Hofbühne. 

Hr. Finke, dbt.3. Dezbr. 1821 in „Das Vogel⸗ 
fchießen * — v. Stauden; abg. Januar 1823. 
Mad. Finke, pbt. 10. Dez. 1821 in „Der PVor- 
ſatz“ — Gretchen; abg. Ian. 1823. 

Hr. Grave, dbt. 17. Febr. 1785 in „Die Eifer- 
fuht auf der Probe” — Don Fabio; ging im 
Frühjahr 1786 ganz vom Theater ab. 

Hr. Gödel (Lebrecht Gottlieb, geb. zu Chemnitz 
um 1755), dbt. 20. Yan. 1787 in „Gerechtigkeit 
und Rache * — Falk; abg. im Frühjahr 1787. Ein 
feiner Zeit bedeutender Schaufpieler ; berühmt (und 
auch wohl etwas berüchtigt) als „Liebhaber “. Ohne 
Ruhe trieb er fid) an den verfchiedenartigften Büh⸗ 
nen umher, bis er endlich verfcholl. 

Hr. Grube, obt. 19. November 1789 in „ Das 
Wäſchermädchen“ — Baron; abg. Anfangs Dez. 


1789. 


Hr. Gatto (Franz Anton, geb. 1754 zu Krems 
an der Donau), dbt. 19. Mai 1791 in „Lila“ 
— Tita; abg. Oftern 1793. Tüchtiger Buffo. 
Siehe 86. 

Dad. Gatto, pbt. 12. Mai 1791 in „Elfriede“ 
— Titelrolle; abg. Oftern 1793. Siehe 87. 

Hr. Genaft (Bater des bekannten nody lebenden 








85. 


86. 


87. 


88. 


89. 


90. 


des Weimarer Hoftheaters. 291 


Künftlers gleichen Namens, ſ. 92 und 93), obt. 
7. Mat 1791 in „Die Jäger * — Schreiber Barthel; 
penfionirt Oftern 1817. Goethe's treuer und tüch— 
tiger Regiſſeur, , Wöchner“ (von 1793 - 1817). 
Hr. Graff (Johann Yafob, geb. 1769 zu Köln), 
bbt. 5. Juni 1793 in „Die Hageſtolzen“ — Hof- 
rath Reinhold ; feierte am 9. April 1839 fein 
50jähriges Dienſtjubiläum; penfionirt am 1. April 
1840 mit vollem Gehalt, betrat er zum lebten 
Male die Bühne (in Weimar) am 12. Mai 1841 
als Abb& de !’Epee. — Der berühmte Helvenfpie- 
ler der Weim. Bühne, Schiller's erfter Wallenftein. 
Hr. Gatto (fiehe Nr. 82), obt. 12. April 1794 
in „Die Zauberflöte? — Saraſtro; abg. Oftern 
1797. 
Mad. Gatto (fiehe Nr. 83), pbt. 18. Oft. 1794 
in „Don Carlos — Mondefar; abg. Oftern 1797. 
Demf. Gatto (Tochter ver Obigen), dbt. 17. Oft. 
1795 in „Die Zauberzither“ — Pitzichi; abge. 
Dftern 1797. 
Demf. Götz, dbt. 27. Mai 1797 in „Das Peter⸗ 
männchen“ — Fiſchermädchen; 6. Juni 1797 in 
„Oberon“ — Puck; abg. im Frühjahr 1804 und 
geft. zu Wermar als Mad. Zülch. 
Hr. Grimmer, dbt. 17. Sept. 1803 in „Die 
Jungfrau von Orleans“ — Chatillon ; abg. Sept. 
1804. 

19* 


292 


9. 


93. 


94, 


Berjonal-Beftand und Gäfte 


Hr. Grüner (Carl Franz, geb. um 1780), bt. 
1. Oktober 1803 in, Julius Caſar“ — Lucilius; 
abg. Oftern 1804. Eine in der deutſchen Theater⸗ 
gefchichte bekannte Perjünlichkeit; von 1814—16 
Scaufpieler und Regiffeur beim Theater an ber 
Wien; von 1816— 30 Scenerie-Direltor tes Hof- 
theater8 zu Darmſtadt; von 1831—36 Direktor 
des Theater8 zu Frankfurt am Main, enpigte er 
feine bewegte Karriere als Nachleſer am Burg- 
theater in Wien und ftarb — er, von dem man fid 
in Darmftadt erzählt, daß er Sauerfraut nur in 
Champagner gekocht auf feiner Tafel geduldet — 
in Peſth (nad) Gutzkow) als Fledenpuger ! 


2. Demf. Genaſt (Tochter von 84), pbt. 23. Dezbr. 


1807 in „Die Eorjen * — Röschen; heirathete am 
30. Sept. 1813 den Komiker Unzelmann. Siehe 
Nr. 216. 

Hr. Genaſt (Eduard Franz, geb. 1796 zu Wei- 
mar), dbt. 11. Ian. 1808 in „Tas Portrait der 
Mutter * — Fritz; abg. Oftern 1811; obt. 23. April 
1814 in „Die Entführung aus dem Serail? — 
Osmin; abg. Oftern 1817. Kehrte nah Weimar 
zurüd und dbt. 20. April 1829 in „Der Bampyr * 
— Ruthwen; ; penfienirt mit vollem Gehalte im 
Juni (am 1. Oftober) 1860. 

Demſ. Gerft, vbt. 25. November 1818 in „Der 
Amerilaner * — Eliſe; abg. Juni 1819. 





95. 


96. 


97. 


98. 


99, 


100. 


101. 


bes Weimarer Hoftheaters. 993 


Mad. Genaſt (Chriftine, geb. Böhler, geb. 1800 
zu Kaſſel), dbt. 22. April 1829 in, Taſſo“ — 
Leonore; geft. zu Weimar im Frühjahr 1860. 
Sr. Hahn, dbt. 9, Juni 1785 in „Emilia Ga- 
lotti“ — Marinelli; abg. Oftern 1791. 

Mad. Bahn, obt. 2. Juni 1785 in „Salora 
von Venedig” — Zanetti; abg. Oftern 1791. 
Hr. Hunninsl. (Friedr. Wilh. Herrm., geb. 
zu Kapellendorf bei Weimar 1762), dbt. 10. Oft. 
1786 in „Der offene Briefwechfel“ — Freyſinn; 
abg. Frühjahr 1787. Siehe Nr. 102. 

Hr. Hunnius II. (Anton, geb. 1766 zu Wei- 
mar), bbt. 8. San. 1791 in „Lila“ — Infant; 
verließ Weimar heimlih in Folge eines Aben- 
teners mit Mad. W. am 17. Febr. 1791. Ward 
fpäter ein tüchtiger Sänger, auch Dichter; fein 
„Taubſtumme“ wurde in Weimar mit Glück ge- 
geben. | 
Demf. Hobuſch, dbt. 26. Nov. 1786 in „Der 
Eremit von Formentera” — Selima; abg. Ende 
Februar 1790. 

Hr. Haide (Friedrich, geb. um 1770 zuMainz), 
dbt. 18. Mai 1793 in „Der Herbfttag” — 
Peter; abg. Oftern 1807. H. ging nach Wien, 
doc) Fehrte er bald wieder nad) Weimar zurüd und 
pbt. dafelbft neu engagirt am 12. März 1808 in 
„Wilhelm Tel" — ‚Titelrolle; penfionirt wurde 





294 


102. 


103. 


104. 


105. 


106. 


107, 


Perjonal-Beftand und Gäfte 


er am 1. Ian. 1818. Siehe weiter Nr. 109. 
H. war ein berühmter und vorzüglicher Helden- 
fpieler, Schiller's erfter Zell, und eine der ber- 
vorragendften Perfönlichkeiten ver Weimarer Hof- 
bühne. 

Hr. Hunnius (Nr. 98), dbt. neu engagirt am 
23. Sept. 1797 in „Das rothe Käppchen“ — 
Schul; abg. Oftern 1799. — Hier muß eine 
Lüde in dem Original fein, denn das Theater- 
ferifon führt an, daß Hunnius im Jahre 1817 
aufs Neue nah Weimar gefommen, A Jahre 
Regiſſeur und bis 1835 daſelbſt thätig gewe— 
fen ſei. 

Mad. Hunnius, dbt. 25. Sept. 1797 in 
„Lila“ — Königin; abg. Oftern 1799. 

Hr. Haltenhof, dbt. 13. April 1799 in 
„Lilla“ — Infant; abg. Oftern 1802. 

Hr. Heß, dbt. 21. Sept. 1807 in „Der Waſſer⸗ 
träger" — Micheli; abg. im Sommer 1808. 
Demf. Häfler (Henriette, geb. um 1790 zu Er- 
furt), dbt. 16. Nov. 1807 in „Dies Haus ift zu 
verfaufen * — Lieschen ; heirathete im Juni 1812 
Hrn. Mufifpireftor Karl Eberwein. Siehe Wr. 66. 
Hr. Holdermann (Earl Wilhelm, geb. 1785 
in Gesberg bei Kaſſel), pbt. 12. Olt. 1816 in 
„Zriny“ — Titelrolle; gejt. 13. San. 1852 zu 
Weimar. H. war zugleich bedeutender ‘Defora- 








108. 


109. 


112. 


bes Weimarer Hoftheaters. 905 


tionsmaler; das Weim. Hoftheater befitt eine 
Menge Ihöner Proſpekte von ihm. 


Mad. Holdermann (Gattin des Obigen), obt. 


28. Oft. 1816 in „Der Hausfriede“ — Hof- 
räthin; abg. vom Theater im Nov. 1825. 
Hr. Haide (Nr. 101) trat wieder ein und dbt. 


‚4. April 1818 in „Partheienwuth “ — Harrifon; 


definitiv penfionirt im Herbft 1832. 

Mad. Hartfnod, vormals Demf. Bed (Nr. 
33), dbt. als Map. 9. 18. Juni 1821 in „Die 
Saalnire” II. Thl. — Bertha; abg. Oftern 1827 
(mit ihrem Gatten nad) Petersburg). — Noch ift 
hier beizufügen, daß ihr eigentlicher Name Frie- 
derike Luiſe Schmidt war; ihr Bater war 
Chirurg in Lauchſtädt. Mar. Bel (Nr. 19) 
nahm fie al8 Pflegetochter an und nad) ihr nannte 
fie fi) auf der Bühne. 


. Hr. Henneberg, dbt. A. Nov. 1822 in „So: 


hann, Herzog von Finnland“ — Richers; abe. 
Ende Juni 1823. 

Mad. Henneberg, dbt. 25. Sept. 1822 in 
„Maria Stuart" — Titelrolle; abg. Ende 
Februar 1823. 


. Demj. Jagemann J. (Caroline, geb. 1780 in 


Weimar, bekannt als Frau von Hengendorf), obt. 
18. Gebr. 1797 in „Oberon“ — Titelrolle ; 
verließ die Bühne im Sommer 1828 (nad) dem 


296 


114. 


115. 


116. 


117. 


Perfonal-Beftand und Gäſte 


Tode Carl Auguft'8), geft. 10. Juli 1848. Eine 
ber ſchönſten und begabteften SKünftlerinnen 
Deutfchlands und mit Recht eine Berühmtheit 
Weimars. Sie war belanntlich die Beranlafferin 
bes Gaſtſpiels des berüchtigten Pudels, worurd 
Goethe zum Rücktritt von der Theaterleitung ge- 
nöthigt wurde. 

Demf. Iagemann II. (Schwefter ver Obigen), 
bbt. 18. April 1801 in „Zöffel und Dortchen“ 
— Dortdhen ; bat nicht wieder gefpielt und wurde 
bald Frau von D. — 

Noch erſcheint 1841 ein Fräul. von Jage- 
mann, das am 17. März d. J. einen „erften 
Verſuch“ als Anna in der „weißen Dame“ mad. 
Db eine Berwandte der Obigen, vermag ich nicht 
anzugeben. 

Demf. Iufti, pbt. 22. April 1811 in „Er iſt 
der Rechte nicht“ — Luiſe; abg. Oftern 1813. 
Demf. Jung, dbt. 11. Ian. 1812 in „Iphi⸗ 
genia“ (Oper) — 1. Priefterin ; abg. um Weib: 
nachten 1814. 

Mad. Rummerfeld, dpbt. 5. Oft. 1784 ın 
„Das Berbreden aus Ehrſucht“ — Map. Ruh—⸗ 
berg; ging Oftern 1785 ganz vom Theater ab. 


. Hr. Kunft, dbt. 5. Oft. 1784 in „Das Ber- 


brechen aus Ehrfuht” — Ed. Ruhberg; abg. 
Diftern 1785. 





121. 


122. 


123. 


124. 


125. 


126. 


des Weimarer Hoftbenters. 2397 


. Hr. Kafelig, dbt. 18. April 1785 in „Die 


Räuber“ — Carl Moor; abg. Nov. 1787. 


. Mad. Kafelik (Oattin des Obigen), bbt. 24. 


Mai 1785 in „Nicht mehr als ſechs Schüffeln“ 
— Frau von Schmerling; abg. Nov. 1787. 

Hr. Köllner, dbt. 24. Sept. 1785 in „Die 
Läſterſchuſle“ — Karl von Buſchdorf, geft. zu 
Weimar 20. März 1786. 

Demf. Krüger, bbt. 12. Oft. 1786 in „Surift 
und Bauer“ — Rofine; heirathete im Frühjahr 
1787 Hrn. Demmer junior. Siehe 53. 

Hr. Krüger (Carl Frievrih, geb. 1765 in 
Berlin), dbt. 12. Mat 1791 in „Elfrievde” — 
— Abt Dunftan; abg. Oftern 1793. Siebe 
noch ©aftrollen 1787. K. war ein berühmter 
Darfteller und ftarb als Regiffeur des Burgthea⸗ 
ters zu Wien 1828. 


Hr. Kötſchau, dbt. 22. Dez. 1810 in „Die 


Jungfrau von Orleans* —? abg. Oftern 1813. 
Hr. Klingmann, pbt. 18. März 1816 in 
„Das Epigramm“ — Kanzleidirektor Löwe; abg. 
Suni 1816. 

Demf. Kriedeberg, pbt. 8. Auguft 1819 in 
„Die Gouvernante“ — Franziska; abg. 17. 
Febr. 1821. 


. Hr. Kramer, dbt. 3. April 1820 in „Toni“ 


— Titelrolle; 26. April d. 3. in „Das Dorf 


298 


132. 


133. 


134. 


Perſonal⸗Beſtand und Gäfte 


im Gebirge * — Kilian; in „ Das Räufhchen * — 
Buſch; abg. 21. April 1821. 


. Hr. Klein, dbt. 20. Sept. 1823 in „Der Frei- 


ſchütz“· — Mar; abg. Juni 1829. 


. Demf. Kladzig, bbt. im Sept. 1825 in? abg. 


12. Nov. 1831; heisathee Hrn. Karl Laroche. 


. Hr. Keonard, dbt. 1. Ian. 1784 in „ Ma- 


rianne“ — von —** abg. Oſtern 1784. 


. Mad. Leonard Gattin des Obigen), obt. 


6. Januar 1784 in „Der Eheprokurator“ — 
Map. Wintergrün; abg. Oftern 1784. 

Hr. Lucke, dbt. 3. Jan. 1784 in „Die eingebil- 
beten Philoſophen“ — Macobio; abg. Oftern 
1784. 

Hr. Löſer, dbt. 31. Mat 1785 in „Der Bar: 
bier von Sevila* — Almaviva; abg. Ende 
Juni 1785. 

Mad. Löſer (Gattin des Obigen), dbt. A. Juni 
1785 in „Der Holländer“ — Leopoldine; abg. 
Ende Juni 1785. 


. Hr. Leißring (Auguft, geb. 23. Du. 1777 zu San- 


gerhaufen), dbt. 20. Febr. 1796 in „Hieronymus 
Knicker“ — Ferdinand; entfernte fi heimlich 
von Weimar am 3. Febr. 1799. L. fpielte bei 
der erften Aufführung von „Wallenftein’8 Lager * 
am 18. Oft. 1798 ven erften Yäger und Schil- 
ler hatte feiner Perfänlichkeit die Verſe angepaßt: 


136. 


137. 


138. 


bes Weimarer Hoftheaters. 299 


„— und er ift wohl gar, Musjs, 
„Der lange Beter aus Itzehö?“ 


1807 kam er nad Frankfurt am Main, wo er 
bis zu feiner Penfionirung, die 1840 erfolgte, 
blieb und wofelbft er auh am 15. Nov. 1852 
ftarb *). 


Dad. Lehnhold, dbt. 14. Nov. 1801 in 
„Das unterbrocdhene Opferfeft * — Elvira; abg. 
Juni 1802. Siehe Gaftrolfen vom Jahre 1801. 


Hr. Leo, dbt. 1. Mai 1805 in „Die unglüd- 
lihe Ehe aus Delifatefje” — Klingsberg ; abg. 
im Sonmer 1805. 


Hr. Korking (Friedrich, geb. 1782 zu Berlin, 
Oheim des Komponiften L.), dbt. 4. Sept. 1805 
in „Fanchon“ — St. Bal; penjionirt Enve 1838; 
jpielte auf Verlangen noch einmal am 7. Febr. 
1849 in „Die Mißverſtändniſſe“ — Werben- 
bad. L. war ein thätiges und langjähriges Mit— 
glied der Bühne, zugleich ein geſchickter Zeichner 
und Maler. Schreiber dieſes befigt u. a. von 
ihm ein trefflich gezeichnetes Portrait von Iffland 
und die Todtenmaske von Pins Alerander Wolff. 


) Eine vortrefflihe und interejjante Biographie von L. 


fieferte $r. Belli-Gontard; fie erfchien ohne Angabe des 
Berfaffers und des Verlags 1853 zu Frankfurt am Main. 


300 


139. 


141. 


143. 


144. 


Perſonal⸗Beſtand und Säfte 


Mad. Lortzing (Beate, geb. Elſermann, Cat- 
tin des Obigen; fiehe 65), bbt. al8 Mad. 2. 
23. Oft. 1809 in „Die Mitfhuldigen“ — So— 
phie; vom Theater abgegangen im September 


1825; geft. 1831 zu Weimar. 
. Hr. Tieberati (Auguft von Zieten), dbt. 14. 


Okt. 1805 in „Lilla“ — Infant; abg. 7. März 
1806, trat als Rittmeifter in bayrifche Dienfte, 
ging aber 1808 wieber zum Theater zurüd. 


Demſ. Lefevre, dbt. 8. Januar 1812 in „Der 


Bater von Ohngeführ* — Laurette; abg. Weibh- 
nadıten 1813. 


. Sr. Lenke, dbt. 20. Ian. 1819 in „Das Gut 


Sternberg” — Ein Commiffar; abg. Anfangs 
Mai 1819. 

Hr. Leo, pbt. A. April 1821 in „Partheienwuth * 
— Sir Gottl. Kode; erſchoß fih in Oßmann⸗ 


ſtedt am 24. Mai 1824. 


Hr. Laroche (Karl, geb. 1796 zu Berlin), dbt. 
12. März 1823 in „Der Obrift” — von Bon- 
temps ; in „Das Geheimniß“ — Thomas; abg. 
am 1. März 1833 an das Burgtheater in Wien, 


woſelbſt er gegenwärtig nody meilt und wirt. L. 


kehrte in der Folge oft als Saft nah Weimar 
zurüd; bei Gelegenheit eines ſolchen Gaſtſpieles, 
am 27. März 1858, erhielt er von ©. 8. 9. dem 





145. 


147. 


148, 


149. 


150. 





bes Weimarer Hoftbeaters. 301 


Großherzog den Falkenorden als Würdigung fei- 
ner Verdienſte. 


Demf. Torging (Karoline, Tochter von 138 
und 139, geb. 1815 zu Weimar), pbt. 15. Oft. 
1825 in „Don Carlos“ — Page; heirathete am 
1. Dez. 1840 Hrn. Muſibkdirektor Rödel, pbt. als 
Mad. Rödel 7. Dez. 1940 in „Der Bauer als 
Millionär” — Lottchen; penfionirt 18. Auguft 
1844. 


. Hr. Metzner (Sigismund, geb. 1750 in Dres- 


den), bbt. 3. Januar 1784 in „Soft von Bre- 
men” — Joſt; abg. Oftern 1791. Siehe noch 
161. 

Mad. Mebner, (Johanna Chriftiana, geborne 
Boigt, geb. 1758 in Weimar), dbt. 22. Dez. 
1785 in „Sidney und Silly“ — Haushälterin 
Betty; abg. mit ihrem Gatten, dem Obigen, 
Oftern 1791. 

Hr. Mierfch (Carl Georg, geb. 1757 zu Rüb- 
ben in der Nieverlaufig),, dbt. 3. Ian. 1784 in 
„Soft von Bremen” — Rupfer; abg. Oftern 
1784. 

Mad. Mierſch, dbt. 10. Ian. 1784 in „Die 
Parodie" — Clarine; abg. Oftern 1784. 


Hr. Meyer, obt. 16. Oft. 1784 in „Robert 
u. Califte“ — der junge Graf; abg. Oftern 1785. 





153. 


154. 


156. 


PVerfonal-Beftand und Säfte * 


. Sr. Mattſtedt (Joh. Joſeph, geb. 1759 in 


Dresden), bbt. 7. Mai 1791, in „Die Jäger“ 
— Schulz; abg. Oftern 1793. 


. Mad. Mattftept, dbt. 7. Mat 1791 in „Die 


Jäger“ — Friederike; abg. Ojtern 1793. 

Hr. Malcolmi (Bater der drei Folgenden und 
von 164 und 165), dbt. 2. Febr. 1788 im 
„Die Jäger“ — Oberförfter ; abg. Oftern 1791. 
Neu engagirt, dbt. er am 7. Mai 1791 in obigem 
Schaufpiel und gleicher Rolle und wirkte fort bis zu 
Goethe's Rücktritt von der Theaterleitung. Oftern 
1817 wurde er penfionirt. Siehe 154. 155. 
156. 157. 164. 165. 

Demf. Malcolmi L, dbt. A. Febr. 1788 im 
„Surift und Bauer“ — Roſine; abg. Oſtern 
1791. Trat wieder ein und dbt. 7. Mai im 
„Die Jäger“ — Cordelchen; abg. Oftern 1793. 


. Demf. Malcolmi IL, bt. A. Febr. in „Herzog 


Michael "— Andreas; abg. Oftern 1791. Trat wie 
der ein und dbt. 30.Nov. 1791 in „Die Jäger“ 
— Cordelchen; abg. Oftern 1793. 


Demf. Dialcolmi II. (Amalia, geb. 11. Dez. 
1783 in Leipzig), dbt. 15. Dez. 1791 in „Der 
Alchymiſt“ — Yuftel ; heirathete im Sommer 1802 
Hrn. Miller. Siehe 28 (Map. Beder), 170 
(Mad. Miller), 260 (Mad. Wolff). 


‚157. 


159. 


160. 


161. 


162. 


163. 


164. 


des Weimarer Hoftheaters. 303 


Mad. Malcolmi, gewefene Kloppmann; ihr 
erfter Satte hieß Baranius; zweite Gattin von 
153. Dbt. 5. März 1793 in „Die Entführung“ 
— Rilhelmine; geft. am 6. Sept. 1798 zu Rus 
bolftant. Siehe noch Gaſtrollen vom Jahre 1791. 
Hr. Müller (zugleih Souffleur), dbt. 1. Nov. 
1791 in „Die Engländer in Amerika * — Buch⸗ 
händler Weal; abg. Oſtern 1793. 

Demſ. Maticzeck, obt. 8. April 1794 in 
„Hieronymus Knicker“ — Röschen; abg. Oftern 
1801. 

Hr. Müller, dbt. — im Schaufpiel: 24. April 
1794 in „Die Mündel“ — Brod; — in ber 
Dper: 26. April 1794 in „Die Entführung 
aus dem Serail” — Belmonte,; abg. Oftern 
1795. 

Hr. Metzner (Joſeph, Sohn von 146 u. 147), 
dbt. 30. Dez, 1799 in „Die alte und die neue 
Zeit" — Jacob; abg. Sept. 1800. Siehe noch 
Gaſtrollen vom Jahre 1799. 

Hr. Mann (zugleich Souffleur) , angenommen 
im November 1794; entwich heimlich im Januar 
1795. 

Dad. Müller (geb. Janitſch), pbt. 18. Juni 
1800 in „Titus“ — Vitellia; abg. Dez. 1800. 
Demf. Malcolmi IV. (Stieftocdhter von Mal- 
colmi, eigentlich Baranius), obt. 17. Oft. 1795 


304 


165. 


166. 


168. 


169. 


170. 


171. 


172. 


Berjonal:Beftand und Gäſte 


in „Die Zauberzither” — Willis; abg. Oftern 
1801. Siehe 22 und 27. 

Demi. Malcolmi V. (wie 164), dbt. 24. Okt. 
1795 in „Die Dienftpfliht * — Ernft; ging ganz 
vom Theater ab zu Oftern 1800. 

Hr. Morelli (Balletmeifter), dbt. 30. Mai 
1801 in „Die geraubte Braut“ (Ballet) — 
Zigeuner-Hauptmann; abg. Oftern 1803. 


. Mad. Morelli (Annette), Gattin des Obigen, 


bt. 23. Nov. 1801 in „Bürgerglüd* — Eine 
Wittwe; abg. wie 166. 

Demf. Morelli, dbt. 23. Januar 1803 in 
„Samilla” Adolph; abg. Juni 1803. 


"Demi. Maaß, odbt. 17. Febr. 1802 in „Das 


Märchen von Marienburg“ — Chatinfa; abg. 
Dftern 1805. 
Map. Miller (geb. Malcolmi III.), pbt. als 
Mad. M. am 25. Sept. 1802 in „Die Ber- 
ſuchung“ — Emilie; heirathete am 7. Oft. 1803 
Hrn. Beer, Nr. 15. Geſchieden von ihm 1805. 
Siehe nody 28. 156. 260. 

Mad. Müller (kam von Frankfurt a. M.), vbt. 
11. Febr. 1804 in „Tarar“ — Aſtaſia; abg. 
Oftern 1805. 

Hr. Morhard, dbt. 21. Sept. 1807 ın „Der 
Waſſerträger“ — Graf Armand; abg. Januar 
1809. 





173. 


174. 


175. 


177. 
178. 
179. 


180. 


des Weimarer Hoftheaters. 305 


Hr. Moltte (Carl Melchior Jacob, geb. 1783 
zu Germſen bei Hildesheim, bedeutend als Tenor- 
ſänger), dbt. 22. April 1809 in „Die Zauber: 
flöte* — Tamino; geft. 19. Auguft 1831. 


Hr. Meyer, obt. 27. März 1813 in „Das 
unterbrochene Opferjeft” — Inka; entwid am 
28. März 1814. Siehe noch Saftrolfen 1813. 


Demf. Meyer, dbt. 20. Mai 1816 in „Rus 
dolph von Habsburg” — Agnes; abg. Oftern 
1818. 


. Hr. Müller (ver fogen. „Branzofenmüller *), 


dbt. 11. Juni 1821 in „Die Saalnixe“ II. Thl. 
— Larifari; abg. Weihnachten 1821; geft. im 
Frühjahr 1859. 

Dem. B. Muiller, pbt. 7. Sept. 1822 in 
„Der Freiſchütz“ — Agathe; entwicd im Januar 
1825. 


Mad. Müller (Wilhelmine, geb. Riemann; 
fiehe 208), dbt. 7. Sept. 1822 in „Der Frei—⸗ 
ſchütz“ — Brautjungfer; geft. 12. Dez. 1838. 
Demf. Meyer (Doris), dbt. 16. Juni 1823 in 
„Emilia Galotti“ — Orfina; heirathete 1825 
Hrn. Seidel. Siehe 231. 

Demf. Moltke, vbt. 18. Sept. 1830 in „Die 
Zauberflöte“ — Pamina; abg. 1. Mai 1854. 


Pasqué. Goethe's Thenterleitung. II, 20 





306 


181. 


183. 


184. 


185. 


186. 
187. 


Perfonal-Beftand und Säfte 


Hr. Neumann (Gatte von 182 und Vater von 
183), dbt. 30.Nov. 1784 in „Die Räuber“ — 
Carl Moor; geft. 25. Gebr. 1791 zu Weimar. 


. Mad. Neumann, obt. 3. März 1785 in 


„Seanette” — Die Gräfin; abg. Oftern 1791. 
Trat wieder ein und dbt. neuengagirt 7. Mai 
1791 in „Die Jäger“ — Wirthin; geft. 11. 
April 1796 zu Weimar. Mutter der Folgenden. 
Den. Neumann (Zodter von 181 u. 182), 
pbt. am 2. Febr. 1787 in „Der Evellnabe* — 
Titelrofle; abg. Oftern 1791. Dit. neuengagirt 
7.Mai 1791 in „Die Jäger“ — Bärbel. Hei— 
rathete im Sommer 1793 in Lauchſtädt Herrn 
Beder. Siehe 16. 

Demf. Nitſchke, obt. 17. April 1815 in „Men- 
Ihenhaß und Reue“ — Lotte; abg. Sept. 1815. 
Hr. Nitſchke (Carl Adolph), dbt. 14. Sept. 
1829 in „Das Alpenröshen“ — Jakob; geft. 
16. Juli 1833, 

Mad. Nitſchke, Gattin des Obigen, dbt.? 

Hr. Dels (Carl B., geb. 1780 zu Berlin), pbt. 
14. Febr. 1803 in „Armuth und Edelſinn“ — 
v. d. Hufen; geft. zu Weimar am 7. Dez. 1833. 
Einer der Berlihmtheiten der Epoche; vortrefflich 
al8 Mar Piccolomini, Poſa, Oreft, Egmont 
u. a. Rem. Gein Portrait zeichnete fein Kollege 


188. 


189, 


190. 


191. 


192. 


193, 


194. 


195. 


des Weimarer Hoftbeaters. 307 


Lortzing auf Stein, und in ganzer Figur als 
Muley ſtach ihn Schwerdgeburth in Kupfer. 
Hr. Opitz (zugleih Souffleur und Infpictent), 
angeftellt im Febr. 1824; geft. zu Weimar am 
10. März 1849. 
Mad. Opitz, Gattin des Obigen, angeftellt 
1824 ; ging ganz vom Theater ab Oftern 1825. 
Hr. Pfüller, dbt. 1. Ian. 1784 in „ Marianne” 
— Präſident; abg. Oftern 1785. 
Hr. Pleißner, dbt. 8. Nov. 1787 in „Das 
Bewußtſein“ — Bezanelli; abg. Ende Januar 
1788. 
Hr. Pfeifer, dbt. 15. Dez. 1787 in „Die 
Entführung aus dem Serail“ — Belmonte; abg. 
Oſtern 1789. 
Hr. Porth, dbt. 14. Mai 1793 in „Der 
Frauenſtand“ — Werner; geft. 18. Juni 1794 
zu Weimar. 
Mad. Borth, dbt. 9. April 1793 in „Der arg- 
wöhnifhe Ehemann“ — Klara; abg. Dftern 
1794. 
Demf. Borth, Friederike Margaretha (Tochter 
von 193 und 194; geb. 1777 zu Halberftabt), 
bbt. 18, April 1793 in „Das rothe Käppchen ” 
— Lina, Heirathete im Sommer 1793 in Yaudy- 
ſtädt Hrn. Vohs. Siehe 249. (Schillers erfte 
Maria Stuart.) 

20 * 


308 


196. 


197, 


198. 


199. 


200. 


201. 


Perſonal⸗Beſtand und Gäfte . 


Demf. Peterfilie (Friederike, geb. in Weimar), 
dbt. 3. März 1802 in „Die unglüdliche Che aus 
Delikateſſe“ — Comteffe Wilpheim. Goethe ent- 
fernte 1803 den „Peter“ von ihrem Namen und 
fie dbt. auch aufs Neue als Demf. Silie. Siehe 
218 und 243. Giehe ferner noch Gaſtrollen 
1802. 

Hr. Piftor, dbt. 4. April 1818 in „Partheien- 
wuth“ — Finſch; entwich heimlich am 6. Yebr. 
1820. 

Hr. Rögglen, obt. 5. Oft. 1784 in „Das 
Berbrehen aus Ehrſucht“ — Baron von Rittau ; 
abg. Nov. 1786. Trat neuengagirt wieder ein 
und dbt. 8. Nov. 1787 in „Das Benußtfein * 
— v. Werder ; abg. Oftern 1791. 

Mad. Rögglen (Oattin des Obigen), bbt.5. Okt. 
1784 in „Das Verbrechen aus Ehrfuht* — 
Hofräthin; abg. 1786 mit ihrem Gatten, bt. 
fie von Neuem am 8. Nov. 1787 in „Das Be— 
wußtjein“ — Luiſe; abg. Oftern 1791. 

Hr. Rau, dbt. 2. April 1789 in „Der lächer- 
liche Zweikampf“ — Leander ; abg. Oftern 1791. 
Demf. Rupdorf, dbt. 6. Oft. 1791 in „Der 
Mondfaifer* — Eine Sängerin; befaunt unter 
dem Beinamen „das ſchöne Rudelchen“. Oſtern 
1794 ging fie ganz vom Theater ab und heirathete 
Hrn. Diafor K. L. v. Knebel. 





202, 


203. 


204, 


205. 


206. 


207. 


208. 


209. 


210. 


211. 


des Weimarer Hoftheaters. 309 


Hr. Rötſch (zugleidh Souffleur), dbt. 31. Oft. 
1805 in „Die Stridnadeln * — Bedienter ; geft. 
Ianuar 1834. 

Mad. Reinhold (Baroline, geb. Huber), dbt. 
4. Of. 1806 in „Soliman II." — KRorelane ; 
1807 wurde fie von ihrem Gatten, dem Folgen⸗ 
den, gefchieden und heirathete Hrn. Spengler. 
Siehe 221 und Gaftrollen 1806. 

Hr. Reinhold, dbt. 8. Oft. 1806 in „Reue 
und Erſatz“ — Buchhalter Feſt; abg. im Som- 
mer 1807. Siehe Gaftrollen 1806. 

Hr. Röpke, dbt. 21. Mai 1808 in „Die Mül— 
lerin“ — Knoll; abg. Oftern 1810. 

Mad. Röpke, pbt. 18. Mai 1808 in „Juriſt 
und Bauer“ — Rofine; abg. Oftern 1810. 
Demf. Rauſcher, dbt.7.Mai 1815 in „Titus“ 
— Servillia; abg. Oftern 1817. 

Demf. Riemann, dbt. 21. Oft. 1815 in 
„Don Juan“ — Zerline; heirathete im Sept. 
1822 Hrn. Hofrath Müller. Siehe 178. 
Demf. Roland, dbt. 25. Auguft 1821 in 
„Oberon“ — Titelrolle ; abg. Anfang Juli 1823. 
Hr. Schmidt (zugleich Souffleur), dbt. 20. März . 
1784 in „Die Einfprüde” —- Picentiat Schlei= 
her; abg. Oftern 1784. | 

Hr. Schwarz, dbt. 13. April 1790 in „Men— 
Ihenhaß u. Reue * — Franz; abg. Oftern 1791. 


310 


213. 


214. 


216. 


217. 


218, 


219. 


Perſonal⸗Beſtand und Gäfte 


. Hr. Schäfer (zugleich Souffleur), dbt. 6. Ian. 


1791 in „Die Jäger“ — Schul; abg. Oftern 
1791. 

Hr. Schall, dbt. 7. März 1795 in „Das Ver— 
brechen aus Ehrſucht“ — Baron Rittau; ging 
Dftern 1803 ganz vom Theater ab, Sc. war 
zugleich Regifjeur oder „Wöchner“. 

Hr. Seyfart (zugleich Souffleur), dbt. im Herbit 
1794 (2); abg. im Juni 1800. 


. Mad. Schlanzowsky, bbt. 24. Sept. 1797 


in „Hamlet“ — Ophelin (16. Auguft 1797 in 
Lauchſtädt in „Die Ausftener * — Sophie) ; abg. 
Juni 1800. Erfaß für vie verftorbene Neumann- 
Deder. ‚ 

Hr. Spangler (Joh. Sammel, geb. 1770 zu 
Dresden), dbt. 31. März 1800 in „Die Advo— 
caten“ — Wellenberger ; abg. Sept. 1800. 

Hr. Spitzeder (3. B., bedeutenter Baffift und 
Bater des berühmten Bafliften und Buffo Joſeph 
Spiteder), dbt. 27. März 1799 in „Die Ent- 
führung aus dem Serail“ — Osmin; abg. am 
22. Yan. 1804 nach Wien. 

Demf. Silie, pbt. unter dieſen Namen am 
3. April 1803 in „Die natürlihe Tochter” — 
Aebtifjin ; heirathete im Nov. 1808 Hrn. Unzel- 
mann. Siehe 243 und vorher 196. 

Hr. Stromenyer (Carl, geb. 1780 bei Stoll- 





220. 


221. 


222. 


223. 


224. 


225. 


bes Weimarer Hoftheaters. 311 


berg, der berühmte Bafjift), pbt. 22. März 1806 
in „Das unterbrocdyene Opferfeft“ — Oberprie⸗ 
ſter; Regiffeur, Diitvireftor feit Goethe's Abgang 
1817, dann Oberbireftor des Hoftheaters. Nah - 
dem Tode Karl Auguſt's und der Entfernung der 
Frau von Hengenvorf von Weimar, am 1. Dez. 
1828 penfionirt, ftarb er zu Weimar 1844. — 
Siehe noch Gaſtrollen von 1806. 

Hr. Strobe, bbt. 22. März 1806 in „Das 
unterbrochene Opferfeſt· — Murney; abg. 31. 
Dez. 1812. 

Mad. Spengler, obt. als Mad. ©. 21. Sept. 
1807 in „Der Waflerträger“ — Marzelline ; 
abg. Weihnachten 1807. Siehe 203. 

Hr. Ströber, dbt. 23. Dez. 1818 in „Der 
Diener zweier Herren” — Silvio; abg. Juni 
1819. 

Hr. Schulke, dbt. 25. Ian. 1819 in „Die 
unterbrochene Whiftpartie” — Scarabäus; abg. 
Oftern 1822. 

Mad. Schulte, pbt. 27. Ian. 1819 in „Er 
mengt ſich in Alles” — Eveline; abg. mie 223. 
Hr. Seidel (Mar Johann, geb. um 1795 in 
Tyrol), dbt. 2. Nov. 1822 in „Die Schweizer: 
familie“ — Paul; penfionirt am 1. Jan. 1855; 
geft. 13. Sept. 1855. Langjähriger Regiffeur 
der Weimarer Hofbühne. 


312 


226. 


227. 


228. 


229, 


230. 


231. 


232. 


Perfonal:Beftand und Gäfte 


Demf. Schmidt (Maria, geb. 8. Sept. 1808), 
bbt. 30. Auguft- 1823 in „Der Freiſchütz“ — 
Aenndhen. Im November 1835 heirathete fie 
ven Kaufmann Baum und obt. ald Madame 2. 
10. Nov. 1835 in „Fra Diavolo“ — Zerline; 
penfionirt wurde fie nach ihrem letzten Auftreten 
al8 Salome in „Die Saalnire* am 27. Yuni 
1858, 

Hr. Stiebrigß, dobt. 9. Mai 1822 in „Der 
Freiſchütz“ — Eremit; abg. 28. Yan. 1843, 
Hr. Schmidt, pbt. 4. Dezbr. 1822 in „Num⸗ 
mer 777” — Rathsdiener; abg. Ende März 
1851. 

Hr. Stromehyer (Heinrich, geb. im Jahr 1805, 
Sohn von 219), dbt. 14. Oft. 1826 in „Der 
Freiſchütz“ — Mar; zur Zeit noch bei der Weis 
marer Hofbühne thätig. 

Demf. Sutorius, bbt. 8. März 1827 in „Das 
getheilte Herz” — Pauline; „Das Räthſel“ — 
Elife; abg. 3. Nov. 1827. 

Map. Seidel, vormals Demf. Meyer (fiehe 
179), vbt. 1825 al8 Madame S., penfienirt im 
Herbft 1860. 

Hr. Streit (Heinrich, geb. 1804 in Breslau), 
pbt. 14. September 1829 in „Das Alpenrös- 
lein“ — von Bentheim; penfionirt 1862. Seine 
Gattin Wilhelmine, geb. Schulz, geb. 1806 in 


233. 


236. 


237. 


239. 


240. 


241. 


des Weimarer Hoftheaters. 313 


Berlin), dbt. (2) 1829 in „ Don Suan * — Donna 
Anna; penfionirt Ende Sept. 1849. 

Mad. Stromener, bbt. als Mad. St. im Mat 
1830. — (?) Siebe 41. 


. Hr. Shormäüller, dbt. 8. November 1831 in 


„Pachter Robert“ — Titelrolle; abg. 14. Yan. 
1837. | 
Demf. Tilly, vbt. 1. Oftober 1797 in „Klara 
von Hoheneihen“ — Titelrolle; abg. Ende Febr. 
1798. 

Dead. Teller, dbt. 21. Yan. 1799 in „Emilia 
Galotti“ — Orfina; geft. 27. Juni 1810. Be— 
kannt durch ihren Streit mit Demf. Jagemann 
um die „Königin“ in Schiller'8 Maria Stuart. 


Demi. Teller (Sophie, Tochter der Vorigen) ; 


dbt. 8. Nov. 1802 in „Die Saalnire* — Lili; 
abg. 1813. 


. Hr. Triebler, dbt. 27. Dez. 1812 in „Don 


Ranudo di Colibrados * — ©. della Marie; abg. 
19. Sept. 1814. 

Mad. Triebler, dbt. 18. Nov. 1812 in „Die 
Braut von Meffina * — Beatrice; abg. mit ihrem 
Gatten 19. Sept. 1814. 

Hr. Thieme, dbt. 19. Auguft 1820 in „Der 
Dorfbarbier" — Joſeph; abg. Oftern 1826. 
Demf. Thrandorf, obt. 2. Sept. 1820 in „Der 
Waſſerträger“ — Rofette; abg. 6. Oft. 1820. 


314 


242. 


243. 


244, 


246. 


Perjonal:Beftand und Säfte 


Hr. Unzelmann (Carl, geb. 17. Nov. (1789) 
1790 zu Berlin, Sohn des berühmten Komifers 
Carl Wild. Ferd. U. und Frieberife U., nachherige 
Bethmann). Aus Achtung für die Mutter nahm 
Goethe ihn nad) Weimar; dafelbft dbt. der junge 
U. am 29. Nov. 1802 in „Die beiven Billets “ 
— Görg. Im Nov. 1808 heirathete er Demf. 
Silie. 196 und 243. Geſchieden von berjelben 
heirathete er 1813 am 30. Sept. Demf. Genaft 
92 und 246, Dftern 1821 ging er von Wei: 
mar ab und verehelichte fidh zum vierten Male mit 
Minna Müller. U. ftarb 1841 im Elend, ven 
Auf eines ver talentvollften, doch leichtfinnigften 
und unglücklichſten Menſchen binterlaffend. 

Mad. Unzelmann (geb. Silie. 196. 218), 
pbt. als Map. U. am 30. Nov. 1808 in „Das 
Räthſel“ — Eliſe; abg. Sept. 1809. 

Hr. Uh lich (Balletmeifter, angeftellt mit feiner 
ganzen Yamilie), dbt. 12. Januar 1811 in „Die 
Teufelsmühle“ — Eafperle ; abg. Oftern 1815. 


. Hr. Uſchmann, dbt. 17. Februar 1812 m 


„Jakob und fen Söhne“ — Iſaſchar; abg. 
Dftern 1823. 

Mad. Ungelmann (geb. Genaftf. 92), pbt. als 
Mad. U. 9. Oft. 1813 in „Doftor und Apothe- 
fer“ — Leonore; abg. Oftern 1821, geft. zu 
Weimar am 25. Dez. 1839. 





247, 


248, 


249, 


250. 


251. 


252, 


253. 


254. 


des Weimarer Hoftheaters. 315 


Hr. Unzelmann jun. (Sohn von 242 und 
246), dbt. 25. Oftober 1819 in „Die Groß- 
mama* — Florian; abg. Oftern 1821. 

Hr. Vohs, dbt. 30. Mai 1792 in „Das Ber- 
brechen aus Ehrfucht” — Eduard Ruhberg; abg. 
19. Sept. 1802. Schiller'8 vortreffliher Mar, 
Mortimer u. ſ. w. Vohs ftarb zu Stuttgart 1804. 
Gatte der Folgenden. 

Mad. Vohs (geb. Porth; ſiehe 195), obt. als 
Mad. V. 10. Oktober 1793 in „Der Baum der 
Diana“ — Amor; abg. mit ihrem Gatten am 
19. September 1802. Sie heirathete 1818 den 
k. ſächſ. Hofſchauſpieler Fried. Auguſt Werdy und 
ſtarb als 83jährige Greiſin am 9. Juni 1860 zu 
Frankfurt am Main. 

Hr. Veltheim (Friedrich), dbt. A. April 1796 
in „Die Dienftpfliht * — Dallner; abg. Oftern 
1797. 

Mad. Beltheim, obt. 30. April 1796 in 
„Lilla“ — Bertha; abg. Oftern 1797. 

Mad. Waldher, pbt. 6. Ian. 1784 in „Der 
Eheprocurator* — Luiſe; abg. Oftern 1784. 
Hr. Wahsmuth, vbt. 13. Ian. 1784 in, Der 
Holländer * — Kreiling; abg. Oftern 1784. Dbt. 
neuengagirt 28. Vebruar 1788 in „Hamlet“ — 
Frenzow; abg. Oftern 1791. 

Hr. Wagner, bbt. 26. Febr. 1784 in „Nicht 


316 


255. 


256. 


257. 


258. 


259, 


Perjonal:Beftand und Säfte 


mehr als jehs Schüſſeln“ — v. Wilsdorf; abg. 
Ende Febr. 1790. 

Hr. Weyraud, dbt. 21. März 1785 in „Der 
Automat” — Prado; abg. Oftern 1785. Dt. 
neuengagirt 28. Februar 1793 in „Hieronymus 
Knider * — Titelrolle ; abg. Oftern 1794. Kehrte 
zum britten Male wieder und obt. 24. Oftober 
1794 in „Die vereitelten Ränke“ — Mardo; 
abg. 7. April 1800. Gatte der Folgenden. 
Mad. Weyraud, dbt. 19. Febr. 1793 in „Der 
Mondkaifer" — Eine Sängerin; abg. Oftern 
1794. Dbt. neuengagirt 24. Of. 1794 in „Die 
vereitelten Ränke“ — Hortenfia; abg. 7. April 
1800. Ein tüchtiges Künftlerpaar, von Goethe, 
der fie von Frankfurt aus kannte, fehr geachtet 
und gefchäßt. 

Mad. Weber (die Mutter Carl Maria’ von 
Weber), pbt. 16. Juni 1794 in „Die Ent- 
führung aus dem Serail“ — Conſtanze; abg. 
Sept. 1794. 

Hr. Willms (zugleid) Souffleur), angeftellt und 
abg. 1794. 

Hr. Wolff (Pins Alerander, geb. 3. Mai 1783 
zu Augsburg), dbt. 1. Dftober 1803 in „Julius 
Cäſar“ — Einna und Marcellus; abg. am 1. April 
1816 nad) Berlin. Der berühmte und bedeutende 
Zögling Goethe's und Dichter der Preziofa u. |. w. 





260. 


261. 


262, 


263. 


264. 


265. 


266. 


267. 


bes Weimarer Hoftheaters. 317 


Er ftarb auf einer Reife zu Weimar am 28. Aug. 
1828. Gatte der Folgenden. 

Mad. Wolff (gefchievene Becker; fiehe 28. 156 
und 170), dbt. ale Mad. W. 30. De. 1805 in 
„Das Vortrait der Mutter“ — Johanna; abg. 
1. April 1816. Goethe's berühmte Schülerin. 
Sie ging nad) Berlin, wo fie 1841 ihr 50jäh- 
riges Künftler- Jubiläum feierte. 

Hr. Werner, obt. 25. April 1804 in „Die 
BZauberflöte* — Tamino; abg. Oftern 1807. 
Demf. Weber, obt. 20. Febr. 1811 in, Johanna 
von Monfaucon* — Ein Mädchen; abg. Ende 
Gebr. 1812. 

Hr. Wigel, dbt. 17. Februar 1812 in „Safob 
und feine Söhne“ — Juda; abg. Oftern 1814. 
Hr. Wehrftäpt, obt. 11. Mai 1812 in „ Der 
Waflerträger * — Titelrolle ; abg. A. Juni 1812, 
Mad. Wieland, dbt. 11.März 1816 in „Die 
Aussteuer * — Räthin Wahlmann; abg. Yuni 
1816, | 

Hr. Wagener (Dr. Friedrich), dobt. 24. Mai 
1826 in „Wilhelm Zell” — Titelrolle; abg. 
1. De. 1828 ; war zugleich Regiifeur. Ein be- 
fannter und beveutender Helvenfpieler. W. ftarb 
zu Dresden 1833. 

Hr. Winterberger (Georg), dbt. 3. Februar 
1829 in „Lenore* — Wilhelm; penfionirt im 


318 Perfonal:Beftand und Säfte 


Herbft 1858, geft. im November 1860 zu 
Eiſenach. 
268. Hr. Zimmermann, obt. 22. San. 1803 in 
„Clavigo“ — Carlos; abg. im Sommer 1804. 
269. Map. Ziſchka, pbt. 19. Oft. 1825 in „ Fluch 
und Segen * — Margaretha; „Die Gouvernante * 
— Titelrolle; abg. 29. De. 1839. 


B. 


Derzeichni der Saflfpiele auf dem Hoftheater zu Weimar 

unter Bellomo’s Direktion, vom 1. Januar 1784 bis April 

41791, und unter Goethe's Direktion, von 1791 bis 12. April 
1817 (Hund des Aubry). 


Die beigefügten kurzen Urtheile find dem handſchriftlichen Ver⸗ 
zeichniß entnommen. 
1785. Hr. Zangethal. 27. Sept. „Deferteur” — 
Alexis. „Mittelmäßig.* 
Hr. Klinge. 8. Nov. „Der Adjutant“ — 
General; 15. November. „Die Abenteuer ver 
Liebe? — Küſter. „Bravo.“ 
1786. Hr. Funke. A.Nov. „Das Teſtament“ — 
Licentiat Werned. „Mittelmäßig. “ 
1787. Hr. Krüger. 6. März „Der Poſtzug“ — 
Graf Blumenkranz. „Brav, wurde engagirt. * 
Siehe Verzeichniß a. 123. 


bes Weimarer Hoftbeaters. 319 


1790. Hr. Neubaus 11. Nov. „Otto v. Wittels- 


1791. 


bach“ — Otto. „Brav.“ 


Hr. Bed (von Mannheim). 27. Dez. „Ham⸗ 


let“ — Hamlet. 

1. Jan. „Menſchenhaß und Reue“ — Ein 
Unbekannter; 4. „Stille Waſſer find tief“ — 
Wiburg; 6. „Die Jäger“ — Anton; 11. 
„Derbredhen aus Ehrſucht“ — Ep. Ruhberg; 
15. „ Das Bemußtfein * — Ruhberg; 18. „Der 
King" — Graf Hlingsberg; 20. „Stille 
Waſſer find tief * — Wiburg; 25. „Ein Strich 
durch die Rechnung” — v. Hitig; 27. „Die 
unglüdliche Ehe aus Delikateſſe“ — Graf 
Klingsberg; 29. „Pygmalion“ — Titelrolle ; 
5. Vebruar: „Der Herbittag” — Peter; 7 
„Clavigo“ — Carlos, „Sehr brav. * 


1790. Mar. Bed (Gattin des Obigen). 28. Dez. „Die 


1791. 


Entführung aus dem Serail* — Conftanze; 
8. Januar 1791. „Lilla“ — Lilla; 13. 
„Doktor und Apotheker“ — Leonore; 22. 
„Die Entführung aus dem Serail” — Con⸗ 
ftanze; 1. Febr. „Der Zigeuner” — Lucia. 
„Brav. ” 


Hr. Ziehr sen. 15. März. „Der Bürgermei- 


ſter“ — Blasdorf; 17. „Die Maler" — 
Ebrecht; 19. „Otto v. Wittelsbach“ — Wolf. 
„Mittelmäßig. * 








320 Berfonal:Beftand und Gäfte 


Hr. Ziehr jun. 15. März. „Der Bürgermei- 
ſter“ — Britzſtein; 17. „Die Maler“ — 
Glimour. „Mittelmäßig. ” 

Mad. Ziehr sen. 15. März. „Der Bürger: 
meifter * — Bürgermeifterin. „Brav. “ 

Hr. Held. 15.März. „Der Bürgermeifter“ — 
Stadtfchreiber Haberburg. „ Mittelmäßig. “ 
Mad. Held. 15. März. „Der Bürgermeifter “ 

— Zulden. „Mittelmäßig. ” 


Säfte des Hoftheaters unter Goethe's Direktion. 
1791. Mad. Kloppmann. 27. Oftober. „Juliane 
von Lindorad“ — Juliane. Siehe 157. Hei: 
rathete im Srühjahre 1793 Hrn. Malcolmi. 
Hr. Klementi. 27. Nov. „Der Fähndrich“ 
— Baron v. Harwig. „Mittelmäßig. * 
1792. Hr. Gehlhaar. 1.De. „Lilla“ — Lubino. 
„Schlecht, ohne Beifall. “. 
1793. Sr. Gunkel. 2. Febr. „Doktor und Apothe- 
fer" — Stößel; 21. Febr. „Menſchenhaß und 
Reue“ — Greif. „Mittelmäßig, ohne Bei- 
fall. * 
Hr. Koch (von Mainz). 17. Oktober. „Das 
Kind der Liebe“ — Obrift; 19. „Die Hage- 
ftolgen“ — Hofrath Reinhold. „Brav. “ 





bes Weimarer Hoftheaters. 321 


Demf. Koch die Jüng. 19. Oft. „Die Hage- 
ſtolzen“ — Margaretha. „Brav.“ 
1794. Hr. Braslowsky. 8. Mai. „Stille Waſſer 
find tief" — Friedhelm. „Wittelmäßig. * 
1795. Hr. Lekow. 8. Januar. „©erectigfeit und 
Rache“ — Rath Fall. „Schlecht.“ 
Hr. Schall. 24. Februar. „Minna v. Barn- 
heim“ — Riccault. 26. „Die Reife in bie 
Stadt *— Hofrath Reifing. „ Wurde engagirt. " 
Siehe 213. 
Hr. Treuen. 7. März. „Verbrechen aus Ehr- 
ſucht“ — Ruhberg. „Mittelmäßig, mißfiel. * 
Hr. Thering (Deering?). 16. April. „Emilia 
Galotti“ — Odoardo. „Gefiel nicht; ſchlecht.“ 
Hr. Geiling. 23. April. Sang mehrere Arien 
zwiſchen ven Aften „mit Beifall.“ 
Hr. Haakel. 5. Dez. „Die Zauberflöte" — 
Tamino. „Schlecht. ” 
1796. Hr. Iffland. 28. März. „Der deutſche Haus- 
vater“ — Graf Woodmar; 31. „Die Stre- 
ligen * — Czaar; 2. April. „ Scheinverbienft * 
— Rechter; 4. „Dienftpfliht“ — Dallner; 
5. „Stille Waſſer find tief" — Lieut. Wallen; 
7. „Eheliche Probe” — Treumund; 9. „Der 
Spieler * — v. Pofert; 11. „Die Hageftolzen * 
— GErf. Reinhold; 12. „Die Ausftener* — 


Wallmann; 14. „Die Sonnenjungfrau” — 
Pasque, Goethe's Thenterleitung. II. 21 


3223 Berfonal:-Beftand und Gäfte 


Oberpriefter; 16. „Die Räuber“ — Franz 
‚Moor; 19. „ Der Herbfttag * — Tic. Wanner; 
21. „Stile Wafler find tief" — Wallen; 
25. April „ Egmont” — Titelrolle. „Vor—⸗ 
trefflich und einzig! Wurde ganz ausgelöft (im 
Gafthofe) und befam 100 Carol. Douceur.“ 

Hr. Wunder 5. Nov. „Der Schiffspatren“ 
— Amtmann ; 19.Nov. „Doktor und Apothe- 
fer” — Stößel. „Mittelmäßig; gefiel als 
Sänger, aber nicht als Schaufpieler. “ 

1797. Mad. Blumenfeld. 24. Januar. „Stille 
Waſſer find tief * — Baronin 0.9. „Schlecht, 
gefiel nicht.” 

Hr. Sernlein. 9. Sehr. „Die Ausftener * — 
Wallmann. „Wollte nody den Schulzen im 
Rothkäppchen fingen (ftand ſchon auf dem Zet⸗ 
tel), mußte aber nad) der Probe mit Schande 
abziehen. “ 

Mad. Erfurth. 22.Mai. „Menjchenhaß und 
Reue“ — Eulalia; 31. „ Reiſe nach der Etabt“ 
— Mad. Traut. „Mehr als mittelmäßig”. 

1798. Hr. Iffland (zweites Gaſtſpiel). 24. April 
„Der Eſſigmann“ — Der alte Dominique; 
25. „Der deutfhe Hauspater* — Woodmar. 
27. „Pygmalion“ — Titelrolle und „Stille 
Waſſer find tief" — Lt. Wallen; 28. „ Men- 
ſchenhaß und Reue” — Bittermann; 30. , Graf 





bes Weimarer Hoftbeaters. 323 


Benjowsty " — Hettmann ; 1. Mai „Pygma- 
lion® — Titelrolle und „Die eheliche Probe“ 
— Treumund,; 3. „Die verftellte Kranke“ 
— Agapito; 4. „Die Ausſteuer“ — Amt- 
mann Riemann, „Einzig. Wurde diesmal 
blos ausgelöft, das Douceur hatte er fi ver- 
beten, * 

Hr. Cordemann. 13.Iunt. „Verbrechen aus 
Ehrſucht“ — Ep. Ruhberg. „Gut; wurde 
engagirt.” Siehe 42. 

1799. Hr. Mebner jun. 16. De. „Die Schau 
ipieler-Schule* -— Schlorum. „Out, wurde 
engagirt.”" Siehe 161. 

1800. Hr. Hülsner. 8. Februar. „Die Entführung 
aus dem Serail“ — Dsmin. „Schlecht. * 
Hr. Spangler. 17.März. „Dienftpfliht” — 
Valbring. „Wurde engagiert.” Siehe 216. 
Hr. Schulz (von Magpeburg). 26. April. „ Das 

Epigramm" — Buſch. „Mittelmäßig. * 

Hr. Haßloch (von Caſſel, geft. als Hoffapell- 
meifter in Darmftadt). 28. Mai. „ Don Juan“ 
— Titelrolle; 31. „ Zauberflöte” — Tamino. 
„Brav.“ | 

Mar. Haßloch. 27. Mat. „ Die Räuber" — 
Amalia; 28. „ Don Juan“ — Donna Anna; 
31. „Zauberflöte* — Königin der Nadıt. 
„Gut.“ 

21* 





324 


1801. 


Perfonal:Beftand und Gäſte 


Hr. Schulz (von Wien). 18. Juni., Titus“ — 
Titelrolle. „Scön.” 

Hr. Elmenreid. 25. Oftober. „Der Iuftige 

- Schufter* und „Der Kapellmeifter" — Titel- 
rollen; 27. „Hieronymus Knicker“ — Titel- 
rolle. „Brav. ” 

Hr. Bethmann. 12. Januar. „Selbftbeherr- 
hung” — Sekretär Willnany; 14. „Armuth 
und Edelſinn“ — van der Hufen; 19. „Graf 
von Burgund® — Heinrich; 24. „Ham— 
let" — Hamlet. In einigen Rollen „gut“, 
in andern „mittelmäßig. “ 

Hr. Gern (ver Alte, aus Berlin). 25. April. 
„Zauberflöte * — Sarafteo ; 27. „ Tarare* — 
Arur; 2. Mai „Don Juan“ — Leporello. 
„Brav.“ 

Hr. und Mad. Telle. 27. April. „Tarare — 
Ein Pas de deux getanzt.“ Desgl. 28. April. 
„Brav.“ 


Hr. Morelli. 30. Mai und 1. Juni. „Die 


Zigeunerin." Ballet — Zigeunerhauptmann. 
„Wurde engagirt.“ Siehe 166. 

Hr. Heinrih Schmidt. 4. Mai., Die Läſter⸗ 
ſchule“ — Karl. „Schlecht.“ 

Mad. Unzelmann. 21. September. „Maria 
Stuart" — Titelrolle; 23. „Armuth und 
Edelſinn“ — Iofephine; 26., Emilia Galotti * 





des Weimarer Hoftheaters. 325 


— Orfina ; 27. „ Die Indianer in England *— 
Gurli; 29., Oktavia“ — Titelrolle; 30. „Der 
Zaubftumme * — Julie v. Solar und „Die 
beiden Savoyarden“ — Joſeph; 1. Oftober. 
„Minna v. Barnhelm* — Minna. „Bor- 
trefflich. * 

Demf. Ernft (von Gotha). 11. Oft. „ Doktor 
‚und Apothefer * — Leonore. „Mittelmäßig ; 


Anfängerin. “ 
Mad. Lehnhold. 14. Okt., Die Entführung 
aus dem Serail“ — Conſtanze. „Wurde 


engagirt.“ Siehe 136. 
1802. Demſ. Peterſilie. 20. Februar. „Lilla“ — 
Lilla. „Wurde engagirt.“ Siehe 196. 

Mad. Eliſe Bürger. 3. Mai. „Ariadne auf 
Naxos“ — Ariadne. „Schlecht.“ 

Hr. Schwarz (von Hamburg). 2. Okt., Der 
Zaubftumme“ — Abbe de l’Epee; 4. „Der 
Effigmann * — der alte Dominique, und „Der 
gutherzige Alte” — Bergheim; 6. „Die Aus- 
ftener * — Amtmann Riemann. „Recht gut.“ 

1803. Hr. Baufe 11. April. „Das unterbrochene 
Opferfeft" — Oberpriefter. „Schlecht. “ 

Mad. BPaufe, in eben derſelben Vorftellung die 
Elvira. „Mittelmäßig. “ 

Mad. Ackermann. 3, Oktbr. „Menſchenhaß 
und Reue” — Eulalia; 5. „Die Läſterſchule“ 


326 Berfonal:Beftand und Gäfte 


— Baroneffe; 15. „Klara v. Hoheneichen“ — 
Titelrolle. „Mittelmäßig. “ 

Hr. Beſchort (von Berlin). 12. November. 
„Iphigenia“ (die Oper) — Dreft; 14. „Die 
Schachmaſchine“ — Karlv. Ruf. „Out.“ 

1805. Hr. Ambroſch (von Berlin). 27. März. „Iphis 
genia* (die Oper) — Pylades; 1. April. 
„Der Dorfbarbier * — Adam; 6. April. „Ie 
toller je beffer " — Johann. „Gut.“ Bulpius 
machte die Bemerkung: „Ie nun!“ 

1806. Hr. Stromeyer. 10. März „Zauberflöte“ 
— Saraſtro. „Sang gut; wurde engagirt.“ 
Siehe 219. 

Hr. Reinhold. 10. Septbr. „Die Schadh- 
maschine" — Grf. Ballen; 13. „Reue und 
Erſatz“ — Buchhalter Teft. 

dr. Reinhold (Gattin des Borigen). 17. Sept. 
„Die Millerin * — Röschen; 24. „Tarare” 
(Arır) — Aſtaſia. Wurden Beide engagirt. 
Siehe 203. 204. 221. 

1809. Hr. Karl Schwarz 26. April. „Die Mit- 
ſchuldigen“ — der Wirth, und „Das Räthfel 
— ber Oheim; 3. Mai. „Lorenz Start” — 
Titelrolle. „Sehr brav. “ 

1810. Hr. Direltor Iffland (drittes Gaftfpiel). 
24. Septbr. „Der Puls“ — ver alte Graf; 
25. „Der Wirrwarr“ — Hr. v. Langſalm; 


—_ m. 





des Weimarer Hoftheaters. 327 


26. „König Lear“ — Lear ; 27. „Der Ameri⸗ 
kaner“ — Hr. Harbo. „Vortrefflich.“ 


Hr. Brizzi (Kön. bayr. Kammerſänger; erſtes 


Gaſtſpiel). 28. Nov. „ Ginevra“ — Polineſo; 
1. Dez. Wiederholung dieſer Rolle; 15. Dez. 
„Achilles“ — Titelrolle; 19. Dez. Wieder⸗ 
holung dieſer Rolle. „Schön.“ 


1811. Demſ. Frank (bad. Hofſängerin). 27. März. 


1812. 


„Fanchon“ — Titelrolle; 30. „ Die Schweizer⸗ 
familie“ — Emmeline. „Sehr brav.“ 


Hr. Hübſch. 23. Februar. Sang verſchiedene 


Arien. „Ging an“, notirte Vulpius. 


Hr. Brizzi (zweites Gaſtſpiel). 11., 16. und 


27. Nov. Dreimal in „Ginevra“ — Polineſo; 
30. Nov. und 4. Dez. Zweimal in „ Achilles “ 
— Titelrolle. „Sehr bran. * 


Hr. Kobler aus Wien mit zwei Töchtern 


(Johanna und Nanette), einem Sohne 
(Franz), und einem italienifchen Tänzer 
(Signor Bernadillo) tanzten am 30. Dez. 
in dem feriöfen Ballet „Die glüdliche Wilde * 
und in dem komiſchen Ballet „Das Gärtner- 
mädchen. “ 

2. Januar 1812. Wiederholung der „glüd- 
Iihen Wilden * und „Der Liebhaber im Dun- 
fein“, komiſches Ballet; A. Januar. „Das 
übelgehütete Mädchen“, pantomimifches Ballet 


328 


Perſonal⸗Beſtand und Gäfte 


und ein Divertiffement, „warin Hr. Uhlich 
(fiehe 244) mittanzte.“ „Sehr jchön und 
funftreich. * 

Hr. Gern (aus Berlin, der Sohn). 6. Yan. 
„Die Duälgeifter" — Mad. Dopprid. 8. 
„Der Bater von ohngefähr“ — Mordfuß. 
„Brav.“ 

Hr. Rebenſtein (aus Berlin, erſtes Gaftfpiel). 
2. Mai. „Don Carlos“ — Titelrolle; 6. 
„Die Braut von Meſſina“ — Don Cäfar; 9. 
„Satob und feine Söhne“ — Joſeph; 11. 
„Der Woaflerträgr* — GErf. Armant. 
„dran. ” 

Hr. und Mad. Triebler. 7. Oft. „Das war 
ich“ — Nachbar und Baje; 19. Oft. „Der 
Spieler“ — Baron und Baronin. „War 
nicht viel; wurben dennoch engagirt.“ Siehe 
238. 239. 

Mad. Schönberger (Marconi, aus Wien). 
24. DE. „Das unterbrocdhene Opferfeft* — 
Murney; 28. „Ialob und feine Söhne“ — 
Joſeph; 31. „ Titus” — Titus. „Sehr brav, 
und fonderbar genug, als Frau!“ 

Hr. Wöhner (bad. Hoffehaufpieler). 26. Oft. 
„Sr mengt fih in Alles“ — Blumper, und 
„Der Schanfpieler wider Willen“ — Pfiff; 

2. Nov. „Die Schachmaſchine“ — Karl Ruf; 








des Weimarer Hoftheaters. 329 


4. „Der Fremde“ — Kfm. Friefen. „War 
nicht viel beſonderes.“ 

Hr. Direktor Iffland (viertes und letztes Gaft- 
fpiel in Weimar). 20. De. „Clementine“ — 
Hr. v. Willburg; 21. „Selbſtbeherrſchung“, 
— Conſtant; 22. „Der Jude“ — Schewa; 
23. „Künſtlers Erdenwallen“ — Laͤmmer⸗ 
meyer; 27. „Don Ranudo di Colibrados“ — 
Don Ranudo, und „Der arme Poet“ — Lo— 
renz Kindlein; 28. „Die Läſterſchule“ — 
Baron; 29. Der Kaufmann von Venedig“ — 
Shylod; 30. „Der gutherzige Polterer“ — 
Morhof. „Wie immer einzig; erhielt 40 Frdor. 
aus ber Hoftheaterfafie. “ 

1813. Hr. Mayer. 17. März. „Die Entführung aus 

dem Serail" — Osmin. „Wurde engagirt. “ 
Siehe 174. 

Mad. Herbft (geb. Unzelmann). 4. Oft. „ Die 
Hageftolzen * — Margaretha; 11. „Der Ame- 
ritaner * — Sophie. „Gut.“ 

1815. Mad. Renner (von Carlsruhe). 28. Auguft. 
„Die Nachſchrift“ — Lijette, und „Proberol= 
len” — Mad. Schnell. „Brav.“ 

Hr. von Holbein. 28. Aug. In obigen bei- 
den Stüden — Kranz und Dr. Blum. „Gut.“ 

1816. Hr. Brizzi (drittes Gaftfpiel und Demf. Brizzi. 
20. März. „Antenor* — Antenor und Laſte⸗ 


330 Berfonal:Beftand und Säfte 


nia; 25. „L’addio d’Ettore“ — Hector und 
Andromadje; 30. „Achilles " — Achilles und 
Brifeis. „Brav.“ 

Hr. Hölken (von Darmftadt). 13. Mat. „ Reue 
und Erſatz“ — Karl Baum; 8. Juni. „Ma: 
ria Stuart” — Mortimer. „Gut.” 

Hr. Franke jun. 26. Juni. Ein Matrofenjol 
getanit. 

Dem‘. Franke J. und Demf. Franke I. an 
bemfelben Tage ein Pas-de-deux getanzt, 

Mad. Köhler (aus Hannover). 7. Sept. 
„Emilia Galotti* — Orfina; 11. „Phäpra “ 
— Titelrolle. „Gut.“ 

Hr. Rebenftein (zweites Gaftjpiel). 25. Nov. 
„Maria Stuart“ — Mortimer; 27. „Pyg- 
malion“ — Titelrolle, und „Die befchämte 
Eiferfuht” — Graf Werthben; 30. „Iohann 
von Paris" — Titelrolle; 2. Dez. „Jakob 
und feine Söhne” — Joſeph. 

1817. Sr. Karftens und fein Pudel, vom Theater 
an der Wien. 12. und 14. April. „Der 
Wald bei Bondy“ — Aubri de Montbidier 
und die Pudelrolle. 


Hier mag das PVerzeichniß der Gaftfpiele enden. 
Goethe trat, wie befannt, von der Intendanz zurüd und 


des Weimarer Hoftheaters. 331 


die Berwaltung des Grafen Edling und Stro- 
meyer's.begann. 

Das bedeutendſte Gaſtſpiel in obigem Jahre, wohl 
noch von Goethe eingeleitet, war das der Mad. Vohs 
und des Herrn Werdy. Beide fpielten am 29. Sept. 
in ber „Braut von Meffina" — Sfabelle und Don 
Manuel; am A. Oftober in „Graf Eifer“ — Elifabeth 
und Graf Effer, und am 11. Oftober Mad. Vohs in 
ver „Jungfrau von Orleans“ die Titelrolle. _ 


XXIH. 


Sorona SHchroeter. 


Beiträge zu ihrer Kebens und Familiengeſchichte. 


„Ihr Freunde, Platz! Weicht einen Heinen Schritt! 
Seht wer da fommt und feftlich näber tritt! 
Sie ift es felbft; Die Gute fehlt ung nie. 
Wir find erhört: die Muſen fenden fie. 

Ihr kennt fie wohl; ſie iſt's, die ſtets gefällt. 
Als eine Blume zeigt fie fi der Welt: 

Zum Mufter wuchs das ſchöne Bild empor, 
Bollendet nun, fie iſt's und ftellt e8 vor. 

Es gönnen ihr die Mufen jede Gunft 

Und die Natur erfchuf in ihr die Kunft. 

So häuft fie willig jeden Reiz auf fich, 

Und felbft Dein Name ziert, Corona, Did). 

Sie tritt herbei. Seht fie gefällig ftehn, 
Nur abſichtslos, die wie mit Abficht fchön ! 
Und hocherſtaunt jeht ihr in ihr vereint 
Ein Ideal, das Künftlern nur erfcheint. —“ 


Alfo hat Goethe Corona Schroeter befungen und fie 
muß ein großes ungewöhnliches Talent, ein ehren- und 
liebenswerther Charakter, eine blenvende, muftergültige 
Schönheit, alles in allem eine feltene Perfönlichfeit gewe⸗ 
jen fein, daß fie dem Dichter zu ſolchen Verſen Anregung 
geben Konnte, ihn veranlaßte, ihr ein fo herrliches 
Denkmal zu ſetzen. — 








336 Corona Schroeter. 


Wir wiſſen wenig Beitimmtes über fie, ſowohl über 
ihren Leipziger Aufenthalt als über ihre fpätere Wirkſam— 
feit in Weimar. In erfterer Stadt veranlaßte fie Die beiden 
Berfafler der befannten „ Chronologie des deutfchen Thea⸗ 
ters“, ihr diefes mit großem Fleiß und gewiß nicht weni- 
ger Mühe zufammengeftellte Bud, mit begeifterten Wor- 
ten zu wibmen. Diefe Thatfahe und die feurigen 
Aeußerungen Goethe'8 über fie (Briefe an Ir. v. Stein) 
bilden wohl die beften Belege für ihr damals ſchon außer- 
gemöhnliches Talent, ihre herrliche, malellofe Perſönlich— 
keit. Ihr fonftiges Leipziger Leben und Wirken ift in- 
deſſen im ziemliches Dunkel gehüllt. Ihre Wirkſamkeit 
als Sängerin und Darſtellerin in Weimar gehört der 
bunten Epoche des fürſtlichen Liebhabertheaters an und 
nur einzelne, ſpärliche Nachrichten ſind uns über jene 
luſtige, doch folgewichtige Zeit und ihre ſchönſte, beveu- 
tendſte Trägerin überkommen. Mit dem Aufhören jener 
Spiele verſchwindet Corona Schroeter faſt gänzlich aus 
dem öffentlichen Leben; nur als Lehrerin der berühmten 
Chriſtiane Neumann und als Liederkomponiſtin tritt ſie 
noch hervor, um dann im Dunkel eines beſcheidenen Pri⸗ 
vatlebens ftill und unbemerft von ver Welt und dem Leben 
zu fcheiden, fo ftill und unbemerkt, daß die Begebenheiten 
ihrer legten Lebensjahre und Tage vollftändig verfchwun- 
ven find. So erſcheint und denn ihre Geftalt in faft 
nebelhaften Umriffen und ihr Yeben bleibt uns ein interef- 
fantes, doch unaufgelöftes Räthſel. Alles dies ift wohl 








Corona Schroeter. 337 


im Stande die Fantaſie für fie aufzuregen, zu weitern For⸗ 
chungen über fie, ihr Thun und Laſſen anzufenern. Uns 
ein fo viel als möglich, abgerundetes Bild von ihr vorzu« 
führen, hat Dr. Schade in feinen „Weimarifchen Divas- 
falten“ („Minerva.” 1858: Bd. I. Heft 1.) verfucht. 
Die fpärlihen vorhandenen Nachrichten hat er forgfältig 
und mit Liebe gefammelt und zufammengeftellt, und man 
findet in jenem (etwa 15 Oltapſeiten ftarfen) Aufſatz 
ſo ziemlich alles vereinigt, was an ben verjchiedenften 
Drten über vie Schroeter gebrudt, ausgejprocdhen wurde. 
Die Weimarer Archive enthalten vor. der Hand nichts dem 
Forſcher Zugängliches über fie. Gewiſſe dort jorgfältig 
aufbewahrte, bisher unzugängliche Papiere Goethe's und 
Carl Auguft’s könnten vielleicht gewünſchten Aufſchluß 
über fie geben. Doch bis deren Siegel fallen, muß ſich 
der Liebhaber und Forſcher mit dem Vorhandenen begnü- 
gen und mit den etwaigen mweitern Nachrichten und Bei- 
trägen, welche die Zeit over ein glüdlicher Zufall zu Tage 
fördern wird. 

Einen ſolchen Heinen Beitrag zur Lebens⸗ und Fami- 
liengejchichte ver Corona entdedte ich fern von Weimar, 
hier in Darmftadt; hier folgt er einfach und ſchmucklos, 
„ wie id) ihn gefunden. 

Wie bekannt hatte Corona Schroeter drei Gefchwifter, 
zwei Brüder und eine Schwefter. Die Lebensjchidfale 
des ältern der Brüder, Johann Samuel(geb. 1750), 


eines tüchtigen Pianiften und Komponiften für fein Inftru= 
Pasqueé, Goethe's Theaterleitung. I. 22 


338 Corona Schroeter. 


ment, find faft ebenfo romanhaft, wie bie feiner berühmten 
Schwefter. Er ftarb in England, wo er meiftens ge- 
lebt, um 1788. Der jüngere Bruder, Sohann Hein- 
rich (geb.1762), Biolinift, ging ebenfalls nad) England 
und verſcholl dort gänzlih. (Siehe den folgenden Brief 
des Daters.) Die jüngere Schwefter Diaria trat etwa in 
ben achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Kam⸗ 
merfängerin in die Privatfapelle des damaligen Erbprin- 
zen von Heffen-;Darmftadt (nacdhherigen Großherzogs Lud⸗ 
wig J.). Diefe Notiz, von Gerber zuerft angeführt, 
erwedte in mir bie Hoffnung, vielleicht hier in Darm⸗ 
ftabt etwas Näheres über Corona Schroeter erfahren, 
entdeden zu Fünnen. Ich forichte nach und fand, daß 
jene Maria Schroeter fih am 28. Yuli 1788 mit dem 
fürftlihen Baufchreiber Georg Rühl verheirathet hatte 
und bis zu den franzöfifchen Kriegsunruhen in Dienften 
bes Erbprinzen, dann Tandgrafen geblieben war. Die- 
ſes feitgeftellt,, fuchte ich die Yamilie Rühl auf und war 
bald auf ber richtigen Spur, am Ziele meiner Bemü- 
hungen. Maria Rühl hatte drei Söhne hinterlaffen ; ver 
jüngfte Sohn war vor Jahren als Hauptmann in Grof- 
herzogl. Hefl. Dienften und mit Hinterlaffung einer 
Wittwe geftorben. Die beiden andern Brüder aber leb⸗ 
ten noch als rüftige Greife, der jüngere als penfionirter 
Großherzogl. Heſſ. Major, der ältere, wie fein Bater 
Georg geheißen, als Hofgerichts⸗-Advokat. An Leb- 
tern wandte ich mid num fchriftlih mit ber Frage, ob 





Corona Schroeter. 339 


er nicht im Stande fet, mir einige Nachrichten über feine 
berühmte Tante Corona Schroeter zu geben, und bald 
barauf empfing ich von ihm das folgende Schreiben: 
„Darmftadt, ven 14. Sept. 1860. 
Hochgeehrter Herr ! 

Es wäre mir fehr angenehm, wenn ich dem in Ihrer 
geehrten Zufchrift vom 12. d. geäufßerten Wunſch zu 
Ihrer völligen Befriedigung entſprechen fünnte, was nicht 
der Fall ift. 

Corona Schroeter war die Schweſter meiner Mutter 
und wie biefe in Guben geboren. Das Geburtsjahr 
meiner Mutter ift 1766, das ver Corona Schroeter ver- 
mag ic) nicht anzugeben, id) weiß nur noch daß fie beveu- 
tend, vielleicht 6 —8 Jahre älter war als meine Mutter. 
Ueber ihre Jugend, ihren Bildungsgang ift mir nichts 
Näheres befannt. Ihre Mutter, eine geborne Heffter 
aus Guben, ftarb früh. Der Vater, feine zwei Söhne 
und zwei Töchter waren mufifalifh und die Söhne follen 
es zu bejonderer Meifterfchaft in der Kompofition ge= 
bracht haben. In dieſem PVerhältnig werden ſich durch 
Lektüre, Selbitftubium, Umgang und inniges Zufammen- 
leben mit begabten Perfonen, Sinn und Gefchmad ver 
Corona für das Schöne und ihr fünftlerifches Talent ent- 
wicdelt und ausgebildet haben. Bon ihren LXebensfchid- 
falen meiß ich ebenfalls nichts Näheres, ich glaube nur, 
daß fie nicht gerade mit Noth und großer Bedrängniß zu 


fanıpfen hatte. Zu Lebzeiten meiner Mutter intereffir 
22* 


340 Corona Schroeter. 


ten mich diefe Dinge noch zu wenig, als daß ich mich zu 
genauem Nachfragen darüber bewogen fühlen Tonnte. 
Erft fpäter erwachte in mir ver Wunſch Näheres darüber 
zu erfahren. Der Charafter der Corona kann nad) ven 
Aeußerungen meiner Mutter, nach der großen Achtung 
und innigen Liebe, die fie zu ihr begte, nur ein ſittlich 
reiner, edler gewejen fein und nur diefes ift e8, was bie 
Berwandtichaft mit ihr und die Erinnerung an fie erfreu- 
ih machen kann. Sie ftarb 1802 in Ilmenau, wo fie 
bie legten Jahre ihres Lebens in der Zurüdgezogenheit 
zubrachte. Ich habe fie nicht gefehen und es wäre mir 
ausnehmend angenehm ein getreues Abbild von ihr zu 
fehen. — 

Unter dem Nachlaß meiner Eltern fand ih zwei 
Briefe der Corona an meine Mutter, unbeveutenven 
Inhalts; ich lege fie diefem Schreiben bei mit der Bitte 
um demnächſtige gefällige Zurückgabe. — 

Das zu Anfang des Jahres 1858 erſchienene Heft 
der Zeitfchrift Minerva enthält Spezielles über Corona 
Schroeter und ihre Yamilie, wovon Ciniges nicht rich 
tig ift. 

Die beiden anliegenden Briefe find dem Inhalt nad 
unerheblich, hinfichtlich ihrer Form dagegen bürften fie 
nicht ungeeignet fein, Zeugniß abzulegen für den geifti- 
gen Gehalt ver Berfaflerin. 

Hochachtungsvoll Ihr ergebenfter 
Georg Kühl, Hofgerichts-Aovofat. “ 








Corona Schroeter. 341 


Wenn au diefe Mittheilung mir nicht viel Neues 
brachte, fo war ich doch hocherfreut, endlich einmal bie 
Schriftzüge, und zwar in zwei vollftändigen Briefen, ver 
Corona Schroeter fehauen zu dürfen. Ich faumte nicht 
dem alten Heren ein Portrait feiner Tante (der befannte 
Stich der Allg. Modezeitung) zuzuftellen, ihn zugleich bit= 
tend, mir die gerügten Unridhtigfeiten ver Schape’jchen 
Abhandlung mitzutheilen. Er antwortete mir unter An⸗ 
derm Folgendes: 


„— Ihr gütiges Gefchent eines Bildes der Corona 
nehme ich mit Danf an. Das Bild gefällt uns, die Züge 
werden wohl richtig getroffen fein und es fehlt wohl nur 
an derjenigen Befeelung des Ganzen, welche die Copie 
nicht genau wiedergab. — Die Unrichtigfeiten, welche 
mir in dem in der Minerva enthaltenen Aufjag auffielen, 
find : daß als Geburtsjahr meiner Mutter 1754 und der 
Corona Schroeter 1748 angegeben wird. Das erfte ift 
bejtimmt unrichtig; meine Mutter ift 1766 geboren; 
hieraus fchließe ich, daß auch das Letzte unrichtig ift, weil 
fonft meine Mutter 18 Jahre jünger gemwefen jein müßte 
als ihre Schwefter, was gewiß nicht der Fall ift. Fer⸗ 
ner wird in jenem Aufſatz meine Mutter als eine große 
Schönheit geſchildert, was nicht richtig ift. —“ 


Die beiden Briefe der Corona Schroeter, welche mir 
nun vorlagen, waren allerdings ziemlich unbebeutenven 


342 Corona Schroeter. 


Inhalts; da fie aber bis jetzt die einzigen vorhandenen 
Schriftſtücke verjelben bilden, jo dürfte aus dieſem Grunde 
ihr Abdruck an dieſer Stelle gerechtfertigt erjcheinen. Sie 
lauten vollftändig aljo: 
„Weimar, den 9. Juli 1788. 

Ich bin zu aufridhtig Tiebe Schwefter um Dir ver⸗ 
hehlen zu können daß es mir ein wenig empfindlich gewe⸗ 
fen ift, die Nachricht von Deiner Verheirathung fo lange 
vorher von ganz fremden Menfchen erfahren zu müſſen 
ehe Du mir als Deiner nächſten Berwandtin und Freun- 
bin, eine Sylbe davon entdedt haft. Doch da ich mir es 
einmal zum feften Grundſatz gemacht, die Menfchen zu 
nehmen wie fie ſind, und nicht wie fie jeyn ſollten, 
jo habe ih Dir aud) Deine Nachläſſigkeit oder Faulheit 
— oder wie Du e8 genannt haben willft, ſchon längſt 
vergeben, und wünfche Dir zu der Veränderung Deines 
Standes und zu Deiner Wahl aus fchmefterlihem Herzen 
das befte und vollfommenfte Glück und den reichiten Se: 
gen des Himmels. Wie glüdlid, kannſt Du Dich ſchätzen 
daß Du an Deinem künftigen Gatten nicht nur einen - 
hübfchen, wie die Sylhouette es zeigt, ſondern einen recht— 
Thaffenen Mann, wie jeder der ihn fennt von ihm rühmt, 
befigen wirft. Empfiehl mic) ihm beftens und bitte ihn um 
jeine Sreundfchaft für mid. Wenn Deine Einladung 
Did) in Darmftadt zu beſuchen nicht aufrichtig, fondern 
blos Compliment gewefen ift, fo kömmſt Du übel an, 


Corona Schroeter. 343 


liebe Marie, venn ich habe einen ernftlichen Plan ge- 
macht Dich diefen Herbft zu befuhen, wenn Du es alſo 
nicht recht gerne ſiehſt, fo -gieb in Zeiten einen Wink 
davon. — Du haft doch dem Vater Deine Berheirathung 
auch befannt gemacht? Vor kurzem fchrieb er mir, daß 
er feit fo langer Zeit nichts von Dir erfahren hätte. 
Thue e8 ja liebes Kind! es würde ihn fonft zu fehr 
fränfen,, und er ift ja dody einmal unfer Vater, dem wir 
in allen Fällen kindliche Pflicht zu leiften ſchuldig find. 
Er möchte die Tante gern irgendwo als Haushältertn, 
oder Wirthichafterin untergebradht haben; bier herum 
weiß ich feinen Plag für fie, follteft Du vielleicht Gele: 
genheit haben auf dem Lande herum, oder fonjt wo? 
Freylich wirft Du Did ſcheuen, jo wie ich, fie in der 
Nähe bey Dir zu haben. Aber ich wünſche herzlich daß 
man fie dem Vater vom Halfe jchaffen künnte, dem fie 
in allen Fällen zur Laft fenn muß, da er fo wenig Ein- 
nahme bat. Schreibe mir bald wieder, liebe Schweiter, 
daraus will id) ſchließen ob Du mich gern bey Dir fehen 
. wirft. Du bift doch aber mit Deiner Wohnung fo ein- 
gerichtet, daß ich Dir nicht zur Laft bin? Denn wenn 
ich fomme fo bringe ich meine Maler: Werkftatt mit, das 
fage ich Dir im Voraus. Legt male ich nicht mehr in 
Paftell fondern in Del, und Du mußt mir verfpredhen 
Did und Deinen Mann von mir mahlen zu laflen denn 
ich bin ziemlich glüdlih im Treffen. — Yebe wohl liebe 
Schweſter! Nimm meinen herzlichen Seegen nochmals 





344 Corona Schroeter. 


für Dich, und Deinen künftigen Mann und behalte mich 
lieb wie ich Dich 
Deine Corona Schröter. 

Minna*) grüßt Di fhönftens und wünſcht Dir 

Alles Glück.“ 
- „Reimar, den 20. Juni 1794. 

Es ift wieder eine lange Zeit verftrichen, befte Schwe- 
fter, ſeit ih Dir nicht gefchrieben , id) habe aber audy gar 
große Geſchäfte unterbeflen zu bejorgen gehabt, wie Dir 
die beygelegten Anzeigen jagen werden, die ich für Dich 
und Deinen lieben Mann, ven ic taufenpmal grüße, bey- 
gelegt habe. Vielleicht hat mein lieber Hr. Schwager 
'etwan Gelegenheit, wenn er nad) Frankfurt oder Darm- 
ſtadt reißt, oder wo er fonft vielleicht muſikaliſche Befannt- 
ihaften hat, mir aud) eine Heine Anzahl Subferibenten 
zu verichaffen. Sag ihm nur er mögte mir immer bel 
fen, ein rechtes Capital zufammen zu bringen, denn wenn 
ic) einmal fterbe, habt Ihr und Eure Kinder es zu ges 
niegen. Du mußt mir aber auch den Gefallen thun mir 
noch ein kleines Nichtchen zu verſchaffen, daß ich nur dieſe 
Freude noch erlebe! Hoffentlich befindeſt Du Dich mit 
Deinem würdigen Manne und Deinem Heinen Buben *) 
recht gefund und wohl? Das gebe der Himmel! Mit 


) Wahrſcheinlich Fräul. Probft, ihre Freundin. 
**) Es iſt hierunter der fpätere Hofgerichts:Advolat Rühl 
gemeint. 











Corona Schroeter. 345 


mir. geht’8 Gott ſey Danf auch ganz gut, aber unfer 
Bater hat mir heute gefchrieben und klagt fehr über 
Schwindel. Wenn ihm nur nicht ein Schlagfluß nad) 
geht! Er bezeigt fehr großes Berlangen mic zu jehn 
und zu fpreden, und will, wenn ich diefen Sommer zu 
Haufe bleibe, mich befuchen, oder ich foll nach Caſſel 
zu ihm fommen. Sein Befud würde mic) jehr in Ver⸗ 
legenheit ſetzen, weil ic) fürchte, er bringt mir die werthe 
Trau Tante mit. Ich weiß alfo nod) gar nicht, wie ich 
die Sache am gejcheutejten wende. Faſt glaube ih es 
wäre am beften wenn ich nad) Caffel ginge, ſo ſich etwann 
eine gute Gelegenheit zeigte, dann befuche ih Dich auch 
auf einige Tage, wenn ich einmal dort wäre, denn es iſt 
doch nicht ſo gar weit von Frankfurth. Ich bin zwar 
dieſen Sommer ſchon an ſo viele Orte eingeladen, daß 
ich mich wünſchte verzehnfältigen zu können! Wenn Du 
mir nur wenigſtens um 10 Meilen näher wohnteſt, liebe 
Schweſter, jo wäre es doch noch eher, wiewohl 20 Mei⸗ 
len auch ſchon eine ſehr weite Ferne und für eine ſo reiſe— 
ſcheue Dame wie ih bin, ein abſchreckendes Ding iſt. 
Ihr habt doch wie ich höre feither ruhig in Euren Öegen- 
den vor den böfen Sranzofen gelebt? Wenn fie doch der 
Himmel nur einmal ganz aus Deutſchland verbannen 
wollte! Komm ja gleich mit Deiner ganzen Tamilie 
hierher, wenn nod) einmal die geringfte Öefahr fid) ereig« 
nen follte. Lebe mit Deinem lieben Manne und Deinem 
Kinde, das mich recht freuen wird einmal zu fehen, recht 


346 Corona Schroeter. 


gefund und wohl, liebſte Schwefter! Es kann mohl 
längſt Schon laufen? Wenn Du mir wieder fchreibit, fe 
fag mir das, ob Du auch meine Briefe erhältft, Du 
erwähnft immer fein Wort davon. ‘Dein legter war vom 
Januar. Schreib mir hübſch bald wieder eine Zeile lie— 
bes Kind. Tauſend Grüße an Dich und meinen lieben 
Schwager von mir. 
Behalte mich lieb! Deine treue Schweiter 
Corona Schroeter.“ 


Letzterm Briefe liegen zur, Zeit noch ſechs gebrudte 
Anzeigen bei, ein Zeichen, daß der Herr Schwager, wel 
cher um jene Zeit als Salzmagazins- Verwalter in Rüffeld- 
heim am Dain lebte, ſich feine allzugroße Mühe mit deren 
Berbreitung gegeben. 

Die „muſikaliſche Anzeige“ ſelbſt ift aus Weimar und 
vom 4, Mai 1794 batirt, und betrifft die zweite und 
letzte Lieverfanimlung, welde Corona Schroeter ver- 
öffentlichte. Sie erfihien zu Weimar in Kommiffion bei 
dein Induftries Comptoir (Michaelis Meffe 1794) und 
enthält Lieder von Matthiffon, Gotter, Klopitod, W. ©. 
Beder, Herder, Stolberg, Fr. Schmidt und ein paar 
italienische und franzöfifche. 

Im Herbfte des Jahres 1861 ftarb der Ältere ver 
beiden Brüder Rühl, der Hofgerichts -Arvofat, und nur 
wenige Tage darauf folgte ihm fein jüngerer Bruder, der 
Major, nad) in jenes beflere Leben. Die beiden alten, 





Corona Schroeter. 347 


einfamen Herren konnten nicht ohne einander leben und fo 
beeilten fie ſich denn im Tode recht bald wieder vereinigt 
zu werben. Die Wittwe des früher verjtorbenen Haupt- 
manns Kühl, die einzige Erbin der Beiden, verehrte mir 
die zwei Originalbriefe der Corona Schroeter, jo wie 
auch einen im Nachlaß vorgefundenen Brief des alten 
Vaters Schroeter. Auch diefer mag bier eine Stelle 
finden. Er ift an feine Tochter Maria und deren Mann 
gerichtet und lautet: 
„Caſſel, ven 3. April 1805. 
Liebe Kinder ! 

Wenn Ihr alle gefund und wohl ſeid, foll es mic 
freuen. Mit mir fieht es ſchlecht aus, ich habe diefen 
Winter ehr viel ausgeftanden, und nod) ift e8 mir nicht 
recht gut. Ich glaube e8 wird mir auch nicht beffer wer- 
ven; ich fühle daß meine Lebenszeit vorbei ift, Gott ftehe 
mirin Gnaden bei! So wie id) e8 mir in der Welt habe 
fauer werben laffen, will id nicht wünfchen, daß es Euch 
ergehen möge. Nun fige id) da auf meine alten Tage, fein 
Menſch fragt mich, Vater habt Ihr was zu leben, oder 
gebriht Euch was? Da ich arbeiten konnte, Da gings noch, 
nun aber da ich8 nicht mehr Tann, muß ich bei dem klei⸗ 
nen Tractament mißlidy leben. Ich habe mein Alter biß 
in das 81. Jahr gebraht*). Gott wird mir ferner 
helfen. — Gott, wenn id} mein Leben fo betrachte, fo 


*) Sefchrieben 1808, ift fein Geburtsjahr Demnach 1723. 


348 Corona Schroeter. 


bedauere ih das, was ich gethan habe. Ich bin auch 
manchmal jo melandheliih, daß ich nicht weiß was id) 
anfangen fol. — Kurz, ich bin dieſen Winter ſehr zurüd 
gefommen, ſowohl in meiner Gefundheit als aud) in mei- 
nen Nahrungsumftänden. Den ram den idy in mei- 
nem Herzen trage um meinen Heinrich”); daß ich auch 
gar nicht erfahren Tann ob er lebt oder todt ift! Nie haft 
Du mir gefehrieben wie ihr auseinander gefommen. Seine 
Meriten haben uns viel geholfen auf unfern Reifen, 
wenn ich daran denke kommt ein Sammer mir ins Herz 
und jehe die Bergänglichfeit und wie alles nur ein Traum 
ft! — Ich gebe Euch allen meinen väterlichen Segen. 
Gott wolle Euch) gleichfalls jegnen und beiftehen in allen 
Leibesnöthen. Amen! Das wünjcht Euer aufrichtiger 
Bater 
Johann Friedrich Schroeter.“ 


Einige andere Papiere der Familie Rühl theilen über 
den alten Mann und ſeinen Tod noch Folgendes mit: 

Seit 1788 befand er ſich als Hofmuſikus in Caſſel; 
in der Mitte der neunziger Jahre wurde er penſionirt 
und ernährte er ſich nur von dem kleinen Ruhegehalt und 
einigen Stunden, die er gab. 1804 mußte er, Alters⸗ 
ſchwäche halber, feine Lektionen aufgeben und fo friftete 
er denn noch färglich fein Leben bis zu den erſten Tagen 


*) Johann Heinrich, der in England verfchollene Geiger. 





Corona Schroeter. 349 


des Jahres 1811, wo er in einem Alter von etwa 
87 Jahren ftarb und im Grabe die endlich erfehnte Ruhe 
fand. Seit 1801 pflegte ihn eine gewiſſe Amalia Vogel, 
bie er auch in feinem Teſtament bedachte. Seinen fon- 
ftigen Nachlaß, recht ärmlich und Hein, erbten fein 
Schwiegerjohn, nunmehr Kommiſſionsrath Rühl und 
deſſen Gattin. Sie ließen das Borhandene verfteigern 
und eine Tröblerin von Caſſel, Frau Brödelmann, kaufte 
als Meiftbietende das Ganze für die Summe von 105 
Rchsthlr. 16 Albus. Wer weiß, wie viele Briefe feiner 
Tochter Corona, feiner beiden Söhne, welche interefjante 
Aufzeichnungen des alten Mufifers felbft, bei dieſer Ge- 
legenheit al8 Makulatur zum Krämer wanderten, und 
fomit für immer verſchwanden! 


Dies wäre die Ausbeute meiner hiefigen Forſchun—⸗ 
gen in Betreff ver Lebensſchickſale und Yamilienverhält- 
niſſe der viel gefeierten und angebeteten Sängerin. ft fie 
auch gering, fo wird dies Wenige doch gewiß mandem 
Freunde Goethe'fcher Zeit nicht unmillfommen fein: bil- 
det es doch immerhin einen Fleinen Bauftein zu dem 
großen Werfe, an dem fo viele emfige und tüchtige For⸗ 
fcher und Sammler arbeiten. 





XXIV. 
Alceſte von Wieland und Schweißer, 


die erſte deutſche Oper der neueren Beit. 1773. 


Die Gefhichte der Oper harrt noch immer einer 
genauen, erſchöpfenden Darftelung. So vielfad, ſolche 
Arbeiten auch eriftiren, jo find fie doch alle mehr oder 
minder lüdenbaft, und betrachtet man fie genauer, fo 
findet man, baß eine auf der andern fußt. Es kommen 
fogar Diomente vor, die in den Ältern Darftellungen als 
nur wahrſcheinlich angenommen figuriven, in ben neuern 
aber als vollfommen feftftehende Thatſachen angeführt 
werben. Einzelne Hauptmomente, wie auch Epifoden 
bes bunten und bewegten Opernlebens, liegen zwar in 
ausführlichen und gewiflenhaften Bearbeitungen vor. 
Unter ſolchen nehmen die Arbeiten Kieſewetter's den erften 
Plag ein. Aber gerade weil diefe Momente in folcher 
Helle und Klarheit vor uns liegen, verjchwinden die 
übrigen Zeitabfchnitte, befonders tie Vorbereitungs- und 
Uebergangsepochen,, in um fo tieferem Dunkel. Darum 
finden fi) in den vorhandenen Geſchichten der Oper ge= 
rade foldhe oft und jelbftftändig bearbeitete Epochen bes 


deutend hervorgehoben, während über die andern — bie 
Pasque, Goethe's Theaterleitung. II. 93 





354 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


vielleicht nicht minder wichtig find — leicht und flüchtig 
hinmeggegangen wird, eben weil nichts, oder zu wenig 
Darüber vorliegt. Dadurch hat ſich für die Gefchichte der 
Oper eine Form gebildet, die durch Gewohnheit gleichjam 
fanftionirt, aber nichts weniger als volftändig und in 
allen Theilen richtig ift. — Es dürfte feine leichte Arbeit 
fein , eine vollftändige, erſchöpfende Gefchichte der Oper 
zu fehreiben; e8 wäre eine Aufgabe, deren Löſung vor allen 
Dingen nicht in Altern gebrudten Werfen allein, ſondern 
hauptfächlic, in den Archiven ver verſchiedenen Höfe, und 
nur dort, mit Erfolg zu finden wäre. In Ermangelung 
einer ſolchen volftändigen Gefchichte müflen wir uns mit 
der Darlegung einzelner Momente verfelben begnügen, 
und auf biefem Felde wird von vielen Seiten wader ge 
arbeitet. Solche Epifoden, die ſtets größere oder Kleinere 
Theile des Ganzen bilden, vermögen, Vorhandenes er- 
gänzend, ſich nad) und nad an einander zu reihen und 
endlich doch ein vollftändiges Ganze zu bilden. 

Eine ſolche Epifode der deutſchen Operngefchichte, 
das Erfcheinen der „Alcefte * von Wieland und Schweißer, 
jo Har als möglich wieder vorzuführen, fell in den fol 
genden Zeilen verjucht werben. 

Jene merfwürbige, nunmehr wohl halbvergeffene 
Oper, die ihrer Zeit gleich einem glänzenden Meteor 
plöglih auftauchte, das öde Feld der deutſchen Oper neu 
und glücklich befruchtete und dann — erlojch, bildet einen 
wichtigen Abjchnitt in der Gefchichte dieſer Kunſtgattung, 


Alcefte von Wieland und Schweiger. 355 


indem mit ihr die heutige deutſche Oper thatſächlich 
beginnt. 

Um ihr Erſcheinen, deſſen Urfachen und Wirkungen 
— die obigen Sa beweifen werden — darlegen zu kön⸗ 
nen, müffen wir flüchtig die Hauptmomente der Gefchichte 
ber beutfchen Oper an uns vorüberziehen lafjen. 

Die ältere deutjche Oper, die mit der „ Daphne“ von 
Opitz und Schütz*) 1627 beginnt, gelangte bald, durch 
prachtliebende Fürften und reihe Städte gepflegt, durch 
franzöſiſche und italienische Vorbilder gehoben, zur üppig⸗ 
ften Blüthe. Doch wurde fie mit dem neuen Jahrhun⸗ 
dert an denjenigen Fürſtenhöfen, die die allzu luxuriöſen 
Beitrebungen jener Zeit überlebten, von ihrer italienischen 
Schweſter langfam, aber vollftändig verdrängt. In den 
Städten überlebte fie fich ebenfalls. Bon ausländifchen 
Einfluß hin⸗ und hergetrieben, nur nad) Aeußerlichkeiten 
ſtrebend, ohne innern künftlerifchen Halt und demgemäße 
Entwidlung, verflacdhte fie mehr und mehr, und mußte fo 
dem Volke endlich doch überbrüffig werben. Dieſes, 
überſättigt, wandte ſich auch nach und nach von dem 
frühern Schooßlinde ab und dem Schaufpiele, der italieni⸗ 


*) Opitzens, Daphne“ war keine Original⸗Arbeit. Es war 
nur die Ueberſetzung eines italieniſchen Libretto von Rinuccini, 
fomponirt von Peri. Metrifhe Differenzen des beutjchen 
Tertes machten wohl die Beibehaltung der italienischen Muſik 
unmöglich, und bedingten die neue Kompofition durch Schütz in 
Dresden. 

23° 


356 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


fhen Oper zu. So ging fie denn auch in den Städten 
langfam zu Grunde, und nod) vor Ende ver erften Hälfte 
des 18. Jahrhunderts (nah der Chronologie wurde 
1741 zu Danzig die lettte Oper aufgeführt) gab es feine 
deutſche Oper mehr. 

Keifende Schaufpielertruppen, italieniſche Opernban- 
den genügten dem Volke und den Kleineren Höfen, die fic 
von ben früher gemachten übermäßigen Anftrengungen 
durch Einſchränkungen zu erholen fuchten, während vie 
reihern Fürſten die italienifche Oper body hielten und 
mit Vorliebe und bedeutenden Koften fultivirten. 

Doch die Luft zu muſikaliſchen Darftellungen war ge 
blieben, und aus den Ueberreften ver alten Oper, vie 
gleich vergilbten Lappen und Veen Töniglihen Schmuds 
fi) in den Haupt und Staatsaktionen, in den Schäfer- 
fpielen zeigten, entſprang die Operette. 

Es war im Jahre 1743, als der Prinzipal Schöne: 
mann in Berlin das erfte Singfpiel „ Der Teufel ift los“ 
(nah dem Englifhen von Bord) zur Darftellung bradhte. 
Anfangs fürchtete man für das Leben des neugebornen 
Singſpiels, und es dauerte faft zehn Jahre, bis es fid 
erfräftigte und wahre Xebensfähigfeit zeigte. Am 6. Oft. 
1752 fam „Der Teufel ift los“, in neuer Bearbeitung 
von Weiffe mit neuer Muſik von Standtfuß und unter 
Koch's Direktion zu Leipzig, nochmals auf die Bühne und 
mit größtem Erfolg. Nun wuchs die Operette frifch und 
Iuftig heran, und brachte dem beutfchen Theater, dem 


Alcefte von Wieland und Schweiger. 357 


Volke viel ſchöne, bunte Gaben dar. Die beften poetischen 
und mufilalifchen Kräfte jener Zeit wandten fid) nad) und 
nad) der neuen Gattung zu. Weiſſe überarbeitete das 
alte Singfpiel „Der Teufel ift 108” zum dritten Male, 
während es nunmehr Hiller in Muſik fette. Michaelis, 
Theaterdichter bei der Seiler'fchen Truppe, Jacobi, Heer- 
mann, Lehrer ver jungen Prinzen am Weimarer Hofe, 
Bertuh und felbft Wieland dichteten Operetten und 
Singfpiele, und Hiller, Wolff, dann Schweiger und 
Benda festen fie in Mufil. Immer mehr Boden gewann 
bie Operette, bis endlich jpäter Dittersdorf durch feine 
originellen Schöpfungen ihr volles Bürgerrecht erwarb 
und bie Eriftenz der „komiſchen Oper” für immer 
ficherte. | 

Doch nur einfeitig hatte ſich die untergegangene Oper 
wieber belebt; nur das Singfpiel, die fomifche Operette 
war zu neuer Blüthe erftanden. Die eigentliche Oper, 
das gefungene Drama, ſchien für immer zu Grabe ge= 
gangen zu fein. 

Hie und da tauchte eine Anregung auf, die eigentliche 
Dper wieder zu beleben, fo im Jahre 1749 durch den 
dänischen Rapellmeifter Scheibe (1708 bis 1774). Er 
bichtete ein Singfpiel, „ Thusnelda“ betitelt, und ſchickte 
es in die Welt hinaus mit einem Vorbericht „über bie 
Beichaffenheit guter Singſpiele“, worin er zu beweifen 
ſucht, daß wir Deutfche auch eine gute Oper, wie bie 
Franzoſen und Italiener, haben könnten, wenn tüchtige 


358 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


Dichter wirkliche muſikaliſche Dramen fchreiben würden. 
Ein ſolches Gedicht follte nun feine „ Thusnelda“ fein, 
den deutſchen Dichtern und Muſikern zeigend, wie eine 
gute Oper bejchaffen fein müſſe. Scheibe nahm einen 
großen Anlauf, doc) fand fic fein Tonfeger, ver feine 
„Thusnelda“ komponirte; er felbft hatte dieſes zu thun 
ja nicht einmal gemagt. 

Erft 1772 findet fi wieder ein ähnliches Beſtreben. 
Es ging von dem Theaterdichter der Seiler'ſchen Gefell- 
Ihaft, Michaelis, aus. Derſelbe verfertigte für jene 
Truppe ein Borfpiel, betitelt: „Herkules auf dem Deta, * 
welches 1772 mit feinen übrigen Operetten im Druck 
erfhien, und das er felbft „einen Verſuch im Kleinen, 
das Gebiet der deutſchen Mufif zur ernften Oper zu er- 
weitern“ nennt. Doch e8 blieb eben nur ein einfeitiger 
Verſuch, denn komponirt wurde das Gedicht nicht. 

Da endlich faßte Wieland den Entſchluß, ein deutſches 
Singſpiel, eine ernſte Oper, ein muſikaliſches Drama zu 
ſchreiben. Angeregt dazu wurde er, wie er ſelbſt andeu⸗ 
tet, durch die Fürſtin Anna Amalia, und dieſe gewiß 
wieder durch die tüchtigen Leiſtungen im Fache der 
Operette und des Singſpiels der Seiler'ſchen Truppe, die 
im Oftober 1771 an die Stelle ver Koch'ſchen Gefell- 
ſchaft nach Weimar gefommen war, und wadere Kräfte 
für das Schau= und Singfpiel beſaß. Als mufifalifcher 
Dirigent ftand Kapellmeifter Anton Schweiger an ihrer 
Spite. Geboren 1737 zu Koburg, hatte er dort den 








Alcefte von Wieland und Schweiter. 359 


erften Mufifunterricht empfangen, kam dann als Mufil- 
direftor nach Hilpburghaufen, und murbe fpäter von 
dem bortigen Herzog mehrere Jahre nad) Italien geſchickt. 
Bon dort zurüdgelehrt, nahm er 1769, da die Opern 
an feinem Hofe aufgehört, vie Stelle eines Mufitvireftors 
bei ver Seiler'ſchen Gejelihaft an. Er komponirte für 
dieſe Gefellfchaft nicht allein viele Singfpiele und Operet- 
ten, ſondern bildete die fähigen Mitglieder auch tüchtig 
im Gejange aus. Wieland hatte Gelegenheit, fein Rome 
pofitionstalent fennen und würdigen zu lernen, wie wir 
ſpäter ſehen werden. Ihn hatte er ſich als Komponiften 
der neu zu fchaffenden erften Oper erſehen. Raſch ging 
der Dichter an das Werl. Er wählte ven in früherer 
Zeit ſchon jo oft bearbeiteten Stoff ver „Alcefte” und 
bichtete ein Singfpiel, welches er — während Schmeiger 
fih mit der Kompofition deſſelben beſchäftigte — ſchon 
1772 gevrudt in die Welt hinausfandte, fein kühnes, 
neues Unternehmen dem Urtheil feiner Zeitgenoſſen un⸗ 
terbreitend. 

Wie ſchwierig Wieland und die damalige Kritik dieſes 
Borhaben erachteten und beurtheilten, geht aus ben 
Briefen des Erftern: „Ueber das deutſche Singfpiel 
„Alceſte“ an einen Freund“ (Jacobi), erfchienen im 
„beutihen Merkur“ 1773, und aus anderen Beurthei- 
ungen und Beſprechungen des Wieland'ſchen Gedichts 
auf das Deutlichfte hervor. Hören wir einmal dieſe ver- 
ſchiedenen Stimmen. 


360 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


Wieland beginnt jene Briefe folgendermaßen : 

„Ein Singfpiel, eine fürmliche Oper, eine „Alcefte“ 
in fünf (freilich ſehr kurzen) Aufzügen, wie das regel 
mäßigfte Trauerfpiel! — Erſtaunen Sie nicht über meine 
Berwegenheit? Beinahe erftaune ich felbft varüber. — 
Mein Verſuch hat fo viele VBorurtheile wider ſich, daß er, 
wenigftens in der Meiften Augen, Verwegenheit jcheinen 
muß. Eine Oper in veutfcher Zunge, in der Sprache, 
worin Kaifer Karl V. nur mit feinem Pferde Sprechen 
wollte, — von einem Deutfhen geſetzt, von Deutfchen 
gefungen, — was fann man Gutes davon erwarten?" — 
Er hofft indeffen von feinem kühnen Unternehmen und 
den übrigen babei betheiligten Kräften das Beſte. 

Gleichſam eine Antwort hierauf enthält das in den 
eriten Monaten des Jahres 1773 erfchienene erfte (mohl 
auch das einzige) Stüd des „Magazins zur Geſchichte 
des deutfchen Theaters“ von I. I. U. von Hagen. 

In einem der Wielanv’ihen „Alcefte” gewidmeten 
Artikel heißt es: 

„Die erfte deutſche Oper follte in Deutfchland mit 
eben ben Sreudenbezeigungen aufgenommen werben, welde 
einft Frankreich bei ven erften Propulten eines Quinault 
und Pully äußerte. Das Publikum, das bisher nur 
fomifche Operetten aus ben Händen unferer Dichter em⸗ 
pfing, hat Urfache, fich über dies unerwartete befiere 
Geſchick zu erfreuen, und das Theater unferer Nation 
kann ftolz darauf fein, e8 aus den Händen eines Wieland’s 


Alcefte von Wieland und Schweiger. 361 


empfangen zu haben. Ein Mann wie Wieland war am 
erften fähig, diefe in Deutfhland unbebaute Gegend urbar 
zu machen; er hat e8 gethan; wir find ihm Dank bafür 
ſchuldig. 

„Es iſt hier nicht nöthig, für unſere jetzige Sprache, 
— in ſo fern ſie dieſer lyriſchen Dichtungsart angemeſſen 
iſt, zu reden: Werke, welche wir unſeren größten Genies 
zu verdanken haben, ſind Beweiſe genug, welch einen 
hohen Grad der Harmonie dieſelbe bereits erreicht hat. 
Warum ſoll uns nur Wälſchland mit Opern bereichern? 
Warum ſoll Frankreich uns in dem lyriſchen Schauſpiel 
den Vorzug ſtreitig machen? — Es iſt wahr, unſere 
Sprache athmet nicht ſo viel Weichheit und Biegſamkeit, 
als die Sprache des heißblütigen Italieners, aber auch 
das iſt wahr, daß ſie weit mehr Mannigfaltigkeit, Har⸗ 
monie und Volltöniges hat als die franzöſiſche.“ 


Nach einer Analyſe des Gedichts ſchließt der Artikel 
mit folgenden Worten: 


„Möchten wir doch bald dieſe ſanften Lieder aus dem 
Munde würdiger Sänger und Sängerinnen hören. Der 
Wunſch, welcher bei Leſung dieſer Oper in meiner Bruſt 
ſich regte, war, daß der Tonkünſtler, der Schauſpieler 
und der Dekorateur ſich bemühen möchten, dem Dichter 
gleichzukommen. Sie haben hier die beſte und würdigſte 
Gelegenheit, zu wetteifern und ihre Kunſt zu zeigen.“ 

Eine Kritik der „allgemeinen deutſchen Bibliothek“ 


362 Alcefte von Wieland und Schweißer. 


fpricht fich zu gleicher Zeit über Wieland's Unternehmen 
folgendermaßen aus: 

„An eine ernfthafte deutſche Oper hatte ſich feit Jah— 
ren fein Dichter gewagt, und dies poetifche Feld war deſto 
fiherer lange unbearbeitet zu bleiben, je mehr bie 
italienische Poefie und Mufit auf den Opernbühnen 
Deutfchlands ihren Sit befeftigte, und je weniger bie 
ganze Lage der Umſtände und die gewöhnliche Meittel- 
mäßjigfeit der fingenden Schaufpieler unter un® zu der⸗ 
gleichen Arbeiten aufmuntern konnte. Vielleicht trug 
auch ſelbſt die elende Bejchaffenheit der älteren deutſchen 
Oper dazu bei, dieſe Dichtungsart beinahe ganz in Ver⸗ 
geflenheit zu bringen. Es war einem Dichter wie Wie- 
land vorbehalten, viejelbe wieder herzuftellen. * — 

Die „Erfurtifche gelehrte Zeitung “, die zugleich eine 
kurze Analyſe des Sujets enthält, jagt: 

„Bon jevem Andern als von Herrn Wieland würden 
wir fagen, daß es herfulifchen Muth erfordert habe, in 
ver tragifchen Oper, vie bisher ganz vernadhläffigt wor- 
den, unter uns Bahn zu breden. Nur der Mangel 
einer ſolchen Entfchloffenheit kann Urſache fein, daß e8 
weder der Verfaſſer der komiſchen Oper (Weifle), noch 
der Berfaffer des „Elyſiums“ (Jacobi) vor ihm gethan 
hat. Die Anlage gegenwärtiger „Alcefte” iſt überaus 
fimpel. Im erften Aufzuge faßt Wlcefte den helden⸗ 
müthigen Entſchluß, ſich für ihren Gemahl aufzuopfern. 
Im zweiten ſehen wir den edlen Wettftreit ver Gattin 


Alcefte von Wieland und Schweiter. 363 


mit dem Gatten und ihren Tod. Im dritten erjcheint 
Herkules und verſpricht Hilfe Im vierten werben wir 
in Ungewißheit gehalten, ob Herkules fein Wort hält. 
Der fünfte enthält die zärtlichfte Wieververeinigung beider 
Satten. In allen Alten herrſcht das ftärkfte Intereſſe, 
das die Sprache eines folhen Meiſters noch erhöht. Was 
fann rührenver fein, als wenn fi Alcefte dem Tode 
weiht? Die Kinder thun bier dieſelbe vortreffliche Wir⸗ 
fung, als beim Euripives. Herkules’ erfte Rede und 
hernach die Unmöglichkeit, den Admet zu überzeugen, 
daß er feiner nicht ſpotte, machen den dritten Aufzug vor- 
nehmlich anziehend. Da Pathos und Gefänge den Zu- 
fchauer genug unterhalten werben, fo wird er gewiß die 
Wenigfeit der Mafchinerie nicht bemerken. Außer vem 
Zodtenopfer zu Anfang des fünften Altes findet man 
hier nichts, das große Unkoſten der Dekoration erfordert. * 

Wieland's Bearbeitung wich demnach bedeutend von 
der des Euripives ab. In fpäteren Briefen im „beuts 
{hen Merkur” ſucht er dieſes zu rechtfertigen. Als 
Grund führt er hauptfächlich das Genre felbft an, für 
das er arbeitete: 

„Je einfacher der Plan und die Ausführung, deſto 
beſſer.“ Ebenſo findet er, daß „nirgends lange Reben 
weniger zu dulden find, als im Singſpiel,“ worin er 
vollfommen recht hat. Sehr weitläufig und in die Hein- 
ften Details eingehend, motivirt er dann die von dem 
griechifchen Vorbilde total verjchievene Charakterzeichnung 





364 Alcefte von Wieland und Schweitzer. 


feiner brei Hauptfiguren ; doch gelingt ihm dieſes weniger. 
Mit jugendlichem Uebermuth und wohl allzu kräftigen 
Geißelhieben wirft Goethe in feinem „Götter, Helden 
und Wieland * alle dafür angeführten Gründe über 
Bord. Es war dies die einzige Stimme, die ſich vdr der 
Aufführung der „Alcefte” gegen Wieland's Werk erhob. 

Werfen wir nun einen Blid auf die damaligen Thea⸗ 
terverhältniſſe Weimars, auf die Kräfte, pie beftimmt 
waren, das neue Werk ins Leben zu rufen, und lafjen 
wir dann bie Aufführung felbft an ung vorüberziehen. 

Im Oftober 1771 war, wie fchon mitgetheilt, bie 
Seiler'ſche Gefellihaft in Weimar eingezogen, und hatte 
am 7. vefielben Monats ihre Vorſtellungen daſelbſt be- 
gonnen. Alle Stimmen jener Zeit ohne Ausnahme be 
zeugen, daß die Gefellichaft vorzüglich geweſen, wefür um 
rezitirenden Drama aud) fehon die Namen Edhof, Seiler, 
Böck und Brandes bürgen. Michaelis als Theaterdich⸗ 
ter und Schweiger als Komponift mußten anregend und 
"fördernd auf die fingenden Mitglieder wirken (Beibe 
ſchufen manches Werf, u.a. „Das Elyſium“ und „ Apollo 
unter den Hirten“), und fo leiftete die Gefellihaft auch 
auf diefem Felde gewiß Bedeutendes. Dies war wohl 
auch mit die Urfache, daß Seiler von der Herzogin Anna 
Amalia, einer großen Freundin der Mufil und des Ge- 
fanges, an ihren Hof berufen worden war. Wieland 
fhildert im „Deutfhen Merkur” vom Jahre 1773 den 
Prinzipal und feine Truppe alfo: 





Alcefte von Wieland und Schweiter. 365 


„Wenn die vermalen von dem hiefigen Hofe ange- 
ftellte Schaufpielergefellichaft zu befcheiden ift, fich felbft 
einen Borzug von ihren deutſchen Mitfchweftern anzueig- 
nen: fo fünnen wir body der Wahrheit das Zeugnif 
nicht verfagen, daß fie in allen Betrachtungen eine ber 
beften ift, die man in Deutjchland gefehen bat. hr 
Borfteher, Br. Seiler, beſitzt alle Kenntnifje, bie fein 
Poſten in deſſen ganzem Umfange erfordert, und empfiehlt 
ſich eben fo fehr durch feinen Umgang, als durch die gute 
Art, momit er fein Amt verwaltet, dem er fih, ba er 
ſelbſt fein Schaufpieler tft, ganz widmen kann. ” 

Nachdem er die Talente der Frauen Seiler (ehemalige 
Henfel), Mecour, Böck und Dem. Brandes, fo wie der 
HH. Eckhof, Bid, Henfel, Brandes und Meyer ge- 
bührend gewürdigt, fagt er über die Repräfentanten des 
Singſpiels: 

„Mad. Koch und Mlle. Heinſin verſprechen unſerem 
lyriſchen Schauſpiel durch die Schönheit ihrer Stimmen, 
durch den rühmlichen Fleiß, den jede auf die Ausbildung 
des ihr ſo eigenthümlichen Talents verwendet, eine ſich 
auszeichnende Vorzüglichkeit. — Die Herren Günther 
und Hellmuth verdienen in der komiſchen Operette den 
Beifall und den Dank des Publikums.“ 

Die Herzogin-Regentin hatte die Truppe an ihren 
Hof berufen, um — nad Wieland — „dem Hofe die 
anftändigfte Unterhaltung, ven Perfonen von Gefchäften 
bie edelfte Erholung und der müßigeren Klafje von Ein- 


366 Alcefte von Wieland und Schweitzer. 


wohnern den unfchäblichiten Zeitvertreib zu verfchaffen. 
Sie wollte, daß aud) die unteren Klaſſen von einer öffent- 
lihen Gemüthsergötzung, die zugleich für felbige eine 
Schule guter Sitten und tugendhafter Empfindungen ift, 
nicht ausgefchloffen fein ſollte“ In Diefem Sinne war 
das Entree des Hoftheaters frei, und die Borftellungen 
waren Jedem zugänglich. 

Die Oberauffiht über das Theater führte der Hof 
jelbft oder vielmehr Anna Amalia und ihre geiftreiche 
Umgebung. Diefen Umftande haben wir hauptjächlid 
jene Menge Heiner Operetten, die erften und beften ihrer 
Art, zu verbanfen, die damals in Weimar erfchienen, und 
von dort aus die Runde bei allen veutfchen Gejellfchaften 
machten, welche zur 'befonderen Empfehlung ſolcher Stüde 
auf den Zetteln anführten: 

„Für das Hoftheater zu Weimar verfertigt. “ 

Noch unter Koch's Direktion war 1770 „die Jagd“ 
von Weiffe und Hiller (ver Herzogin Anna Amalia ges 
widmet) überhaupt zum erften Male zur Aufführung ges 
fommen. Unter Seiler folgten nun 1771 und 1772 
raſch auf einander die Singjpiele: „Das Rofenfeft, * 
nadı Favart's „La rosiere de Valence“ bearbeitet von 
Heermann, in Mufik gefegt von Wolff; „Aurora, * Bor 
fpiel von Wieland, Muſik von Schweiger (welche von 
Wieland außerordentlich gerühmt wird); „Idris und 
Zenide,“ ebenfalls von Wieland und Schweiger, „Die 
treuen Köhler“ und „Die Dorfdeputirten * von Heermann 





Alcefte von Wieland und Schweiber. 367 


und Wolff, und endlich als Krone dieſer Beftrebungen 
1773 als erfte veutfche ernfte Oper: „Alcefte. * 

Am 28. Mai 1773 fand die erfte Vorftellung auf 
dem Heinen Schloßtheater ftatt. Mit welchen Erwar⸗ 
tungen, Empfindungen mögen vie Bethetligten,, die Zu- 
Ihauer, Einheimische wie Fremde — denn viele waren 
von auswärts gekommen, um das neue Werk zu ſehen — 
der Aufführung beigewohnt haben! Das gewählte Publi- 
fum muß einen eigentbümlichen, intereffanten Anblid dar⸗ 
geboten haben. Als Hauptgruppe ftellte ſich wohl zuerft 
die Herzogin-Regentin Anna Amalia mit ihrem geift- 
vollen, aus Adeligen, Gelehrten, Künftlern und Bürgern 
gebildeten Hofftaat var. Ihr zunächſt wohl die beiden 
Prinzen Karl Auguft und Ronftantin, dann, in eifriger 
ungezwungener Unterhaltung fie umgebend, bie Dichter 
Wieland und Diufaeus, Major von Knebel, der Erzieher 
des Erbprinzen, Bertuch, Bötticher und Voigt, die Kams 
merberren v. Einfievel und v. Sedendorf, die geiftreiche 
Göchhauſen, von Goethe jpäter „ Thusnelda“ geheißen, 
nebft ihrem nicht minder bebeutenden Bruder. Unter 
den Fremden ragte wohl befonders hervor der Koabjutor 
v. Dalberg, der nachherige Fürft-Primas, ein beftändiger 
Saft des Hofes, und auch wohl diesmal von Erfurt her⸗ 
übergefommen, um die neuen Wunder anzuftaunen, bie 
ver Heine, aber fo rührige Hof wieder heroorgezanbert. 
Im Orcefter, am Flügel dirigirend, der Kapellmeifter 
Anton Schweiger, wohl nicht minder voll banger Erwar⸗ 


368 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


tung, als Dichter und Publilum. Ihm zur Seite der 
tüchtige Konzertmeifter Goepfert, die zahlreich vertretenen 
Geigen anführend; am zweiten Flügel ver herzoglice 
Hoffapellmeifter Ernjt Wilhelm Wolff. Außer den Hof- 
und Kammermuſicis fungiren noch die Schüler und „Ge 
fellen * des Stabtmufilus Johann Bartholomäus Eber- 
wein (Vater des jetzt noch lebenden penfionirten großher⸗ 
zoglihen Muſikdirektors Karl Eberwein). Die Kleine, 
aber gewiß zierliche Bühne, geſchmückt mit Dekorationen 
von Kraus; die Mafchinerien, das „Todtenopfer“ des 
fünften Aufzugs, jo wie das übrige fcenifche Beiwerk, als 
Donner und Blitz, auf's Schönfte hergerichtet und geleitet 
von dem alten Weimarer Tifchlermeifter und Mafchiniften 
Mieding, dem fpäter von Goethe fo herrlich Befungenen, 
— fürwahr, e8 war ein glänzendes Enſemble von Namen 
und Talenten aller Art, die in fo kleinem reife fich bei- 
fammen fanden! Sie waren wohl im Stande, das Heine 
Weimar hochberühmt zu machen. Und doch fehlten noch 
die Namen Goethe, Herder, Schiller! — Auf der Bühne 
der rührige Brinzipal Seiler, das Ganze überſchauend, 
orbnend, den Einzelnen zur Hand gehend, — da endlich 
beginnt die Muſik. Ruhig wird e8 in dem eben noch 
laut fonverfirenden Kreije; der Vorhang hebt fich, die 
Borftellung beginnt. — 

Leider find die vorhandenen Nachrichten über bie 
Aufführung ſelbſt fehr fpärlih. Fr. Franziska Romana 
Koch fang die Alcefte. Ihre Stimme, fo wie ihr „ar 





Alcefte von Wieland und Schweiger. 369 


muthiges Aeußere“ eigneten fi vorzüglich für Diele 
pathetifche Rolle. Sie erregte allgemeine Bewunderung, 
fowohl durch ihren ſchönen Gefang, als auch durch „ven 
rührenden Ausorud ihrer Deklamation*. Mad. Hell⸗ 
muth, früher Dem. Heifin, fang die Parthenia, Schwefter 
der Alcefte, eine Art Bertrautenrolle, von Dichter und 
Komponiften jedoch nad) italienischer Weife glänzend be⸗ 
dacht. Hr. Hellmuth, ein vortrefflicher Tenorfänger, 
war Armet, und Hr. Günther, ver Baſſiſt, Herkules. 
Die Chöre des fünften Altes wurden von den übrigen 
Mitgliedern der Gefelihaft und einigen: ſtimmbegabten 
Tilettanten des Hofftaates gefungen. Dies waren die 
Kräfte, die die „Alcefte“ Wieland's und Schweitzer's ing 
wirkliche Yeben riefen, das Wagftüd Beier zu Ende, und 
zu gutem Ende führten. 

Der Eindruck, den die Vorftellung auf alle Zuhörer 
gemacht, muß ein großer und tiefer gewefen fein und ber 
Erfolg der, Alcefte * übertraf Die Erwartungen des Dichters 
und des Komponiften. Wieland fchreibt darüber an Sophie 
Laroche, daß, Fremde vom erften Rang und von zuver- 
fäffigem Urtheil, weldhe in England, Frankreich und 
Italien Alles gefehen und gehört haben, beinahe außer 
fich vor Verwunderung gemwejen, in Weimar fo etwas zu 
hören.“ Die Dper wurde in dem Zeitraum vom 28. Mai 
bi8 halben Juni mehrmal unter ftets größerem Zu⸗ 
lauf von Fremden und Einheimifhen zur Darftellung 


gebradht. 
Pasque, Goethe's Theaterlettung. II. 94 


370 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


Der Dichter weift den Erfolg dieſes, eriten Verſuchs 
einer ganz neuen Art, ven Beifall, den derjelbe bei frem- 
ben und einheimifchen Kennern gefunden, ven vereinten 
Kräften der Dichtlunft und der Mufif und vornehmlid 
der vortrefflihen Kompofition zu. 

Doch gibt er zu, daß „die Illuſion nicht jo groß 
hätte fein können, als fie wirklich war, wenn die Schau- 
ſpieler durch den charafteriftifchen Ausdruck ihres Geſan⸗ 
ges und ihrer muſikaliſchen Deklamation, und durch die 
Lebhaftigkeit ihrer Action nicht ſehr Vieles dazu beige- 
tragen hätten. * 

Worin indeflen (nah Wieland) alle Urtheile über- 
einſtimmten, ift, taß die Erwartungen des Publikums 
weit übertroffen wurden, und „daß man die Alcefte nur 
vor einem „Jahre als Milchmädchen, den Admet als 
Kaſpar und den Herkules als Niklas in der überfetten 
„Laitiere‘“ (worin übrigens alle Drei jehr gut fpielten) 
gejehen haben muß, um beinahe mit Bartbenien auszu- 
rufen: „Darf ich meinen Sinnen glauben?“ Schaufpie- 
ler, die fo anfangen, beweiſen ein entſchiedenes Talent, 
von deſſen fernerer Umgebung und Ausbildung unter 
dem Schuß eines Hofes, dem das deutſche Theater feine 
merfwürbigfte Epoche zu danken hat, man noch ſehr Bie- 
les zu erwarten berechtigt ift*). * 

*) Die Darftellerin der Titelrolle, Mad. Koch, feierte 


Wieland bei einer fpäteren Aufführung der „Alcefte“ noch be: 
fonders in dem Gedicht: 





Alcefte von Wieland und Schweißer. 371 


Eben fo enthuftaftifch ſpricht ſich Wieland über die 
Kompofition jelbft aus. Er ift davon wahrhaft entzüdt, 
beraufcht. Seine Lobreden ftellen Schweiger nicht allein 
in bie erfte Reihe aller, ſondern faft über alle gleichzei- 
tigen Komponiften — zum größten Nachtheil Schweiter’s 
und feines Werkes. Im jenen, früher fhon angeführten 
Briefen im, deutſchen Merkur” jagt er unter andern: 

„Daß „Alceſte“ von einem Deutfchen komponirt 
worden, ift ein Umftand, ber in ver Gefchichte unferer 
Mufif immer merfwürbig bleiben wird. Denn glauben 
Sie mir, die Pergolefi, Galuppi, Sachini würden biefen 
Deutſchen mit Freuden für ihren Bruder erfennen. Ich 
weiß nur Eines an unferm vortrefflihen Schweiger aus- 


An Madame Koch, 
als die Oper „Alcefte” am 16. Februar 1774 
aufgeführt wurde. 
„Nein, länger, länger kann ich nicht, 
Alcefte, deinen Werth in meiner Bruft verfchließen, 
Das Herz ift voll, der Damm zerbricht, 
Der langverhalt'ne Strom muß endlich fich ergießen. — 
— — — Und mwißt es, fünft’ge Töchter 
Bon meinen Töchtern! Wißt’s, ihr kommenden Gefchlechter ! 
Ihr Weifen und ihr Guten, wißt, 
Sie war das, was fie ſchien. Ihr Anblick überrafchte 
Des Kenners Geift: er fah, was unter'm Mond zu fehn 
Unglaublich ift — ein Weib, das den Göttinnen 
Der Phidiaſſe glich; an Wuchs und Bildung fchön, 
Und wie von außen, ſchön von innen! 
24* 


372 Alcefte von Wieland und Schweiker. 


zufegen, und dies Eine ift, daß er — keinen jo muſika⸗ 
lichen Namen hat als jene. Aber nur nody etliche ſolcher 
Meifterftüde, wie feine „Alcefte”, jo wird diefer Name 
der Nachwelt gewiß fo ehrmwürbig fein, als gewiß mir 
feine „ Alcefte * für die Unfterblichfeit der meinigen Bürge 
ift. Erftaunen werden Sie, mit eigenen Obren hören, 
tief in Ihrer eigenen Seele fühlen, wie groß die Gewalt 
dieſes Tonkünſtlers über unfer Herz, wie ſehr er Maler 
und Dichter ift, wie meifterhaft er des eigenthümlichen 
Charakters der Perfonen fid) bemächtigt, mit welchem 
Teuer er ihre Empfindungen ausprüdt. “ 


Den keuſchen Grazien war ihre Bruft geweiht, 

Ihr Aug’ ein Widerfchein der innern Heiterkeit, 

Ihr Leben ftets mit unbefledter Ehre, 

Wie mit dem Gürtel der Cythere 

Ihr Leib geihmüdt. Der Künfte Genius 

Und die Natur, in jeltner Eintracht hatten 

Den Bund gemacht, mit jedem Reiz in ihr 

Alceftens Tugenden zu gatten. 

Sie ift Wcefte! — rufen wir 

Beim erften Blick, bei jedem jeelenvollen 

Accente der Natur, bei jedem ſchönen Zug, 

Bei jeder Stellung! Niemals wollen 

Wir etwas anders fehn, ftets thut fie uns genug. 

Wir fühlen es, fie ift Alcefte, 

Dies ift ihr Ton, ihr Anftand dies; 

So muß fie fein, jo war fie ganz gewiß.“ 
Wieland. 





Alcefte von Wieland und Schweiter. 373 


Diefe Meinung über die Bortrefflichkeit ver Schweiter- 
ſchen Kompofition häft Wieland fortan feft. In einen 
Schreiben vom Jahre 1774 an den Ritter von Klein in 
Münden und bei Beiprehung ver Gluck'ſchen „Alcefte “ 
. fagt er: 

„Auch diefe lettere ift, befonders was vie Muſik be- 
trifft, ein göttlihes Werk, wie Sie wiffen; aber meines 
Schweitzer's Kompofition der deutſchen, Alceſte“ ift und 
bleibt doch das Schönfte, das wir bisher in diefer Art 
noch gehört haben: So überzeugt ich hiervon durch mein 
Gefühl und meinen Berftand bin, ſo würde ich Doc nicht 
fo zuverfichtlich Sprechen, wenn ic) nicht große Kenner der 
Mufit, die in Italien und Deutſchland Alles gehört 
haben, was hörenswerth ift, eben fo fpredhen gehört 
hätte. — Die Kecitativen find darin ebenfo interefjant, 
und beinahe noch interefjanter als die Arien.“ 

Die früher angeführte Kritit der „Alcefte” in ter 
„allgemeinen deutſchen Bibliothek” jagt über die Mufif: 
„ baß dieſe Oper nach ver Kompofition des Hrn. Schweitzer's 
am Weimarifhen Hofe mit großem Beifall aufgeführt 
worden, ift befannt. Alle Nachrichten ftinımen darin 
“überein, daß diefe Kompofition viel Vorzügliches habe. * 

So lauteten die Stinnmen beim Erfcheinen der Oper 
faft allzu günftig, daher bei ihrer fpäteren Verbreitung 
die wohl allzuharten Urtheile. Diefe Lobpreifungen und 
die wiederholten Aufführungen ver „ Alceſte“ machten bald 
in ganz Deutfchland ungemeines Auffehen. Schweitzer 


374 Alcefte von Wieland und Schweitzer. 


wurde durch die oben angeführten Berichte Wieland's 
über die Kompofition ein Mann des Tages, und fürmlid) 
als Regenerator ver theatralifchen Muſik betrachtet, und die 
Mufiter Deutſchlands wie das theater und muſikliebende 
Publikum erwarteten Außerordentlihes, Neues. Mit Un- 
geduld ſah man der Verbreitung und Beröffentlihung 
des Werkes entgegen. 

Die erfte Stadt, die nad) Weimar die „Alcefte* zur 
Aufführung bradıte, war Gotha. Dorthin war Seiler 
mit feiner Gejellichaft gezogen, als am A. Mai 1774 
ein furchtbarer Brand das Schloß zu Weimar, vie alte 
„Wilhelmsburg ”, mitfammt dem Theater in Ajche gelegt, 
und fomit das fo Schön aufblühende Hoftheater und alle 
weitern fünftleriihen Beftrebungen mit einem Schläge 
vernichtet hatte. Auch in Gotha machte die Oper großes 
Glück und Aufjehen, anfänglich in der urjprünglichen 
Weimarer Beſetzung, dann, nad) Abgang des Hrn. und 
der Fr. Hellmuth, mit Hrn. Dauer als Admet und Demſ. 
Preufing als Bartbenia. Die Seele des Ganzen blieb 
aber immer Mad. Koh, ohne welche eine Aufführung 
geradezu unmöglich gewefen wäre *). 


*) Der Sothaifche „Iheater- Almanach” vom Jahre 1775 
bringt folgende Verſe (wahricheinlich von Gotter): 
„Auf Madame Koh, Schaufpielerin von der Oper: als 
wiederkehrende Alcefte.” 
„Als fie den Aufenthalt der Schatten 
In ihrem ganzen Reit betrat, 


Alcefte von Wieland und Schweiger. 375 


Eine weitere Aufführung fand 1775 bei der Mar- 
ſchand'ſchen Gefellihaft zu Frankfurt ftatt, wobei Hr. 
Hud und Fr. Borchardt die Hauptrollen fangen. 
Doch die folgenwictigfte Vorführung der „Alcefte* war 
pie auf den furfürftlihen Hoftheatern zu Mannheim und 
Schwetzingen. 

Der Kurfürſt Karl Theodor, welcher eine (aus 
italieniſchen und deutſchen Sängern gebildete) italieniſche 
Oper hielt, befahl 1775 eine Aufführung der ſo allge— 
meines Aufſehen erregenden deutſchen Oper. Am 13. 
Auguſt jenes Jahres wurde ſie (zum erſten Male und 


Da zitterte für ihren Gatten 

Die Höllenkönigin und bat: 
Alcid! o führe fie zurücke 
Die Schöne, die hernieder kam, 
Daß nicht der Zauber ihrer Blicke 
Mit meines Reiches ew'gem Gram 
Auch Pluto's Treue wegentzücke. 
Denn ſieh! ſchon blüht dies weite Grab, 
Schon lächelte ſie Ruh' und Frieden 
Selbſt in das Thal der Eumeniden 
Und in Avernus Schlund hinab.“ 


Derſelbe Almanach bringt ein kleines Kunſtblättchen (von 
Kraus gezeichnet, von Liebe geſtochen): Mad. Koch als 
Alcefte darftellend, im weiten Reifrock, verziert und behängt 
mit Draperien und großen Quaften, ganz nad) damaliger Mode 
gekleidet, nur das Haar nicht jo fteif und gezwungen frifirt. 
Die Landſchaft ftellt Pyramiden und Tempel auf Felfen dar. 


376 Alcefte von Wieland und Schweißer. 


am 20. deſſelben Monats wiederholt) in Schwetzingen 
und im Beifein des Kurfürften, der Kurfürftin und des 
ganzen Hofes aufgeführt. Welche Revolution diefe Auf- 
führung der deutſchen „Alceſte“ bei ven Sängern und 
Zuhörern hervorgebracht haben muß, läßt ſich leicht den⸗ 
fen. Bisher nur gewohnt, in italienischer Sprache zu 
fingen, mußten fich die Künftler — meiftens Deutſche — 
(Dem. Straßer: Alcefte; Dem. Danzi: Parthenia; 
Hr. Hartig: Admet, und Hr. Tifcher, der berühmtefte 
aller Baffiften:: Herkules) , zu der ungewohnten , nicht jo 
fangbaren deutſchen Sprache bequemen, und fiehe, es 
gelang über alles Erwarten. Die Zufchauer hörten ftatt 
ber fremden Sprache, in ber fie bisher die Opern zu 
hören gewohnt gewejen, plötzlich ihre eigene beutfche 
Mutterſprache, und da die Mufif durchaus nicht Schlechter 
al8 die der italienischen Opern war, fogar durch die 
befannten Laute höhern Reiz erhielt, jo machte das an- 
fänglihe Erftaunen über das Neue, Ungewohnte bald 
einer wahren Befriedigung, ja einem feltenen und nad- 
haltigen Enthufiasmus Plag. Dem „Deutſchen Mer: 
fur“ wird aus Schwetingen berichtet, daß der große Bei- 
fall, ven die „Alceſte“ gefunden, „in vielen, wenn nicht 
den meilten Zuhörern ven Wunſch erregte, deutſche 
Singfpiele diefer Art über die ausländiſchen die Ober- 
band gewinnen zu ſehen.“ 

Und fo gefchah es: Schweiger’s „ Aleeſte verſchaffte 
der deutſchen Oper nicht allein Eingang am kurfürſt⸗ 


Alcefte von Wieland ımb Schweiger. 377 


fihen Hofe, jondern gewann ihr auch feften Boden und 
ben reichſten fürftlihen Schuß. Die nächſte Folge war 
bie Berufung Marſchand's mit feiner Gefellihaft, und 
die weitere felbftändige Entwidelung ver deutfchen Oper 
am furpfälzifchen Hofe. 


Bald folgten noch andere Aufführungen der „Alcefte ”, 
und fo lernten denn nad) und nad) die deutjhen Muſiker 
und das deutſche Publifun die von ihrem eigentlichen 
Urheber fo laut angepriefene Oper, die neue Gattung von 
deutfchen mufifaliichen Darftellungen fennen. 


Dur die erften Erfolge und durch Freunde dazu 
aufgemuntert, hatte ſich Schweiger [hen 1773 entfchlof- 
fen, feine Kompoſition in Form eines erweiterten Klavier⸗ 
auszugs durch den Drud befannt zu mahen*), und 
1774 war denn aud) das Werk erfchienen,, ohne Angabe 
des Drudorts und der Jahreszahl, 39 Bogen in Quer⸗ 


*) Die Erfurtifche gelehrte Zeitung vom 23. Sept. 1773 
brachte folgende darauf bezügliche Anzeige: 

„Dr. Kapellmeifter Schweiger ift Willens, feine mufifa- 
liſche Compofition des Wieland'ſchen Singfpiels „Alcefte” auf 
Subfeription herauszugeben. Die Liebhaber der Muſik, die 
nähere Nachricht von Diefem ihnen ohnfehlbar erfreulichen Vor: 
haben verlangen, können fich bis zu Ende des Oftobers an den 
Hofrath Dieufel wenden, ber die Subferiptionen annimmt. 
Wer will, kann auch für ein Eremplar 2 Rthlr. 16 gute Gro⸗ 
[hen pränumertren.” 


378 Alcefte von Wieland und Schweißer. 


folto ftarf und mit einer (nad) damaligem Ausſpruch) 
etwas fteif gezeichneten, won Genfer geftohenen Vignette, 
die Scene, wo „Alceſte“ von ihren Kindern Abſchied 
nimmt, barftellend, verziert. 


Nun wurde Schweiter'8 Kompofition, die neue 
deutfhe Oper, vie mit der an den Yürftenhöfen 
‚ gleihfam eingebürgerten, von den größten deutfchen Mu— 
fifern gepflegten italienifhen Oper nicht allein rivalifiren 
wollte, ſondern nad) Wieland's (eines der bedeutendſten 
Kunftrihter jener Zeit) Ausſpruch die ausländifche 
Schweſter ſogar bedeutend überflügelte, auch in weiteften 
Kreifen befannt, und mit wahrem Heißhunger fielen die 
Mufifer und muſikaliſchen Kritifer und Schriftfteller jener 
Zeit über das Werk des von Wieland gleichjam ale Mief- 
ſias der Kunft hingeftellten Schweiger ber. 


Nun ftellte e8 ſich erft heraus, wie jehr die voreiligen 
Lobpreifungen dem Muſiker und feinem Werke gejchadet 
hatten. Man erwartete Außerordentliches, Neues, und 
man fand — was man längjt und beiler zu fennen 
glaubte: ein Werk, wie die größten Meifter Graun, 
Haffe, Jomelli ꝛc. — nur in italienifher Sprache — 
deren längft in faft unzähliger Menge geliefert hatten. 
Man war enttäufcht, verlekt, und deshalb um fo bitterer, 
fhonungslofer im Urtheil. Die Form der damaligen 
italieniſchen Oper, im Gedicht durch Metaſtaſio zu wirk- 
licher Bedeutung gebracht, galt als unumſtößliches Mufter 


Alcefte von Wieland und Schweißer. 379 


für die ganze Gattung. (Muften tod fpäter ſelbſt 
Gluck's Meiſterwerke das harte, abſprechende Urtheil 
Forkels theilweife deswegen erfahren, weil fie von jener 
Form abwihen!) Wieland hatte dieſe Form beibehal- 
ten, und fo hatte Schweißer denn aud) nichts weiter Tie- 
fern fünnen, als eine Oper, die, wie ihre bamaligen 
italienifchen Schweſtern, aus einer langen Reihe von 
Arien beftand. Nur manchen von ven zwifchen den Arten 
liegenden Stellen hatte der deutſche Muſiker größere Be— 
deutung und Selbftändigfeit gegeben, wodurch der Cha- 
rafteriftif der handelnden Perfonen großer Borfchub 
geleiftet, da8 Werk felbft mehr dem wirklichen Drama 
genähert wurde. Auch war die Inftrumentirung weit 
felbftändiger und reicher als die jener italieniſchen Opern, 
und fo war denn Schweiger, wenn auc nicht durchgän— 
gig und ſtets frei und felbftändig ſchaffend, doch für für- 
zere Momente auf dem Wege gewandelt, den Gluck in 
feinen großen reformatorifchen Beftrebungen die Oper 
eben zu führen begonnen. Das waren immerhin Bor: 
züge, und das größte Verbienft ber Arbeit war, daß 
Schmeiger für Deutſche deutſch fomponirt hatte. 

Alles dieſes wurde überfehen, nicht beachtet, mit 
größter Erbitterung beurtheilt, eben weil durch Wieland’s 
Urtheil Schweiger und fein Werk über alles bisher Be- 
ftandene und Beftehenvde erhoben worden war. Dieſes 
ſchadete dem deutſchen Meifter am meiften. 

Reihardt, mit Forkel wohl die größte mufifalifch- 


380 Alcefte von Wieland und Schweiter. 


fritifche Autorität jener Zeit, beginnt eine vernichtente 
Kritik der „Alcefte* alfo*): 


„In einer großen Gefellihaft trat en Mann auf 
und fündigte einen fremden Gaft an, mit großem Ge- 
ſchrei von unendlichen, unbejchreiblichen Vervienften. Ein 
reiher Mann klopfte ihm auf die Schulter und fagte: 
Freund, was hat euch der Fremdling gethan, daf ihr ihn 
fo heftig lobt, ehe er erfcheint? Nach eurem großen Ge— 
ſchrei von ihm wird er doch die Erwartung der Gefell- 
[haft nicht erfüllen, und wenn er ein Engel vom Himmel 
wäre. — Wahr gefagt! — Der Fremde fam, man be- 
merkte jeden Schritt, um auf jedem Schritte ein neues 
Berbienft zu erbliden; und da der Fremde doch auch nur 
einen menfchlihen Gang ging, fiel man mit eben ber 
Heftigfeit‘ über feine Fehler her, mit der man lauter 
Tugenden gefucht und gefürchtet hatte, * 


Nachdem Reichardt die Hauptſchuld des verfehlten 
Werkes, das er Scene für Scene durchgeht und fcharf 
kritifirt, dem Wieland’schen Gedichte zugemeſſen, refumirt 
er fein Urtheil in folgenden wohl allzuharten Worten : 

„Die KRompofition der „Alceſte“ ift ein Werk, worin- 
nen einzelne Schönheiten und viel gute Stellen find ; das 
aber fein Ganzes ift, une auch in allen feinen Theilen 


*) Abgedrudt in ber „deutfchen mufifalifchen Bibliothek“ 
vom Sabre 1778. 


Alcefte von Wieland und Schweiger. 381 


nicht ein Stüd bat, das für ſich ein Ganzes ausmadhte. 
Uebrigens ein Werk voll Fehler und Nachläſſigkeit.“ 

So hart diefes Urtheil auch lautet, fo ift e8 doch noch 
nidyt das härtefte, welches getäufchter Erwartung, verleß- 
ter Eitelfeit entfprungen. Doch erhoben fi auch Stim⸗ 
men für den Meifter und das Werl. Doc alle Aus: 
fprüche, lobende und tadelnde, einigen ſich dahın, daß die 
Haupturſache ver Mangelhaftigkeit des Werkes dem ‘Dich- 
ter, deſſen tertlihe Grundlage in der Ausführung ver- 
fehlt wäre, zur Laſt zu legen fei. 

Hören wir nun audy eine Stimme für den deutſchen 
Meifter und fein Werk. 

Der „mufilalifhe Almanach für Deutſchland“ vom 
Jahre 1782*) bringt eine Charafteriftit des Komponi— 
ften. In diefer heißt es: 

„Schweiger, ganz Mann für's Herz! Deswegen 
ift es ſchade, daß er feinen befleren Dichter hat, — fei- 
nen, der, ftatt zu malen, mehr Empfinvung beftimmte, 
ftatt für die Fantaſie zu arbeiten, mehr für's Herz arbei- 
tete. — Kurz, ſchade, daß fein Dichter nicht lyriſch 
genug ift. 

Er hat aber feinem ſchwer zu befriedigenden Dichter 
fo Genüge gethan, daß diefer in einer Art von Begeifte- 


) Nach Meuſel's „gelehrtem Deutſchland“ war ter Ber: 
faffer der Hoflaplan Junker zu Kirchberg bei Hohenlohe. 


382 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


rung ausruft: Den, den ich ſchon lange fuchte, vergeben 
fuchte, ven hab’ ich nun gefunden! 

Das Herz will er bewegen, bie Boefie will er wirfen- 
der, hinreigender machen, dies ift fein Plan. — So wie 
er, hat noch Fein Seßer feinen Dichter begriffen, verftan- 
ben, verjhönert. — Seine Ritornels find immer bie 
eigentlichften Vorbereitungen zur Situation, in bie ber 
Dichter verfegen will, deswegen weiß er nicht von ber 
Kunft, blos dem Ohr zu fchmeicheln, deswegen opfert er 
manchmal felbft die Heinen Kegeln ver Kunft dem höheren 
Zweck zu rühren auf. Nur fcheint uns hier die Urfade. 
zu liegen, warum feine Begleitungen oft zu gevrängt, zu 
vol find. 

Sp bemädjtigt er fi) auch mit einem ganz eigenen 
Verſtändniß des Charakters der handelnden Perfonen ; 
jo bezeichnet er mit feinen ganz eigenen Yarben jett das 
Teuer ihrer Leidenfchaften, jet wieder die Zärtlichkeit 
ihrer Empfindungen. — Wo fein Dichter blos fchilbert, 
jtellt er fih, wo er für's Herz nichts zu thun findet, in 
ber ganzen Größe feiner Kunftfenntniffe var, und reift 
durch die Wiffenfchaft des Contrapunkts, durch verflod;- 
tene Tugengänge den Kenner zur Bewunderung hin. “ 

Doch auch dieſe ſehr günftige Kritik wirft der „ Alcefte* 
Fehler in der Deflamation und außer allzu geprängter 
Begleitung noch verſchwenderiſchen Gebraud der Blad- 
inftrumente vor. 

Eine ſchöne, rührende Anerkennung erfährt das Wert 


Alcefte von Wieland und Schweißer. 383 


durch eine Aeußerung Iffland's. In feiner Selbftbio- 
graphie fagt er, nachdem er fein herrliches Zuſammen⸗ 
leben mit Bed und Beil gefchilvert : 

„sm Jahr 1781 wurde die Oper „Alcefte” von 
Wieland und Schweiger (in Mannheim) gegeben. “Die 
Duvertüre diefer Oper erregte alle jene herzlichen Ge— 
fühle und jene Erinnerung lebhaft und ſtürmiſch in mir 
auf. Ich konnte nicht ruhig unter ven Zufchauern auf 
meinem Plat bleiben. Ic verließ die Borftellung, und 
ging mit fchnellen Schritten an dem fchönen hellen Win- 
terabend auf einem großen freien Plate oft auf und ab. 
Meine Empfindung ward immer feuriger. Die ange- 
nehme Unruhe, welche ſich meiner bemeiftert hatte, beengte 
- meine Druft; und doch hätte ich um alles nicht gewünſcht, 
daß e8 anders gewefen wäre. Ich jchrieb Briefe an 
geliebte Menſchen in allen Gefühlen dieſes Augenblid®. 
Das genügte mir nicht; dadurch konnte ich mid, nicht der 
leivenfchaftlichen Gefühle entladen, die mid, fo unerflär- 
bar ergriffen hatten. Ich entwarf den Plan zu einem 
Scaufpiele: Ich fchrieb „Albert von Thurneifen. “ 

Alſo war Schweiger’ 8 Mufit im Stande geweſen, 
den bichterifchen Sunfen, der in Iffland's Bruft verbor- 
gen lag, zur hellleuchtenden Flamme anzufacdhen ; ihn zum 
Dichter zu machen. Mit „Albert von Thurneifen“ bes 
ginnt feine fruchtbare, folgenwichtige Thätigfeit al8 dra⸗ 
matiſcher Dichter. — 

Die Oper hielt fi, troß aller Anfeindungen , nod) 


384 Alcefte von Wieland und Schweißer. 


lange auf den Repertoiren der deutihen Bühnen. Er- 
ihien doch 1786, alfo breizehn Jahre nach der erften 
Aufführung, nody ein zweiter Klavierauszug in 
Berlin, wohl der befte Beweis, daß das Publifum an 
der Oper Geſchmack fand. 

1789 ſchreibt Gerber, daß die „ Alcefte” „fich num 
ſchon über fechzehn Jahre mit immer gleihem enthufiafti- 
ſchen Lobe und Beifall der Liebhaber auf Deutſchlands 
Bühnen erhalten”. 

Indeſſen andere, vielleicht befjere Werke verbrängten 
fie, und fie verfhwand endlich gänzlich, um nur in 
Mufikbibliothefen unter alter, bejtaubter, fogenannter 
„biftorifher Muſik“ ein befcheidenes Plätzchen zu 
finden. 

Die Rügen, die Schweiger wegen Verſtöße gegen 
Proſodie und Deflamation gemadyt wurden, find, befon- 

“ders in den Arien, oftmals nur zu begründet. Doc lag 
. die Schuld davon hauptfähhlih in den italienischen 
Borbildern, von deren Form der Komponift nicht 
abzugeben wagte. Die gerügten Yehler der Inftrumen- 
tation find indeflen wohl Vorzüge zunennen. Schweitzer's 
Partitur ift reicher an felbftändiger Verwendung der In⸗ 
ftrumente, als die meiften gleichzeitigen italienifchen 
Dpern der beveutenpften Meifter, und ich glaube nicht, 
daß die Begleitung der Ausbreitung des Geſanges zu 
ſchaden vermochte. Die im Beſitz des Großherzog 
von Sachſen⸗Weimar befindliche Partitur Schweitzer's 


Alcefte von Wieland und Schweiter. 385 


weift in der Injtrumentation, außer Flügel und Streich- 
quartett, noch 2 Flöten, 2Oboen, 2 Fagott's und 2 Hör- 
ner nah, weldhe Inſtrumente indeſſen nicht bei allen 
Nummern zur Verwendung kommen. Einzelne Recitative 
begleiten Flügel, Fagott und Kontrabaß, doch oft tre- 
ten Quartett und die übrigen Inftrumente hinzu. Die 
meiften Recitative jedoch find breit und jelbftändig durch⸗ 
fomponict. Sie enthalten wahrhaft ſchön empfundene 
und ausgebrüdte Stellen, die fidy mit den beften und am 
ſchönſten begleiteten Necitativen meſſen bürfen. Diele 
bilden wohl auch den hervorragendften Theil des Werkes. 
Die Arien werden theil8 vom ganzen Orchefter, theils 
nur vom Quartett und von den Oboen, oder den Flöten 
und Hörnern begleitet. Sie find ftellenweife in ber 
unfinnigen Form der damaligen italienifchen Opernarien 
gehalten, voll von widernatürlihen Koloraturen, und 
paffen vollfommen zu dem Rokoko⸗Koſtüm der griechifchen 
„Alceſte“. Einzelne enthalten auch wieder wahrhaft 
fhöne Stellen. Sp z. B. der Mittelſatz der erften Arie 
ver Alcefte. Zugleich zeigen fie einen Anlauf zu mufi- 
kaliſcher Charakteriftif, der auch für das beſſere Streben 
des Komponiften fpridht. 

Im Ganzen enthält das Werf, außer ven vielen, 
mehr oder minder felbftändig durchgeführten Recitativen, 
etwa achtzehn Arien, von benen eine buett= und terzette 
artig, eine wieder mit Chören untermifcht ift (der Gefang 


des fünften Aktes), und eine als Quartettſatz von vier- 
VBasque, Goethe's Theaterleitung. II. 25 





386 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


undzwanzig Takten (der Schluß der Oper) enbet, und 
bie einzige Enjemble-Nunmer der „Alcefte“ bildet. 

Es ift hier nicht der Ort, die Partitur weiter zu zer- 
gliedern, und über ihren eigentlichen künftleriichen Werth 
oder Unmerth ein Urtheil zu fällen. Das Erſcheinen des 
Wertes felbft und feine Folgen darzulegen, war unfere 
Aufgabe, und fo mögen obige Andentungen genügen. 

Die Bahn war gebrochen. „Alceſte“ hatte ven 
Zweck ihres Bühnenlebens vollftändig erfüllt; mit ihr 
war die veutfhe Oper newerftanden, durch fie 
zu einen neuen frifchen Leben erwacht, das immer mehr 
und reicher fich entfaltete und ftetS neue und fchünere 
Blüthen trieb. — Schweißer, der Hoffapellmeifter in 
Gotha geworden war, lieferte mit Wieland vereint *) 
noch eine größere Oper: „Rofamunde* in vrei Auf- 
zügen, die aber erft, nachdem das Gothaiſche Hoftheater 
aufgelöft worden war, in Mannheim zur Aufführung 
fommen ſollte**). Schmeiter ftarb dann zu Gotha am 
28. November 1787. 


*), Noch hatten Beide am 3. Sept. 1773 zu Weimar und 
zur Feier des Geburtsfeftes von Karl Auguft auf die Bühne 
gebracht: „Die Wahl des Herkules.“ 

**) Schweiger und Wieland waren dazu nah Mannheim 
gefommen. Mozart, der fich zu jener Zeit Dort befand, ſchreibt 
feinem Bater über Schweiter (am 3. Dezember 1777): „Herr 
Kapellmeifter Schweiger ift ein guter, braver, ehrliher Mann; 
troden und glatt, wie unfer Haydn (der Salzburger), nur daß 


Alcefte von Wieland und Schweitzer. 387 


Die Wieland'ſche „Alcefte“ erlebte troß ihrer vielen 
nachgewiefenen Mängel 1783 das feltfame Schidfal, 
noch ein zweites Mal in Mufif gefett zu werben, 
und zwar von Ernft Wilhelm Wolff, dem Kapellmeijter 
und Mufillehrer der Herzogin Anna Amalia. Obſchon 
Wolff ein tüchtiger Zonfeger war, ver feine fchaffende 
Kraft bereitS durch viele Singfpiele und Operetten 
erprobt hatte, jo mißftel doch Diefe Oper bei der fpäter 
erfolgten Aufführung (fie blieb Manuftript), und der 
Nichterfolg war mit eine der Urfachen, die den Tod die— 
jes Künſtlers, am 8. Dezember 1792 zu Weimar, her⸗ 
beiführten. 

Sehen wir uns nun in Deutfhland ein wenig nad) 
den Fortſchritten um, welche die neu ind Leben gerufene 
ernfte deutfche Oper machte. 

1776 fchrieb Holzbauer feinen „Günther von 
Schwarzburg“ für das furfürftliche Hoftheater zu Mann 


feine Sprache feiner ift. Im der zufünftigen Opera („Rofa: 
mund“) find fehr ſchöne Sachen, und ich zmweifle gar nicht, daß 
fie gewiß reuffiren wird. Die „Alcefte” bat ſehr gefal— 
(en und ift doch nicht halb fo ſchön wie die „Roſamund“. 
Freilich hat das viel beigetragen, weil e8 das erfte deutſche 
Singjpiel war; nur macht es N. B. auf die Gemüther, bie 
nur durch die Neuheit bingerifjen werden, lange ben Eindruck 
nicht mehr.” — Mozart dirigirte fogar bei einer Probe der 
„Rofamunde” am 18. Dez., „als Schweiter übel auf war, 
ftatt feiner die Oper mit etlichen Violinen. “ 
25* 


388 Alcefte von Wieland und Schweiger. 


heim; 1781 Bogler: „Albredyt II. von Bayern “ für 
München, dem fpäter noch „Lampedo“ und „Samori“ 
folgten. — 1778 wurde zu Wien und unter beſonderem 
Shut des Kaiſers Joſeph DI. die erfte deutſche 
Operette: „Die Bergfnappen“ von Umlauf gegeben. 
Derfelde Komponift Tieferte dann noch die Opern und 
Dperetten: „Der Irrwiſch;“ „Adraſt und Iſidore;“ 
„Die Apotheke“ und „Die ſchöne Schufterin.” 1782 
erſchien ebenfalls zu Wien Mozart’ erſtes deutſches 
Singfpiel: „Die Entführung aus dem Serail“ (ſchon 
früher von Andre in Offenbach fomponirt), an die ſich 
1791 feine letzte deutſche Kompoſition: „Die Sauber: 
flöte* reihte. Beide Werke, freilich ver Form nad) der 
Operette angehörend, doch an Gehalt gewiß ber größten 
Oper gleich. 

1786, als Schröder die Hamburger Direftion zum 
zweiten Mal übernommen und befchlofjen hatte, Die neue 
RKunftgattung nit in fein Repertoir aufzunehmen, wurde 
er vom Publiftum doc zum Gegentheil gezwungen, und 
jo erfchienen denn von jenem Jahre an in Hamburg wie 
ber deutſche Singfpiele und Opern, nachdem fie dafelbjt 
— wo fie ihre ſchönſten Triumphe gefeiert hatten — 
beinahe ein halbes Jahrhundert verbannt geweſen waren. 

Danzi zu Karlsruhe lieferte die Opern: „Der 
Sylphe;“ „Der Triumph der Treue; “ „Iphigenia“ und 
„Cleopatra.“ Neefe zu Bonn, Köln und fpäter Deſſau 
(Beethoven's Lehrer) fchrieb: „Zemire und Azor; * 


Alcefte von Wieland und Schweiter. 389 


„Abvelheid von Veltheim“ und „Sophonisbe;” Benda 
zu Gotha, 1777: „Walter, * eine ernfthafte Operette ; 
1778 „Romeo und Julia;“ 1787 „Orpheus“ und 
dabei feine vielen „Mono- und Duodramen“. Dazwi⸗ 
chen erfchienen überfegt die Werke von Gretry, Da— 
layrac, Monſigny, Biccini, Paefiello, Ci— 
marofa und endlich deutſch die Meifterwerfe von Gluck 
und Mozart, an die fi dann die deutſchen Kompoſi⸗ 
tionen von Winter, Salieri (die fomifchen Opern 
von Ditterspdorf und Wenzel Müller, vie eigent- 
lich nicht hieher gehören), und im neuen Jahrhundert 
MWeigl, 1805 Beethoven mit feinem „dFidelio“, 
Spohr, Weber, Marfhner, und fo viele andere 
Meifter mit ihren Schöpfungen auf dem Gebiete der 
ernften, der großen deutſchen Oper anfchlofien. 

„Alceſte“ eröffnete diefen glänzenden Reigen; eine 
Thatſache, die man bisher nur alluflüchtig und unklar 
berührt hat, deren Richtigkeit aber durch obige Darlegung 
nunmehr vollftändig feftgeftellt fein dürfte. 

Weimar war vemnad) nicht allein das Bethlehem ber 
deutſchen Dichtkunſt. Noch bevor bie Heroen 
Goethe, Herder und Schiller es groß und hoch— 
berühmt gemacht, gebar es in feinem Schooße nicht allein 
die deutfche fomifche Operette, ſondern aud) die ernite 
deutſche Oper. 

Und wunderbar! Mehr denn fiebenzig Jahre jpä- 
ter, nachdem Weimars goldene Zeit längſt vorüber, die 


390 Alcefte von Wieland und Schweißer. 


Stadt ein Mekka geworden war für alle Gläubigen, Die 
in Schaaren hin wallfahrten, um die Wohnftätten und 
Gräber jener Dichterfürften und ihres hohen fürftlichen 
Freundes und Beſchützers zu befuchen und in Ehrfurdt 
zu begrüßen — follte die veutfhe Oper auf gleicher 
Stätte noch einmal ihre Wiedergeburt feiern: Wag- 
ner's reformatorifche Werke erhielten auf der Weimarer 
Bühne, durch Liſzt's fchöpferifche Kraft und raftlofe 
Mühe, eigentliches Leben und verbreiteten fich von dort 
aus durch ganz Deutſchland. 

Die Mufe der Tonkunſt war der fo fihtlich bevor- 
zugten Stätte treuer geblieben als die ver Poefie. Möge 
Weimar ihr deshalb immerdar ein eben jo freund- 
{iches und danfbares Andenken weihen, als der gefeierten 
Schweſter! 


Perfonen- und Sachregiſter. 


4. 


Adermann, Sr. I 34. I. 
60 u. f. 279, 280. Mar. 
A. 1. 34, 38. II. 87 f. 
279, 280, 325. 

Adolphi, Sr. II. 280. 

Adrianv. Dftade I. 180. 

Agricola, Sr. II. 280. 

Albrecht, Sophie I. 1085. 

Albrechtsberger II. 271. 

Alceftev. Gluck 1.373, 379. 

Alceitev. Wieland u. Schweiz: 
ber I. 24, 29. II. 60, 258, 
331u. f. 

Alceitev. Wolf, EM. II. 
257, 387. 

Amberg, Demf. 1.45. (Mar. 
Amor.) 

Ambroſch, Demi. I. 163, 
164. 279. Sr. A. L. 163, 
326. 

Ambrofius, Ich. Nie. I. 
259. 

Amor, Sr. I 43 u. f. 70, 
72. 1I. 75,189, 279. Mar. 
A. (Demj. Amberg, Dann 


Mad. Ungnade.) I 45 u. f. 
70, 72. U. 75, 76, 279. 

André II. 388. 

Anna Amalia J. 8,18, 23, 
27, 38, 88, 100. II. 255 
u. f. 261, 264, 358 u. j. 

Antouſch, Sr. II. 279. 

Amann, Sr. U. 27. 

Aulborn, Sr. 1.13 uf. II, 
43, 262. 


B. 
Babylons Pyramidenll. 
23. 


Bach, Joh. Ernit I. 16. 1. 
255, 236. 

Bad (Büdeburger) II. 266. 

Bach, Joh. Seb. II. 286. 

Baranius, Hr. u. Mad. (geb. 
Schmahlfeld, nachh. Malcol⸗ 


mi) II. 232. Demſ. B. II. 
282. 283. (Siehe noch 


Demſ. Malcolmi IV.) 
Baron (Lauteniſt) UI. 238. 
Bauer Sr. 1.13 u. f. 13. 
Bauer, der betrogene, I. 17. 


392 


Bauer, der mit der Erbichaft 
I. 28. 

Bed, Hr u. Mad. (Mann: 
bein) I. 93, 265, 267. I. 
169, 319. 

Bed, Hr. u. Mad. (Weimar) 
I. 106 u. f. 174 u. f. I. 
281. Dem. dB. (Map.’ 
Hartknoch) II. 284. 

Becker, Hr. (v. Blumenthal) 
I. 47 u. f. 70, 72, 78, 101 
u. f. 237. II. 75, 149 u. f. 
199, 280, 281, 284. Mar. 
B. (Chriftiane geb. Neu⸗ 
mann, Gupbrofnne) l. 97 
u. f. Reyerteir; Tod, 139. 
Zopdtenfeier, 140. Denkmal 
171 —179. 185, 202, 224, 
248. II. 164%, 280, 281. 
Mad. B. (Amalie, geb. Mals 
colmi III. Siehe diefe und:) 
1I. 164, 283. Mat. 2. 
(geb. Ambrofch. Siehe dieſe) 
lH. 164, 284. Demf. 8. 
(Tochter der Chriſtiane N.⸗ 
B.) II. 283. 

Beckert, Hr. II. 280. 

Bechtoldsheim, Fr. v. 1. 
184, 186, 189, 193, 198, 
197. 

Beethoven, 8%. v. II. 388, 
389. 

Behling, Hr. II. 283. 

Bellomv, Sr. I. 30 u. f. 
40, A6, 48, 74, 99. I. 4, 
60, 92, 259, 265, 280. 
Mad. B. I 34. II. 280. 
B.'s Berfonal I. 33 u. f. 
Reyertoir I. 38 u. f. 

Benda, Ehrit. I. 81 uf. II. 
75, 245, 281. Franz 3. 


Perfonen: und Sachregiſter. 


U. 261. Georg B. I. 81. 
II. 255, 357, 389. Seinr. 
B. I. 81. Demſ. Caroline 
B. (Mad. Wolf) I. 261. 

Berger, Hr. II. 282. 

Berlepſch, Hr.v. I. 79. 

Berling, Hr. II. 282, 284. 

Bernadillo, Sr. II. 327. 

Bernardi, Sr. II. 282. 

Bernitorff, Gräfin v. I.88. 

Bertud I. 24, 78. II. 258, 
357, 367. 

Berviffon, Demi. II. 284. 

Beſchort, Hr. II. 326. 

Betbmann, Mad. (Unzel⸗ 
mann) II. 201, 207, 324. 
Hr. B. I. 324. 

Beuther, Sr. u. Mad. I. 
284. 

Blumau, Frl. v. UI. 283. 

Blumauer, Hr. u. Dem. 2. 
1I. 284. 

Blumenfeld, Mad. II. 322. 

Blumenthal, Hr. v. (Siehe 
Hr. Beder.) 

Böck, Hr. u. Mad. I. 25. II. 
364, 368. 

Böhme, Mad. II. 261 u. f. 
(Demi. Neubaus.) 

Boͤtticher J. 142, 287, 263, 
268. II. 367. 

Borhardt, Mad. I. 378. 

Bofe, Gf. v. I. 136, 157. 

Boſſan, Hr. D. 189. 

Boudet, Demf. I. 88 u. f. 

Brand, Hr. u. Demſ. 3. II. 
283. 

Brandes, I. I. Chriſtian 1. 
23. II. 364, 865. Charlotte 
8. I. 25. I. 36%. Fran⸗ 
ziska B. I. 27. 


Perſonen⸗ und Sachregiiter. 


Braslowsfty, Sr. II. 321. 

Braun, Sr.v. II. 142. 

Braut, die geflicte II. 260. 
v. Mefiina II. 200, 266. 

Brede, Mad. II. 284. 

Brenner, Genovera v., Mut: 
ter C. M.'s v. Weber II. 19. 

Breul, Demi. I. 283. 

Brizzi, Sr. II. 327. Sr. u. 
Demi. B. II. 329. 

Brud, Sr. 113 u. f. 

Brückl, Sr. I. 72. 

Brüdner, Sr. u. Mad. I 
13 u. f. 21. 

Brühl, Graf v. I. 201 u. f. 
208, 209. 

Bürger, Map. Eliſe 1I. 325. 

Bürgergeneral, der I. 106. 

Burgdorf, Hr. u Mad. 
(v. Wedel.) I. 177 u. f. I. 
282. 

Burgmüller, Sr. I. 36. I. 
280. 


©. 


Carl Auguſt. Siche Karl 
Auguft. 

Carl Friedrich. Siehe Karl 
Friedrich. 

Caspers, Demf. d. ä. u. j. 
I. 249. II. d. aͤ. 283. 

Codrus L. 27. 

Comoedianten, die wan⸗ 
dernden II. 180. 

Contrakte. Siehe Kontrakte. 

Cordemann, d. ä. UI. 81, 
283, 323. C. d. j. II. 283. 

Crispin, rival de son maitre. 
I. 17. | 

Cyliax, Hr. I. 246. II. 288. 


393 


D. 


Dalberg, v. (Coadjutor) I. 
74, 367. Der Mannheimer 
1. 29, 89, 93, 257, 238, 
259, 264. j 

Danzi, Demi. 11.376. Sr. 
D. II. 388. 

Dauer, Hr. II. 374. 

Demmer, Sr., d. ä. I. 37, 
74. 11.288. D. d. j. J. 
37, 70, 73 u. f. II. 78, 


286. Mad. D. U. 286. 
(Siehe noch Demf. Carol. 
Krüger.) 


Dengel, Hr. II. 286. 

Deny, Hr. u. Mad. II. 286. 

Deſſau, Hoftheater II. 188 
uf. 

Destouches, Kapllſt. II.26, 
31, 178, 265, 267, 270. 

Devienne I. 180. 

Devrient, Ed. I. 274. Lud⸗ 
wig D. N. 201. 

Dirt, Ignaz I. 179 u. f. 


Diftel, Familie I. 248. 

Dittersdorf I 90, 357, 
389. 

Doebbelin, K. Theoph. I. 
9 u. f. 1.262. Eein Perſo⸗ 
nal I. 13 u. f. 

Doͤll (Bildhauer) I. 172. 

Domaratius, Sr. I 37. 
II. 74, 75, 286. 

Don Carlos I. Tim. f. 

Don QuanlI. M44 u. f. 178, 
264. 

Dreie, Adam J. 4. 

Dobbler, Hr. u. Mad. J. 28. 








394 


Dürand, Sr. II. 202, 204, 
287. Mad. D. II. 227,287. 
(Siehe noch Demf. Engels 
II. 288.) 

Dürkheim, Sr. v. 
I. 11 u. f. 

Dunfer, Sr. II. 206. 

Dunv (Duni), Sr. u. Mad, 
I. 34, 35. II. 288. 


Intendt. 


E. 


Ebeling, Joh. I. 259. 

Eberwein (Staptmufikug, 
Vater der beid. Folgd.) II. 
267, 368. Starl E. II. 267 
u.f. Traug. Max. E. II. 
268 u. f. Mad. E. (geb. 
Häßler) II. 288. 

Edelmann, der bürgerliche 
I. 29. 

Edling, Grf. v. Intendt. I. 
66. II. 193, 219, 220, 223, 
249 u. f. 331. 

Eggelrecht, Hr. I. 34. 

Egloffſtein, Gottlob v. II. 
10 u. f. 

Ehlers, Sr. I. 159, 287. 
Mad. G. UI. 114, 189, 
288. 

G@iner, Hr. (Strado) I. 36, 
70, 78. II. 1 u. f. 75,189, 
287. 

Ginlaßpreijfel. 272. 

Einſiedel, v. J. 24. II. 367. 

Ekhof (Eckhof) I 24 u. f. 
39. I. 364, 363. 

Elfriede I. 78. 

Elkan (Sorfaftor) I. 
147, 160, 166, 246. 

Elmenreich, Hr. II. 324. 


145, 


Berfonen: und Sachregiiter. 


Elſermann, Demf. II. 288. 
(Mad. Lorging.) 

Engels, Tem. U. 
Mad. Düranı.) 

Gngit, Hr. v. I. 288. 

Erdmannsdorf, Sr.v. II. 
159. 

Ernſt, Demſ. I. 325. 

Ernſt Auguſt Conſtan— 
tinl. 8, 38. II. 255, 256. 

Erfurth, Mad. II. 322. 

Esperſtedt, Hofrath I. 43. 
1I. 206. 

Gugenie L 27. 

Euphroſyne I 97 u. f. 
(Ziehe Ehriftinne Neumann: 
Beder.) 

Gulenjtein, Sr. II. 287. 


288. 


F. 
Falkenh.agen (Lauteniſt) I. 
253. 


Fanchon U. 182. 

Fauſt 1. u. 2. Thl. II. 268. 

Felſer, Hr. J. 34. II. 289. 

Finke, Hr. u. Mad. II. 290. 

Fioravanti II. 180. 

Fiſcher, Franz (Regiſſeur) I. 
33 u.f. 70, 72. I. 72, 73, 
75, 151, 189, 289. Map. 
F. (Gaitin d. O.) J. 33, 
58, 72. II. 289. 

Fiſcher (Baſſiſt) I. 376. 

Fiſcherin, die IL. 260, 262, 
263. 

Floto, Hr. v. I. 247. 

Forkel I. 379. 

Frank, Demf. (Mannbeim) 
II. 113, 327. 


Perſonen⸗ und Sachregiiter. 


Franke, Seinri II. 289, 
330. Demi. F. d. j. u. d. 
a. II. 330. 
Aranfenberger, 
Mad. II. 289. 
Frankfurter Theater 1. 
54, 112. " 
Freigeiſt, ver. 28. 
Fritich, Mad. I. 34, 38. 
Frühbach, Sr. I. 34. LI. 
289. 
Fuchs, Hr. u. Map. TI. 61. 
Führich, Demf. I. 34. 
Fumetti, Mar. Annav. I. 
18, 19. (Eiche noh Fa: 
milie C. M.'s v. Weber.) 
Funfe, Sr. I. 318. 


Hr. u 


®. 


Gärtnermädchen, das I. 
20. 

Gäſſte des Hoftheaterd II. 318 
u.fT. 

Gagen I. 47, 50, 63, 77, 
411, 122 u. f. w. 197, 206, 
210 u. ſ. w. 258,264, 267. 
II. 30 u. f. w. 

Garderobe L 111. I. 215 
u. f. 

Garderobegeld I. 206, 
210, 227 u. ſ. w. 

Gatto, Sr. I 78 u. f. U. 
189, 290, 291. Mad. ©. 
I. 78 u. f. I. 75, 290, 
291. Demf. ©. II. 291. 

Geblhaar, Hr. II. 320. 

Geiling, Sr. I. 321. 

Geizige, der. 28. 

Genaſt, d. ä. J. 33 u. f. 60, 
63, 66, 67, 70, 72. II. 47, 


395 


75, 105, 162, 164, 290. 
Eduard G. I 66, 67. I. 
292. Mad. ©. (geb. Böh⸗ 
fr) DI. 293. Demf. ©. 
(Mad. Unzelmann) II. 292, 
314. 
Gerber II: 384. 
Gern, d. ä. I. 321. 
j. II. 328. 
Gerſt, Demf. II. 292. 
Gernlein, Sr. I. 322. 
Geſchaäftsgang, Probepeif. 
I. 245 u. f. 
Göchhauſen, Fri. v. I. 82. 
Hr. u. Frl. v. U. 367. 
Gödel, Sr. II. 290. 
Goepfert, Carl Gottlb. I. 
257, 259, 263, 266, 368. 
Goſchen J. 88. 
Goethe J. 41 u. ſ. w. 11 
u. ſ. w. 
Goethe, Aug. v. II. 220. 
Götter, Helden u. Wieland 
II. 364. 
Götz, Demſ. (Mad. Zülich) 
I. 143. II. 291. 
Goetze, Hr. II. 259. 
Graff J. 165. II. 81,187 u. 
f. 291. 
®rampel, Sr. I 33. 
Grave, SHr..II. 290. 
Grießbad, Sr. I. 34, 33. 
$rimmer, $r. I. 291. 
Grobe, Joh. Sch. II. 239. 
Gromann, Sr. II. 27. 
Groß-Cophta, der II. 6, 
264. 
Großgebauer (Rektor) J. A. 
Großmann J. 75. II. 262. 
Grube, Sr. II. 290. 
Grüner II. 198, 292. 


G. d. 





396 


Günther, Hr. I. 26. U. 
365, 369. 
Gunkel, Hr. II. 320. 


9. 
Haakel, Sr. I. 321. 
Hadrian, Kaifer, Op. I. 
180 u. f. 
Haenſel, Sr. 1 13 u. f. 
Häfer, Hr. (Chordireftor) II. 
270 u. f. Demf. 9. U. 271. 
Häßler, Demf. II. 294. 
(Mad. Eberwein.) 
Haffner, Hr. 1. 116. 
Hahn, Hr. u. Mad. II. 293. 
Haide, Friedr. I. 3, 121 u. 
f. 152, 293, 294, 295. 
Hallenfer Studenten. 
1856 u. f. 
Haltenhof, Hr. II. 52, 294. 
Hamlet II. 198, 217. 
Sannamann, Sr. U. 242. 
Hartig, Hr. I. 376. 
Hartknoch, Mad. II. 295. 
(Demf. Bed.) 
Harrer, Sr. v. U. 27. 
Hartwig, Mad. I. 108, 109, 
114, 1185, 116, 118, 120, 
163. 
Haßloch, Hr. u. Ma. U. 
323 


Hauſchkel II. 20. 
Hausvater, der I. 28. 
Haydn, Joſeph II. 23, 268. 
Michel H. UI. 20, 24, 27. 
Heermann I. 20. U. 257, 
366. 
Heinrichs, Hr. I. 248. 
Heinzius, Sr. I. 26. 
Heifin (Heinfin), Demf. L 


I, 


Perſonen⸗ und Sachregiiter. 


27. II. 365, 369. (Mar. 
Hellmuth.) 
Held, Hr. u. Mad. II. 320. 
Hellmuth, Sr. I 27. I. 
365, 369. Mad. 9. (Demi. 
Heifin) UI. 369, 374. 
Henke, Hr. u. Mar. I 22, 
117. 
Henkel, Gräfinv. I. 219. 
Henneberg, Sr.u. Mad. H. 


295. 

Henfel, Hr. u. Demf. (Mar. 
Seiler) I. 26. II. 368. 

Herbft, Mad. II. 329. 

Herderl 88. 

Herlig, Hr. I. 22. 

Heußer, $r. I. 74. 

Hey, oh. Jac. II. 260. 

Heygendorf, Zr. v. I. 103. 
n. 113, 167 u. f. 311. 
Mappen II. 184. Siehe 
noch Jagemann, Earofine. 

Hiller, Joh. Adam 1. 19 u. 
f. II. 286, 260, 266, 387, 
366. 

Hobuſch, Demf. UI. 293. 

Hölfen, Hr. U. 330. 

Hoffmann, Joh. Chriſt. I. 
239 


Hof: Comdödianten I. 9 
uf. 

Hofkapelle II. 289. 

Hoftheater, älteſtes in W. 
I. 12 u. f. 37, 38, 40. In⸗ 
tendanz I. 44. Gröffnung, 
Perſonal J. 69, 70 u. ſ. w. 

Hohl, Hr. u. Mad. I. 13u. f. 

Holdermann, Sr. I. 29. 
Mad. H. H. 2985. 

Holbein, Sr. v. 
208, 329. 


I. 207, 


Perſonen⸗ und Sachregifter. 


Holzbauer II. 387. 

Huber, Ma. J. 8. Demſ. 
H. L. 22. 

Huck, Sr. II. 378. 

vadien Hr. u. Mad. I. 21, 


sisie, af) II. 189, 234 


Slisner Sr. II. 323. 
Hummel, Ioh. Rep. II. 227, 
‚271 u. f. 

Hunniuß, Sr. d. ä. 1. 37, 
80, 138. 11. 293, 294. 9. 
?.j.0.293. Mad. H. 1 
138, 143. I. 294. 


J. 

Jacobi II. 357, 362. 

Jäger, die J. 82, 65,69, 78. 

Fagd, diel. 20. II. 366. 

Sagditein, Demf. I. 34. 

Jagemann, Caroline J. 103, 
134, 144, 171, 249, 270. 
I. 79, 81, 83, 103, 111, 
162, 167 u. f. 264, 270, 
295. (Siehe noh Fr. v. 
Heygendorf.) 

Jagemann, Demf. II. (Ar. 
v. D.) II. 179, 296. Denf. 
J. III. 11. 296. 

Jabrmarktsfeſt, dag, 
Plunveröweilen II. 
262, 263. 

Sffland I 98, 101, 167, 
179, 283 u. f. II. 41, 126, 
128, 155, 163, 169, 201, 
203, 207, 243, 321, 322, 
326, 324, 383. 

Iphigenia (v. Goethe) LI. 
200, 260, 263. 

Jung, Demf. II. 296. 


zu 
260, 


397 

Jungfrau v. Orleans I. 
266. 

Junker (Kaplan) U. 381. 

Jufti, Demi. II. 296. 


K. 


ſtaltenbach, Demf. I. 281. 
(Mad. v. Dften-Saden.) 

Kamäleon, das II. 217. 

KarlAuguftI. 20, 39, AO, 
66, 173, 260, 261, 274. 
DD. 31, 67, 92, 94, 170, 
172, 182, 183, 208. 221, 
222, 223, 225, 227, 236, 
248, 264, 270, 367. 

Karl Auguft Eonftantin 
I. 367. 

Karl Friedrich IL 212, 
213 


Karl Theodor UI. 378. 

Karitens und fein Pudel II. 
330. 

Kafelig, Sr. u Ma. I. 
36. II. 297. 

Kalieneintihtung 1. 90 


Reivier, Hr. 1I. 64, 68. 


Kellner, ob. Georg IL 
259. 

Kirhhöfer, Hr. u. Ma. 
I. 26. 

Kirms J. 43 u. ſ. w. I. 8 
u. ſ. w. 

Kirſchkernkanonade, die 
I. 156 u. f. 


Kirfchten, Hr. I. 43. 
Kladzig, Demf. II. 298. 
Klein, &r. II. 298. 
Klementi, Sr. I. 320. 
Klingmann, Hr. U. 297. 


398 
Klingo, Sr. U. 318. 
Kloppmann, Mad. (geb. 


Schmahlfeld, dann Mad. Ba: 

ranius, geit. ald Mad. Mal: 

colmi) II. 232, 320. 
Klotſch, Sr. I 21. 


Knebel, Mujorv. U. 367. 
Fr. v. K. (Frl. Rudorf) I. 
308 


Knödel, Sr. I 26. 

Kobler, Sr. u. Familie I. 
327. 

Koch, Chriſtiane Henriette J. 
21. Franziska Romana 8.1. 
26, 104,164, 169. II. 365. 
u. f. 368 u. f. 374. Friedr. 
Karl K 1.26. Heinr. Gottfr. 
8.1.18 u.f. 39. Sophie u. 
Marianne 8. 1. 97 u. f. 
Demf. 8. d. j. I. 321. Hr. 
K. (v. Mainz) II. 320, 

Köhler, Map. II. 330. 

Köllner, Hr. I. 297. 

König Johann J. 100. 

Kötichau, Hr. II. 297. 

Kontrafte I 43 u. f. 208 
u. f. U. 7 uf 107 f. 
191 u. f. 210, 233, 245. 

Korntbalin, Demf.L13 uf. 

Kotzebue II. 29, 243, 287. 

Kracko, |. Giner. 

Kräuter (Goethe's Sceretair) 
II. 277. 

Kramer, Sr. I. 297. 

Kranz (Konzertmit.) I. 54, 
55, 269. II. 26, 33, 42, 
43, 47, 92, 177 u. f. 259, 
263 u. f. 

Kraus (Kapellit.) I. 33. I. 
264, 265. K. (Maler) I. 
368, 375. 


Perfonen: und Sachregifter. 


Krideberg, Mad. (geb. 
Koch) I. 104, 170. Demf. 
K. 11. 297. 

Krüger, Karl. 37, 74 u. f. 
II. 28, 30, 32, 69 u. f. 
189, 234, 297, 318. Demf. 
K. I. 37, 74 u. f. I. 30, 
297. (Siche noh Mar. 
Demmer.) 

Kummerfeld, Mad. I. 36, 
88, 89. 1I. 296. 

Kunit, Sr. II. 296. 

Kunze II. 268. 


8. 


Lanafjal. 83. 
Sangenberg, Job. Kasp. I. 
259. 


2angenthal, Hr. U. 318. 

Laroche, Karl II. 117, 118, 
300. 

Lauchſtädt J. 102, 107 u. f. 
I. 125 u. f. 181 u. f. 160 
u. f. 170 u. f. 

Lefevre, Demi. UI. 300. 

Lebnhold, Mad. II. 299, 
325. 

Leißring, Aug. II. 39 u. f. 
298. 


Lekow, Hr. II 321. 

Lenke, Hr. II. 300. 

Leo, Hr. I. 299, 300. 

Leonard (Leonhard), Hr. u. 
Mar. I. 34. II. 298, 

Leſeproben II. 8. 

Lichtenſtein, Hr. v. U. 189, 
160. 

Liebe, die, auf dem Lande J. 
20. 


Lieberati, (Aug. v. Bieten) 
II. 300, 


Perfonen: und Sachregiſter. 


Liebhaberbühne, fürſtl. J. 
30, 39. II. 257, 259 n. f. 
263 u. f. 

Liebig, Sr. I. 26. 

Yillal. 78, 80. 

Lindenzweig (Kaflier) U. 
124 u. f. 152 u. f. 

Liſzt, Franz II. 390. 

Löſer, Sr. u. Mad. I. 27, 
298. 

Löwe, Sr. u. Mar. J. 21. 

Lorenz, Iob. Friedr. I. 5, 8. 

Yorging, Friedr. I. 193, 
227, 299. Dad. 8%. (Dem. 
Elſermann) II. 300. Dem]. 
2. (Mad. Rödel) IT. 301. 

Lottchen am Hofe. 20. 

Luck, Sr. v. I 208. 

Lucke, Sr. II. 298. 

Ludecus, Demf. I. 109. 


Maaß, Demſ. I. 304. 

Macht, vie, Der Liebe und des 
Meine. Op. II 28. 

Mabomet (wm. Goethe) H. 
198. 

Malcolmi, Sr. I 37, 32, 
70, 71, 78. I. 42, 176, 
189, 191, 199, 302. Mad. 
M. J. 32, 71, 185. II. 76, 
77, 231, 303. (Siebe noch 
Mar. Kloppmann.) Dem. 
M.I. U. III. (Amalia, Map. 
Miller; Mad. Beer, Mad. 
Wolff. Siebe dieſe) IV. V. 
I. 37, 70, 71, 103. II. 735, 
77, 79, 85, 231 u. f. 302, 
304. Malcolmiſche Fami: 
liengefchichten II. 231 u. f. 

Mann, Sr. II. 303. 


399 


Mannbeim II 377, 383, 
386 u. f. 

Marchand II. 378. 

Maria Stuart I. 249. II. 
76. u. f. 103 u. f. 200. 

Maria Baulomna I. 267, 
271, 272. 

Marſchner, Heinr. II. 389. 

Martini, Sr. I 21. 

Matiegzeck(Maticzeck) Demi. 
I. 116, 124. II. 303. 

Mattitedt, Sr. u. Mad. IT. 
70, 72 u.f. I. 75, 189, 
302. Demſ. M. I. 73. 


Maver, Sr. u. Mar. I 13 
u.f. I. 365. Sr M. IL 
329. 


Mecour, Hr. u. Mar. I 13 
u. f. Mad. M. 1. 26. II. 
363. 

Medea,üp. U. 32. 

Meier, Sr. 1 34. Hr. M. 
Baffiit II. 142. 

mertug deutſcher II. 359 u. 


Mepner, Hr. 1.34. Sr. u. 
Map. I. 301. M. d. j. II. 
303, 323. 


Meyer Echroͤder's Biogr.) J. 


88, 96. 

Meyer, Heinrich, Maler J. 
106, 172. 

Mever. Hr. H. 301. Hr. M. 
u. Denf. M. II. 303. 

Michaelis II. 357, 358,364. 

Miedingll. 368. 

Mierihb, Hr. u. Mad. J. 34. 
11. 301. 

Miller, Mad. (Amalie Mal- 
colmi; fiehe dieſe) IT. 164, 
199, 304. 


400 


Minnav. BarnbelmI.28. 

Mitichuldigen, die II. 260. 

Moltke, Hr. II. 227, 308, 
Demi. M. II. 303. 

Morelli, Hr., Mad. u. Dem. 
M. I. 304. Hr. M. L. 
324. 

Morbard, Hr. II. 304. 

Mozart I. 23, 24, 271, 
386 u. f. 

Müller, Chriſtian (Tbenter: 
Maler) I. 13 u. f. I. Sr. 
M. 303. Mad. M. II. 304. 
Mad. M. (geb. Janitfch) U. 

. 303. Mad. M. (geb. Rie: 
mann) II. 305. Den. Mül- 
ler, Minna, Mad. Unzel⸗ 

- mann. il. 314. Hr. M. 
(Franzofen :M.) IL. 308. 
Tob. Eberhard M. II. 266 
u. f. 270. Kanzler v. M. 
II. 226. Wenzl M. I. 
90, 389, 

Muüllerin, die fhöne I. 97. 

Muiler, Demi. II. 308. 

Mufäus I 19, 20, 24, 28, 
173, 174. U. 367. 

Muscat, Hr. II. 259. 


N. 


Nathuſius, Hr. I. 191. 
Naumann, Kapellſt. UI. 32. 
Naumann, Ma. L. 458. 
(Siehe Mad. C. Amor.) 
Neefe II. 388. 
Nerlinger, Map. I. 61. 
Neubaus, Demf. (Madame 
Böhme) I. 261 u. f. Sr. 
N. LU. 262, 319. 
Neumann, Hr. I 36, 99, 


Berjonen: und Sachregiiter. 


400. II. 306. Ma. N. L. 
36, 70, 71, 78. U. 73, 
300. Demi. N. (Neumann-⸗ 
Beder. Euphroſyne) I. 70, 
71,97 u.f. U. 75, 164, 
199, 261, 306. 

Neumark, Georg l. 4. 

Niebuhr, Demſ. I. 26. 

Nitſchke, Sr, Mat. u. 
Demf. R. II. 306. 


D. 


Oberonl. 9. 

Oels, Ludw. II. 227, 306. 

Oper, Geſchichte II. 353 u. f. 
Erſte deutjche: I. 24.111.272, 
351 u. f. Aufführungen älte- 
rer O. I. 4. Opern II. 90 u. f. 

Operetten, erſte J. 19, 20 
u. f. 39. Il. 272. 

Opferfeſt, das unterbrochene, 
Op. U. 22. 

O pitz I. 97,104 u. f. Dem. 
O. I 167. Sr. u. Mad. 
D. I. 307. O. v. Bober: 
feld II. 355. | 

Dreitu. Gleftral. 28. 

Diten: Saden, Mi. v. 
(Demf. Kaltenbach) I. 281, 
252. 

Otto der Schütz J. 83. 


P. 
Paolino, Sänger I. 261. 
Pauſe, Hr. u. Mar. U. 323. 
Penfionen I. 66, 258. II. 
110, 115, 191. 
Berfonal:Beitand d. Hofth. 
U. 275 u. f. 


Perſonen⸗ und 


Petersilie, Demi. (Demſ. 
Silie, dann Mad. Unzel: 
mann; ſiehe dieſe) II. 308, 
325. Joh. Sch. P. II. 260. 

Beucerll. 249 u. r. 

DBreifer, Hr. UI. 307. 

Pfüller, Sr. I.34. 11. 307. 

Piccolomini, Die beiden I. 
228. U. 31, 76, 78. 

Piſtor, Sr. U. 308, 

Pleißner, Sr. II 307. 

Polyxena, Monodr. II.258. 

Porſch, Sr. J. 13 u. f. 

Porth, Hr. I. 307. Mad. 
P. II. 76, 307. Demi. P. 
(Mar. Vohs, Dann Mar. 
Werdy; ſiehe dieſe) I. 103. 
II. 101, 307. 

Fein der ſtandhafte II. 198, 


Brofitpina II. 268. 
Pogmalion, Monotram I. 
24, 273. 


Q. 
Quaglio, Maler I. 158. 


Quandt, 9r u Mar. L 
109, 110 u. f. Q., Direk⸗ 
tur II. 66. 

R. 


Rabert, Hr. II. 266. 
Räuber, die II. 156 u. f. 
Rau, Sr. I 88. II. 308. 
Raufcher, Demf. II. 309. 
Rebenitein, Hr. II.328,330. 
Reichardt, Kapellit. II. 261, 
269, 379 u. f. 
Revoutenfaall. 3t uf. 
Regie (fiebe noch Woͤchner) 
1. 33 u. f. 36, 289. 


Pasqueée, Goethes Theaterleitung. I. 


Sachregiſter. 


401 


Reiherr, Hr. I. 34. 

Reinecke II. 71. 

Reinhold, Hr. u. Mad. II. 
309, 326. 

Reiſen J. 111,113, 116,119, 
179. R.⸗Gelder I. 62, 64. 
R. = Truppe I. 174 u. f. 
u. ſ. w. 

Remde, 
u. f. 

Nenner, Mad. I. 207, 208, 
329. 

weh (Büchner) I. 54 
u 

Nepertoirl. 102, 228, 72, 
274. 1I. 243 u. f. 

Richter, Sr. L 13 u f. 
Aſſeſſor R. I. 150, 133, 158, 
158. 


Komponiſt II. 269 


Riemann, Nug. II 267, 
270. Den. R. (Map. 
Müller) U. 309. 

Röder, Mat. I. 27. 


Rögglen, Sr. u. Mad. I. 
308. 
Röpke, Hr. u. Mad. II. 309. 
Rötſch, Sr. II. 309. 
Roland, Temf. II. 309. 
Romeo u. Julie II 198, 
200. 
Roſamunde, Op. 
386 u. f. 
Roſenfeſt, dad, Op. I. 20. 
11. 257. 
Rudolſtadt 1.170 u. f. 268. 
Rudorf, Demſ. (Ar. v. Kne⸗ 
bel) I. 80. II. 308. 


Saalnirxe (0a Donauweib⸗ 
chen) II. 91. 


258, 


26 


402 


Eaifert, Ma. U. 27. 
Salieri II. 389. 
Sampſon, Miß Sara I. 28, 
Savovarden, Die beiden. 
Op. I. 89, 90, 95, 220. 

Schäfer, Sr. UI. 310. 

Schall, Sr. (Wöchner) I. 
105, 172 u. f. 310. 321. 

Schick, Den. I 22. Sch. 
Komponiit II. 268. 

Schikaneder II. 90, 138, 
143. 

Schiller I. 128, 179, 180, 
272. II 49, Au. f. 76 
u. f. 190, 227, 243. Sch.'s 
Zodtenfeier II. 181 u. f. 

Schirmer, Hr. J. 117. 

Schlanzowsky, Ma. I. 
138, 143, 171, 179, 188, 
248, 250. II. 156, 310. 

Schlegell 19. 

Schloßbaul. 107. 

Schloßbrand I 29, 39, 
104. Il. 258, 374. 

Schmahlfeld, Demi.II.232. 


(Mad. Baranius; Mad. 
Kloppmann; Mad. Mal: 
colmi.) 


Schmelz, Simon u. Mad. 
Sch. I. 22. 

Schmidt, Hr. II. 309. Sr. 
Sch. II. 312. Heinr. Sc. 
U. 324. Demf. Sch. (Demf. 
Bed; Mad. Hartknoch) II. 
295. Demf. Sch. (Mad. 
Baum) II. 312. 

Schönberger, Map. 
328. 

Schönemann, Sr. I. 356. 

Schöpfung, die,v. I. Haydn 
II. 23, 


U. 


Perfonens und Sachregiſter. 


Schopf, Sr. I 58. 

Shopper, Sr. I. 34. 

Schormülfer, Sr. U. 313. 

Schröder, Ardd. Ludw. I 
87 u.f. 263. II. 71, 190, 
388, 

Schroeter, Corona. I. 99, 
202, 205, 208, 214, 216, 
217, 218, 219, 224, 227, 
244. II. 260 u. f. 333 u. f. 
C. Sch. Lieder. II. 346. 
Joh. Frdoch. Sch. (der Ba: 
ter) II. 343 u. 1. 318, 347 
u. f. Joh. Seinr. Sch. II. 
338. Maria Sch. (Mar. 
Ruͤhl) IL. 338 u. f. Joh. 
Sam. Sch. II. 337. Sch.'s 
Familie II. 338 u. f. 

Schuch, Franz I. 9. 

S a ü 8 ‚einr. (Sagittarius) 


ShultnL 82 u. |. w. II. 
106, 143 u. ſ. w. 

Schulfomddien 1. 3. 

Schule, Hr. u. Mad. I. 
311. Mad. Sch. II. 116. 

Schulz, Hr. (v. Magdeburg) 
I. 323. Hr. Sch. (v. Bien) 
U. 324. 

Schwarz, Sr. I. 309. Sr. 
Sch. (v. Hamburg) II. 325. 
Hr. Karl Sch. II. 326. 

Schweiger, Anton I. 24, 
28, 29. II. 60, 257, 238, 
351 u. f: 

Schwegingen, Op. djbſt. 
1I. 376 

Seckendorf, v. I. 24. I. 
287, 367. 

Seconda, Joſ. I 43 u. f. 
Franz S. J. 103, 104, 136, 


Perſonen⸗ und Sachregiiter. 


451, 164, 165, 170. 
95. 

Seidel, Sr. II 238. Mar. 
oh. S. UI. 311. Mar. 
©. II. 312. 

Seipdler, Seinrih II. 263. 

Sciler, Seinrih I. 259. 

Scvfart, Sr. I. 310. 

Seyler (Seiler), Sr. I. 23 
u. f. 39, 104. II. 364, 368, 
374. Ma. S. J. 23 u. f. 
II. 365. S.'s Perſonal I. 
28 u. f. S.'s NRepertoir L 
27u. f. 

Silie, Demſ. II. 308, 310, 
314. (Demi. Peterlilie, dann 
Mad. Unzelmann.) 

Simoni, Hr. IL 35. Mad. 
©, 1. 34, 33. 

Sonnenjungfrauen, Die 
I. 83. 


II. 


Spangler, Sr. II. 310, 
323, 

Spania, Mad. II. 27. 

Spengler, Map. I. 311. 

Spiegel, Grafv. II. 118, 
193. 

Spigederd.ä. I. 3, 133 
u. f. 310. of. Sy. U. 
135 u. f. 148. Adelheid 
Ey. II. 144 u. f. 

SpohrlI. 389. 

Standfuß, Kapellit. I. 13 
u. f. 20. 

Start, Mad. J. 21. 

Stegmann, Hr. I. 98. 

Stein, Sr. v. 1. 247. 

Steinbredher, Mad. I. 21. 

Steinbrüd, Kammerrath I. 
184 u. f. 

Steinhardt, Job. Irdch. 


A403 
II. 259. I. 
262. 
Steindberg, Ritter v. II. 
26 u. f. 28, 32. 
Stiebrig, Sr. II. 312. 
Stodmar, Froch. Chr. II. 
259. 
Strafen 128 u. f. 
Straßer, Demi. II. 376. 
Streit, Hr. u. Mur. U. 312. 
Strobe, Sr. U. 311. 
Ströber, Sr. I. 311. 
Stromever, Hr. EStrob⸗ 
mever) II. 179 u. f. 193, 
310, 326, 331. Mad. St. 
II. 163, 313. Heinrich St. 
II. 312. 
Stufen, die, des menfchlichen 
Alters I. 28. 
Stuttgarter Hoftbeater II. 
112, 178. . 
Sutorius, Demf. II. 312. 


Ma. St. 


T. 


TZamerlanl. 6. 

Tankred (v. Goethe) I. 249. 
Taſſo (v. Goethe) II. 198. 
Telemach I. 220. 

Telle, Hr. u. Mad. II. 324. 
Zeller, Mad. II. 76 u. f. 
313. Demf. T. U. 313. 
Teufel, der, iſt los. Op. I 

20. 11. 356, 387. 
Theaterbaul. 179. 
Theaterchor II. 269, 271. 
TheatralifcheAlbenteuer, 

die II. 264. 

Thering, Sr. II. 321. 

Theuß, Kapellit. II. 270. 

Thieme, Sr. II. 313. 
26* 


404 


Thouret (Architekt) I. 179, 
228, 
Thrandorf, Demf. II. 313. 
Thusnelda, Op. U. 357, 
358. 
Tilly, Hr. u. Mar. I 67. 
Demſ. T. 143, 179.11. 313. 
Töpfer, Gottlicb H. 270. 
Treuen, Sr. II. 321. 
Triebler, Sr. u. Mar. I. 
313, 328; 
Türk, Kayellit. II. 269. 
Turandot (p. Schiller) II. 
266. 
u. 


Ueberſetzungs-Honorare 
I. Mu. f. 
Ublich (Balletmit.) IL 314. 
Umlauf, Kavellit. II. 388. 
Ungnade, Mu. I 48. 
(Mad. E. Amor.) 
Unrein, Sr. II. 260. 
Unzelmann, Mad. (Beth: 
mann) II. 324. Garl U. 
nn. 51, 314. Mad. U. 
(Demi. Silie) II. 314. Map. 
U. (Demſ. Genait) II. 314. 
Mad. n. (Den. Müller) U. 
314.11. d. j. II. 313. 
Urlaub J. 260 u. |. w. 
Uſchmann, Sr. I. 314. 


V. 


Veltheim, Hr. II. 33, 104, 
315. Mar. V. II. 76, 315. 

Tirtuofen, Schug gegen 
reifende U. 247 u. f. 

Vögel, die II. 260. 

Voigt (Minifter) I. 149, 155. 
II. 367. 


Perfonen: und Sadregifter. 


Vogler, Abt II. 388. oh. 
Kasp. V. I. 16. II. 236. 
Vohs, Hr. TI. 141, 144. U. 

3, 81, 99 u. f. 176, 227, 
315. Mad. B. (Siehe noch 
Demi. Portb u. Mad. Wer: 
dy) I. 103, 115, 120, 144. 
II. 79, 81,82,99 u.f. 313, 
331. Dem. 2. II. 114 u. 
f. Heinrich V. (Sohn) I. 

119. 

Vorſchüſſe I. 62, 65, 82 
u. ſ. w. IH. 106 u. f. 126 
u. f. 137 u.f. 146, 192, 


216. 
Bo, Sr. 1.35. Mar. 2. 
I. 34. 
Vulpius J. 38, 81,88,141, 
250. I. 60, 87 u. f. 277. 
W. 


Wachsmuth, Hr. I. 33. I. 
315. 

Wachter, Hr. I. 35. 

Wäſer J1. 19. - 

Wagener, Fedch. II. 317. 

Wagner, Ernſt I. 237 u. f. 
Hr. W. II. 318. Joh. Froch. 
W. II. 259. 

Wagner, R. I. 390. 

Wald, ter, v. Myra II. 237 


ur. 

Waldher, Mad. I 34. I. 
313. 

Waldmädchen, das ſtumme, 
Op. II. 26 u. f. 32, 33, 34. 

Wallenſtein (v. Schiller) I. 
228. II. 99 u. f. 102, 189, 
190, 200, 266. W.'s La⸗ 
ger I. 179, 228. II. 49 u. f. 
76, 102. 


Perfonen: und Sachregiiter. 


Walles hauſer (Valeſi) M. 
Baltisgauffer Gien II. 


Walther, Hr. II. 146. 

Weber, Karl Mariav. I. 
47 u. f. 389. Franz Ans 
ton v. Ru 1. 3, 15 u. f. 


Ma. W . (Mutter K. M.'s) 
II. is u. f. 316. W.'s 
Familie (Fritz, Edmund, 


Maximilian v. W.) II. 19 

u. f. W.'s Wappen II. 36. 
Weber, Demſ. II. 317. 
Wedell, L. v. Giehe Hr. 

Burgdorf) 1. 181 u. f. 
Wehrſtädt, Hr. U. 317. 
Weigl ll. 148, 180, 389. 
Weimar Sefchmad II. 235. 
Weiſe, Job. Benj. I. 259. 
MWeife, Chr. Selig 1. 20. U. 


357, 362, 366. 
Werdy, Hr DO. 113 u. f. 
315, 331. Mad. ®. I. 


99 u. f. 113 u. f. 318. 
(Siehe noch Demi. Porth, 
Mad. Vohs.) 

Werner, Joh. Aug. II. 259. 
Ioh. Sottfr. W. II. 259. 
Corona W. (Demf. Becker) 
I. 101. II. 283. Hr. W. 
II. 317. Zacharias W. I. 
163. 

MWeftöftliher Divan I. 
268. 

Weyrauch, Sr. u. Mad. J. 
36. I. 3, 29, 30u. f. 44 
u. f. 170 u. f. 316. 

Wie es euch gefällt. 83. 

Wieland, Martin J. 24, 39, 
88, 180. II. 60, 257, 351 


405 


u.f. Ludwig W. I 274. 
Mar. W. II. 317. 

Mien, Theater an d. II. 138 
u. f Leben in W. II. 141. 

Wiener, Joh. Georg II. 259. 
Joh. Mich. W. II. 289. 

Wilhelm Zelt II. 123, 162, 
266. 

Willms IL. 23, 35,73, 246, 
316. 

Wilter'ſche Geſellſchaft I. 30. 

Winkler, Hofrath II. 118. 

Winter, P. v. II. 22, 23, 
389. 

Winterberger II. 317. 

Wittboeft, Hr. und Mu. 
L 13 u. f. 22. 

Witzel, Hr. I. 317. 

Mochenthätigkfeit II. 243 


u. f. 
Wöchner I 66. (Siehe 
Regie.) 


Wöhner, Hr. II. 328. 


Wolf (Bol), Ernſt Wilh. I. 
20, 24, 38. II. 256 u. f. 
259, 357, 366, 368, 387. 
Caroline W. (geb. Benda) 
II. 261. 

Wolff, Pius Alex. II. 164, 
195 u. f. 316. Amalia ®. 
I. 103, 249. II. 195 u. f. 


317. (Siebe noch Demf. 
Malcolmi, Mad. Miller, 
Mad. Beer.) 


MWolland, Hr. I. 22. 
Wranitzky I. 91, 169. 
Wunder, Sr. I. 322, 


3. 


Zahn, Joh. Wilh. II. 289. 
G. Aug. II. 289. 


A06 Perfonen: und Sachregifter. 


auberflötel. 80. II. 90, Zimmermann, Hr. II. 318. 
9A. 3.2. Theil. I. 23. Zipfel, Ioh. Av. II. 259. 
3elmirel. 28. Ziſchka, Mad. U. 318. 
Yenobia II. 220, 221. Zitterbartb, Sr. v. U. 
Hiegler II. 124, 240, 241. 138, 140, 142. 
Ziehr, Ad d. ä. 1. 319. Zütic, De ( Demſ. Goch) 
3. d. j. I. 320. Map. 2. I. 14 
II. 320. 





Drud ven Otto Wigand in Leipzig. 


E/TTER 42 


SIO— 


Mr